Rezension/Kritik - Online seit 16.01.2017. Dieser Artikel wurde 7959 mal aufgerufen.

Scoville

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Autor: Scott Marriott
Illustration: Josh Cappel
Verlag: Tasty Minstrel Games
Rezension: Franky Bayer
Spieler: 2 - 6
Dauer: 60 Minuten
Alter: ab 10 Jahren
Jahr: 2014
Bewertung: 5,0 5,0 H@LL9000
6,0 6,0 Leser
Ranking: Platz 1073
Scoville
Erweiterungen/Hauptspiel:Scoville: Labs
Auszeichnungen:2014, Golden Geek Beste Grafik & Präsentation Nominierung

Spielziel

Wie scharf ist eigentlich scharf? Eine blöde Frage, die aber doch irgendwie ihre Berechtigung hat. Ob eine Speise richtig scharf ist oder bloß ein wenig pikanter, hängt doch sehr vom persönlichen Empfinden ab. Aber der Mensch wäre nicht Mensch, wenn er nicht alles Mögliche irgendwie bemessen würde. Der Pharmakologe Wilbur L. Scoville entwickelte als Erster im Jahre 1912 einen Test. Zunächst wurde der Schärfegrad auf der nach ihm benannten Scoville-Skala indirekt und rein subjektiv ermittelt. Heute kann er jedoch auch messtechnisch - anhand des in der getrockneten Frucht enthaltenen Alkaloids Capsaicin - bestimmt werden.

Mit einer offiziellen Skala passiert das Unausweichliche: Es entsteht ein Wettbewerb, wer die schärfsten Gerichte verträgt, und welches die schärfsten Pflanzen sind. In einem kleinen (fiktiven) Städtchen mit dem passenden Namen "Scoville" findet das jährliche Scoville Chili Pepper Festival statt, bei dem sich die Farmer beim Anbau und Ernten der schärfsten Chili-Schoten und beim Zubereiten der heißesten Gerichte gegenseitig zu übertreffen versuchen.

Ablauf

Das Städtchen Scoville besteht aus einem großen Chili-Feld in der Mitte des Spielplans, welches von verschiedenen Gebäuden oder Örtlichkeiten gesäumt wird. Einem Farmer's Market, an dem Chili-Schoten verkauft werden können. Einem Auktionshaus, an dem man Chili-Schoten ersteigern kann. Einem "Chili Cookoff", an dem die Farmer mit ihren geernteten Schoten die schärfsten Gerichte zubereiten können und einem Rathaus, in dem Auszeichnungen auf besonders scharfe Züchtungen warten.

Bevor das Festival beginnt, müssen noch ein paar Vorbereitungen getroffen werden. Markt, Cookoff, Auktionshaus und Rathaus müssen mit Plättchen bzw. Karten bestückt werden, außerdem erhalten die Spieler das Spielmaterial in ihrer Farbe sowie ihr Startkapital. Das Spiel selbst geht über mehrere Runden, die sich in fünf Phasen gliedern:

1. Auktion:

Die Spieler bieten verdeckt um die Zugreihenfolge. Wer die meisten Dollar in der Faust geboten hat, wählt zuerst eine Position in der Spielerreihenfolge, die anderen Spieler folgen je nach Höhe ihres Gebots. Anschließend wählen die Spieler in der neu ermittelten Reihenfolge Chili-Schoten der ausliegenden Auktionskarten.

2. Aussaat:

In der Spielerreihenfolge muss jeder Spieler eine seiner Schoten auf das Feld einsetzen, wobei diese orthogonal benachbart zu einer bereits eingesetzten Schote sein muss. Falls sich von der gepflanzten Sorte (= Farbe) noch eine Auszeichnungsplakette im Rathaus befindet, erhält er die wertvollste davon als Belohnung.

3. Ernte:

In umgekehrter Spielerreihenfolge bewegen die Spieler ihren Farmer bis zu drei Schritte entlang der Wege auf dem Chili-Feld. Für jeden Schritt, bei dem die Spielfigur zwischen zwei gepflanzten Schoten landet, erhält der Spieler eine Chili-Schote entsprechend der Zuchttabelle. Zum Beispiel ergibt die Kreuzung von den beiden "gewöhnlichen" Schoten gelb und blau eine grüne Schote, welche schon ein wenig schärfer (sprich: wertvoller) ist.

4. Aufträge:

In Spielerreihenfolge können die Spieler ihre Schoten auf dem Markt, beim Chili-Cookoff und durch Direktverkauf einsetzen, um Bargeld, neue Schoten und/oder Siegpunkte zu erhalten.

5. Zeitkontrolle:

In dieser Phase wird überprüft, ob die Bedingungen für einen Zeitwechsel erfüllt werden. Das Spiel ist in Vormittag und Nachmittag untergliedert. Am Nachmittag kommen neue Karten für Markt und Auktionshaus ins Spiel. Befinden sich am Nachmittag nur noch wenige Karten auf dem Markt, endet das Spiel.

Am Spielende addieren die Spieler ihre Punkte für ihre erworbenen Marktkarten, ihre gekochten Rezepte beim Chili Cookoff, ihre erhaltenen Auszeichnungen sowie für ihr verbliebenes Bargeld. Jedes nicht genutzte Plättchen "Bonus Aktion" ist auch noch ein paar Punkte wert. Der Spieler mit der höchsten Gesamtsumme an Siegpunkten erweist sich als der schärfste Chili-Farmer!

Fazit

Das Cover des Spiels - eine Hand in erdbekleckertem Gartenhandschuh streckt triumphierend einen mit einer goldenen Chili-Schote verzierten Pokal in die Höhe - weckt schon mal das Interesse. Beim Öffnen wird man dann auch nicht enttäuscht, denn das Spielmaterial ist richtig "top".

Alle Plättchen, sogar die Sichtschirme, sind richtig schön stabil. Der Spielplan - aus produktionstechnischen Gründen nicht zum Auseinanderfalten, sondern zum Zusammenpuzzeln - weist sogar Aussparungen auf, damit die darin platzierten Schoten nicht verrutschen können, einfach vorbildlich. Die grafische Gestaltung ist im Comic-Stil gehalten. Zusammen mit einer gelungenen, fast selbsterklärenden Symbolik ist eine gute Übersicht gewährleistet. Lediglich die Pappmünzen sind etwas fuzzelig, vor allem die winzigen 1 $ - Münzen.

Das Beste sind aber eindeutig die Chilischoten. Diese sind tatsächlich in Schotenform ausgeführt, welche genau in die Aussparungen des Spielplans passen. Außerdem weisen sie nicht nur unterschiedlicher Farben auf, sondern sind auch verschieden hoch, sodass man allein daran schon die Qualität einer Schote erkennen kann. Die schärfste Schote ist aus durchsichtigem Plastik und fast 2 cm hoch. Diese kommt erst dementsprechend spät ins Spiel.

Der Spielablauf ist sehr klar strukturiert. Man merkt an mehreren Details, dass Scoville sorgfältig durchgetestet wurde. So kann es beispielsweise durch die Auktionskarten gar nicht vorkommen, dass ein Spieler keine Schote für die Pflichtaktion "Aussaat" zur Verfügung hat. Lediglich die Regeln für den Wechsel von Vormittag zu Nachmittag bzw. für das Spielende sind unnötig kompliziert geraten und erfordern ständiges Nachblättern.

Das Spiel vermittelt ein insgesamt positives Spielgefühl, denn trotz gelegentlicher Rückschläge kommt es zu einem steten Aufbau, zu einer ständigen Verbesserung vor allem durch bessere Züchtungen. Man fängt als kleiner Farmer mit gerade mal drei gewöhnlichen Schoten an, erntet im Laufe des Spiels aber immer mehr und immer schärfere Schoten.

Die Verwertung der Schoten verlangt wiederum taktisch-planerisches Vorgehen, um auf die eine oder andere Weise möglichst viele Siegpunkte einzufahren. Dabei kommt es auch zu direktem Konkurrenzkampf. Vor allem die Rezepte im Cookoff, welche insgesamt die meisten Siegpunkte versprechen, sind heiß umstritten. Hier gilt es auch, die möglichen Aktionen der Mitspieler zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang finde ich die Verwendung von Sichtschirmen recht lobenswert, um allzu genaues Durchrechnen zu verhindern und dem Spiel eine ordentliche Prise Unsicherheit zu lassen.

Jeder Spieler verfügt noch über drei verschiedene Bonusaktions-Plättchen, die ihm erlauben, eine zusätzliche Schote anzubauen, seine Farmer-Figur einen zusätzlichen Schritt zu bewegen oder die Figur einmal kehrt machen zu lassen. Der Einsatz dieser Plättchen will aber wohlüberlegt sein, bringt doch jedes nicht verwendete Plättchen vier wertvolle Siegpunkte. Eine knifflige Sache, die mir gut gefällt.

Trotzdem gibt es an Scoville zwei Punkte, die mich stören. Da ist einerseits die Spieldauer, die zu fünft und in Vollbesetzung locker zwei Stunden überschreitet, bei Grüblern am Tisch sind sogar 3 Stunden möglich. Dies ist für das Gebotene dann doch etwas zu lang. Andererseits sinkt bei einer höheren Spielerzahl auch die Planbarkeit.

Mit seinem Gebot in der Bietphase versucht man, eine günstige Position in der Spielerreihenfolge zu ergattern. Mal will man früher dran sein, um bessere Auktionskarten zu erhalten, um sich bestimmte Rezepte im Cookoff zu sichern oder früher aussäen zu können (etwa, um vor seinen Mitspielern eine Auszeichnung zu erhalten). Manchmal will man in der Reihenfolge aber lieber weiter hinten dran sein, um schneller mit seiner Figur wichtige Positionen auf dem Chili-Feld zu erreichen.

Soweit die Theorie. In der Praxis ist dies aber selbst, wenn man die gewünschte Position in der "Turn Order" erhält, noch keine Garantie, seine beabsichtigte Aktion auch wirklich durchführen zu können. Besonders auf dem Chili-Feld kann es bei mehr als vier Spielern so eng werden, dass die eigene Figur blockiert wird, und - trotz gelungenem Gebot - kein vernünftiger Zug mehr gemacht werden kann. Dies ist unbefriedigend und trübt das ansonsten durchaus positive Gesamtbild.

Zu zweit entwickelt sich das Spiel dafür zu langsam, das Feld füllt sich nur allmählich, was die Möglichkeiten deutlich einschränkt. In Minimalbesetzung gestaltet es sich daher eher langweilig. Die ideale Spielerzahl liegt deshalb meiner Meinung nach bei 3 bis 4 Spielern. Für so eine Besetzung bin ich selbst gerne zu weiteren Partien zu überreden. Bei mehr Spielern würde ich hingegen nach Alternativen schauen ...

Rezension Franky Bayer

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Scoville: 5,0 5,0, 2 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 25.10.16 von Franky Bayer - Tolles Spielmaterial, aber auch das Spiel selbst weiß zu gefallen. Allerdings tut sich bei 2, 3 Spielern etwas zu wenig, bei mehr als 4 Spielern verliert der Einzelne hingegen an Einflussmöglichkeiten. In Idealbesetzung (4 Spieler) aber dafür top.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 04.02.17 von Edgar Ameling - Für das vergleichsweise schlanke Regelwerk wird eine hohe Spieltiefe geboten. Das Thema ist eher ungewöhnlich, dafür jedoch spielmechanisch sehr gut umgesetzt. Macht auf jeden Fall Spaß - am besten noch mit der Labs-Erweiterung!

Leserbewertungen

Leserwertung Scoville: 6,0 6.0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 02.02.17 von Hans Huehnchen - Ungewöhnliches Thema, tolles Material, wunderbares Spiel.

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