Rezension/Kritik - Online seit 25.06.2006. Dieser Artikel wurde 12577 mal aufgerufen.

Ins Innere Afrikas

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Autor: Andreas Steding
Illustration: Franz Vohwinkel
Verlag: Phalanx Games B.V.
Rezension: Ulrich Fonrobert
Spieler: 2 - 5
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2004
Bewertung: 3,4 3,4 H@LL9000
3,5 3,5 Leser
Ranking: Platz 5943
Download: Kurzspielregel [PDF]
Ins Innere Afrikas

Spielziel

Afrika, der „dunkle Kontinent“, galt zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch als geheimnisvoll. Zudem war er in weiten Bereichen unerforscht. In diesem Szenario setzen die Spieler an. Jeder Spieler führt ein großes Handelshaus und versucht in Afrika Gewinne zu erzielen. Mit den durchaus vorhandenen, aber begrenzten Mitteln versuchen alle, durch eine Versteigerung zum Zug zu kommen und im Verlaufe dieses Zuges möglichst viele Siegpunkte zu sammeln.

Ablauf

Die Besonderheit dieses Spiel ist die fehlende feste Spielreihenfolge. So ist es möglich, zwei- oder dreimal hintereinander an der Reihe zu sein, aber auch rundenlang gar nicht. Dazu muss man „nur“ die Versteigerung zu Beginn einer Runde gewinnen bzw. verlieren. Da aber das durch den Gewinner gebotene Material an die anderen Spieler verteilt wird, verringern sich die Chancen des sich am Zuge befindlichen Spielers, eine weitere Versteigerung für sich zu entscheiden. Andersherum hat irgendwann kein anderer Spieler als man selbst noch Einflussmarker; dann wird die Versteigerung zum Selbstläufer.

Beim Spielaufbau werden zuerst auf den markierten Feldern sogenannte Rohstoffspielsteine und je ein neutraler Händler ausgelegt. Diese zeigen jeweils einen von vier unterschiedlichen Rohstoffen, welche sich auch an der Rohstoffbörse wiederfinden. Zuletzt werden drei Aktionsmarker-Pärchen gezogen, Spielreihenfolge und Rohstoffbörse ausgelost und alle Spieler erhalten eine Reputation von „Zwei“ auf der entsprechenden Leiste sowie einen Sondersiegpunktmarker und Einflussmarker.

Nachdem sich alle Spieler einen Startplatz gewählt haben, von dem aus sie jeweils fünf Händler (Holzscheiben) auf leere Felder des Spielbrettes setzen dürfen, kann das Spiel mit der ersten Versteigerung beginnen. Nach einer solchen Versteigerung ist dann grundsätzlich nur der Gewinner dieser Auktion am Zug, während die anderen Spieler erst dann eingreifen, wenn sie in ein Palaver gehen müssen.

Phase 1: Aufdecken von zwei neuen Aktionsmarkern.

Zu den drei Pärchen kommt also noch ein viertes, welches hinten angelegt wird.

Phase 2: Versteigerung des vorderen Aktionsmarker-Pärchens.

Jeder Spieler darf nun genau einmal auf das erste Pärchen in der Reihe bieten, beginnend beim Spieler mit den meisten Siegpunkten (SP). Das Gebot besteht aus der Nennung einer bestimmten Anzahl von Einflussmarkern, die später in Phase 4 an die anderen Spieler gleichmäßig verteilt werden. Außer dem Spieler mit den meisten Punkten dürfen zudem alle Spieler maximal bis zu 10 SP bieten. Nur der Gewinner der Versteigerung bezahlt den gebotenen Preis in Form von Einflussmarkern und evtl. Siegpunkten.

Phase 3: Spielzug des Gewinners der Versteigerung.

1. Der Spieler setzt einen neutralen Händler in ein leeres oder mit anderen neutralen Händlern besetztes Gebiet ein.

2. Der Spieler setzt seine Aktionspunkte ein, indem er seine Händler auf dem Spielplan bewegt, neue Händler einsetzt und/oder einen Rohstoff in der Rohstoffbörse entwickelt. Dazu hat er die Summe von Aktionspunkten zur Verfügung, welche auf den gerade ersteigerten Aktionsmarkern stehen (zwischen Null und Acht je Marker).

Auf vielen dieser Aktionsmarker sind neben den Aktionspunkten noch Sonderfunktionen abgebildet. Solche Sonderfunktionen sind z. B. das Einsetzen und Bewegen von zusätzlichen eigenen und neutralen Händlern, der Bau eines Handelshauses, der Erhalt von zusätzlichen SP, die an bestimmte Bedingungen geknüpft sind, das Verändern von Werten auf einer der beiden Leisten oder der Einsatz seines Großhändlers.

3. Es folgen die Palaver („Kämpfe“).

Diese Palaver werden nur dort durchgeführt, wo die Händler des aktiven Spielers mit anderen Händlern im selben Gebiet stehen; es werden also die Besitzverhältnisse von doppelt besetzten Gebieten geklärt.

In einem Gebiet mit neutralen Händlern ist ein solches Palaver freiwillig, darf aber nur durchgeführt werden, sofern der Spieler dort mindestens über die gleiche Anzahl an Händlern verfügt. Der Spieler zieht einen verdeckt ausliegenden Palaver-Spielstein und führt die Auswirkungen aus (die nie positiv sind). Dafür darf man aber die neutralen Händler wegschicken. Für jeden zusätzlichen eigenen Händler in einem Gebiet darf man das Ergebnis eines Palaver-Spielsteines ablehnen und einen anderen ziehen.

Zwangsweise palavert wird in Gebieten mit zwei Spielerfarben. Die Palaver-Stärke ergibt sich aus der Anzahl der eigenen Händler multipliziert mit der eigenen Reputation (der Großhändler verdoppelt die Werte aller anderen Händler). Um es dann noch ein wenig spannender (oder auch komplizierter) zu machen, wird zusätzlich verdeckt gleichzeitig mit Einflussmarkern und/oder Aktionsmarkern geboten. Der Spieler, der wiederum nur den Rückzugsmarker bietet, verliert zwar das Palaver, erhält aber alle gebotenen Marker des Gegners.

Der Verlierer muss das Gebiet räumen. Anschließend hat der Gewinner eines solchen Palavers noch die Möglichkeit, durch die Abgabe von zwei Einflussmarkern seine Reputation um eine Stufe zu erhöhen.

4. Der Spieler erhält seine SP.

Für jedes von ihm besetzte Gebiet gibt es Punkte entsprechend dessen Wertigkeit an der Rohstoffbörse. Dazu noch drei Punkte für das Herz von Afrika, einen Punkt für jedes Handelshaus sowie drei für die alleinige Mehrheit an Handelshäusern. Zuletzt gibt es noch Punkte für einen gespielten Aktionsmarker mit Siegpunkten darauf. Ein Punkt wird abgezogen pro neutralem Händler in den eigenen Gebieten.

Beim Vorziehen auf der Siegpunktleiste zählen nur die freien Felder, so dass der hinten liegende Spieler durch das Überspringen vor ihm liegender Spielermarkern bis zu drei Punkte (im Spiel zu viert) gutmachen kann.

Phase 4: Verteilen der Einflussmarker.

Die Einflussmarker werden gleichmäßig unter den Verlierern der Versteigerung verteilt. Überzählige Steine bleiben für die Folgerunde liegen. Danach beginnt die nächste Versteigerung.

Spielende:

Das Spiel endet sofort, wenn ein Spieler 42 oder mehr Siegpunkte erreicht hat.

Fazit

Das Material ist vorbildlich. Die Grafik ist herausragend, lädt sofort zum Spielen ein und passt hervorragend zum Thema. Auch sind alle erklärenden Symbole gut zu erkennen und zu verstehen.

Neben dem großen und von Franz Vohwinkel toll gezeichneten Spielplan mit dem in 24 Gebiete aufgeteilten Kontinent Afrika sind noch jede Menge stabiler Papp-Marker, Holzscheiben und Pöppel vorhanden. Dazu kommen (nur) zwei doppelseitig bedruckte Spielerhilfsblätter.

Leider haben sich Fehler in der Endabnahme der Stanzbögen und somit im Druck eingeschlichen, die auf den Markern dann doch wieder für Konfusion sorgen. So wurden z. B. die Symbole für die Reputations- und die Rohstoffleiste vertauscht, dann wird ein eigener Händler gezeigt, obwohl man zwei benötigt oder auch neutrale Händler gezeigt, wenn eigene gemeint sind. Dies darf bei einem solchen Spiel nicht vorkommen.

Die Regel ist im ersten Augenblick unübersichtlich. Vor allem die Nummerierung bis zu Punkt 13.0 ist wenig aussagekräftig und hilft dem Spieler gar nicht. Nach den ersten Spielen wird die Systematik klarer und kann gut unterstützen. Nur ist das dann eigentlich zu spät, denn wenn der Regelaufbau nicht sofort verständlich ist, legen viele das Spiel ungenutzt beiseite.

Des Weiteren sind die Spielerhilfsblätter doppelseitig bedruckt, haben DIN A4 Größe und sind nur zweimal vorhanden. Wo soll man diese in einem solchen Format auf dem ohnehin schon vollen Spieltisch ablegen? Hier wäre eine Verkleinerung unbedingt notwendig gewesen. Stattdessen hätte man sich an der Spieleranzahl orientieren und fünf solcher Blätter beifügen müssen.

Das Spiel selbst ist interessant, hat mehrere trickreiche Mechanismen und leider das gleiche Problem wie das Vorgänger-Spiel „Kogge“ vom selben Autor. Die verschiedenen Spielideen sind zu viel für ein einziges Spiel und man empfindet es folglich als überfrachtet.

Das eigentliche Spielende von 42 Punkten ist eindeutig zu kurz. Kaum hat man sich an die verschiedenen neuen Mechanismen gewöhnt, ist das Spiel auch schon wieder zu Ende. Da man nicht reihum spielt, sondern nur der Gewinner der Auktion am Zug ist, kann es ohnehin eine Weile dauern, bis man seinen ersten Zug machen darf. Un dann ist das Spiel plötzlich und zu abrupt aus. Bevor sich bei Spieleneulingen so etwas wie ein Spannungsbogen einschließlich "Bekämpfen des Führenden" einstellen kann, hüpft jemand mit einer in einem Zug gewonnenen hohen Punktzahl über die 42. Es empfiehlt sich daher auf alle Fälle, dem Vorschlag der Regel zu folgen und spätestens ab dem zweiten Spiel bis zu 60 Punkten zu spielen. Ansonsten ist das Spiel – noch bevor sich auf dem Brett viel getan hat - doch recht schnell und unerwartet zu Ende.

Am bemerkenswertesten ist, dass trotz der Zug-Versteigerungsregel so gut wie immer jeder Spieler gleich oft an die Reihe kommt. Zwar nicht in der Sitzreihenfolge, aber doch als hinten Sitzender und zuletzt Bietender. Irgendwann während des Spiels hat ein Spieler dann das Glück, zum richtigen Zeitpunkt, sprich vor dem Überschreiten der Siegpunktzahl, hinten zu sitzen und damit vorne zu landen.

Ich empfand vor allem die „Kämpfe“, also die Palaver, als zu komplex. Bei einem solchen Palaver haben die einzelnen Spieler zu viele Möglichkeiten, eigenes Spielmaterial zu nuzen. So dürfen sie zu den ohnehin gezählten und mit deren Wert auf der Reputationsleiste multiplizierten Händlern auf dem Plan noch Holzwürfel und Papp-Plättchen verwenden. Alles hat unterschiedliche Wertigkeiten. Und wenn man dann aber gar nicht bieten kann oder will, gibt es auch noch das Flucht-Plättchen. Hier hat das Spiel Längen.

Auch die übermäßigen Kosten beim Verändern einer Stufe sowohl auf der Reputations- als auch der Rohstoffleiste empfand ich im Verhältnis zur Spielzeit extrem teuer. Ein Verlust ist so schwer wieder hereinzuholen, dass man um (fast) jeden Preis das Abrutschen auf den Skalen vermeidet.

Insgesamt gesehen ein grafischer Leckerbissen für Spieler, die das komplexe Spiel lieben und es auch mal in Kauf nehmen, durch unglücklich verlaufende Versteigerungen ziemlich lange nicht am Zug zu sein, um dann noch vom plötzlich herbeigeführten Spielende überrascht zu werden. Bei mir leider nur eine schwache Vier auf der Spielreiz-Skala, und das auch nur mit verlängertem Spiel auf 60 Punkte.

Rezension Ulrich Fonrobert

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Ins Innere Afrikas: 3,4 3,4, 9 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 01.06.06 von Ulrich Fonrobert - Eigentlich eine 3,5 im Spielreiz. Dieses Spiel ist wohl bereits untergegangen im großen Ozean der guten strategischen Spiele.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 17.11.04 von Michael Andersch
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 29.04.05 von Hans-Peter Stoll
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 07.07.05 von Nicole Biedinger
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 07.07.05 von Kathrin Nos - Man macht im gesamten Spiel nur wenige Spielzüge. Zwischen diesen werden die Wartezeiten dann doch recht lang. Um ein gutes Mass für die Gebote etc. herauszufinden müsste man wohl mehrere Partien spielen - nur habe ich dazu keine Lust.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 29.10.05 von Roland Winner - Das Regelwerk ist anfangs nicht leicht zu durchschauen.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 25.06.06 von Frank Gartner
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 02.10.06 von Udo Kalker
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 22.05.07 von Peter Nos - Eigentlich hat Ins Innere Afrikas alles was ein gutes Spiel braucht. Während der 60-90min hat man jedoch nur 2-4 Spielzüge. Somit läßt sich nur noch schwerlich von einem "Gesellschafts"-Spiel reden.

Leserbewertungen

Leserwertung Ins Innere Afrikas: 3,5 3.5, 2 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 04.07.06 von Stephan Valkyser
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 16.03.07 von Thomas Kühnemann

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