Spielziel

Die Saga führt sich fort: Im Jahr 2022 erschien erstmalig mit Dorfromantik: Das Brettspiel die kooperative Brettspielumsetzung des erfolgreichen Computerspiels und erhielt den Titel Spiel des Jahres 2023. Im Herbst 2023 folgte mit 2 - Personenspiel Dorfromantik - Das Duell eine kompetitive Version des Spielprinzips. Im Herbst 2024 folgte nun Dorfromantik: Sakura, ein erneut eigenständiges kooperatives Brettspiel.

Doch bietet es ausreichend Innovation oder ist es einfach nur die japanische Version des Spiel des Jahres?

Ablauf

Das Spielprinzip wurde 1:1 von Dorfromantik: Das Brettspiel übernommen. Ich erspare es euch deshalb diese Regeln erneut zu erklären. Bei Interesse einfach die Rezension zum Spiel des Jahres lesen.

Konzentrieren wir uns auf die Veränderungen zum Ursprungsspiel. Wir wandern spielerisch nach Japan. Die Städte und Flüsse bleiben, hingegen werden Felder, Wälder und Bahnstrecken durch Reisfelder, Blütenfelder und Straßen ersetzt.

Die ersten Partien bringen außer der Optik erstmal keine Neuigkeiten, sondern helfen lediglich die Grundregeln zu verinnerlichen, bevor Schrittweise mehr Komplexität ins Spiel kommt.

Ein Blick auf das Kampagnenblatt lässt diese erhöhte Komplexität erkennen oder zumindest vermuten, denn es sind zwei Teilabschnitte zu erkennen. Den zweiten Teilabschnitt kann man nicht mit den normal erspielten Punkten durchlaufen, sondern (ACHTUNG HIER WIRD NUN MINIMAL GESPOILERT) man benötigt hierfür Blüten, welche zu einem späteren Zeitpunkt ins Spiel kommen und damit quasi eine zweite Ebene von Punkten in das Spielprinzip bringen. Immer wenn man Aufträge erfüllt oder zum Partie-Ende Landschaften mit Fahnen baut, bringen die Blüten auf den daran beteiligten Plättchen zusätzliche Blüten, die man sammelt und dann nach Partie-Ende nutzen kann, um im Blütenbereich vorwärts zu kommen und entsprechende Module freizuspielen. Diese bringen entsprechend neue Plättchen und Sonderregeln ins Spiel. Mehr werde ich hier nicht spoilern.

Schrittweise werden Boxen geöffnet, kommen neue Spielelemente und Plättchen ins Spiel und diese sind nicht einfach vom Grundspiel übernommen worden, sondern sind komplett neu. Ob damit nun Dorfromantik: Sakura besser/schlechter wird, leichter/schwerer als das Grundspiel ist und ob es damit ausreichend Innovation bietet, um einen Kauf zu rechtfertigen, wenn man das Grundspiel bereits besitzt, darauf möchte im nächsten Abschnitt genauer eingehen.

Fazit

Die ersten zwei Spielrunden generieren tatsächlich den Eindruck, dass sich nur die Landschaftsarten und damit das Design in Richtung rosa verändert hat (und ich hasse rosa!!). Zudem wirkt die neue Version etwas unübersichtlicher. Dies ist im ersten Moment etwas ernüchternd. Man darf auch nicht vergessen, dass dieses Spiel keine Erweiterung von Dorfromantik: Das Brettspiel ist. Demnach wird es auch Käufer geben, welche gleich mit dem 2. Teil einsteigen und auch bei diesen das Spielprinzip ebenfalls erst erlenen müssen. Die Übersicht erhält man mit zunehmender Übung.

Hat man mal Karton Nr. 3 geöffnet, kommen bereits die o.g. Blüten ins Spiel und damit erhalten die folgenden Partien ihre Wendung und eigenen Charakter. Doch Vorsicht: im Eifer des Gefechtes vergisst man gerne auch mal die Blüten bei den Wertungen mitzunehmen. Daran sollte man denken!

Schritt für Schritt folgen viele weitere Auftragskarten und Spielelemente, die entweder über das Kampagnenblatt freigespielt oder über das Erreichen von bestimmten Bedingungen innerhalb einer Partie, ins Spiel gebracht werden.

Die neuen Spielelemente bringen wiederum ein neues Spielgefühl, da man damit anders zusätzliche Punkte generieren kann. Mir vermittelte dies ein Gefühl höherer Komplexität und dadurch auch erhöhtem Anspruchs. Man muss manchmal auf viele Ziele und Möglichkeiten gleichzeitig achten, was das Risiko erhöht, Dinge zu übersehen. Damit musste das entspannte Spielgefühl des Vorgängers einem relativ konzentrierten Spiel weichen und das finde ich gut! Der klassischen "ich kaufe mir nur 1 mal im Jahr das Spiel des Jahres - Familie" könnte hier z.T. auch an seine Grenzen kommen, wenn sie das Dorfromantik: Das Brettspiel noch nicht gespielt hat.

Ein wenig erschwert sich das Ganze durch kleine redaktionelle Fehler oder Unklarheiten. So waren wir z.B. verwundert, als wir Elemente aus Box 4 erspielt hatten ohne zuvor aufgefordert worden zu sein, diese Box zu öffnen. Bei allen anderen Boxen wird man nämlich unmittelbar dazu aufgefordert. Und beim ansonsten über Inhaltsverzeichnisse super geregelten Rücksortierten in den Karton 4 erkannten wir, dass beim Inhaltsverzeichnis wohl Zahlen durcheinander geraten sind.

Noch ein Satz zur Spieldauer: aufgrund der zunehmenden Anzahl an Spiel-Komponenten, nimmt die Spieldauer über die Partien hinweg deutlich zu, so dass man hintenraus 90-120 Minuten einplanen sollte. Diese verbringt man jedoch sehr kurzweilig und ohne Downtime.

Nun zur Kernfrage: braucht es wirklich eine neue Dorfromantik-Version? Meine Antwort ist ein eindeutiges Jain, denn das ist schlichtweg Geschmackssache.

• CONTRA: für alle, die von nach dem Durchspielen von Dorfromantik: Das Brettspiel vom Spielprinzip in Summe genug haben oder damals das Spiel schon öde fanden, die brauchen nichts neues.
• PRO: wenn man das Spiel grundsätzlich mag, könnte man natürlich auch weitere Kampagnen vom Grundspiel spielen ohne sich etwas neues zulegen zu müssen. Das funktioniert, macht sicher Spaß, man verliert dann jedoch den Überraschungseffekt, der einen gewissen Reiz ausmacht.
  Dieser wird bei der ersten Kampagne von Dorfromantik: Sakura auf jeden Fall wieder entstehen, da die Karten zum Großteil komplett neu sind. Alle Spieler denen Dorfromantik: Das Brettspiel etwas zu seicht war oder die gerne im 2. Schritt eine Schippe an Komplexität drauflegen möchten, sind aus meiner Sicht mit Dorfromantik: Sakura ebenfalls gut beraten.

Wir haben 18 Partien gebraucht, um alle Elemente freizuspielen und zum Schluss nochmal einen Punkterekord zu versuchen. In Summe erhält man somit irgendwo zwischen 25 und 40 Stunden neuen Spielspaß. Das sollte aus meiner Sicht genug Grund sein, hier zuzuschlagen. Dennoch empfehle ich zuerst mit Dorfromantik: Das Brettspiel zu starten und danach auf Dorfromantik: Sakura umzusteigen.

Nachdem ich damals prognostiziert habe, dass die Jury Spiel des Jahres an Dorfromantik: Das Brettspiel nicht vorbei kommen wird und es danach Spiel des Jahres wurde, versuche ich mich in einer neuen gewagten Prognose:
für mich hat das Dorfromantik-Spielprinzip das Potenzial ein Klassiker werden, ähnlich Die Siedler von Catan oder Carcassonne, von welchen immer wieder neue Varianten auf dem Markt kommen. Es gibt Spieler, die dies als völlig unnötig und als Geldmacherei empfinden. Die Verkaufszahlen zeigen aber, dass sehr viele Menschen diese vielen Variationen mögen und aus diesem Grund würde es mich nicht wundern, wenn es auch in Zukunft weitere Versionen von Dorfromantik geben wird. Die Möglichkeiten dieses Spielprinzip zu erweitern oder zu modifizieren ist riesig. Sei es die Thematik (wie wäre z.B. "Weltall-Romantik" 😉) oder die Komplexität (Dorfromantik als Kinderspiel oder als wirkliches Kennerspiel für die Hardcore-Fans). Sofern daraus kein billiger Abklatsch entsteht, sondern weiterhin wirklich Liebe hineingesteckt wird, könnte ich mir vorstellen auch weiterhin ein Dorfromantik-Fan zu bleiben.

P.S: Gerne hätte ich noch weitere Bilder von Spielelementen gepostet, die Stück für Stück ins Spiel kommen, aber ich wollte nicht all zu viel spoilern, weshalb ich nur die Anfangsszenarien zeige.

Rezension Frank Gartner

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.