Rezension/Kritik - Online seit 15.02.2021. Dieser Artikel wurde 3245 mal aufgerufen.

Celtic

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Autor: Dirk Hillebrecht
Illustration: Bartłomiej Kordowski
Verlag: Pegasus Spiele
Rezension: Franky Bayer
Spieler: 2 - 4
Dauer: 40 - 60 Minuten
Alter: ab 8 Jahren
Jahr: 2020
Bewertung: 4,0 4,0 H@LL9000
3,0 3,0 Leser
Ranking: Platz 4792
Celtic

Spielziel

Die Kelten - recht viel wissen wir ja nicht über dieses Volk, das so um die späte Eisenzeit in Europa lebte. Erschwert wird dies durch den Umstand, dass es keine schriftlichen Nachweise gibt, wie etwa bei den Griechen oder Römern. So sind wir allein auf indirekte Berichte anderer Völker und auf archäologische Ausgrabungen angewiesen.

Wie etwa die erst 1987 am Südhang des Glaubergs (im hessischen Kreis Wetterau) entdeckten Grabhügel aus der Latène-Zeit im 5. Jahrhundert v. Chr., bei der neben vielen anderen reichen und vielfältigen Grabbeigaben (Waffen, Schmuck, etc.) auch eine fast komplett erhaltene, lebensgroße Statue aus Sandstein - der sogenannte Keltenfürst - zu Tage kam. Diese Fundstücke gewähren uns einen Einblick in das alltägliche Leben der Kelten. Im Spiel Celtic können wir als eine einflussreiche Familie um die Nachfolge des Keltenfürsten von Glauberg kämpfen, indem wir die umliegende Region erschließen und Handel mit dem Ausland betreiben.

Ablauf

Der Spielplan zeigt das Gebiet um die Gemeinde Glauburg, wobei ich nach einem Vergleich mit "Google Maps" nicht sicher bin, ob die eingezeichneten Flüsschen und Wälder tatsächlich der Realität entsprechen. Jedenfalls sehen wir allerlei Orte (runde Felder) mit Gegenständen, Tieren, Pflanzen, etc., wie es sie wohl in der Blütezeit der Kelten in dieser Region gegeben hat. Die Orte sind mit einem Wegenetz miteinander verbunden. Eher an den Rändern finden wir noch Handelsorte (rautenförmige Felder), an denen die angegebenen Handelswaren (Karten auf den benachbarten Kartenfeldern) erhältlich sind.

Die Spieler erhalten je 8 Spielsteine einer Farbe ihrer Wahl. Diese Steine stapeln sie anfangs im etwas größer hervorgehobenen Keltendorf. Außerdem bekommen sie bereits 2 Zielkarten vom gemischten Stapel. Diese sind in 2 Schwierigkeitsstufen und zeigen entweder 2 (leicht) oder 3 (schwer) bestimmte Orte.

Der Spielablauf ist recht eingängig. Wer die Figur des Keltenfürsten besitzt, führt den Schritt "Spielsteine bewegen" aus. Davor und/oder danach kann er auch noch Zielkarten erfüllen und Handelswaren sammeln. Abschließend reicht er die Keltenfürst-Figur im Uhrzeigersinn weiter.

Beim Schritt "Spielsteine bewegen" nimmt der Spieler beliebig viele eigene Spielsteine eines Feldes und zieht sie entlang der Wege 1 oder 2 Orte weiter. Danach können sich die anderen Spieler im Uhrzeigersinn entscheiden, ob und wie viele ihrer Spielsteine mitreisen wollen. Dieses "Gemeinsame Reisen" ist aber nur dann möglich, wenn sowohl Ausgangs- als auch Zielort dieselben sind.

Der Spieler kann in seinem Zug beliebig viele Zielkarten erfüllen. Dazu muss sich an jedem Ort, der auf der Zielkarte abgebildet ist, mindestens 1 seiner Spielsteine befinden. Nachdem er von jedem dieser Orte 1 Spielstein zurück ins Keltendorf gesetzt hat, deckt er die Zielkarte auf und zieht eine neue Karte vom Stapel.

Außerdem kann er in seinem Zug Handelswaren sammeln. Befinden sich Spielsteine an Handelsorten, kann er für jeden Spielstein, den er ins Keltendorf zurücksetzt, eine Handelsware vom entsprechenden Stapel nehmen.

Das Spiel endet sofort, wenn ein Spieler entweder seine 5. Zielkarte erfüllt oder von jeder Handelsware mindestens 1 Karte besitzt. Jeder Spieler kann dann noch seine Zielkarten erfüllen und Handelswaren sammeln, wenn er Spielsteine auf den entsprechenden Feldern hat. Danach kommt es zur Wertung.

Erfüllte Zielkarten bringen den aufgedruckten Wert (15 oder 20 Punkte). Die Handelswaren sortiert der Spieler nach ihrer Anzahl. Jede Handelsware, von der er die meisten Karten besitzt, ist lediglich 1 Punkt wert, für die zweitmeisten gibt es je 2 Punkte, etc. Der Spieler mit der höchsten Gesamtsumme erweist sich als einflussreichstes Familienoberhaupt und wird zum nächsten Keltenfürsten ernannt.

Fazit

Einige Leser werden beim Lesen der Spielbeschreibung schon die Stirn gerunzelt haben. Dieser Mechanismus des Mitreisens kommt ihnen wohl verdächtig bekannt vor. Tatsächlich finden wir ihn bereits bei einem früheren Spiel aus dem Hause Pegasus, nämlich bei Wunderland. Celtic ist sozusagen eine Neuauflage dieses Spiels, denn auch der Name des Spieleautors ist derselbe.

Wobei nach meinem Geschmack das Thema nun etwas attraktiver, realistischer ist, denn nun müssen wir uns nicht mehr auf der Suche nach Fotomotiven durch die weltbekannte Hamburger Modelleisenbahnwelt bewegen, sondern reisen als Oberhaupt einer keltischen Familie durch die Gegend um Glauburg. Unterschiede zwischen den beiden Spielen gibt es zudem in der Anordnung der Orte und des Wegenetzes, sowie bei den Zielkarten, welche im Gegensatz zu jenen aus Wunderland höchstens 3 Zielorte aufweisen.

Interessant finde ich übrigens die Tatsache, dass beide Themenwelten - sowohl die Keltenwelt von Glauberg als auch die Modellbahnausstellung - heute wichtige deutsche Touristenattraktionen sind. Daher liegt auch beiden Spielen ein Prospekt bei. Im Falle vom Hamburger Wunderland stammt dieser allerdings aus dem Jahre 2013, sodass ich bezweifle, dass Öffnungszeiten und Preise auf dem neuesten Stand sind. Der Prospekt in Celtic hingegen liefert viele Hintergrundinformationen über die Entdeckung der Ausgrabungsstätte und die interessante Welt der Kelten, und macht auf diese Weise Lust auf einen Besuch.

Spielerisch gehört Celtic natürlich eindeutig zu den Familienspielen. Die Entscheidungen, die getroffen werden müssen, sind beileibe nicht so komplex, dass sie nur erfahrene und anspruchsvolle Spieler machen könnten. Ein Spielzug geht auch ziemlich rasch, allerdings müssen alle Mitspieler, welche gegebenenfalls am Ausgangsort ebenfalls Spielsteine haben, reihum nach ihrer Mitreisebereitschaft befragt werden. Hier erweist sich die - von mir anfangs als überflüssig erachtete - Figur des Keltenfürsten, welche als Anzeiger für den aktiven Spieler dient, doch als recht sinnvoll, um daran zu erinnern, wer gerade am Zug ist.

Überhaupt ist dieser Mechanismus des "gemeinsamen Reisens" das Um und Auf des Spiels. Natürlich verfolgt jeder Spieler sein persönliches Ziel, aber auf sich allein gestellt, dauert es viel zu lange, die Orte selbst abzuklappern. Will man erfolgreich sein, ist man auf die Hilfe der Mitspieler angewiesen. Wer sich dabei immer geschickt einklinkt, das Trittbrettfahren am besten beherrscht und sich als der gewiefteste Schnorrer erweist, ist besser dran und erreicht schneller die Felder, die er braucht.

Da die Zielkarten allerdings verdeckt auf der Hand gehalten werden, machen dies die Mitspieler nicht bewusst, sondern eher unbeabsichtigt. Somit ist durch die zufällige Verteilung der Karten auch ein Glücksfaktor vorhanden. Wessen Aufträge besser zu jenen der anderen passen, der hat schon mal einen Vorteil. Sicher ist es möglich, sich "auf Verdacht" in entfernte Regionen mitschleppen zu lassen in der Hoffnung, später passende Zielkarten nachzuziehen, dies kann aber genauso gut schiefgehen.

Somit ist Celtic am ehesten mit den Eisenbahnspielen Trans America bzw. Trans Europa zu vergleichen, bei denen man ebenfalls versucht, von der Arbeit der Mitspieler beim Aufbau seines Streckennetzes zu profitieren, indem man große Teile davon von den anderen bauen lässt. Mit diesen Spielen hat Celtic auch die moderate Spieldauer gemein, allerdings nicht die mögliche Teilnehmerzahl. Es verblüfft mich, dass gerade ein so interaktives Spiel bloß für maximal 4 Spieler geeignet sein soll. Mit nur wenigen Adaptionen hätte man sicher die Spielerzahl auf 5 oder sogar 6 erhöhen können. Dies hätte sich meines Erachtens positiv ausgewirkt, während Partien zu zweit eigentlich recht langweilig verlaufen.

Die Handelswaren halte ich für einen passenden Gegenpol zu den verdeckten Zielkarten, da sie ja offen sind und von jedem Spieler genommen werden können, wenn er Spielsteine vom entsprechenden Feld zurück ins Keltendorf setzt. Damit dies nicht ausartet und nicht einfach nur Waren en masse gehortet werden, ist die Anzahl jener Waren, die gewertet werden dürfen, an die Anzahl der Zielkarten gekoppelt. So darf von jeder Handelsware nur um eine Karte mehr für die Wertung herangezogen werden wie Zielkarten erfüllt werden konnten. Wie sehr die Spieler auf Handelswaren gehen, hängt stark vom Verhalten aller Mitspieler ab. Gefühlsmäßig erscheint mir das Erfüllen von Zielkarten etwas wichtiger und punkteträchtiger zu sein, und das finde ich auch gut so.

Etwas gewöhnungsbedürftig ist die Regel, dass das Spiel sofort zu Ende ist, sobald ein Spieler eine der beiden Spielendebedingungen erfüllt. Das klingt ein wenig nach Startspielervorteil. In der Praxis entscheiden dann aber doch andere Aspekte, wie die Verteilung der Zielorte, das geschickte Trittbrettfahren, etc. Außerdem will Celtic ja gar kein hochtaktisches Spiel sein, sondern ein gefälliges, etwas glückslastiges, dafür aber interaktives Wettrennen und -sammeln. Und dies gelingt dem Spiel auf jeden Fall.

Rezension Franky Bayer

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Celtic: 4,0 4,0, 2 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 28.10.20 von Franky Bayer - Gelungene Neuauflage von Wunderland mit attraktiverem Thema. Zu zweit eher langweilig, am besten zu viert. Könnte man wahrscheinlich bei entsprechender Adaptierung auch mit mehr Personen spielen.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 06.02.21 von Michael Kahrmann - Ich fand Wunderland schon sehr gut, leider krankt diese Neuauflage etwas an der Übersichtlichkeit. Trotzdem ein schönes Spiel das mir gefällt.

Leserbewertungen

Leserwertung Celtic: 3,0 3.0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 21.12.20 von Holyhead - Nettes Familienspiel, eingängige, kurze Regeln. Schnell erklärt, aber der Wiederspielwert ist überschaubar. Die Handelswaren sind bei der Wertung eher nachrangig. Wer zuerst 5 Aufträge hat, läutet das Ende ein. Mit einem Auftrag mehr hat man auch fast immer gewonnen. Wenig taktische Finesse, eher Geduld um beim Trittbrettfahren Züge zu sparen und schneller ans eigene Ziel zu kommen.

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