Rezension/Kritik - Online seit 27.01.2015. Dieser Artikel wurde 7574 mal aufgerufen.

Sultaniya

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Autor: Charles Chevallier
Illustration: Xavier Collette
Verlag: Bombyx
Rezension: Franky Bayer
Spieler: 2 - 4
Dauer: 45 Minuten
Alter: ab 8 Jahren
Jahr: 2014
Bewertung: 3,7 3,7 H@LL9000
4,0 4,0 Leser
Ranking: Platz 4896
Sultaniya

Spielziel

Der Anschlag von 9/11 hat sich auch auf die Spieleszene ausgewirkt. Alles, was mit dem Morgenland zu tun hat, wurde daraufhin vorsätzlich ignoriert. Ich erinnere mich, dass etwa das Spiel Pueblo ursprünglich eine orientalische Hintergrundstory hatte, welche aber aus aktuellem Anlass kurzfristig von Ravensburger geändert wurde. Über ein Jahrzehnt musste vergehen, bis sich - endlich - wieder Spieleverlage an dieses Thema wagten. Es wäre ja auch zu schade, müsste die Spielewelt wegen ein paar radikalen Elementen, islamistischen Dschihad-Kämpfern, religiösen Fanatikern und gewaltbereiten Fundamentalisten auf Dauer auf die wunderbar märchenhaften Geschichten aus 1001 Nacht verzichten.

Ablauf

Wir Spieler übernehmen in Sultaniya - das ist der Name einer Stadt im Iran, welche für ihr prächtiges Mausoleum eines persischen Prinzen bekannt ist - die Rollen von Aladin, Sheherazade, Ja'far, Sindbad, Ali Baba und noch ein paar mehr. Und wovon träumt jede dieser orientalischen Märchenfiguren? Von einem eigenen Palast natürlich. Bombastisch, mehrere Stockwerke in den Himmel ragend, mit Türmchen, Bögen, Palmen und allerlei anderem Dekor versehen, auf dass Allah, der Allmächtige sieht, wie gut es uns geht. Unser Ziel ist es, den schönsten Palast im Orient zu errichten. Oder zumindest einen prächtigeren als unsere lieben Mitbewerber ...

Für unser zukünftiges Domizil finden wir Plättchen in vier Etagen vor, die sich - wenn auch nicht recht deutlich - durch ihre Farbe unterscheiden: die Tore zur Wüste (ebenerdig, blau), die Mauern (1. Stock, rot), die Prinzengemächer (2. Stock, grün) und die goldenen Dächer (ganz oben, golden). Die Plättchen kommen in vier getrennte Bauteilstapel in die Tischmitte, wobei daneben noch etwas Platz für je drei offene Plättchen sein sollte. Jeder Spieler erhält seinen individuellen Spielplan, auf dem bereits drei Palastteile abgebildet sind.

Wer an der Reihe ist, darf zuerst einen der vier Bauteilstapel wählen und von diesem Plättchen davor auslegen, wobei allerdings höchstens drei Plättchen vor einem Stapel liegen dürfen. Danach muss er eines der nun verfügbaren Plättchen (das kann auch eines vor einem anderen Stapel liegendes sein) nehmen und dieses regelkonform in seinen eigenen Palast einbauen. Zeigt das Plättchen zudem ein oder mehrere Saphir-Symbole, erhält er die entsprechende Anzahl an Saphiren vom Vorrat.

Beim Bauen sind ein paar wenige, logische Bauregeln zu beachten: Klarerweise kann ein Plättchen nur dort gebaut werden, wo sich bereits mindestens eines darunter befindet, schließlich bauen wir ja keine Luftschlösser. Zudem werden die Plättchen wie bei Ziegelmauern versetzt angelegt. Die Illustrationen müssen außerdem zu allen angrenzenden Plättchen passen und diese fortsetzen. Und zuletzt darf auch nicht über die waagrechte Grenze des Spielplans hinaus gebaut werden.

Wenn wir mal in der Klemme stecken und kein vorteilhafter Palastteil ausliegt, brauchen wir nur kurz an einer Öllampe reiben, und schon erscheint ein Dschinn, der uns mit seinen Zauberkräften behilflich ist. Okay, das mit dem Reiben war geflunkert. Dschinns von heute lockt man damit nicht mehr aus ihrer Lampe, sie stehen vielmehr auf funkelnde Saphire. In jedem Zug kann man einen Dschinn anrufen, wenn man die entsprechenden Beschwörungskosten bezahlt. Es gibt vier farblich leicht zu unterscheidende Dschinns mit unterschiedlichen Kräften sowie Beschwörungskosten.

Sobald ein Spieler alle 5 Dachteile verbaut hat, endet das Spiel. Aber wie wird nun ermittelt, wessen Palast der schönste ist? Die Paläste sehen sich bis auf Details alle sehr ähnlich. Jeder Bauherr hat andere Vorlieben. Der eine bevorzugt Minarette, der andere will lieber Kuppeln, ein dritter mag Nischen etc. Auf jedem Spielplan ist angegeben, auf welche Merkmale Wert gelegt wird, für welche Kriterien es wie viele Punkte gibt. Diese Informationen sind für alle offen sichtbar, zusätzlich hat jeder Spieler noch zwei geheime Ziele, bei denen er ebenfalls für bestimmte Elemente noch Siegpunkte erhält. Wer schlussendlich mit seinem Traumpalast die meisten Punkte erzielt, wird vom Sultan - verführt durch die Großartigkeit seines Palastes - zum Großwesir ernannt. Oder mit anderen Worten: Er gewinnt!

Fazit

Nun gut, für den Palastbau auf oben beschriebene Weise hätten wir das orientalische Setting eigentlich nicht benötigt. Wir könnten genauso gut mittelalterliche Burgen oder Barockschlösser errichten. Der Vorteil des Morgenland-Themas liegt aber darin, dass die Möglichkeit besteht, auf magische Weise lästige Beschränkungen außer Kraft zu setzen. Oder hat schon mal jemand von einem Dschinn in einem Barockschloss gehört?

Die einzelnen Wertungen sind übrigens so unter den Spielern verteilt, dass bei der vorgegebenen Startverteilung idealerweise jeder mit jedem in direkte Konkurrenz tritt. So "streitet" sich etwa Aladin mit Shariyar um Nischen, mit Ja'far um Kuppeln und mit Sindbad um die Tore. Nur bei zufälliger Wahl der Charakter kann es zu Ungleichheiten kommen, wenn beispielsweise drei Spieler um die Minarette kämpfen, während sich der vierte über ungestörtes, konkurrenzloses Bauen von Toren freut. Die Mehrheit an Wachen ist hingegen stets von allen Spielern umkämpft, bekommen die Spieler hierfür Punkte. All diese Verschachtelungen der einzelnen Punktewertungen führen zu einem gewissen Maß an Interaktion zwischen den Spielern.

Mit den geheimen Zielen kommt meiner Meinung nach ein weiterer Glücksfaktor ins Spiel. Sie können sich nämlich zusammen mit den offenen Zielen verstärken bzw. ergänzen. Glückllch, wer so nun beispielsweise für Türme in seinem Palast doppelte Punkte kassiert. Es kann aber auch passieren, dass sich Ziele widersprechen. Wer etwa sowohl Dschinn-Figuren als auch Saphire sammeln sollte, wird wohl kaum beides in hohem Maße bewerkstelligen können, da er ja für die Beschwörung von Dschinns zum Teil viele Saphire abgeben muss.

Das Spielmaterial mit vielen stabilen Plättchen, plastischen Dschinn-Figuren und blauen Glas-Saphiren empfinde ich durchaus als gelungen. Allerdings ist es für Neulinge anfangs sehr verwirrend, welche Teile wirklich zu welchen gehören. Schon die Unterscheidung der Stockwerke ist nicht auf den ersten Blick offensichtlich. Besonders schwierig sind die dreiteiligen Merkmale, wie die Minarette und die Tore, sowie die passenden Übergänge an darüber liegende Etagen auszumachen. Dass es alternative, nicht punktebringende Abschlüsse für Tore und Minarette gibt, steht zwar in der Anleitung, wird von Spielanfängern aber gerne übersehen. Es empfiehlt sich daher, vor dem ersten Spiel auf alle passenden und unpassenden Verbindungsmöglichkeiten hinzuweisen.

Sultaniya stellt zwar kein Über-drüber-Spiel dar, ist aber ein solides Werk mit angenehmer Spieldauer. Wie bei fast allen Legespielen ist ein Glücksanteil vorhanden. Durch geschickten und wohlüberlegten Einsatz von Dschinns können jedoch Engpässe oder suboptimale Spielzüge verhindert werden, weshalb man sich stets ein paar Saphire Reserve für solche "Notfälle" aufbewahren sollte. Wer über eine gesamte Partie zielbewusster, erfolgsorientierter vorgeht und seine Aktionen besser seinen individuellen Zielen anpasst, wird schlussendlich die Nase vorn haben. Ich persönlich finde das Spiel deshalb durchaus reizvoll und bin neuen Partien gegenüber nicht abgeneigt.

Rezension Franky Bayer

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Sultaniya: 3,7 3,7, 3 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 17.11.14 von Franky Bayer - Wie bei allen Legespielen ist ein Glücksanteil vorhanden, der aber durch geschickten Einsatz von Dschinns etwas wettgemacht werden kann. Das Spiel leidet für Neulinge etwas an mangelnder Übersichtlichkeit.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 23.09.14 von Michael Kahrmann
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 03.10.14 von Michael Andersch - Schrecklich. Wirre Aufmachung, sehr eingeschränkte Möglichkeiten gezielt was zu bauen - und das was entsteht sieht dann auch noch hässlich aus. Kategorie "Spiele, die die Welt nicht braucht".

Leserbewertungen

Leserwertung Sultaniya: 4,0 4.0, 3 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 27.01.15 von Dennis L.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 27.01.15 von Maja - Uns hats sehr gefallen!
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 28.01.15 von Marco Stutzke

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