Rezension/Kritik - Online seit 26.06.2022. Dieser Artikel wurde 2258 mal aufgerufen.
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Der pöse Lichkönig (nein, kein Schreibfehler … es heißt tatsächlich „Lich“ und nicht „Licht“) und „seine untote Geißel“ (ja, auch kein Schreibfehler, auch wenn es sich eventuell komisch liest) bedroht den eisigen Kontinent Azeroth. Wer kennt ihn nicht? Wer könnte das gut finden, was der da treibt? Also - wir (1-5 tapfere Helden) auf jeden Fall mal nicht. Und so brechen wir auf, den König zu besiegen, wozu wir 4 Quests (Queste? Questen? Blödes Wort … Warum nicht einfach „Aufgaben“ oder Missionen“?) bestehen und seine Horden von Ghulen (Ghuls?) und „Monstrositäten“ derweilen im Zaum halten müssen. Waidmannsheil, auf geht die wilde Fahrt!
Ich gehe davon aus, dass beim geneigten Leser vermutlich eine gewisse Kenntnis der Grundregeln und -prinzipien von Pandemie vorhanden ist. Daher werde ich den Spielablauf nicht in allen Einzelheiten beschreiben.
Zunächst einmal schauen wir auf den Spielplan. Dieser hat mehrere verbundene Orte, farbig in 3 Regionen unterteilt. In etwa zentral steht die „Eiszitadelle“ als großes Papp-Monument, was spielerisch unnötig ist und die Sicht auf die Felder dahinter versperrt, aber wer auf Miniaturen und viel Flavour steht, der wird sich daran vermutlich nicht so kleingeistig stören wie ich.
Zu jeder Region gehört eine in jeder Partie variabel sich ändernde Quest, und eine vierte gehört zur Eiszitadelle selbst.
Diesen Plan befüllen wir nun initial mit „der untoten Geißel“. Wir decken ein paar Ortskarten auf (zu jedem Ort gibt es eine) und stellen dort unterschiedlich viele Ghule hinein sowie eine „Monstrosität“ – und den Lichkönig ordnen wir auch einer Region zu.
Jeder von uns bekommt einen Helden mit gewissen Sondereigenschaften sowie einer unterschiedlichen Zahl von Lebenspunkten, und ein paar Spielerkarten (dazu unten mehr). Dann geht’s los.
Reihum haben die Spieler 4 Aktionen und müssen dann damit leben, dass der Lichkönig und seine Geißel ein bisschen was gegen uns tun. Dann ist der Nächste dran.
Was tun wir mir den 4 Aktionen, wenn wir dran sind?
Interessant dabei ist, dass…
Erstens: Helden auf gleichen Feldern mithelfen können, und zwar beim Erfüllen von Quests und beim Kämpfen.
Zweitens: Man mit den passenden Handkarten (jetzt aber: abgeben, nicht nur vorzeigen) eigene Aktionen „boostern“ kann: Mit Fäusten kann man stärker kämpfen, mit Schilden sich verteidigen, man kann sich besser heilen und man kann ohne eine Aktion zu verbrauchen rumlaufen.
Hat man seine Aktionen erledigt, zieht man wie üblich 2 Spielerkarten nach. Diese können wie beschrieben genutzt werden, allerdings – wie leider ebenfalls üblich – ist da auch manchmal eine „Epidemie“ dabei. Nur heißen die hier nicht „Epidemie“, sondern „die Geißel erhebt sich“ – aber der Effekt ist der gleiche wie in Pandemie generell üblich: Unterste Karte vom Ortskartenstapel ziehen, entsprechenden Ort mit Ghulen vollpumpen, alle bislang gezogenen Ortskarten wieder mischen und oben auf den Stapel packen und den Anzeiger, wie viele Ortskarten nach dem Spielerzug nachgezogen werden (s.u.), um eins erhöhen.
Und dann war da ja noch was ...Ach ja. Der Lichkönig. Was macht der denn eigentlich derweilen, während wir am Zug sind?
Zunächst mal nichts, außer dass er mehr Schaden verteilt, wenn man durch eine Aktion (Kämpfen, Quest) einen solchen in der Region bekommt, in der er steht.
Und dass er uns seine Geißel spüren lässt – denn nach jedem Spielerzug werden Ortskarten aufgedeckt, die uns neue Ghule bescheren. Kämen mehr als 3 an einem Ort zusammen, dann ist das so ein bisschen wie ein „Ausbruch“ beim normalen Pandemie – allerdings geht hier nur der Verzweiflungsmarker ein Feld dem Spielende entgegen, aber die Ghule „streuen“ nicht auf alle verbundenen Felder. Stattdessen kommt eine „Monstrosität“ zu den Ghulen dazu. Und sollten mal keine hiervon oder davon mehr auf den Plan gestellt werden können (weil Vorrat leer) – nein, dann ist das Spiel nicht (wie beim normalen Pandemie) verloren, sondern auch dann geht der Verzweiflungsmarker nach unten. Das geht manchmal schneller als man sich versieht – und zack: Spiel aus, verloren.
Anschließend laufen noch die Monstrositäten in Richtung von uns Spielern. Erwischen sie einen von uns, dann bringt uns das einen Schaden.
Schaffen wir es, zunächst die 3 Quests der Regionen zu erfüllen und danach die Quest der Eiszitadelle, ohne dass der Verzweiflungsmarker 7 Schritte nach unten gegangen ist, dann gewinnen wir.
Andernfalls hat der Lichkönig gewonnen. Was eigentlich irgendwie unfair wäre, denn wirklich viel getan hat er während des ganzen Spieles nicht.
Ich muss vorausschicken, dass ich kein Freund von Fantasy bin. World of Warcraft, Herr der Ringe, Ghule, Trolle, magische Kreaturen, verschwurbelte Stories, Dungeons, Quests und das ganze Zeug: Kann mir alles gestohlen bleiben. Gleiches gilt für Miniaturen in Spielen, da diese meist einfarbig sind (nein, ich bemale sie nicht) und mich daher eher an billigste Überraschungs-Ei-Figuren erinnern. Somit werten Miniaturen für mich ein Spiel zumeist eher ab als auf.
Von daher hätte ich das Spiel fast übersehen, wenn es nicht – Werbung wirkt halt doch manchmal – auf dem Cover der letzten Spielbox des Jahres 2021 abgebildet gewesen wäre und mir dort das Logo „Pandemic System“ ins Auge gesprungen wäre.
Denn: Pandemic/Pandemie mag ich. Da bin ich voll ausgestattet. Von den kleinen Hot Zones über das Grundspiel mit sämtlichen Erweiterungen und Ablegern bis hin zu Pandemic Legacy ist alles vorhanden.
Somit war das Spiel ein Blindkauf, den ich – ich nehme es vorweg - nicht bereut habe.
Genau wie bei einigen anderen Ablegern (z.B. Der Untergang Roms oder Rising Tide) erkennt man das Grundsystem noch sehr, aber die Spielmechanik ist doch ausreichend unterschiedlich, so dass ich immer wieder überrascht bin, was man aus dem System so alles herausholen kann und es durchaus seine Daseinsberechtigung neben den anderen Spielen der Reihe hat.
Dabei ist das Spielgefühl etwas anders als in den anderen Spielen, denn WoWWotLK fühlt sich zunächst mal irgendwie positiver an. Entspannter. Denn – hey: Es gibt keine „Ausbrüche“. Käme irgendwo der vierte Ghul, dann streut der nicht auch noch in alle Richtungen, sondern es wird lediglich eine „Monstrosität“ an dieser Stelle auf den Plan gestellt und der Verzweiflungsmarker einen Schritt verschlechtert.
Und dann noch die Karten: Kein hinderliches Tauschen-Müssen zwischen 2 Personen, die sich am Ort dieser Karte treffen müssen … Nein! Einfach sammeln, bei Questen vorzeigen (nicht mal abgeben) und sie für Zusatzaktionen abgeben dürfen. Toll!
Und nicht zuletzt: Keine Ghule oder Monstrositäten mehr im Vorrat? Spielerkartenstapel leer? Wie schön – das Spiel ist nicht sofort aus, lediglich der Verzweiflungsmarker geht ein Stück nach unten. Oder auch ein größeres Stück. Oder irgendwann so weit, dass das Spiel trotzdem aus ist. Aber …hey: Ihr hattet eure Chance!!
Das fühlt sich wie gesagt sehr entspannt an. Man hat das Gefühl, mehr zu machen, mehr zu können als bei den anderen Spielen der Reihe.
Und dennoch baut das Spiel Druck auf. Großen Druck, wenn auch noch die Würfel nicht so wollen, wie sie sollen. Womit ich aber nicht sagen möchte, dass das Spiel sehr glücksabhängig sei. Ist es natürlich schon irgendwo, vielleicht mehr als die anderen Varianten, aber nun ja: Irgendwas muss das Spiel ja gegen einen tun. Passt also in Summe und fühlt sich für mich „richtig“ an.
Die ersten Partien haben wir bzw. ich allesamt verloren, aber es war meist recht knapp. Irgendwann kamen dann die ersten Siege, wobei ich bislang darauf verzichtet habe, den Standard-Schwierigkeitsgrad zu erhöhen. Trotz mittlerweile einigen Siegen ist mein Gewinn/Verlust-Verhältnis leider nicht berauschend, allenfalls ausgeglichen.
Ein Wort noch zur Solo-Tauglichkeit: Das Spiel bietet eine Solo-Variante an, in der man 3 Charaktere mit gemeinsamer Kartenhand führt. Funktioniert gut, ist aber aus meiner Sicht nicht besser oder schlechter, als wenn man einfach 2-5 Charaktere führt, so, als säßen mehrere Personen am Tisch. Insofern ist WoWWotLK auf jeden Fall auch sehr gut für das Solo-Spiel geeignet und lässt dem Spieler sogar die Wahl, auf welche Art er spielen möchte.
Mein Fazit insgesamt: Ich hätte mir ein anderes Setting gewünscht, muss aber zugeben, dass Setting und Mechanismen sehr gut harmonieren. Ich hätte auch auf die Ü-Ei-Figuren verzichten können – aber nun ja, sie sind nun mal da.
Vom Spiel bzw. Mechanismus selbst her finde ich es aber klasse: angenehm „pandemisch“, aber doch andersartig genug, um den Besitz zu rechtfertigen. Spannend und „fordernd“ mit einstellbarem Schwierigkeitsgrad.
Einen Kritikpunkt habe ich aber noch zum Schluss: das Schachtelformat. Bisher hatten alle Spiele der Serie (abgesehen von den kleinen Hot Zones und den Legacys) ein einheitliches Schachtelformat. Gegebenenfalls in der Höhe variierend (Die Heilung), aber mit gleicher Länge/Breite. WoWWotLK nun geht bei gleicher Länge nicht in die Höhe, sondern ein paar Zentimeter in die Breite und passt somit nicht nur nicht mehr zu den restlichen Spielen der Serie, sondern hat auch ganz allgemein ein Format, das ich so noch nicht im Schrank habe und das sich nirgends vernünftig einsortieren lässt. Das finde ich recht unschön – alldieweil der Schachtelinhalt ohne Weiteres auch so gestaltet werden hätte können, dass es auch eine andere Schachtelhöhe bei gleicher Breite getan hätte.
Rezension Michael Andersch
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung World of Warcraft – Wrath of the Lich King: 5,0, 1 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
09.01.22 von Michael Andersch - Ein weiterer guter Ableger basierend auf dem Pandemie-System. Hat neben den anderen Titeln durchaus seine Daseinsberechtigung. |
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