Rezension/Kritik - Online seit 01.03.2023. Dieser Artikel wurde 555 mal aufgerufen.
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Wir (also die Menschheit) haben es geschafft, auch andere Planeten bewohnbar zu machen. Und in gleichem Maße, wie wir auf der Erde Handel treiben und – zumindest in manchen Gegenden – unser Geld in die Politik stecken, so geschieht dies auch interplanetar.
Ziel ist es, durch günstigen Einkauf von Waren und deren andernorts teureren Verkauf so viel Knete zu erwirtschaften, dass wir es für Sitze in den Parlamenten der Planeten ausgeben können, was uns (Achtung…wir punkten indirekt…) Mitglieder im „Plutokratischen Rat“ einbringt. Wer darin beim Spielende am stärksten vertreten ist, der hat das Spiel gewonnen.
Der Spielplan zeigt die Umlaufbahn von 6 Planeten um die Sonne.
Jedem Planeten ist eines von 5 Gütern zugeordnet, das man dort kaufen und ein anderes, das man dort verkaufen kann, was auf der jeweiligen Planetentafel ersichtlich ist. Beide Güter haben jeweils eigene Skalen, die den aktuellen Kurs anzeigen, wobei zu Beginn die Verkaufskurse über den Kaufkursen liegen. Zusätzlich bieten die Planetentafeln noch Plätze, um sich in die dortigen Parlamente einzukaufen, wobei das sich-Einkaufen umso teurer wird, je mehr Sitze jeweils belegt sind.
Der Spielplan zeigt außerdem noch die Bahn eines Asteroiden – dieser beherbergt pro Spieler einen Alien und wird in die Sonne stürzen. Es wäre daher ein feiner (=potentiell punkteträchtiger) Zug von uns, neben dem Handel auch noch ein Alien in Sicherheit zu bringen.
Um den Spielplan herum läuft eine Leiste, die – nein, nein, keine Siegpunkte, sondern – wie aus „Jenseits von Theben“ bekannt - eine Zeitleiste darstellt und in gewissen Abständen immer wiederkehrende Ereignisse aufweist.
Wer am Zug ist – und das ist immer derjenige, der auf der Zeitleiste ganz hinten steht (=derjenige, der mit seinen Aktionen bislang am wenigsten Zeit verbraucht hat) - führt optional folgende Schritte in dieser Reihenfolge durch:
So handeln und retten und fliegen wir und schreiten auf der Zeitleiste voran. Auf jener sind in gewissen Abständen sich wiederholende Ereignisse zu sehen. Und wenn alle Spieler ein bestimmtes Ereignis „überschritten“ haben, dann wird dieses ausgelöst. Folgende Ereignisse gibt es:
Gewonnen hat, wer die meisten Sitze im plutokratischen Rat vorweisen kann.
Auf Achse (Waren bei A aufladen und teurer bei B verkaufen“ meets Jenseits von Theben (Zeitleiste) meets neuartigen, dynamischen Ortsmechanismus (sich bewegende Planeten) – das klingt doch mal richtig gut, dachte ich, als ich die Rezi dieses Spieles übernommen habe.
Allerdings ist es leider so – und damit nehme ich leider schon das Fazit vorneweg – dass die Gesamtkomposition nicht wirklich gezündet hat. Weder bei mir, noch bei meinen Mitspielern, welche leider nicht zu Folgepartien bereit waren, weswegen ich diese Rezension nur auf Basis von 3 Partien verfassen muss (2 mit unterschiedlichen Mitspielern, eine mit einem anderen als dem vorgegebenen Startaufbau, in der ich selbst 3 Spieler geführt habe).
Ich habe die – wirklich vorbildlichen – Regeln mehrmals konsultiert, aber keinen Fehler feststellen können, weswegen ich mir weitestgehend sicher bin, dass die nicht so erfreuliche Spielerfahrung und die nachfolgend beschriebenen Punkte nicht an falschem Regelverständnis festzumachen sind.
Woran nun liegt dieses nicht sehr erfreuliche Urteil?
Die Planetenbewegung ist eine supertolle Idee, die aber leider total verschenkt ist. Denn die Abstände der Planeten ändern sich in Relation zueinander nicht so gravierend. Sie ändern sich, und natürlich ist jedes eingesparte Feld eine Zeiteinheit und einige gesparte Zeiteinheiten irgendwann ein zusätzlicher Zug, aber es fühlt sich nicht so drängend an, dass man nun unbedingt aufgrund einer anstehenden Rotation noch dies oder jenes machen müsste.
Warum? Weil meine Wege irgendwie immer vorgegeben sind. Fliege ich zunächst Planet A an, dann gibt die dort eingekaufte Ware zwingend vor, welchen Planeten B ich demnächst aufsuchen muss, um sie dort zu verkaufen. Denn jede Ware wird auf genau einem Planeten angeboten und auf einem anderen nachgefragt. Und welche Ware ich auf B einkaufe, das gibt wiederum den Planeten C vor, wo ich diese wiederum los werde.
Nun könnte man ja sagen „hey…auf dem Weg von A nach B schaue ich doch noch kurz bei D vorbei und kaufe auch dort ein“…aber dies funktioniert zumindest in der ersten Spielhälfte nur theoretisch, weil die eigenen Mittel viel zu knapp sind, um sich zu diversifizieren. Dies liegt zum einen am recht knapp bemessenen Startkapital, und zum zweiten an der zunächst immer und später auch oft noch geringen erzielbaren Gewinnspanne zwischen Kauf und Verkauf. Somit sind in der ersten Spielhälfte die Wege in Abhängigkeit vom eigenen Startplaneten für alle irgendwie vorgegeben.
Und zum dritten sollte man anfangs – wenn man schon mal da ist und solange die Plätze in den Parlamenten noch günstig zu haben sind – auf einem Planeten auch in Ratssitze investieren. Dies entzieht den Geldbeuteln der Spieler und somit dem Gesamtsystem aber leider weiteres Kapital.
In meiner ersten Partie habe ich mich damit auch gleich brilliant aus dem Spiel geschossen – zu früh in Parlamente investiert und damit keine Mittel mehr für Handelsaktivitäten, und aufgrund der niedrigen Gewinnspannen in Kombination mit nur kleinen Mengen, die ich jeweils ein- und verkaufen konnte war kein Hochkommen mehr. Dumm gelaufen und selbst schuld, aber irgendwie auch etwas unbefriedigend, dass man sich so ins Abseits schießen kann.
Wir haben uns während der Partien gefragt, warum nicht jeder Planet mehrere Waren anbietet bzw. nachfragt, wodurch mehr Variabilität und mehrere Optionen für sinnvolle und „opportunistische“ Flugwege im Spiel sind. Oder warum das Ereignis „Preisanpassung“ die Preise nur so geringfügig korrigiert, so dass erst im letzten Spieldrittel ordentliche Spannen zwischen Ein- und Verkauf realisierbar sind.
Leider konnte auch die Variante mit variablem Spielaufbau daran nichts ändern – es ergeben sich nur andere Handelswege, die kürzer oder länger als die in der vorgegebenen Grundaufstellung sind. Interessant ist dagegen eine weitere Variante mit dem Namen „Zeitdruck“. Diese bestraft auf wie ich finde gewitzte Art Grübler, was mir als notorischem Grübel-Mitspieler-Verweigerer sehr entgegen käme. Leider bezweifle ich, dass Langüberleger bzw. Ich-kann-mich-nun-mal-schwer-entscheiden-Spieler sich auf diese Variante überhaupt einlassen würden. Aber eine nette Idee finde ich sie allemal.
Somit bleibt unter dem Strich ein sehr mathematisches und im Grunde weitestgehend durchrechenbares Spiel, welches leider aus tollen Mechanismen bzw. Ideen weitaus weniger macht als erhofft (und auch, als sich die Mitspieler nach der jeweiligen Erklärung versprochen haben).
Schade!
Rezension Michael Andersch
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung Plutocracy:
3,0, 1 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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14.01.23 von Michael Andersch - Leider reicht es für mich nicht für mehr als gerade noch so 3 Punkte... das Ganze fühlt sich einfach zu \"gebremst\" und zu repetitiv an. |
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