Rezension/Kritik - Online seit 12.12.2016. Dieser Artikel wurde 6786 mal aufgerufen.
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Gauner raus! Nein, das ist keine lauthals verkündete Forderung rechtspopulistischer Politiker zur Abschiebung straffällig gewordener Asylwerber. Es ist vielmehr die Aufgabenstellung für zwei bis vier Spieler, die schweren Jungs, Banditen, Gangster, Schurken und Filous in der Kartenhand der Mitspieler herauszufinden.
Die Gauner finden wir auf Karten wieder. Sie gehören einer von sechs Banden an, und jede "Gang" besteht aus sechs Bandenmitgliedern. Oder wie man bei Kartenspielen auszudrücken pflegt: Es gibt sechs Farben mit je sechs Karten, welche der besseren Übersichtlichkeit halber mit den Buchstaben von A bis F versehen sind.
Zu Beginn werden die Karten gemischt und an die Spieler verteilt. Bei 2 Spielern erhält jeder 12 Karten, bei 3 Spielern 10 Karten, und bei 4 Spielern sind es 8 Karten pro Spieler. Auf jeden Fall bleiben einige Karten übrig, welche unbesehen in die Schachtel zurückgelegt werden. Die Aufgabe für die Spieler besteht darin herauszufinden, welche Karten die Mitspieler auf ihrer Hand halten.
Erste sachdienliche Hinweise erhalten die Spieler gleich zu Beginn. Dazu kommen die beiden Spezialwürfel zum Einsatz. Der Farbwürfel trägt auf jeder Seite eine der sechs Farben, der Buchstabenwürfel logischerweise auf jeder Seite einen der sechs Buchstaben. Reihum würfelt jeder Spieler einmal mit beiden Würfeln. Diese Ergebnisse gelten gleichermaßen für alle Spieler. Jeder trägt auf seinem eigenen Deduktionsblatt die Anzahl seiner Karten ein, welche die Farbe und/oder den Buchstaben beider Spezialwürfel aufweisen.
Das eigentliche Spiel verläuft dann im Uhrzeigersinn. Wer an der Reihe ist, führt folgende Aktionen aus. Zuerst würfelt er, zählt (nur er!) seine passenden Karten und notiert die Summe auf dem entsprechenden Feld seines Blattes. Dadurch erhalten die Mitspieler wertvolle Informationen über seine Kartenhand.
Danach darf er tippen. Er fragt einen beliebigen Spieler nach einer bestimmten Karte, z. B. "Hast du Gauner B in Rot?". Wurde falsch getippt, muss der Befragte ein x in das entsprechende Feld seines Blattes eintragen, und der Spielzug ist beendet. Hat der Befragte aber die getippte Karte, legt er diese offen vor sich auf den Tisch und malt das entsprechende Feld seines Blattes mit einem schwarzen Punkt aus. Für das richtige Tippen erhält der Spieler einen Punkt und ist zudem nochmal an der Reihe.
Das Spiel endet, sobald ein Spieler seine letzte Gaunerkarte herauslegen musste. Der Spieler, der die meisten Punkte erzielen konnte, erweist sich als der beste Ermittler und gewinnt als Meisterdetektiv das Spiel.
Gauner raus! gehört eindeutig zu den Deduktionsspielen. Jede Karte kommt im Spiel genau einmal vor. Es gilt daher - unter Berücksichtigung der unbesehen beiseitegelegten Karten, der eigenen Kartenhand und der mit Würfeln bestimmten Informationen - zu ermitteln, welche Karten die Mitspieler auf der Hand halten.
Meist wird dabei nach der Wahrscheinlichkeitsmethode vorgegangen, manchmal in Verbindung mit dem Ausschlussverfahren. Während anfangs bloß geraten werden kann, bekommt man im Laufe des Spiels durch neue Informationen eine immer klarere Vorstellung und kann somit gezielter vorgehen.
Wie bei allen Deduktionsspielen funktioniert es auch hier nur dann, wenn alle Informationen richtig weitergegeben werden, denn alle Überlegungen stützen sich ja darauf. So muss unbedingt beachtet werden, dass eine Karte, welche sowohl mit Buchstaben als auch Zahl mit dem Würfelergebnis übereinstimmt, trotzdem nur 1 x gezählt werden darf. Und auch die schon ausliegenden Karten müssen stets mitgezählt werden.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch ein paar Bemerkungen zum Notieren der Informationen anführen. Das Deduktionsblatt jedes Spielers besteht aus einem Raster von 6 x 6 Feldern, ein Feld für jede Buchstaben-Farb-Kombination. In die Felder wird groß die Zahl jener Karten eingetragen, die mit dem erwürfelten Buchstaben und der erwürfelten Farbe übereinstimmen. Bei einem falschen Tipp wird auf das entsprechende Feld ein kleines x gemacht. Bei einem richtigen Tipp hingegen wird ein schwarzer Punkt gemalt, und alle anderen Spieler müssen dort ein x notieren.
So weit, so gut. Es gibt aber noch die Regel des "Einkreisens". Hat ein Spieler bereits alle Karten der eingetragenen Summe (eines Feldes) vor sich auf dem Tisch liegen, muss er die Zahl im Feld einkreisen, um dies zu verdeutlichen. Außerdem muss er in allen noch leeren Hinweiskreisen derselben Spalte und derselben Reihe ein x eintragen. Es sind also volle Konzentration und möglichst sauberes Aufschreiben gefragt, denn bereits ein klitzekleiner Fehler kann den gesamten Spiel- und Ratespaß verderben.
Durch das Auswürfeln von Informationen kommt natürlich ein kleiner Glücksfaktor hinzu. Zwar wird so lange gewürfelt, bis auf jeden Fall für diesen Spieler eine neue Kombination von Buchstabe und Farbe ermittelt wird, trotzdem können die erhaltenen Kenntnisse von unterschiedlicher Qualität sein.
Hohe und niedrige Zahlen sind deutlich vorteilhafter für die Mitspieler, da damit die Wahrscheinlichkeit von passenden Karten entsprechend hoch bzw. niedrig ist, während man mit durchschnittlichen Werten wesentlich weniger anfangen kann. Im späteren Spielverlauf kann der glückliche Fall eintreten, dass man eine gültige Kombination würfelt, welche den Mitspielern dennoch keine neuen Informationen liefert.
Gauner raus! funktioniert in jeder Spielerzahl, doch sind dabei einige Unterschiede festzustellen. Auf dem Cover prangen die plakativen Worte "spitze zu zweit, knifflig zu dritt, komplex zu viert", was grundsätzlich stimmt, aber doch noch ein paar weitere Erläuterungen erfordert.
Zu zweit ist es am einfachsten, denn man braucht nur bei einem Mitspieler Überlegungen anstellen. Ich empfehle aber hier, unbedingt die im Regelheft beschriebene "Variante für mutige Ermittler" anzuwenden, bei der man in Can't Stop-Manier rechtzeitig aufhören muss, um die Punkte notieren zu dürfen, weil ansonsten automatisch jener Spieler gewinnt, der zuerst die Karten des Gegners erraten hat.
In Maximalbesetzung wird es tatsächlich recht komplex. Zu komplex, wie sich meine Spielgruppen einig war, denn es dauert definitiv zu lange. Eine Spieldauer von über einer Stunde passt nicht ganz zu einem lockeren Deduktionsspiel. Am besten hat mir Gauner raus! eindeutig zu dritt gefallen, denn da ist es knifflig genug, spielt sich aber noch relativ flott.
Nur noch ein paar abschließende Bemerkungen zum Spielmaterial. Der Spielmechanismus ist zwar abstrakt, mit der Gestaltung der 36 Gaunerkarten, allesamt unterschiedlich mit je sechs Gaunern von sechs verschiedenen Banden, hat Grafiker "ARVI" Rolf Vogt jedoch eine schöne thematische Einbindung geschafft. Der Deduktionsblock war allerdings viel zu schnell verbraucht, was eigentlich für das Spiel spricht. Ich habe mir deshalb die letzten Blätter des Blocks laminieren lassen (frei nach dem Motto "Laminieren statt lamentieren"), und kann jetzt zusammen mit "non-permanent"-Stiften unbegrenzt oft Gauner raus! spielen.
Gauner raus! erhält von mir deshalb eine klare Empfehlung. Vor allem zu dritt werden wir so sicher noch öfter auf Gaunerjagd gehen!
Rezension Franky Bayer
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung Gauner raus!: 4,0, 1 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
04.07.16 von Franky Bayer - Schönes Deduktionsspiel. Zu zweit und zu viert Spielreiz 4, am besten zu dritt (Spielreiz 5). |
Leserwertung Gauner raus!: 3.5, 2 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
16.11.16 von FrankHH - Zu Dritt gespielt. Hat mir so gar nicht gefallen. Könnte aber gut bei Fans von Deduktionsspielen ankommen. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
05.11.19 von Kichererbse - Tolles Knobel- und Denkspiel. Zu zweit oder dritt am besten. |