Rezension/Kritik - Online seit 25.02.2019. Dieser Artikel wurde 7473 mal aufgerufen.
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New York 1950er Jahre. Seid ihr als Don bereit, alles zu tun, um zur mächtigsten Familie aufzusteigen? Mit Hilfe des Consigliere, eures Erben und der Gangster deiner Familie versuchst du einflussreiche Funktionäre zu schmieren, die Kontrolle über Stadtgebiete zu erlangen oder Jobs für Don Corleone zu erledigen. Alles mit dem einen Ziel, dein gewaschenes Geld sicher im eigenen Koffer unterzubringen.
Im Spiel Der Pate – Corleones Imperium übernehmt ihr als Spieler eine Mafia-Familie. Ausgestattet mit eurer Don-Figur, 2 Gangstern, 9 Kontrollmarkern, einem Metallkoffer in Spielerfarbe, etwas Grundkapital und 2 Jobkarten startet ihr in den ersten von vier Akten dieses Mafia-Epos.
Jeder Akt besteht aus 6 Phasen, die nacheinander abgehandelt werden.
In Phase 1 wird durch das Ablegen eines Gewerbeplättchens auf ein freies Feld im Stadtteil mit der niedrigsten Zahl ein neues Gewerbe eröffnet.
Die Phase 2 wird reihum gespielt, und jeder Spieler führt in seinem Zug eine von 4 möglichen Aktionen aus:
1. Einen Gangster einsetzen, um ein Gewerbe zu erpressen. Falls ein anderer Spieler dieses Gebiet kontrolliert, erhält er ebenfalls den Vorteil.
2. Ein Familienmitglied einsetzen, um von allen angrenzenden Gebieten Schutzgeld zu kassieren.
3. Einen Job erledigen durch die Abgabe der auf der Jobkarte geforderten illegalen Warenkarten und die angegebenen Vorteile erhalten.
4. Die Karte eines Verbündeten ausspielen und deren Vorteile und Aktionsmöglichkeiten nutzen.
Die Aktionsmöglichkeiten 3 und 4 können nur genutzt werden, wenn noch mindestens eine eigene Spielfigur nicht eingesetzt wurde.
Für alle diese Aktionen erhalten die Spieler entweder illegale Waren-, Geld- oder Jobkarten, welche auf die Hand genommen werden müssen; oder sie dürfen Geldkarten aus der Hand in ihren Koffer packen. Erledigte Jobkarten, die immer mit illegalen Warenkarten bezahlt werden müssen, kommen ebenfalls in den Koffer und bringen bei der Schlusswertung nochmal Geld ein.
In Phase 3 werden die Gebietskämpfe abgehandelt, in denen für jedes Gebiet geprüft wird, ob eine Familie alleine auf das Gebiet den höchsten Einfluss durch darin platzierte Gangster und daran angrenzend platzierte Familienmitglieder ausübt. Sollte dies der Fall sein, darf der Spieler dort einen Kontrollmarker seiner Familie platzieren.
In Phase 4 dürfen die Spieler versuchen, einen der offen ausliegenden Verbündeten durch ein Gebot mit Geldkarten aus ihrem Koffer anzuwerben. Der Spieler mit dem höchsten Gebot darf sich als Erster einen Verbündeten auswählen, der Spieler mit dem niedrigsten Gebot geht leer aus, darf aber sein gebotenes Geld behalten.
In Phase 5 wird das für die aktuelle Runde gültige Handkartenlimit geprüft, und alle von den Spielern zu viel auf der Hand gehaltenen Karten werden als Tribut an Don Corleone abgelegt.
In der als Zwischenakt bezeichneten Phase 6 nehmen alle Spieler ihre Figuren wieder zu sich zurück, der Phasenmarker wird auf Phase 1 zurückgesetzt, und Don Corleone wandert einen Akt weiter.
Das Spiel endet nach dem 4. Akt mit der Schlusswertung, bei der jeder Spieler für die Mehrheit an Kontrollmarkern in einem Gebiet und die meisten erledigten Jobs einer Farbe einen zusätzlichen Bonus erhält. Der Spieler mit dem meisten Geld gewinnt.
Die große Spielschachtel von Der Pate – Corleones Imperium mit dem hervorragend gezeichneten Cover und die Erinnerung an einen der Kultfilme meiner Jugend weckten bei mir hohe Erwartungen an diese Brettspielumsetzung.
Beim Öffnen der Schachtel finden wir prall gefüllte Tiefziehteile mit vielen detaillierten Miniaturen, Koffer aus Blech, mehr als 200 Karten und Plättchen sowie einen großen Spielplan und die Spielregel. Erwartungsgemäß ist das hochpreisige Spiel mit luxuriösem Spielmaterial ausgestattet. Alles macht einen hochwertigen Eindruck, ist detailreich mit Illustrationen aus den Filmen gestaltet und lädt zum Spielen ein. Die Miniaturen finden alle einen eigenen Platz in einem separaten Tiefziehteil und werden somit vor Schäden geschützt.
Die Spielregel erschreckt zuerst mit 28 Seiten, aber beim ersten Durchblättern stellt man fest, dass ca. die Hälfte der Seiten für stimmungsvolle Illustrationen mit Originalmotiven aus dem Film und Beispielbildern genutzt werden. Die Illustrationen stellen die Hauptcharaktere der einzelnen Familien dar und werden von bekannten Zitaten aus den Filmen begleitet. Die Lektüre dieser Seiten hat mir ebenso viel Spaß gemacht wie das Studium der Spielregel, welche klar strukturiert und ohne Regelfragen offen zu lassen ins Spiel einführt. Auf der Rückseite findet sich noch eine Regelzusammenfassung, die sowohl beim Wiedereinstieg nach einiger Zeit als auch als Erklärhilfe gute Dienste erweist.
Der Einstieg in die erste Partie klappt aufgrund anfangs noch überschaubarer Aktionsmöglichkeiten problemlos. Die reine Spielmechanik ist eingängig und intuitiv handhabbar. Wenn man am Zug ist, setzt man eine seiner Spielfiguren ein oder erledigt eine Jobkarte. Es gibt aber diverse kleine Regeldetails, die zwingend beachtet werden müssen. Zum Beispiel kann gewaschenes Geld nur über Aktionen in den Koffer gelegt und nicht wieder entnommen werden. Verbündete dürfen nur eingesetzt werden, wenn man noch mindestens eine eigene Spielfigur vor sich stehen hat usw.
Auf dem Spielplan geht es dabei zum einen um die Erlangung von Mehrheiten in den einzelnen Stadtteilen New Yorks oder die Nutzung der ertragreichsten Geschäfte. Schnell entbrennt ein harter, interaktiver Kampf um die besten Plätze in den Stadtgebieten. Jobkarten und einige Verbündete erlauben es den Spielern, Gangster und Familienmitglieder anderer Spieler niederzuschießen oder per Autobombe alle Spielfiguren aus einen Stadtgebiet zu entfernen und diese bis zum Ende des Aktes im Hudson River zu versenken. Diese direkte Interaktion sollten die beteiligten Spieler mögen.
Von Akt zu Akt steigern sich die Aktionsmöglichkeiten durch hinzukommende Spielfiguren, Verbündete und neue Geschäfte. Erst nach mehreren Partien, in denen die Spieler die Jobkarten und Möglichkeiten der Verbündeten kennengelernt haben, entfaltet Der Pate – Corleones Empire seine volle Spieltiefe.
Hier den Überblick zu behalten und seinen Spielzug im Voraus zu planen, stellt eine der Herausforderungen im Spiel dar. Oft muss man seine Planung zu Beginn des eigenen Spielzuges noch einmal an die aktuellen Gegebenheiten anpassen, da der vorhergehende Spieler ausgerechnet den Platz belegt hat, den man selber wollte, oder durch die Entfernung von Spielfiguren neuen Platz geschaffen hat. Außerdem müssen die Optionen, die die anderen Spieler zum Reagieren haben, immer in die eigene Planung eingeschlossen werden. Dieses führte in einigen Testpartien zu nicht unwesentlicher Downtime. Hier hat eine Spielrunde, die das Spiel öfters spielte, eine pragmatische weiterzuempfehlende Lösung gefunden. Wer am Zug ist, erhält genau 1 Minute Bedenkzeit. Ist die Zeit abgelaufen, muss der aktive Spieler die nicht eingesetzte Spielfigur im Hudson versenken. Thematisch passend umgesetzt!
Die angegebene Spieldauer von 60 bis 90 Minuten konnte aber auch mit dieser Lösung nicht eingehalten werden. Meine Testpartien dauerten durchschnittlich ca. 30 Minuten pro Spieler, also in voller Besetzung mit 5 Spielern 150 Minuten. Am meisten Spaß gemacht hat mir Der Pate – Corleones Imperium mit 4 oder 5 Spielern. Im Spiel zu zweit oder dritt wirkte der Spielplan zu groß und die Interaktionsmöglichkeiten nahmen deutlich ab.
Meine Erwartungen an Der Pate – Corleones Imperium wurden größtenteils erfüllt. In der richtigen Spielrunde entfaltet das Spiel seine volle thematische Atmosphäre und hat mir viele spannende und schöne Testpartien beschert. Ich kann aber auch die Kritik hinsichtlich der Downtime und Unplanbarkeit aufgrund der Interaktionsmöglichkeiten der Mitspieler verstehen. Auch in meinen Testpartien wurden einige wenige Partien durch eine unachtsam gespielte Autobombe oder gedankenlos eingesetzten Polizeichef entschieden. Aber wer glaubt denn auch, dass die Streitigkeiten in diesen ehrenwerten Kreisen immer gerecht gelöst werden müssen?
Da nicht jeder zum Don einer Familie geeignet ist, empfehle ich jedem interessiertem Spieler: erst Probespielen, dann kaufen.
Rezension Andreas Molter
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung Der Pate: Corleones Imperium / The Godfather: Corleone´s Empire: 4,3, 4 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
11.09.17 von Andreas Molter - Sehr gute Brettspielumsetzung. Interaktiv, gemein und böse. Der einzige Wehrmutstropfen ist der hohe Preis. Jederzeit wieder unterbreite ich meinen Mitspielern Angebote, die sie nicht ausschlagen können. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
01.10.17 von Michael Kahrmann |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
24.11.17 von Michael Andersch - Solides oberes Mittelmaß, aber völlig überteuert (die Miniaturen mögen das rechtfertigen, ich brauch solchen Schnickschnack allerdings nicht). Im Grunde ein Workerplacement Spiel, alles läuft rund, kurze Wartezeiten, viele kleine Entscheidungen - das passt alles gut, aber was Besonderes ist das Spiel leider trotzdem nicht. Grafisch (Karten) ist es sogar eher unterdurchschnittlich. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
25.02.19 von Henning Knoff - Ganz nett, aber wenn man kein großer Fan des Themas ist, auch nichts besonderes. |
Leserwertung Der Pate: Corleones Imperium / The Godfather: Corleone´s Empire: 4.5, 4 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
21.10.17 von Caddy - In meinem ersten Spiel habe ich nach der ersten Runde gedacht : Boah wie geil ist das denn. Es spielt sich schlüssig und flott und ist fix erklärt. Das musst du haben. In der letzten Runde stellte sich dann heraus das viel zu wenig Aufträge im Spiel waren und wie ich finde die Aufträge sich immer wieder wiederholten. Es kam Länge in den Spielfluss. Eine Planung ist schwer möglich weil irgendwer sowieso die geplante Position verbaut. Grübler können dem Spiel den Spielfluss nehmen. Mittelmässig bis gute Kost zu überteuertem Preis wie ich finde !!! |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
09.09.18 von Hans Huehnchen - Preislich leider total überzogen, aber selbst wenn es günstiger wäre, würde ich den Platz im Spielregal nicht für dieses Spiel opfern wollen. Es funktioniert, es macht Spaß, aber es fehlt der Langzeit-Reiz |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
31.10.23 von Klaus Seitz - Habe viel Schlechtes über das Spiel gehört, was sich in meinen Partien aber nicht gezeigt hat. Sicher ist es kein Brainburner, aber hat durchgehend zu tun, die Autobomben sind definitiv nicht zu stark, kaum AP-Gefahr und insgesamt auch nicht zu lang. Gewichtung irgendwo zwischen gehobenem Familienspiel und leichtem Kennerspiel. Aber: natürlich für diese Spielklasse überproduziert und für den Spielwert zu teuer - ist für mich aber kein Bewertungskriterium (fällt ja z.B. weg, wenn man es geschenkt bekommt). |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
13.11.24 von Everest - Der Pate verbindet einen thematisch passenden WP-Mechanismus mit einem Mehrheitensystem, einem Mensch-ärgere-dich-nicht-Faktor und einem ebenso passenden Bietmechanismus. Man neigt zu Grübeleien und die Auftragskarten sind endlich. Die begrenzte Zahl an Auftragskarten empfinde ich aber gar nicht als Nachteil, man fokussiert stattdessen auf verbleibende Optionen. Ein Mehr an Auftragskarten würde das Spiel nur länger werden lassen, aber m.E. nicht besser. |