Rezension/Kritik - Online seit 26.07.2018. Dieser Artikel wurde 5150 mal aufgerufen.

Calimala

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Autor: Fabio Lopiano
Verlag: ADC Blackfire Entertainment
Rezension: Stephan Wendt
Spieler: 3 - 5
Dauer: 45 - 75 Minuten
Jahr: 2017
Bewertung: 4,1 4,1 H@LL9000
4,0 4,0 Leser
Ranking: Platz 4235
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Calimala

Spielziel

In Calimala sind wir Mitglieder der „Arte di Calimala“, einer Stoffveredelungsgilde im Florenz der Renaissance. Diese Gilde nimmt eine Vormachtstellung ein, und unsere Aufgabe ist es, Stoff herzustellen und per Schiff oder per Wagen in diverse Mittelmeerstädte zu transportieren. Aber auch Kunstwerke in diversen florentinischen Kirchen zu erschaffen oder wertvolle Rohstoffe wie Holz, Ziegel oder Marmor wohltätig zu spenden zählt zu unseren Berufungen. Unser Ziel ist es, die meisten Siegespunkte zu erringen und uns in diversen Wertungen zu bewähren. Neben taktischem Geschick zu beweisen sollte uns aber auch Fortuna hold sein, denn die richtigen Karten zum passenden Moment zu ziehen, kann über Sieg oder Niederlage entscheiden. Lasset uns in diesen spannenden Wettstreit stürzen und unser Geschick als Fürst der Stoffhändler beweisen. Hierbei solltet ihr den pfiffigen Aktionsmechanismus nicht aus den Augen verlieren!

Ablauf

Treibender Motor in Calimala ist der pfiffige Aktionsmechanismus. Im Kern ist Calimala jedoch ein klassisches Mehrheitenspiel. Es geht darum, in 15 Wertungen die Oberhand zu gewinnen und somit die meisten Siegespunkte zu bekommen. Beginnend mit einem Startspieler legen die Spieler im Uhrzeigersinn jeweils eine Aktionsscheibe auf ein Tableau und führen bis zu zwei Aktionen aus. Die Besonderheit in Calimala ist, dass sich auf den Aktionsfeldern im Laufe des Spieles Türmchen aus Scheiben, auch verschiedener Spieler bilden. Lege ich zum Beispiel als blauer Spieler eine blaue Scheibe auf eine rote Scheibe, wird diese nochmals getriggert. Spieler Rot kann somit ein zweites Mal seine Scheibe nutzen und somit doppelt oder später sogar dreifach davon profitieren. Wird die vierte Scheibe gelegt, so kommt es zu einer Wertung. Die unterste Scheibe wird dann nicht mehr getriggert, sondern kommt in den Stadtrat. Wer im Stadtrat die meisten Sitze bzw. Kunstwerke besitzt, der setzt sich bei den Wertungen bei Gleichstand durch. Die Reihenfolge der Wertungsplättchen sowie der Aktionsplättchen wird übrigens zu Spielbeginn zufällig ermittelt.

Nun werde ich auf die einzelnen Aktionen eingehen. Es gibt insgesamt neun verschiedene Aktionsmöglichkeiten, die durch Plättchen repräsentiert werden. Diese werden in einem 3 x 3-Raster angeordnet. Zwischen jeweils zwei Plättchen gibt es ein Feld, auf dem die Scheiben eingesetzt bzw. gestapelt werden können. Insgesamt gibt es 12 solcher Felder. Setze ich eine Scheibe auf ein Feld ein, so führe ich die zwei entsprechenden Aktionen in einer von mir festgelegten Reihenfolge aus. Kann ich eine Aktion nicht ausführen, weil mir zum Beispiel ein bestimmter Rohstoff fehlt, so bekomme ich als Entschädigung eine Karte vom verdeckten Stapel. Diese Karten bieten die gleichen Möglichkeiten wie die Felder, können aber in unbeschränkter Anzahl ausgespielt werden. Natürlich spielt der Zufall eine Rolle, weil man ja nicht immer die Karten bekommt, die man sich wünscht, dennoch ist man durch die Karten etwas flexibler, da man ja nicht an ein bestimmtes Einsetzfeld gebunden ist.

Es gibt folgende Aktionsmöglichkeiten: Zum einen kann man sich Rohstoffe holen. Es gibt insgesamt vier Rohstoffe, nämlich Holz, Ziegel, Marmor sowie Stoff. Für jede Aktionsscheibe kann man sich jeweils ein Holz, Ziegel oder Marmor besorgen. Beim Stoff hingegen bekommt man so viele Einheiten wie man Werkstätten besitzt, also im besten Fall drei auf einmal. Eine weitere Aktion ist bauen. Man kann Schiffe, Handelshäuser oder Werkstätten erbauen. Diese kosten jeweils zwei Holz, zwei Ziegel bzw. je ein Holz und einen Ziegel. Eine weitere Aktion ist das Verschiffen von Stoff. Dabei darf ich so viel Stoff transportieren, wie ich Schiffe besitze, also im besten Fall drei. Ich darf dabei entscheiden, in welche Hafenstädte ich liefere. Dabei kann ich auch alles in eine Stadt liefern oder aber in jede Stadt jeweils ein Stoff. Ähnlich läuft der Warentransport in die Binnenstädte ab. Dazu brauche ich in den entsprechenden Städten ein Handelshaus. Ich kann jedoch in jede Stadt nur einmal liefern, es läuft also ein bisschen anders ab als bei den Schiffen. Eine weitere Aktionsmöglichkeit ist das Spenden von Holz, Ziegel oder Marmor in eines der berühmten Bauwerke in Florenz. Marmor kann man außerdem nicht nur direkt spenden, man kann damit auch Kunstwerke errichten.

Nun werde ich noch auf die verschiedenen Wertungen eingehen. Sobald eine vierte Scheibe auf ein Aktionsfeld gesetzt wird, kommt die unterste Scheibe in den Stadtrat, und es kommt zu einer Wertung. Gewertet wird eigentlich alles: gelieferter Stoff in den jeweiligen Hafen- und Binnenstädten, errichtete Kunstwerke in den Bauwerken der Stadt Florenz, gespendete Rohstoffe(Holz, Ziegel und Marmor separat) sowie alle Klötzchen in den Bauwerken (Spenden und Kunstwerke zusammen). Das Spiel endet, sobald alle 15 Wertungen durchgeführt wurden oder die Spieler alle ihre Aktionsscheiben eingesetzt haben. Zuletzt möchte ich auf die Tie-Breaker Regelung eingehen. Kommt es bei einer Wertung zu einem Gleichstand, zum Beispiel wenn zwei Spieler gleich viele Klötzchen in einer Stadt haben, so wird folgendermaßen vorgegangen: Es gewinnt der Spieler, der die meisten Sitze und Kunstwerke im Stadtrat hat. Besteht Gleichstand, so gewinnt der Spieler mit den meisten Sitzen. Besteht immer noch Gleichstand, so gewinnt derjenige, der seinen letzten Sitz vorher bekommen hat. Hat noch niemand Sitze im Stadtrat, so gewinnt derjenige, der am meisten Kunstwerke im Stadtrat erschaffen hat bzw. der sein Kunstwerk vorher erschaffen hat.

Zuletzt gehe ich auf die Zielkarten ein. Jeder Spieler bekommt zwei bis drei Wertungskarten auf die Hand, wovon er eine aussucht. Diese Karten werden am Ende des Spieles nochmal gewertet und bringen nochmal mächtig Siegespunkte (fünf für den Erstplatzierten statt drei bei den normalen Werungen).

Fazit

Vorab will ich anmerken, dass mir Calimala sehr gut gefallen hat. Es zählt für mich sogar zu einem der Highlights der Essener Spielemesse, obwohl es in der Flut der Neuerscheinungen untergegangen ist. Dabei wundert es nicht, dass der Autor den Hippodice-Wettbewerb gewonnen hat.

Zuerst möchte ich auf die hübsche, aber nüchterne sowie funktionale Gestaltung eingehen. Wer die Optik nochmal verbessern möchte, der kann sich im Internet Aufsteller für die Bauwerke in Florenz kaufen. Aber auch ohne ist die Aufmachung top. Calimala besticht außerdem durch ein hervorragendes Material. Viele Holzteile und dicke Pappe machem das Spiel zu einem haptischen Erlebnis.

Die Spielregel ist von guter Qualität und ermöglicht einen einfachen Zugang zum Spiel. Calimala ist sicherlich kein Expertenspiel, aber auch kein reines Familienspiel und ist somit in den Kennerspielbereich einzuordnen. Mündigen Familien mit älteren Kindern würde ich das Spiel auf jeden Fall zumuten.

Ausgesprochen gut gefällt mir der variable Aufbau des Spielplans, da sowohl die Reihenfolge der Wertungsplättchen als auch die Anordnung der Aktionsplättchen von Spiel zu Spiel anders sind. Am besten gefällt mir der Aktionsmechanismus, bei dem man nicht nur selbst, sondern auch die Mitspieler profitieren. In dieser Form habe ich diesen in keinem Spiel zuvor kennengelernt. Er stellt die Stoffhändler vor knifflige Entscheidungen.

Man muss sich überlegen, inwiefern man mit seiner eigenen Aktion anderen hilft, wobei man ja auch selbst vorankommen möchte. Die Option, sein eigenes Türmchen zu bauen, stellt sicherlich keine gewinnbringende Strategie dar, weil man dann ja immer den gleichen Rohstoff erhält und von der gleichen Aktion profitiert und man dagegen ein breites Spektrum an Rohstoffen bzw. Aktionen benötigt.

Da im Prinzip alles berechenbar ist und man mehrere Runden im Voraus planen kann, ist die geringe Glückskomponente durch die Aktionskarten das Salz in der Suppe. Man darf diese Unwägbarkeiten nicht so negativ sehen, sondern sie eher als Herausforderung betrachten. Man gewinnt dadurch ein hohes Maß an Flexibilität und kann, ohne einem Mitspieler zu helfen, die passende Aktion durchführen. Und es kommt darüber hinaus relativ selten vor, dass einem die Karten gar nicht weiterhelfen.

Sehr erfreulich ist für mich die positive Interaktion. Man hilft sich gegenseitig, indem man die Aktionsscheiben der anderen mehrmals triggert. Dadurch sind auch mehrere Spieler nahezu gleichzeitig am Spielgeschehen beteiligt, was die Downtime gering hält. Neben dem pfiffigen Aktionsmechanismus gefällt mir auch die Tie-Breaker-Regelung ausgesprochen gut.

Das macht den Palazzo Vecchio auch so wichtig, zumal dieser auch am Spielende eventuell gewertet wird. Wer schon am Anfang dort viele Kunstwerke erschafft, der hat, zumindest am Anfang, wenn noch wenige Sitze im Stadtrat vergeben sind, gute Chancen bei Gleichstand satte drei Punkte abzustauben.

Calimala besticht durch einen schönen Spannungsbogen. Im Laufe des Spiels kann man immer mehr machen: Je mehr Schiffe, Handelshäuser und Werkstätten man besitzt, desto mehr Stoff kann man auf einmal erhalten und desto mehr kann man verschiffen oder per Wagen liefern. Je höher die Türmchen von Aktionsscheiben werden, desto mehr Möglichkeiten bieten sich den Spielern.

Das Spiel geht oft sehr knapp aus und ist spannend bis zum Ende. Trotz der vielen positiven Aspekte habe ich dennoch auch negative Seiten am Spiel anzumerken: Die verdeckten Aufträge, die erst zu Spielende aufgedeckt werden, passen leider nicht zum Gesamtbild eines vollkommen planbaren Spiels. Da man nicht weiß, welche Aufträge die anderen haben, ist es am Ende reines Gambling, auf welches Gebäude oder welche Stadt man setzt.

Man arbeitet während des ganzen Spiels auf die offenen Wertungen hin, wird aber durch die unberechenbaren verdeckten Zielkarten am Ende noch überholt, obwohl man taktisch gut gespielt hat. Diese Zufallskomponente wird höchstens dadurch abgemildert, dass man die anderen beobachten kann und aus deren Spielweise die geheimen Aufträge ableiten kann.

Besonders bitter ist die Tatsache, dass die Endwertung den größten Teil der zu vergebenden Siegpunkte ausmacht. Calimala ist im Kern ein reines Mehrheitenspiel, das man schon oft hatte, der Aktionsmechanismus macht es aber zu einer wahren Perle unter den Brettspielen, die 2017 in Essen präsentiert wurden.

Leider ist Calimala nicht zu zweit spielbar, was sehr schade ist, weil das romantische Thema (Florenz, Renaissance, Stoffhandel) ja für Pärchen geradezu prädestiniert gewesen wäre. Ich habe das Spiel bereits zu dritt und zu fünft gespielt und festgestellt, dass es mir zu dritt am meisten Spaß gemacht hat.

Das ist äußerst erfreulich, zumal die meisten Brettspiele ja zu viert am besten funktionieren. Leider hat der Startspieler einen kleinen, aber unter Profis vermutlich entscheidenden Vorteil, nämlich dass er als Erster Rohstoffe erhält und seine Aktionsscheibe häufiger getriggert wird als zum Beispiel der vierte oder fünfte Spieler. Außerdem sind seine Chancen besonders hoch, den ersten Sitz im Stadtrat zu ergattern. Gerade zu fünft ist er bei den ersten Wertungen bevorzugt.

Alles in allem ist Calimala ein vortreffliches Kennerspiel, dem ich insgesamt gute 5 Punkte vergebe. Daumen hoch und klare Kaufempfehlung!

Rezension Stephan Wendt

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Calimala: 4,1 4,1, 7 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 25.02.18 von Stephan Wendt - Dieses Spiel hat mir wirklich sehr gut gefallen. Vor allem der pfiffige Aktionsmechanismus hat mich sehr überzeugt.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 31.10.17 von Michael Andersch - Schöner Aktionswahl-Mechanismus, mit angenehmen Zwängen. Das Spiel selbst kommt allerdings etwas steril und abstrakt daher - ich habe mich nie als Händler, Baumeister oder was auch immer gefühlt.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 11.12.17 von Dirk Bosawe - Tolles Spiel. Habe den Prototypen schon gespielt und hat mir sofort gefallen. Der Einsetz- und Aktionsmechanismus ist toll konzipiert, so dass keine große Downtime zwischen den Zügen entsteht, da man von den Zügen der anderen profitieren kann.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 14.01.18 von Roland Winner
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 27.07.18 von Sandra Lemberger
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 12.03.19 von Regina Molter - Ein solides, gutes Spiel!
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 15.09.22 von Mahmut Dural - Schöner Mechanismus, solides Mehrheitenspiel. Maximum 7 von 10 Punkten. Nicht mehr.

Leserbewertungen

Leserwertung Calimala: 4,0 4.0, 4 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 19.12.17 von Gregor - Mein persönliches Highlight auf der Spiel 17! Taktisches agieren und reagieren auf die Gegner mittels eines einfachen, aber tollem und innovativem Einsatzmechanismus.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 06.01.18 von Andreas Freye - Der Aktionsmechanismus ist nett gemacht und mal was anderes, der Rest im Spiel ist beliebig austauschbar.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 26.02.18 von Grobi - werten, werten, werten, werten... gähn...
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 15.09.22 von Gülsüm Dural - Schönes Kennerspiel, gute Spielregeln, die keine Fragen aufkommenlassen, runder Spielablauf. Jedoch ist es kein "Must Have". Würds wieder mitspielen, aber es gibt bessere Mehrheitenspiele, wie Edo, Lancaster etc...

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