Rezension/Kritik - Online seit 21.11.2023. Dieser Artikel wurde 1820 mal aufgerufen.

New Eden

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Autor: Benjamin Schwer
Verlag: Schmidt Spiele
Rezension: Franky Bayer
Spieler: 1 - 4
Dauer: 45 - 60 Minuten
Alter: ab 10 Jahren
Jahr: 2023
Bewertung: 4,5 4,5 H@LL9000
4,0 4,0 Leser
Ranking: Platz 3338
New Eden

Spielziel

Wir wissen ja nicht, was die Zukunft für uns bereit hält. Die Prognosen sehen eher düster aus für unsere Spezies. Die Menschheit geht mit sich und ihrem Planeten ja extrem fahrlässig um. Gelingt die Klimawende, gelingt es dem Homo sapiens, mit den Ressourcen der Erde verantwortungsvoller, nachhaltiger umzugehen? Es schaut nicht danach aus, sodass es bloß zwei Möglichkeiten gibt für den Fortbestand des Menschen: Die Flucht in den Weltraum, auf einen erdähnlichen, bewohnbaren Planeten oder ein Neuanfang auf dem Meeresgrund.

New Eden versetzt uns ins Jahr 2442, in dem der Meeresspiegel so stark angestiegen sein wird, dass nun die Menschheit Zuflucht in den Tiefen der Ozeane suchen muss und auf dem Meeresboden mit autarken Tiefseestädten ein "neues Paradies" zu schaffen versucht.

Ablauf

Unsere Unterwasserstation besteht anfangs nur aus einer Hauptkuppel. Zwar sind schon Auslässe vorhanden, an die wir im Laufe der Zeit diverse Module anbauen können, im ursprünglichen Zustand ist sie aber deutlich zu klein, um die dort angesiedelte Bevölkerung unabhängig versorgen zu können. Glücklicherweise besitzen wir ein Startkapital, welches uns ermöglicht, bei den letzten Megafabriken an der Küste des Mount Everest und am Schwarzmarkt Module zu erwerben.

Die verschiedenen Module finden sich auf Karten, die auf mehrere Stapel verteilt sind. Darunter gibt es Werften, mit denen wir gleichzeitig U-Boote, sogenannte "Deeples" erhalten, Erntekrabben, welche uns Nachschub an Münzen bringen können, Muschelhabitate, die unser Ansehen steigern (sprich: Siegpunkte generieren) können, Reparaturkraken, mit denen wir Schäden an der Struktur beheben können, Sauerstofftanks, mit denen wir Deeples bewegen können, um die oben beschriebenen Module zu "aktivieren", sowie Forschungskarten, welche uns diverse Vorteile (einmalige oder dauerhafte Effekte) bringen können.

Die große Frage nun: Wie kommen wir an all die schönen Modulkarten? New Eden spielt sich in drei Jahren (= 3 Runden). Jede Runde ist wiederum in 4 Phasen gegliedert. Schauen wir uns mal an, wie die einzelnen Phasen ablaufen.

In Phase A ("Entwicklung") werden vom aktuellen A-Stapel (in der ersten Runde 1A) 12 Karten offen und zufällig auf die A-Seite des Kartentableaus ausgelegt. Anschließend haben wir reihum die Möglichkeit, eine Karte zu kaufen, indem wir die Kosten den entsprechenden Reihe bezahlen und eventuell unseren Schadensmarker auf der Schadensskala bewegen. So kostet beispielsweise eine Karte der untersten Reihe zwar bloß 1 Münze, dafür müssen wir 1 Schaden in Kauf nehmen, während wir für eine Karte der dritten Reihe von unten zwar 6 Münzen berappen müssen, den Schadensmarker aber 1 Feld zurückziehen dürfen. Das so erworbene Modul bauen wir sofort an der passenden Stelle unserer Station an.

Alternativ können wir aber auch Deeple bewegen, indem wir zuerst eine unserer Sauerstoffkarten wählen, um Deeple(s) entsprechend des Wertes der Sauerstoffflasche(n) weit ziehen. Am Zielort können wir das Modul "aktivieren", sobald alle Einsetzfelder mit Deeples belegt sind, wodurch wir - je nach Modul - Münzen einnehmen, Siegpunkte erhalten oder Schäden reparieren. Wollen oder können wir keine Aktion mehr durchführen, passen wir, wofür wir je nach Reihenfolge des Passens Punkte erhalten. Die Phase A endet, sobald alle gepasst haben.

In Phase B ("Schwarzmarkt") erhalten wir zunächst 3 Karten vom aktuellen B-Stapel (in der ersten Runde 1B) auf die Hand. Wir müssen entscheiden, ob und wie viele wir davon kaufen wollen. Je mehr wir behalten und an unsere Station anlegen wollen, umso teurer wird es (1 Karte 1 Münze, 2 Karten 3 Münzen, alle 3 Karten sogar 6 Münzen), außerdem erhalten wir auch genauso viel Schaden. Alle von uns abgelehnten Karten legen wir anschließend auf die B-Seite des Kartentableaus ab.

Diese Karten werden dann in Phase C ("Versteigerung") reihenweise dem Meistbietenden angeboten. Konnten wir eine Reihe ersteigern, kommen die Karten ebenfalls an unsere Unterwasserstadt, außerdem können wir in dieser Phase unter Umständen auch unsere Deeples bewegen und Module aktivieren.

In der letzten Phase D ("Rundenwertung") schließlich erhalten wir Extrapunkte und/oder Münzen für die aktuell geltenden Bonuskarten. Bevor die nächste Runde beginnt, stellen wir unsere Deeples in die Werft zurück und drehen unsere Sauerstoffkarten wieder auf die aktive Seite zurück.

Nach dem Ende der dritten Runde erhalten wir bloß noch ein paar Pünktchen für verbliebene Münzen (1 Punkt für je 5 Münzen). Die - weitaus wichtigeren - Schlusswertungssymbole auf unseren Modulen erhalten wir allerdings nur, wenn unsere Station dem aktuellen Schaden standhält. Hierfür wird der Zeiger auf unserer Schadensskala für jedes entsprechende grüne Symbol vor - für jedes entsprechende rote Symbol dagegen zurückgerückt. Befindet sich anschließend unser Schadensmarker innerhalb des grünen Bereichs, hat unsere Konstruktion den Stabilitätstest bestanden. Können wir schlussendlich die meisten Siegpunkte vorweisen, haben wir die Aufgabe am besten gemeistert und gehen als Retter der Menschheit in die Geschichte ein.

Fazit

Dass der Aufbau einer Struktur - Stadt, Unternehmen, Raumstation, u. ä. - mithilfe von Karten passiert, hört sich nicht gerade spektakulär an. Sehr wohl originell ist jedoch die Art und Weise, wie dies hier geschieht. Wir kommen nämlich auf drei unterschiedliche Arten an die begehrten Modul-Karten ran.

Der Erwerb von Karten in Phase A ist eher herkömmlich. Man nimmt eine Karte vom Kartentableau und zahlt die Kosten dafür (1 bis 10 Münzen). Gleichzeitig hat dies eine Auswirkung auf die Stabilität der Struktur. Nachdem man stets knapp bei Kassa ist, wird trotzdem meist eine Karte der untersten Reihe gewählt und der entstandene Schaden in Kauf genommen. Zudem rutschen die oberen Reihen nach unten und werden daraufhin billiger, sobald eine Reihe komplett leer ist, sodass nur in Ausnahmefällen und bei besonderem Bedarf freiwillig eine teure Karte genommen wird.

In Phase B kann man beliebig viele der 3 Karten kaufen, die man auf die Hand bekommt. Das kann ganz schön knifflig sein, denn will man mehrere davon kaufen, wird's nicht nur kostspielig, sondern auch kritisch für die Station. Abgelehnte Karten kommen danach aber zur allgemeinen Versteigerung und könnten somit dummerweise von den Mitspielern abgestaubt werden. Ein richtiges Dilemma.

Und schließlich kommen in Phase C die verbliebenen Karten unter den Hammer. Dies bringt das in Brett- und Kartenspielen letztlich fast vergessene Prinzip der Versteigerung ins Spiel. Vor ein paar Jahrzehnten war dieser Mechanismus noch sehr beliebt, vor allem Reiner Knizia hat das Thema "Auktion" in vielen seiner Werke ständig variiert und abgeändert (man erinnere sich beispielsweise an Modern Art).

Heutzutage findet man dies kaum mehr in Spielen, meiner Meinung nach völlig zurecht. Und auch hier zieht es eine Partie mehr als notwendig in die Länge. Schlimmer noch: Wenn die anderen nicht aufpassen und zu viel Geld ausgeben, hat ein Spieler plötzlich leichtes Spiel und sichert sich mit Minimalaufwand Karte für Karte, Punkt für Punkt, was der Spielbalance schadet. Meines Erachtens hätte Autor Benjamin Schwer besser getan, eine andere Regelung zu finden.

Geld ist ein wichtiger Faktor in New Eden: Man kann eigentlich nie genug davon haben, einerseits um viele Module zu erhalten und andererseits um Schäden zu vermeiden. Neben den Erntekrabben, welche aktiviert werden können, um Münzen zu fördern, gibt es eine weitere Geldquelle. Die zentrale Kuppel wurde ja - laut Story - auf einem weißen Raucher erbaut, einem submarinen Vulkan, der die Kraftwerksanlage betreibt. In jeder Runde darf diese als "freie Aktion" bis zu drei Mal aktiviert werden, um 5 Münzen zu bekommen. Allerdings nimmt die Station dadurch jedes Mal mehr Schaden, beim ersten Mal 1 Schaden, beim zweiten Mal 3, beim dritten Mal sogar 6 Schaden, ein hohes Risiko.

Zu den freien Aktionen gehören auch die fixen Stationsausbauten. Für je 6 Münzen können eine bessere Werft, eine eigene Reparaturkrake, ein spezieller Sauerstofftank und eine Forschungskarte errungen werden. Allerdings können diese freien Aktionen nur in bestimmten Phasen durchgeführt werden, sodass es viel Planung und ein gutes Timing braucht, um zum richtigen Zeitpunkt ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben.

Ein weiterer interessanter Aspekt ist die Schadensskala. Viele Aktionen - der Kauf von Karten, der Schwarzmarkt, Kraftwerk - verursachen ja Schäden, welche mit einem Marker auf der Schadensskala festgehalten werden. Es sollte ständig dafür gesorgt werden, dass die Schäden repariert werden. Am Ende des Spiels sollte die Konstruktion gerade noch stabil sein, das heißt der Schadensmarker sollte sich im "grünen Bereich", also vor dem Zeiger befinden.

Erst dann erhält man die wertvollen Extrapunkte vieler Modulkarten, ohne die ein Sieg kaum möglich ist. Dies erfordert gerade zum Spielende viel Kalkulation und geschicktes Schadensmanagement. Theoretisch könnte man zwar versuchen, ganz auf Reparatur zu verzichten und einfach ohne Rücksicht auf Verluste während des Spiels viele Siegpunkte sammeln. Allerdings verliert man jedes Mal ein Modul, wenn der Zeiger das letzte Feld der Skala überschreitet.

Das Spielmaterial ist reichhaltig, mit zahlreichen Karten, Plättchen und sogar ein paar Holzteilen, wie die schön gestalteten Deeples, einige Marker und hölzerne Zeiger. Insgesamt weist alles üblichen, stabilen Standard auf, mit etwas düster ausgefallener Grafik.

New Eden besitzt spielerisch ein paar interessante Ansätze, wie den Aufbau seiner eigenen Station mit verschiedenen Modulen, und vor allen den Schäden, die es stets zu berücksichtigen gilt. Die Versteigerung von Modulkarten (in Phase C) bringt zwar eine gewissen Interaktion ins Spiel, sorgt im Gegenzug aber dafür, dass die Spieldauer mit Grüblern das erträgliche Maß überschreiten kann. Dies verhindert auch, dass New Eden öfter als ein paar Mal auf unserem Spieltisch landen wird. Es gibt doch zahlreiche Spiele im Kennerbereich, welche summa summarum ein runderes Spielgefühl bieten.

Rezension Franky Bayer

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung New Eden: 4,5 4,5, 2 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 22.08.23 von Franky Bayer - Einige interessante Aspekte, vor allem das Schadensmanagement gefällt mir. Insgesamt aber zu grübellastig, auch wegen der - eher aus der Mode gekommenen - Versteigerungen.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 10.06.23 von Michael Andersch - Mittlerweile gehe ich auf starke 5 Punkte - das Spiel kommt häufig auf den Tisch und sowohl bei mir als auch bei den Mitspielern kommt es gut an. Den Solo-Bot habe ich seither nicht mehr ausprobiert. [Erstbewertung 14.05.2023] Positive Überraschung des Spielejahrgangs 22/23 mit Potential zum Kennerspiel 2023! Läuft rund, ist interaktiv ohne zu destruktiv zu sein und erlaubt verschiedene Strategien. Da ich allerdings noch nicht sagen kann, wie variabel einzelne Partien laufen und es mir auch etwas zu lang gedauert hat (45-60 Minuten halte ich für recht illusorisch) vergebe ich 5 Punkte. Der Solomodus funktioniert prinzipiell ebenfalls gut, allerdings lässt die regel so manches offen bzw. hätte in einigen Punkten eindeutiger sein können. Da er auch sehr "streut", was die Ergebnisse des Bots anbelangt (was wiederum stark davon abhängt, an welche Karten der Bot kommt, bzw. wie diese in Phase A liegen) werte ich insgesamt auf 4 Punkte ab.

Leserbewertungen

Leserwertung New Eden: 4,0 4.0, 2 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 03.04.23 von Ernst-Jürgen Ridder - Bei zwei Spielern kann das einfach so aus dem Ruder laufen, dass einer von beiden schlicht keine Chance mehr hat, ohne dass das an der Spielweise liegen muss. Solo geradezu langweilig einfach.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 15.04.23 von Kichererbse - „New Eden“ ist ein gehobenes Familienspiel bzw. Kennerspiel für 1-4 Spieler ab 10 Jahren und es dauert etwa 45-60 Minuten. Worum geht es? Die Erde im Jahr 2442. Der Wasserspiegel ist unaufhaltsam gestiegen. Über der einstigen Erdoberfläche wogt nun der weite Ozean. Die Berghänge von einst sind die Küsten von heute. Im Angesicht dieser drastischen Veränderung haben sich die Nationen der Welt dazu entschieden, sich gemeinsam um das Überleben der Menschheit zu kümmern. Nicht nur ferne Planeten kommen als neuer Lebensraum in Frage, auch unter dem Meeresspiegel wartet eine fast unerforschte Welt auf ihre Besiedelung. Innerhalb von nur 3 Jahren müsst ihr eine Tiefseestation realisieren, die lebenswert, sicher und selbsterhaltend ist. Wer diese Aufgabe am besten meistert, wird als Retter der Menschheit in die Geschichte eingehen. Überlegt euch gut, was ihr erwerbt, denn alles, was ihr ablehnt, wird an den Meistbietenden versteigert und nutzt dann vielleicht eurer Konkurrenz. Und nun ist es an euch, aus den Resten der Zivilisation ein „New Eden“ zu erschaffen! Eure Hauptkuppel (Stationstableau) wurde auf einem weißen Raucher errichtet, den ihr nutzen könnt, um die Grundversorgung mit Münzen zu gewährleisten. Von dort baut ihr eure Station aus, indem ihr neue Module (Karten) anlegt, um weitere Ressourcen, Punkte und verschiedene Vorteile zu erhalten. Viele Aktionen schaden eurer Umwelt. Um dem entgegen zu wirken, könnt ihr, durch bestimmte Module, diesen Schaden während des Spiels reduzieren. Der aktuelle Schaden wird auf eurem Tableau angezeigt. Dort seht ihr auch einen Zeiger, der anzeigt wie viel Schaden eure Station aushält. Achtet darauf, dass euer Schadensmarker bei Spielende nicht höher liegt, als euer Zeiger. Nur dann bekommt ihr in der Schlusswertung weitere Punkte für eure Station. Fazit: Ziel ist es also, aus den Resten der Zivilisation ein „New Eden“ zu schaffen und so das Überleben der Menschheit unter Wasser zu sichern - auch im Solo-Modus möglich! Wer geht als Retter der Menschheit in die Geschichte ein? Wer die meisten Punkte sammelt, gewinnt „New Eden“. Das spannende Thema und die schönen Materialien haben uns sofort in ihren Bann gezogen. Module kaufen, Deeple = Taucher bewegen, Module aktivieren, Versteigerungen, auf dem Schwarzmarkt einkaufen, Schaden minimieren, Rundenwertungen. Man muss und darf über drei Spielrunden mehrere Dinge tun und beachten, ohne dass das Spiel überfordert und so für eine angenehme Spieltiefe und Spielvarianz sorgt! Sehr empfehlenswert für Familien-, Kenner- und Expertenspieler. Ganz klar: Daumen hoch!😃👍

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