Spielziel
Eine abscheuliche Mordserie erschüttert ein mittelalterliches Benediktinerkloster. Die Mönche sind außer sich und verdächtigen sich gegenseitig. Jeder, der in einem Gebäude ist, in dem er keine Aufgabe zu erfüllen hat, zieht missmutige Blicke auf sich. Pater William und sein Novize Adson sollen Licht in die Verwirrspiele der Mönche bringen, und nach sieben Tagen scheint der Fall aufgeklärt …
Ablauf
Jeder Spieler bekommt zu Beginn geheim eine Farbe zugelost, deren zugehörigen Mönch er im Spiel verkörpert. Er sollte ihn im Verlauf der Partie auf der so genannten Indizienleiste möglichst weit hinten halten. Der Spielzug eines Spielers ist schnell abgehandelt: Eine der drei Handkarten ausspielen, den Zeitstein um den angegebenen Zeitwert vorziehen, den abgebildeten Mönch in ein beliebiges Gebäude versetzen oder einen beliebiegen Mönch in das ausgespielte Gebäude ziehen. Dort wird dann noch eine kleine Aktion ausgeführt und eine Karte nachgezogen, das war es dann auch schon.
Zur Bestimmung der Aktion in dem Gebäude, in das ein Mönch gezogen wurde, liegen dort zwei Aufgabenplättchen aus, die jeweils eine Spielerfarbe sowie einen Wert zwischen zwei und sechs zeigen. Stimmt der gezogene Mönch mit der Farbe einer der beiden Plättchen überein, wird der zugehörige Stein auf der Verdachtsleiste um die abgedruckte Zahl zurückgezogen und der Spieler nimmt das Plättchen an sich. Stimmen Mönch und Farben nicht überein, geht es auf der Verdachtsleiste um die Summe der Plättchen nach vorn.
Nur die beiden neutralen Mönche, William und Adson, haben andere Funktionen: Während der Novize Adson den Stein jedes Mönches im Gebäude, in das er zieht, auf der Verdachtsleiste um fünf Felder vor- oder zurückziehen darf, hat William direkten Zugriff auf die Indizienleiste und darf die anwesenden Mönche jeweils drei Felder vor- oder zurückziehen.
Wenn der Zeitstein das 24. Feld seiner Leiste überschreitet, steht das Tagesende bevor, was dem spielerischen Rundenende entspricht. Um dieses hinauszuzögern, kann ein Spieler eingesammelte Aufgabenplättchen abgeben und muss pro Plättchen den Zeitstein um ein Feld weniger vorrücken. Denn wer einen Tag beendet, muss seinen Mönch am Ende des Spiels nochmals um zwei Felder auf der Indizienleiste vorziehen. Doch irgendwann neigt sich auch der längste Tag dem Ende entgegen, und dann wird abgerechnet: Der auf der Verdachtsleiste vordere Mönch zieht fünf Felder auf der Indizienleiste vor, die restlichen nach ihrer Reihenfolge jeweils ein Feld weniger.
Um dieses Prinzip interessanter zu gestaltet, wird zu Beginn jeder Runde ein Ereignisplättchen aufgedeckt, das die Spielregeln leicht modifiziert und meist Einfluss auf eine der beiden Leisten hat. Zudem wird dreimal im Spiel, nach dem ersten, dritten und fünften Tag, eine Enthüllung durchgeführt: Hier müssen die Spieler mittels Plättchen eine Farbe benennen, mit der sie definitiv nicht spielen. So können die Mitspieler Stück für Stück Rückschlüsse auf die wahre Identität ihrer Konkurrenten ziehen.
Nach Abschluss des sechsten Tages wird noch eine Verdachtsrunde gespielt, in der jeder Spieler die Farbe der anderen zu erraten versucht. Gelingt dies, muss der betreffende Spieler – abhängig von der Spielerzahl – 3 bis 12 Felder vorziehen. Wer nun auf der Indizienleiste am weitesten hinten liegt, hat gewonnen und gilt als unverdächtig, die Morde begangen zu haben. Ob das auch wirklich stimmt, darüber schweigt sich die Spielregel wissentlich aus …
Fazit
Der Name der Rose weckt bei vielen Spielern gleich Sympathien und damit dementsprechend hochgesteckte Erwartungen, da Thema und Ausstattung überaus gelungen und stimmig wirken. Karten, Figuren und besonders der Spielplan sind detailreich und sehr atmosphärisch gestaltet und machen Lust auf die angehende Partie. Im Spielverlauf stellt sich dann aber schnell die unpraktische Seite der Äshetik heraus: Einige Mitspieler, insbesondere jüngere, hatten Probleme, die Gebäude auf den Karten schnell wiederzufinden, was durch die altertümliche Schrift erschwert wird. Die angebotene Hilfe von kleinen aufgedruckten Symbolen wird erfahrungsgemäß nicht gern angenommen, so dass beim Suchen viel Zeit verloren geht. Auch die Unterscheidung zwischen den Karten des weißen und des grauen Mönches ist schwierig, es kam sogar einmal vor, dass ein Mitspieler lange Zeit über für die falsche Farbe gespielt hat, bevor er den Fehler bemerkte.
Leider hinkt das Spiel auch an anderen Stellen: Eine Partie dauerte regelmäßig länger als die angegebene Zeit von 75 Minuten, doch in Anbetracht dieser Spiellänge sind die Züge zu simpel, die Abwechslung fehlt. Gerade der Mittelteil, also der zweite bis fünfte Tag, verläuft zu eintönig und spannungsarm. Denn ein Großteil der Spieler hat die Tendenz, alle Mönche auf der Indizienleiste möglichst eng zusammenzuhalten, höchstens ein oder zwei Mönche preschen zeitweise nach vorn. Das führt zu einer gewissen Beliebigkeit, denn egal, was man macht, die Mitspieler werden es schon wieder irgendwie ausgleichen. Taktische Möglichkeiten werden so weitgehend zerstört und beschränken sich somit darauf, die Mitspieler möglichst im Unklaren über die eigene Identität zu lassen. Die Begrenzung auf nur drei Handkarten scheint dabei anfangs zu wenig um wirklich sinnvolle Züge zuzulassen, doch schnell wird klar, dass sich meistens doch etwas Gescheites anstellen lässt.
Die Strafe am Spielende für allzu ofensichtliches Bevorzugen eines Mönches ist zwar immens wichtig für den Spannungsverlauf, fällt aber zu drastisch aus, besonders im Spiel zu zweit oder zu dritt. Denn hier hat ein eher zufällig enttarnter Mönch kaum noch eine Chance, während Glückspilze das Spiel praktisch schon gewonnen haben.
Abhängig von der Spielerzahl spielt sich Der Name der Rose völlig unterschiedlich: Während es mit zwei Spielern relativ eintönig verläuft und sich bei halbwegs geschickten Spielern kaum Anhaltspunkte für die gegnerische Identität finden lassen, hat man zu fünft kaum Einflussmöglichkeiten - teilweise ist man nur zweimal am Tag an der Reihe; zu wenig um wirklich etwas bewirken zu können. Zu dritt oder viert spielt es sich am flüssigsten und spannendsten.
Aber Der Name der Rose hat auch seine positiven Seiten: Die Ereigniskärtchen bringen jede Menge Zündstoff ins Geschehen und lassen die Tage sehr unterschiedlich verlaufen. Oft wird hier Einfluss auf die spielentscheidende Indizienleiste gewonnen, sodass die zusätzlichen Möglichkeiten gerne genutzt werden. Dass in jeder Partie andere Kärtchen an die Reihe kommen, trägt zur Langzeitmotivation bei.
Die Enthüllungen sind jedesmal wieder spannend und geben oft überraschende Einblicke in die (Nicht-)Identität der Mitspieler. Auch die abschließende Verdachtsrunde - so drakonisch die Strafen für Entdeckungen auch sein mögen - ist in fast jeder Partie der Höhepunkt. Die Reaktionen reichen von purer Verblüffung über die unbändige Freude aufgrund eines richtigen Tipps bis hin zu kleineren Diskussionen über den Spielverlauf.
Kenner der Spieleszene dürften es schon früh gemerkt haben: Der Name der Rose hat einige Parallelen zu Wolfgang Kramers Spiel des Jahres 1986 Heimlich und Co. Gute Argumente gibt es für das eine wie für das andere: Während Stefan Felds Werk durch Atmosphäre und interessante Kniffe besticht, bietet der Klassiker einen wesentlich einfacheren Einstieg und eine kürzere Spieldauer, ohne dabei an Spannung zu verlieren. Der Name der Rose ist zu verschnörkelt und überladen, um die Spannung über die gesamte Dauer zu halten. Für einige Partien kann es zwar unterhalten, besonders bei Gelegenheitsspielern, ein Dauerbrenner ist es aber leider nicht.
Rezension Tobias Brouwer
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.