Rezension/Kritik - Online seit 15.05.2013. Dieser Artikel wurde 6659 mal aufgerufen.
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Zombiefilme - viele sind schlechter als ihr Ruf, und der ist schon nicht gut. Oft vergessen bzw. unbekannt ist aber, dass es auch durchaus ernst zu nehmende Zombiefilme gibt, die sozial- und kulturkritische Aspekte zum Inhalt haben.
Ein ernst zu nehmendes Spiel mit einem interessanten psychologischen Aspekt könnte man auch in City of Horror ausmachen, wenn in jeder Runde die Spieler sich untereinander einigen müssen, wen sie den Zombies zum Frass vorwerfen (wollen). Die alte Oma, den Nerd, oder doch das kleine Nachbarsmädchen mit dem Teddy im Arm?
Ansonsten gilt aber auch hier die Regel: It’s about Zombies, you idiot! Thema, nicht Taktik bestimmen das Spiel.
Zu Beginn einer Partie erhält jeder Spieler eine zufällig zusammengesetzte Personengruppe aus drei bis fünf Charakteren zugeteilt. Jeder Charakter hat eine besondere Fähigkeit, die man einmal einsetzen kann, und die direkten oder indirekten Schutz vor den Zombies bietet.
Zu Beginn werden die Charaktere auf die 6 Orte auf dem Spielplan verteilt. Anschließend wählt jeder Spieler eine Bewegungskarte, die aber zunächst nicht ausgespielt, sondern verdeckt vor den Spielern abgelegt wird. Vor der Spielerbewegung kommt nämlich noch die Zombie-Invasion. Dazu wird die oberste Invasionskarte aufgedeckt und Zombies zu den entsprechenden Orten gestellt. Nun lässt sich also schon ahnen, wo ein Zombieangriff bevorsteht, wo man vorläufig sicher ist und wo es vielleicht besondere Gegenstände zu holen gibt (auch diese werden durch die Bedrohungskarten zugeteilt).
Anschließend decken die Spieler ihre Bewegungskarten auf, und der Reihe nach muss jeder Spieler eine Bewegung durchführen, wenn möglich von oder zu dem Ort, dessen Karte er gespielt hat. Da die Anzahl Figuren pro Ort aber recht limitiert ist, kann es leicht passieren, dass dies nicht möglich ist. In diesem Fall muss man eine eigene Figur auf die Kreuzung stellen (Und es ist natürlich aus einschlägigen Filmen bekannt, was mit denen passiert, die dumm auf der Straße rumstehen).
Als Nächstes folgt der eigentliche Spielzug: Zunächst werden die Orte der Reihe nach aktiviert. Jeder Ort bietet eine spezielle Aktionsmöglichkeit, wie zum Beispiel Gegenmittel oder Nahrung sammeln, Aktionskarte tauschen oder ausruhen, was die Sonderfähigkeit einer Person wieder reaktiviert. Danach wird ermittelt, ob es zu einem Zombieangriff kommt, was meistens der Fall ist, wenn an einem Ort gleich viele oder mehr Zombies als Menschen sind.
Bevor darüber entschieden wird, welcher Charakter den Zombies geopfert werden soll, haben die Spieler noch die Möglichkeit, durch die speziellen Eigenschaften ihrer Figuren oder Aktionskarten den Zombieangriff abzuwehren. Gelingt dies nicht, müssen sie darüber abstimmen, wen sie opfern wollen. Hier ist Platz für Bündnisse, Absprachen und alle Arten von Versprechungen und Drohungen. Bei der anschließenden Abstimmung hat jeder Charakter eine Stimme, also unter Umständen ein Spieler auch mehrere Stimmen, wenn er mit mehreren Figuren vor Ort ist (oder z. B. mit Mutter und Baby abstimmt, was auch eine besondere Fähigkeit darstellt). Nach der Abhandlung des Zombieangriffes werden dann noch die besonderen Gegenstände in Form von Aktionskarten oder Gegenmittel verteilt.
So wird der Reihe nach Ort für Ort abgehandelt, anschließend für die nächste Runde die nächste Invasionskarte aufgedeckt und der Zombie-Ansturm fortgesetzt, bis schließlich nach der vierten Runde der rettende Helikopter kommt, der die überlebenden Charaktere ausfliegt.
Allerdings werden nicht alle Charaktere gerettet, sondern nur jene, für die die Spieler im Laufe der Partie ein Gegenmittel einsammeln konnten. Die überlebenden Charaktere bringen ihren Spielern unterschiedlich viele Siegpunkte, je nachdem, wie stark ihre spezielle Fähigkeit war und ob diese im Spiel verwendet wurde oder nicht.
Was soll ich Ihnen hier jetzt über ein Zombiespiel erzählen, welche aufregende Information erwarten Sie? Nein, es gibt kein ernsthaftes Zombiespiel, und an dieser Gewissheit ändert auch City of Horror nichts. Zombiespiele sind einfach immer thematisch, was sicher am Tada: Thema liegt. Und thematische Spiele sind eben nur selten wirklich taktisch, das gilt besonders für Spiele aus Frankreich (berühmtes Spielervorurteil). Zugegeben, das Erfinden thematischer Spiele liegt den Franzosen - das können sie richtig gut, aber richtig taktisch ist dann eher wieder die Ausnahme.
Und so geht es mir auch bei City of Horror: Das Spiel hat alles, was ich mag, Thema und Gestaltung und auch die Spielart, meine Mitspieler beschwatzen, Intrigen lancieren und falsche Bündnisse schmieden - das macht mir Spaß.
Aber im Gegenteil zum Franzosen, der dieses nur Kraft seiner Sprache in die Wege leiten kann, will ich auch was haben, womit ich spielen kann, da bin ich ganz Eurogamer. Ich will was anbieten können, will für meinen feigen Verrat an den Nachbarskindern wenigstens meinen Judaslohn kassieren. Und genau da mangelt es im Spiel, es gibt einfach zu wenig zum Handeln, Tauschen und Bestechen. Die simple Frage "Warum sollte ich tun, was du willst?" hebelt mich vollständig aus. Ich kann fast nichts anbieten, außer meine Stimme für die nächste Abstimmung, und das glaubt mir ohnehin niemand, wenn ich dann selbst beteiligt bin und versuchen muss, meine eigene Figuren zu retten.
Und so möchte ich - ohne allzu lange auf Inhalt, Taktiken usw. einzugehen - City of Horror wie folgt zusammenfassen: Es ist unter den Zombiespielen, die ich kenne, sicher eins der „ernsteren“, das versucht, wirklich Spiel zu sein. Die Intrigen und fiesen Abstimmungen, an deren Ende die Spieler sich immer selbst für ein Opfer aus ihrer Mitte entscheiden müssen, bringen meines Erachtens das Zombiethema sehr schön rüber und haben einen besonderen, morbiden Reiz.
Spielerisch ist es mir allerdings etwas zu wenig, da ich einfach das Gefühl habe, ohne Verhandlugsmasse und besondere Einflussmöglichkeiten dem Spiel mehr oder minder ausgeliefert zu sein. Der Spagat mit möglichst wenig Regeln noch genug Spiel zu kreieren, scheint mir knapp, aber deutlich misslungen. Die Regeln sind einen Tick zu lang, um noch als ganz einfach durchzugehen, und das Mehr an Regeln spiegelt sich nicht ausreichend in den taktischen Möglichkeiten wieder, sondern macht hauptsächlich den Spielverlauf etwas starr und spröde.
Nichts zu bemängeln gibt es am Material: Dicke Pappen, haufenweise Zombies und lauter unterschiedliche Aufsteller für die ganzen verschiedenen Spielercharaktere sorgen für tolle Atmosphäre. Der variable Spielplan mit unterschiedlichen Gebäudeseiten ist ebenfalls gut konzipiert und schön gestaltet. 3 bis 6 Spieler können sich hier gegenseitig nach und nach den Zombies zum Fraß vorwerfen und brauchen dafür etwa 90 bis 120 Minuten. Mir ist das für diese Art Spiel etwas zu lang, passt aber wunderbar, um im Hintergrund einen passenden Film laufen zu lassen, dann stimmt auch noch die Geräuschkulisse.
Punktetechnisch möchte ich mich zu dem Spiel fast enthalten, zwischen 3 (wenn ich taktisch spielen will) und 5 Punkten (mit passendem Sound und den richtigen Mitspielern) scheint mir alles gerechtfertigt.
Rezension Michael Timpe
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung City of Horror: 4,7, 3 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
10.03.13 von Michael Timpe - Zwischen 3 und 5 Punkte sind je nach Spielgruppe und Spielweise gerechtfertigt. ICh entscheide mich für die goldene Mitte. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
13.05.13 von Rene Puttin - Sehr böses Verhandlungsspiel, bei dem die Spieler entscheiden müssen, wen Sie den Zombies opfern, um selbst mit einem Heilmittel entkommen zu können. Lebt mehr von der Atmosphäre als den Mechanismen. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
15.05.13 von Michael Kahrmann - Sehr stimmungsvolle Umsetzung! Das Spiel ist allerdings nix für zartbesaitete :) |
Leserwertung City of Horror: 3.8, 6 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
15.05.13 von Maja |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
15.05.13 von xaverius - Pläne schmieden, jammern, aufhetzen, aushandeln, und dann kommt doch alles anders als geplant! |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
16.05.13 von Julius Tasler - Mit Zombies hat das Spiel eigentlich nicht viel zu tun, eher geht es darum, den Mitspielern einen reinzuwürgen und sich gegenseitig zu ärgern. Wer's mag... Wir fanden es furchtbar langweilig. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
18.08.13 von Sandra - Meine Spielerunde hat es gehasst, es gab zuviele Regelunklarheiten und unlogische Elemente in diesem Spiel, es war zäh, zog sich hin und wird voraussichtlich nie wieder geöffnet werden, hatte mir aufgrund der hübschen Aufmachung und dem Witz der Figuren mit ihren Fähigkeiten wirklich mehr versprochen.... |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
01.10.13 von The Bert - Ein recht hartes Verhandlungs(Politik?)-Spiel, das in der richtigen Besetzung große Unterhaltung bietet und thematisch sehr gut umgesetzt ist. Voraussetzung ist, daß die Spieler den Spielablauf nicht persönlich nehmen sowie Gemeinheiten planen bzw. sportlich nehmen können. Zudem sollte das Thema akzeptiert sein. Bei ungeeigneter Besetzung kann der Spielreiz ansonsten leicht auf 1-2 sinken. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
19.04.20 von Gülsüm Dural - Nach 6 Jahren degradiert auf 4 Punkte. |