Spielerei-Rezension
Spielerei 100:
Vom eisigen Skandinavien bis nach Amerika sind es nur wenige Schritte. Wer dieses Wunder erleben will, der muss ins Wunderland bei Hamburg fahren. Dort findet der Besucher die größte Modelleisenbahn der Welt. Oder man breitet den Plan des gleichnamigen Spiels aus und schickt acht Besucher seiner Farbe los, um diese Wunderwelt zu erkunden.
Ausgerüstet werden wir mit zwei Auftragskarten, auf denen zwei bis vier Ziele angegeben sind, die unsere Besucher erreichen müssen. Das bringt sofort Siegpunkte. Es helfen, wenn auch unfreiwillig, fremde Besuchergruppen den eigenen und umgekehrt. Und das unterscheidet Wunderland dann doch von den einschlägig bekannten Spielen wie Deutschlandreise und oder Alan Moons Zug um Zug. Wunderland erinnert mich vom Spielgefühl ehr an TransAmerika (von Franz-Benno Delonge, bei Winning Moves 2002 erschienen).
Immer, wenn ein Spieler seine Besucher ein oder zwei Felder weiterbewegt, dürfen alle mitreisen, die ebenfalls auf deren Startfeld rasten. Jeder kann frei entscheiden, wie viele seiner Besucher er mitnimmt. Mit ein wenig Glück und mit den unfreiwillig kooperativen Mitspielern kann man so auch längere Strecken flott zurücklegen.
Sobald die eigene Besuchergruppe (Spielsteine) ein Ziel der Auftragskarte erreicht, sollte man einen dort zurücklassen. Ja, ich geb’s zu, ich habe mal einen meiner Touristen von einem mühsam erreichten, fernen Ziel versehentlich abgezogen – habe aber trotzdem gewonnen. Und das lag an einer weiteren Möglichkeit, Siegpunkte zu kassieren. Doch dazu später.
Eigentlich sind die Aktionsmöglichkeiten höchst einfach, es gibt nämlich genau eine und die heißt: mit einer beliebigen Anzahl von verfügbaren Spielsteinen ziehen. Sobald alle Ziele der Auftragskarte mit einem Besucher der eigenen Farbe besetzt sind, darf man die Siegpunkte kassieren und wird mit einer neuen Karte ausgerüstet. Die gewerteten Besucher kommen zurück auf Start, das ist in diesem Fall der fiktive Ort Knuffingen, der nur im Wunderland existiert. Das wundert uns jetzt nicht.
Das Spiel endet sofort, nachdem ein Spieler seinen fünften Auftrag erledigt hat.
In den Außenbezirken gibt es sieben besondere Felder, auf denen man Ansichtskarten erwerben kann. Dazu muss man mit mindestens einem seiner Spielstein-Touristen auf dem passenden Feld landen und darf dann entscheiden, wie viele dieser Touris sich beim Erwerb von Postkarten so erschöpfen, dass auch sie zurück auf Startfeld Knuffingen gebeamt werden. Man nimmt sich eine Postkarte für jeden nach Knuffingen geschickten Spielstein.
Am Ende werden die Postkarten nach Symbolen sortiert – es gibt sieben verschiedene - an der Zählleiste des Spielplanrandes angelegt. Das ist mal keine Kramerleiste, die gibt es allerdings auch. Die Karten, von denen man die meisten besitzt, werten mit je einem Punkt, die zweitmeisten mit zwei, die drittmeisten mit – na? – richtig drei und so weiter, bis maximal sieben Punkte pro Karte. Bei allen Spielen, die ich gespielt hatte, waren diese Postkarten wichtig, eventuell mehr als das fleißige Abarbeiten der Auftragskarten. Man sollte also möglichst viele und viele verschiedene Karten sammeln und ganz nebenbei den einen oder anderen Auftrag erledigen.
Nicht nur wegen des famlienfreundlichen Themas ist Wunderland ein schönes Familienspiel. Die Note ist auch genau für diese Zielgruppe gedacht. Der Begriff „schön“ bezieht sich allerdings nicht auf die Grafik. Dauer und Spielregel sind höchst übersichtlich, die Taktik leicht durchschaubar und das Sammeln von irgendwas liegt uns halt doch im Blut. Niemand kann heftig ausgebremst oder geärgert werden. Es gibt allerdings Experten, die versuchen, möglichst schnell die Postkartenstapel abzuräumen, ohne sich um ihre Aufträge zu kümmern. Da gucken dann die anderen schnell auf leere Felder. Das kann funktionieren, wenn das Spiel lang genug dauert. Wer mit Glück und blitzschnellem Abarbeiten der Aufträge dagegenhält und sich mit weniger Postkartenpacks bescheidet, könnte die Nase vorne haben
Am Ende kann es doch noch einen kleinen Wutschrei geben – da hat doch einer vor mir Schluss gemacht, bevor ich einen lukrativen Auftrag erfüllen oder noch einen Stapel Ansichtskarten erwerben konnte. Und ich habe diesen gemeinen Mitspieler auch noch mit meiner Besuchergruppe mitreisen lassen.
Rezension Lotte Schüler
In Kooperation mit der Spielezeitschrift