Rezension/Kritik - Online seit 19.10.2024. Dieser Artikel wurde 1352 mal aufgerufen.
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Nach dem Erfolg von My City aus dem Jahr 2020, folgte im Jahr 2023 nun My Island, ein Legacy Spiel, in welchem man versucht, durch Legen von Plättchen sein Spieletableau zu optimieren. Kann My Island an den Vorgänger hinsichtlich Spielspaß anschließen? Und was sind die Unterschiede?
Alle Spieler haben jeweils ein eigenes Tableau vor sich liegen: Die eigene Insel. Diese gilt es über 24 Partien auszubauen und zu kultivieren. Jeder Spieler verfügt hierzu über ein identisches Set an Landschaftsplättchen. Auf den Landschaftsplättchen sind jeweils unterschiedliche Landschaften abgebildet und es gibt Plättchen in unterschiedlichen Größen und Formen. In jedem Spielzug wird zentral zufällig eine Karte gezogen. Diese gibt vor, welches Landschaftsplättchen von den Spielern in ihre Insel eingebaut werden muss.
Das erste Plättchen wird immer am Strand gelegt und von dort aus wird beliebig immer an ein schon gelegtes Plättchen angrenzend angelegt.
Man versucht hierbei stets parallel unterschiedliche Ziele zu erfüllen, um an Punkte oder andere Vorteile zu kommen. Manchmal muss man möglichst viele unterschiedliche Landschaftssorten um etwas herum bauen, mal möglichst große zusammenhängende Bereiche der gleichen Landschaft, mal eine Straße von einem Punkt der Insel zu einem anderen Punkt.
Da diese Ziele zum Teil konkurrieren, wird man gezwungen, irgendwann Entscheidungen zu treffen. Man weiß jedoch nie, wann welches Plättchen gezogen wird - oder vielleicht gar nicht?, denn am Ende bleiben nahezu immer noch Plättchen übrig.
Sobald niemand mehr Landschaftsplättchen auf der eigenen Insel platzieren kann oder will, endet eine Partie und die erspielten Punkte werden verglichen. Der Sieger erhält in aller Regel 1-2 Siegpunkte auf der Siegpunktleiste, die weniger gut platzierten Spieler erhalten oft Goodies, die sie in den Folgepartien stärken und damit verhindern sollen, dass die Kluft zwischen dem letzten und dem ersten Platz zu groß wird.
Das gesamte Spiel erstreckt sich über 24 Partien. Über diese Partien verändern sich die Spielregeln kontinuierlich. Die in Summe 8 Umschläge für jeweils 3 Partien enthalten stets neue Regeln, aber auch zusätzliches Material, wie z.B. Holzklötzchen, Aufkleber um den Spielplan zu modifizieren oder einen zusätzlichen Spielplan.
Wer nach dem Showdown der 24. Partie über die meisten Siegpunkte verfügt, gewinnt My Island.
Da My Island der Nachfolger von My City ist, werde ich nicht drumherum kommen, den ein oder anderen Vergleich anzustellen. Beides sind Legacy-Spiele, d.h. die Spiele bergen viele Überraschungen und Regeländerungen, welche die Spielpläne der Spieler dauerhaft verändern. Dadurch kann das Spiel nur einmal komplett durchgespielt werden (24 Partien). Diese Partien bieten jedoch so viel Abwechslung, dass genau das den Spielreiz ausmacht! Nach jeder Partie möchte man gerne wissen, wie es weitergeht.
Es gibt zudem noch eine Variante, welche es erlaubt, das Grundspiel auch nach Abschluss des Legacy - Spiels zu spielen. Wer jedoch die Legacy-Serie mit all der Vielfalt durchgespielt hat, wird vermutlich eher begrenztes Interesse an dem dann doch vergleichsweise reduzierten Grundspiel entwickeln.
Komplexität und Abwechslung: Die ersten Partien von My Island starten relativ seicht. Wenige Regeln, wenig Spannendes, keinerlei Interaktion. Aber so lernt man die Grundprinzipien des Spiels kennen. In den folgenden Partien kommen bereits mehr Regeln und neue Ideen ins Spiel und damit zieht auch der Spielreiz deutlich an.
Übersicht und Berechenbarkeit: Während man bei My City pro Legeplättchen immer einen Gebäudetyp hat und diese wie bei Tetris auf Quadraten basieren, wird bei My Island 6-eckige Felder gesetzt und die Legeplättchen bestehen jeweils stets aus unterschiedlichen Landschaftsarten. Man versucht zwar immer zu überlegen, was man für welches Ziel noch an Landschaften benötigt und welche der noch nicht verbauten Landschaftsplättchen diesen Zweck erfüllen könnten, dies gestaltet sich dennoch bei My Island etwas unübersichtlicher und damit etwas schwerer als bei My City. Das ist auch so gewollt. Und es ist auch keine Kritik an Michael Menzels Grafik. Diese erachte ich als gelungen und ansprechend.
Interaktion oder Solitär: Die neuen Spielelemente empfanden wir häufig als stimmig, originell und manchmal auch überraschend. Bislang war die einzige Interaktion, dass man belohnt wurde, wenn man ein bestimmtes Ziel vor den anderen Spielern geschafft hatte. Mit dem später ins Spiel kommende zusätzliche Spielfeld schaut man jedoch öfter auf die Pläne der Mitspieler, um zu erfahren, ob diese demnächst Belohnungen erhalten und damit auf dem gemeinsamen Spielplan agieren könnten. Dadurch kommt etwas Interaktion ins Spiel, was dem ansonsten doch relativ solitärem Spiel sehr gut tut. Mehr Details möchte ich über die jeweiligen Spielregel-Modifikationen nicht verraten, um die Spannung für die Partien der Leser nicht zu mindern.
Die Spielregeln: Ein wenig Optimierungspotenzial sehe ich noch in den Regeln selbst, denn manchmal (in wenigen Fällen und speziell nach dem Öffnen eines neuen Umschlags) war es nicht eindeutig, welche Regeln weiterhin gelten und welche durch neue Regeln ersetzt wurden. Hier sollte es eigentlich keinen Raum für Interpretationen geben.
Die Ausgewogenheit von My Island: Wie in der Regelerklärung schon beschrieben, wird der Vorsprung eines Spielers durch zusätzliche Kompensationselemente für die schlechteren Spieler auszugleichen versucht. Das ist gut und wichtig, damit nicht schon nach 50% der Partien der Gewinner feststeht. Vom Gefühl her muss ich jedoch sagen, dass wir bei My City näher aneinander dran waren. Bei My Island hatte sich im Verlauf der Partien eine Rangfolge etabliert, welche dann auch bis zur letzten Partie unverändert erhalten blieb. Da die jeweiligen Partien immer wieder auch mal eine andere Rangfolge hervor brachten, wurde der Spielspaß dadurch dennoch nicht getrübt. Ich kann mir aber vorstellen, dass dies in einer Spielegruppe mit hohem Siegeswillen zu Frust und ggf. auch zum Abbruch führen könnte.
Alles in allem bleibt ein tolles Legacy-Spiel für alle, die grundsätzlich Spaß an Legespielen haben und sich am etwas solitären Grundcharakter nicht stören. Die permanent neuen Spielelemente und Regeln lassen das Spiel wie einen Film wirken, in dem es ständig neue Wendungen gibt. Obwohl das Grundspiel von Partie 1 bis 24 identisch bleiben, machen es die einzelnen Nuancen und Spielelemente abwechslungsreich und interessant.
My City wirkt berechenbarer und statischer als My Island. Von daher würde ich immer empfehlen mit My City zu beginnen und dann mit My Island fortzufahren. Wem welches Spiel dann am Ende mehr Spaß macht, bleibt jedem selbst überlassen. Ich sah My Island in den ersten Partien eher als spielerischen Rückschritt, als das Spiel aber Fahrt aufgenommen hatte, änderte sich meine Meinung. Für mich ist My Island eine logische und spielenswerte Fortsetzung und gerne freue ich mich auf einen dritten Teil mit neuen Ideen und vielleicht noch mehr Interaktion?
Rezension Frank Gartner
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung My Island: 5,0, 2 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
28.08.24 von Frank Gartner - Schöne Fortsetzung von My City mit einigen Verbesserungen, aber auch mit leichten Regelunklarheiten. Downtime kann nur dann entstehen, wenn Dauergrübler am Spieltisch sitzen. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
04.07.24 von Michael Kahrmann - Hat uns gut gefallen. Stetig steigender Spannungsbogen. Leider manchmal etwas verwirrend welche Regel gilt nun wann.. Aber alles in allem echt unterhaltsam. |
Leserwertung My Island: 4.5, 2 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
09.10.23 von Thomas Z. - Wir haben uns nach dem großen Spielspaß mit My City (6 Punkte) sehr auf My Island gefreut. Der Legacy-Aufbau ist ähnlich, wieder mit 8 Umschlägen mit neuen Regeln, Aufklebern, neuen Puzzle-Teilen usw. Auch gibt es neue Ideen, wie z.B. Area control. R. Knizia hat sich alle Mühe gegeben, viel Abwechslung ins Spiel zu bringen. Trotzdem hat es uns nicht so begeistert wie My City. Zum einen scheint das Puzzeln von Polyomino-Teilen herausfordernder als das Puzzeln von Sechseckplättchen. Zum anderen werden mit der Zeit immer mehr neue Regeln eingeführt und andere gelten nicht mehr, auch sind die Regeln dabei nicht immer eindeutig. Hier verliert man den Überblick. In den letzten Kapiteln haben wir ständig auf die Wertungsbögen geschaut, was denn nun in dieser Runde gilt und was nicht. Und man merkt, dass man von den vielen Punktemöglichkeiten, sowieso nur wenige erfüllen kann. Das wirkt nicht sehr belohnend, sondern frustriert eher. Und mit der Schlußwertung hat sich der Autor als Mathematiker wohl selbst übertroffen. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
23.12.23 von Der Fisch - Für alle die My City noch nicht gespielt haben: My Island ist ein Plättchen-Lege-Legacy-Spiel und im Schittbereich zwischen Familien- und Kennerspiel angesiedelt. Meiner Einschätzung nach ist es also für beide Gruppen etwas. In verschiedenen Kapiteln wird so immer wieder die vor den Spielern jeweils ausliegende Insel mit Teilen \"besiedelt\". Punkte gibt es meist für Gruppen bestimmter Teile oder bebaute/freigelassene Plätze an bestimmten Orten. Von Kapitel zu Kapitel gibt es andere Siegpunktbedinungen und andere Lege-/Wertungsmöglichkeiten. Das macht das Spiel auf Dauer innovativ und frisch, Material wird aber permanent verändert und die SpielerInnen-Gruppe sollte deshalb mehr oder weniger gleich bleiben. Es gibt zwar einen Endlosmodus aber ehrlich: der Reiz steckt im Entdecken des Neuen. Für alle, die My City schon gespielt und gemocht haben: My Island macht vieles ähnlich und doch ist alles anders. Für mich fühlt sich von anfang an alles etwas limitierter an und es kommt mehr auf\\\'s Detail an. Gleichzeitig wirken die Plättchen zunächst beliebiger. Bei My City kannte ich beinahe jedes Teil und seine Spezifika im Gesamtspiel. Bei My Island fühlt sich das anders an. Mein Gesamtfazit lautet deshalb: My Island fühlt sich für mich wie ein Sequel-Film an, bei dem man den Vorgänger zumindest in Grundzügen kennen muss. My Island bietet dann so viel Gewohntes, aber auch Neues, dass es sich schön an eine Kampagne seines Vorgängers anfügt. Das ist positiv. Das ist leicht erklärt. Das ist abwechslungsreich. Mein Wunsch: Teil drei dann im Weltraum! |