Rezension/Kritik - Online seit 05.08.2010. Dieser Artikel wurde 7012 mal aufgerufen.

Keltis - Das Orakel

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Autor: Reiner Knizia
Verlag: KOSMOS
Rezension: André Beautemps
Spieler: 2 - 4
Dauer: 45 Minuten
Alter: ab 10 Jahren
Jahr: 2010
Bewertung: 3,3 3,3 H@LL9000
4,3 4,3 Leser
Ranking: Platz 4912
Download: Kurzspielregel [PDF]
Keltis - Das Orakel

Spielziel

Man orakelt ja schon gerne, was aus einem Preisträger alles herausgeholt werden kann. Diesem Gedanken hing wohl auch Herr Knizia nach, und schwupps - war das Orakel geboren! Ich könnte dem Titel gehorchend mich in mystischen Andeutungen und geheimen Zeichen ausdrücken, um das Spiel und sein hervorrufendes Gefühl zu beschreiben. Rufe die Priesterin und sie wird dir auf deinem Weg zum Ziel eine große Hilfe sein. Finde die Kobolde und nutze ihre gemeinsame Stärke. Und so weiter. Ich schätze, in dem Stil verstehe ich den Text am Ende selber nicht mehr. Da wollen wir uns doch erstmal die Einzelteile und Mechanismen ansehen.

Ablauf

Fangen wir mit dem Spielplan an: Der Halbstern hat sich in eine Spirale verwandelt, es werden alle Felder des Weges mit Plättchen ausgestattet. Diese bestehen aus den bekannten Siegpunkten und Wunschsteinen. Hinzu kommen Spiegel, Kobolde, Spiralen und Kleeblätter mit entsprechenden Sonderfunktionen. Zu den Spielfiguren der Mitspieler gesellt sich die Figur der Orakelpriesterin ins Startfeld.

Wer an der Reihe ist, wirft eine Karte auf einen Ablagestapel oder auf die entsprechende farbliche Auslage bzw. bildet hiervon eine neue, wenn die Farbe noch nicht ausliegt. Anschließend wird eine Karte nachgezogen, entweder vom Nachziehstapel oder von einem ausliegenden Ablagestapel.

Der Bewegungsmechanismus der eigenen Spielsteine ist unverändert über Farbkarten geregelt, die entweder in strikt aufsteigender oder absteigender Reihenfolge ausgelegt werden. Die Wegfelder sind entsprechend farbig markiert, d. h. wenn eine gelbe Karte ausgespielt wird, darf eine Spielfigur auf das nächste vor ihr liegende gelbe Feld gezogen werden.

Über die neuen zusätzlichen Wegplättchen können die Punkte der Wunschsteine in der Endwertung verdoppelt bis vervierfacht werden, mittels der Spirale kann auch rückwärts gelaufen werden. Die Kleeblätter erlauben zusätzliche Bewegung, die Kobolde das Loswerden lästiger Hand- oder blockierender Auslagekarten. Außerdem können Zusatzpunkte ergattert werden, wenn sich alle drei Spielfiguren eines Spielers auf Koboldfeldern befinden.

Eine weitere Punktequelle ist die Orakelpriesterin. Sie kann ebenfalls durch das Ausspielen einer Karte bewegt werden, allerdings wird ihre Bewegungsweite nicht über Farben, sondern Zahlenwerte auf den Karten geregelt, die zwischen 1 und 5 variieren. Wird die Priesterin auf ein Feld gezogen, auf dem sich eine eigene Figur befindet, erhält man sofort 5 Siegpunkte.

Das Spiel kann auf drei verschiedene Arten enden: Entweder befinden sich alle Figuren eines Spielers auf den letzten sieben Feldern des Weges oder derer fünf von verschiedenen Spielern auf eben jenen Endfeldern oder der Nachziehstapel ist aufgebraucht.

In der Schlusswertung werden neben den Wunschsteinen, die ggf. durch gesammelte Spiegel mehrfach gewertet werden, auch die einzelnen Endpositionen der Spielfiguren gewertet. Wer noch Spielfiguren im ersten Drittel des Wegs stehen hat, kassiert Minuspunkte, erst danach gibt es Pluspunkte, aufsteigend in Richtung Wegende bis zum Maximalwert von 10 Punkten für das Schlussfeld. Der Spieler mit den meisten Punkten wird superkeltischer Orakelsieger, bei Gleichstand gibt es mehrere davon.

Fazit

Zunächst ist zu vermerken, dass die Spielregel übersichtlich und gut verdichtet dargestellt ist. Ein regelrechtes Bravo hierfür. Auch das Material ist von bewährter Qualität, der große Spielplan sowie die sonstigen Bestandteile sind sorgfältig verarbeitet und solide ausgeführt. Bis hierher gibt es nichts zu bemängeln.

Beginnt das Spiel, versucht man ob der Vielzahl der Möglichkeiten langfristige Strategien zu entwickeln. Das ist nicht gut. Im Gegenteil: Diese Variante schreit danach, rein taktisch auf die aktuelle Spielsituation bestmöglich zu reagieren.

Bringt es gerade die meisten Punkte im aktuellen Zug, die Priesterin zu bewegen? Kann im Moment eine gute Koboldwertung ausgelöst werden? Falls ja, dann mitnehmen. Und nicht auf die vielleicht in zwei bis drei Runden sich ergebende noch höhere Wertung warten, sie kommt oft nicht oder zu spät. Einfach das mitnehmen, was kommt und geht. Und hier ist dann der Haken: Es geht leider nicht immer was.

Nicht umsonst ist die Möglichkeit gegeben, auch mal eine Karte ungenutzt abzuwerfen, da man in seine Reihenfolgen ansonsten zu große Lücken einbauen würde. Zwar können hier die Koboldfelder noch ein wenig heilenden Einfluss ausüben, aber bei entsprechendem Kartenpech und gleichzeitiger Blockade durch die anderen Spieler, die leider nur unbrauchbare Karten abwerfen, fühlt man sich doch relativ lange machtlos. Der Frustpegel steigt mit jedem weiteren untätigen Zug. Auch etwaige Fehler bei dem Ausnutzen von Zügen können hier noch weiter steigernd wirken. Wenn man erst nach dem eigenen Zug realisiert, dass man soeben jede Menge Punkte oder andere verlockende Möglichkeiten ausgelassen hat, um irgendetwas Belangloseres anzustellen, wird nur sehr selten im Stammhirn eine Freirunde Endorphine ausgeschüttet.

Im Gegensatz zu Keltis ist der Zeitbedarf für den einzelnen Zug bei Keltis - Das Orakel wesentlich höher. Es gilt schließlich, den Überblick über diverse Möglichkeiten zu behalten und die bestmögliche herauszufinden. Daher wirkt sich hier eine Durststrecke von mehreren Zügen ohne eigenes Vorankommen und Punktgewinn deutlich schlimmer aus, da auch noch die reale Spielzeit länger wird. Die Angabe der Gesamtspieldauer wurde in keinem Versuch unterschritten, meist wurde sogar mehr als die akademische Viertelstunde überzogen. Mit einer Dreiviertelstunde gemäß Verpackungslimit kommt wohl nur eine reine "Bauchspielertruppe" aus.

Über die in der Regel längere Zeitstrecke gesehen bietet das Spiel den mit durchschnittlicher Spielintelligenz ausgestatteten Charakteren wie mir nicht genügend erkennbare Steuerungsmechanismen, um den Zufall beim Kartenziehen abzufedern. Die deutlich spürbare Dauer der eigenen Leerlaufzeit lässt den Spannungsbogen im Spiel zu früh abknicken. Verhindert werden kann dies, wenn der jederzeit nachvollziehbare Punktestand bis kurz vor Schluss ausgeglichen genug ist, um noch mehreren Teilnehmern einen Last-Minute-Sieg zu ermöglichen. Vermutlich verdankt man der Routine des Autors, dass dies nicht übermäßig selten der Fall ist.

Als Zielgruppe für das Spiel lässt sich dennoch niemand so recht entdecken. Viel zu seichte Kost für den anspruchsvollen Spielegourmet und anderseits zu hohe Spieldauer und Komplexität in den Zugmöglichkeiten für die Familienzusammenkunft am Brett. Vielleicht soll dies ja gerade ein Versuch sein, die von Keltis begeisterten Gelegenheitsspieler behutsam in tiefere Spielsysteme hereinzuziehen? Leider ist das Orakel aus den vorgenannten Gründen nicht geeignet, einem solchen Ziel erfolgreich entgegenzusteuern.

Rezension André Beautemps

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Keltis - Das Orakel: 3,3 3,3, 3 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 21.06.10 von André Beautemps
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 06.07.10 von Monika Harke
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 25.07.12 von Michael Andersch - Irgendwie geht immer was bei dieser Keltis-Version, das mindert den "Druck" etwas, den man bei der normalen Version hat und das ist gut und schlecht zugleich. Daher hinterlässt mich das Spiel etwas achselzuckend - kann man spielen, muss man aber nicht.

Leserbewertungen

Leserwertung Keltis - Das Orakel: 4,3 4.3, 3 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 06.08.10 von Björn Kalies - Also einen Frustpegel hab ich in einem halben Dutzend Partien bisher nicht ausmachen können. Dieses Keltis bietet eine Menge an Möglichkeiten und die anfängliche Auslage beeinflusst schon um einiges den folgenden Spielverlauf. Hier gilt es die sich bietenden Möglichkeiten zu erkennen und auszunutzen. Klar, dass auch die Kartenhand das Spiel beeinflusst - aber bei 8 Handkarten lässt sich schon eine Menge anstellen.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 02.08.18 von sutrebuh - Irgendwie geht bei Keltis Orakel immer etwas, das ist richtig und das soll wohl auch so sein. Beim Standard-Keltis hängt das eigene Glück sehr davon ab, welche Karten man zieht. Sind es die falschen, ist die Niederlage gewiß. Beim Orakel läuft man nicht so schnell in die Sackgasse, dafür muss man sich darauf einstellen, was man auf der Hand hat. Letztlich geht es um eine darauf abgestimmte Kombinatorik, sodass man mit seinen Figuren möglichstes punkteträchtig das Wettrennen durch die Spirale gewinnt. Für Kinder wird es da schnell unübersichtlich. Verglichen mit dem Original hat man mehr Möglichkeiten, aber die Interaktion beschränkt sich weiterhin darauf, dass man sich gegenseitig die Goldstücke wegschnappen kann.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 28.11.20 von Martin - Nach langer Zeit mal wieder gespielt, mittlerweile ziemlich altbacken, aber als gehobenes Familienspiel immer noch gut geeignet. Irgendwas geht immer, aber was bringt am meisten? Im Spiel zu zweit sind die Wunschsteine und die Spiegel etwas zu stark gewichtet.

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