Spielziel
Forschungsstationen errichten, Schwarmplättchen einsammeln, zwischen den eigenen Stationen Verbindungen herstellen, aber auch: Mitspieler ausbremsen und ihnen Tsunamis und Wale hinterher jagen. Immer mit dem Blick darauf, am Ende die meisten Siegpunkte zu erhaschen …
Ablauf
Viel Material quillt uns aus der großen Spielschachtel entgegen; da heißt es erst einmal sortieren und an die Mitspieler verteilen. Der Spielplan zeigt uns ein Meer, das von unterschiedlichen Landteilen umgeben ist. Die schöne Kramerleiste darf auch diesmal nicht fehlen.
Die Schwarmplättchen werden verdeckt auf dem Spielplan verteilt, jeder erhält in seiner Farbe drei Schiffe, sieben Forscher und ein Menge an Bojen; dazu greift sich jeder noch eine Übersichtstafel und eine Joker-Aktionskarte. Die Punktezählsteine werden auf das Feld „20“ der Forschungspunkteleiste gestellt. Schließlich gründet jeder Spieler noch eine Forschungsstation; für die ersten Partien werden dafür Plätze vorgegeben. Um den Spielplan legt man noch – je nach Spieleranzahl – offen Aktionskarten aus und dann kann es auch schon losgehen:
Das Spiel verläuft in 3 Durchgängen (zu zweit sind es 4), wobei jeder Durchgang 3 Phasen hat:
Phase 1 - Aktionskarten erwerben: Jeder Spieler nimmt sich nach und nach um den Spielplan liegende Karten, solange, bis alle Aktions- und die Reihefolgenkarten erworben wurden. Wer eine Karte wählt, die ganz vorne liegt, bezahlt nichts, eine Karte, die an zweiter Position liegt, kostet einen Forschungspunkt, eine Karte an dritter Position 2 Forschungspunkte usw. Sobald ein Spieler eine Reihenfolgekarte nimmt, wählt er sich auch eine der 4 Fähigkeitskarten aus (schnelles Schiff, Schutz vor Gefahren, genialer Forscher, goldenes Schwarmplättchen).
Nun hat jeder seine Karten vor sich liegen und geht über in die Phase 2 - Aktionskarten ausspielen:
Nachdem in Phase 1 auch die Spielerreihenfolge ermittelt wurde, startet nun Spieler 1 mit dem Ausspielen einer seiner Handkarten. Da gibt es nun verschiedene Möglichkeiten:
- Auf einem beliebigen freien Landfeld wird eine Forschungsstation errichtet und auch gleich ein eigener Forscher darauf gestellt.
- Der Spieler kann ein Schiff einsetzen und mit ihm (oder mit einem bereits auf dem Spielplan vorhandenen Schiff) auf Entdeckungsreise gehen. Wer auf seiner Fahrt ein verdecktes Schwarmplättchen verlässt, darf dieses zu seinem Vorrat nehmen.
- Forscher: Hier darf der Spieler einen neuen Forscher in einer eigene Station einsetzen oder vorher gesammelte Schwarmplättchen auf dem Meer platzieren; dabei legt er auf jedes Plättchen eine Boje seiner eigenen Farbe. Es ist auch möglich, Plättchen auf Plättchen zu legen, wenn damit Verbindungen erweitert werden (z. B. ein Dreierplättchen auf ein Zweierplättchen). So ist es möglich, dass auf einem Schwarmplättchen auch Bojen von verschiedenen Spielern liegen
- Gefahren wie Wal, Tsunami und Krebs werden nach und nach eingesetzt und sind dafür bestimmt, anderen Spielern Schaden zuzufügen.
- Einmal pro Runde spielt jeder Spieler seine Joker-Aktionskarte aus und darf dabei wählen, welche Aktion er machen will.
Nachdem alle Aktionskarten ausgespielt wurden, kommt es zu Phase 3 - Wertung: Jeder Spieler zählt alle Elemente (Stationen, Forscher, Bojen und Schiffe) in seinem größten Verbundsystem und rückt genauso viele Siegpunkte auf der Leiste vorwärts.
Und schon geht es in die nächste Runde. Nach drei solcher Runden gibt es noch eine Extrawertung für alle eigenen Forschungsstationen, die mit der Schwarmkönigin verbunden sind, sowie für Verbindungen zwischen eigenen Forschungsstationen an verschiedenen Seiten (Himmelsrichtungen) auf dem Spielplan. Wer dann die meisten Forschungspunkte sein Eigen nennt, hat das Spiel gewonnen.
Fazit
Da liegt also wieder ein „echtes“ Kramer/Kiesling-Spiel vor uns: Gut aufgebaut, wenig Glücksmomente, Strategie ist gefragt! Dabei gefällt mir außerdem sehr gut, was da aus der Spieleschachtel quillt: Viel Material - gemischt aus Holz bzw. stabiler Pappe, und das in einer Qualität, die durchaus zufriedenstellt.
Schön ist, dass sich das Spiel sehr flott spielt, sobald man sich einmal durch die Regel gearbeitet hat. Denn es ist logisch aufgebaut und nach ein oder zwei Partien weiß man auch schon, worauf es ankommt.
Dabei fasziniert das Spiel sowohl zu zweit als auch in Vollbesetzung. Hat man in der Paar-Auseinandersetzung noch sehr viel Platz und weniger Berührungspunkte auf dem Spielplan, so wird es zu viert schon eine enge Sache! Jeder will und muss ja eine Verbindung zur Schwarmkönigin herstellen, um überhaupt noch an der Endwertung teilnehmen zu können! Und dementsprechend geht es in der Mitte des Spielplans auch recht eng zu.
Und nun wird auch das „Kleingedruckte“ in der Spielbeschreibung wichtig: Es ist ja zum Beispiel auch möglich, mit einem Schiff (und nicht mit einer eigenen Boje) die Verbindung zur Schwarmkönigin oder zur Station auf der anderen Seite herzustellen. So werden die Schiffe nicht nur zum Einsammeln von Plättchen verwendet, sondern dienen einer anderen, ganz wichtigen Funktion!
Die Kramerleiste dient in diesem Spiel nicht nur zum Aufzeigen des Siegpunktstandes, sondern auch zur Schadensermittlung. Dabei hängt die Größe des Schadens vom Feld der Siegpunktleiste ab, auf dem der Geschädigte steht. Die Anzahl der Amöben auf dem Feld entspricht dem Schaden. Das bedeutet, der Geschädigte geht so viele Felder zurück, wie viel Amöben dort gezählt werden, der "böse", schädigende Mitspieler dementsprechend vorwärts. Und je mehr Siegpunkte man sein Eigen nennt, umso größer ist der Schaden – und die Schadenfreude der Mitspieler!
Der Spielplan stellt keine reelle Inselwelt dar, ist eher als fiktiv zu bezeichnen, dient dem Geschehen aber außerordentlich gut. Die verschiedenen Seiten sind voneinander grafisch deutlich unterschiedlich, die Punkteverteilung der einzelnen Plätze ist gut nachvollziehbar. Außerdem entwickelt sich aufgrund der zu legenden Schwarmplättchen eine immer wieder veränderte Form! Und auch wenn gegen Ende jeder Partie viel Material auf dem Plan liegt, verliert man auf keinen Fall den Überblick. Das ist hervorragend gelöst!
Ein besonderer Effekt entsteht wieder einmal durch die Spielerreihenfolge: Schwierig ist es manchmal, muss man doch immer wieder aufpassen, wer denn nach wem am Zug ist. Denn das entspricht ja selten der Sitzreihenfolge, sondern wird eben nur durch die Reihenfolgeplättchen auf dem Spielplan bestimmt. Gerade am Anfang des Spiels sollte man schon darauf achten, nicht immer an vierter Stelle zu stehen, denn dann wird einem oft das Beste weggeschnappt bzw. verbaut! Und auch die Sonderplättchen, die man aufgrund der Spielerreihenfolge wählen kann, bringen schöne Vorteile. Am Anfang des Spiels ist vor allem das schnelle Schiff eine gern gewählte Sondereigenschaft!
Ein kleiner Kritikpunkt liegt darin, dass die falsche Strategie eines Mitspielers einen anderen zum Sieg führen kann (Königsmacher-Effekt). Das ist dann ärgerlich, wenn man dem Ganzen zuschauen muss, ohne etwas dagegen unternehmen zu können. Aus diesem Grund muss man dem Spiel einige Partien widmen, um dann wirklich enge Abläufe zu erwirken und Spannung bis zum Schluss zu gewährleisten.
Die Gefahren sind natürlich recht ärgerlich, vor allem wenn es einen selbst trifft; sie werden aber in Phase 1 doch recht spät gewählt, weil es erst einmal darum geht, seine eigene Entwicklung vorwärts zu treiben. So geschieht es schon, dass also einiges bezahlt wird, um an die „wichtigen“ Aktionskarten zu kommen und die Gefahren eher übersprungen werden. Manchmal haben jedoch gerade diese Aktionskarten eine enge Partie entschieden.
Natürlich sieht jeder Spieler darauf, möglichst optimale Wege zu bauen und Siegpunkte dafür einzustreichen. Und wenn man dabei zusätzlich auch noch seine Mitspieler ärgern bzw. ihnen manche Wege verbauen kann, ist die Freude darüber groß. Und – wie gesagt – diese Freude und der Ärger darüber ist in Vollbesetzung vorprogrammiert!
Die vorgeschlagenen Varianten kann ich nur empfehlen: Dass die erworbenen Aktionskarten auf die Hand genommen und nicht offen abgelegt werden, ist eine in unserer Spielrunde sehr geschätzte Sache. Dass der Tsunami gefährlicher wird, darf ruhig sein, da er doch recht häufig als „zahnloser Tiger“ daherkommt und deshalb ungern genutzt wird. Die Verlosung der Startreihenfolge scheint mir hingegen nicht dringend erforderlich. Denn die 4 vorgegebenen Landfelder für die erste Forschungsstation sind nicht zu verachten; wer einmal eine andere Strategie beim Bau seiner ersten Station verfolgen will, sollte es einfach mal ausprobieren.
Interessant bleibt natürlich noch die Schlusswertung: Denn die verbundenen Forschungsstationen mit möglichst vielen Himmelsrichtungen bringen enorm viele Siegpunkte. Oft ist das Verhindern dieser Verbindungen wichtiger, als selbst solche herzustellen.
Als Buch hat mir „Der Schwarm“ (bis auf den sonderbaren Schluss) gut gefallen; als Spiel ist es für Spieler durchwegs zu empfehlen. Und wer Kramer/Kiesling kennt, weiß ja auch, wie gut ihre Werke funktionieren und die Mechanismen ineinander greifen.
So lasst uns forschen und bald die Schwarmkönigin besuchen, denn sie garantiert uns einen tollen Spieleabend! Nun aber genug des Schwärmens! Der Schwarm ist einfach ein tolles Spiel!
Rezension Alfons Leierseder
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.