Rezension/Kritik - Online seit 31.08.2016. Dieser Artikel wurde 7641 mal aufgerufen.

Legends

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Autor: Christian Fiore
Knut Happel
Illustration: Franz Vohwinkel
Verlag: Ravensburger Verlag GmbH
Rezension: Franky Bayer
Spieler: 2 - 4
Dauer: 60 Minuten
Alter: ab 9 Jahren
Jahr: 2016
Bewertung: 3,5 3,5 H@LL9000
3,5 3,5 Leser
Ranking: Platz 5724
Download: Kurzspielregel [PDF]
Legends

Spielziel

Ja ja, typisch: die Engländer. Sie lassen keine Wette aus, müssen sich ständig etwas beweisen, sich unentwegt mit Ihresgleichen messen. Sei es im "Reform Club", wo man wettet, ob es möglich sei, in 80 Tagen um die Welt zu reisen. Sei es im "Club Antique", wo man seltene Antiquitäten und Sammelobjekte präsentiert. Oder wie im vorliegenden Fall im "Club der Abenteurer", wo die Mitglieder eine Wette abschließen, wer von ihnen in nur 75 Wochen das meiste Wissen über die sagenumwobensten Orte der Welt und ihre Legenden sammeln könne.

Ablauf

Acht verschiedenen Legenden gehen wir Abenteurer nach: der versunkenen Stadt Atlantis, dem sagenumwobenen Avalon, dem verschwundenen Bernsteinzimmer, der Bundeslade, dem mysteriösen Elefantenfriedhof, dem Grab der Nofretete, dem legendären Shangri-La und dem Yeti. Informationen zu diesen Legenden finden wir auf Legendenkarten. Die meisten Karten (je acht pro Sorte) weisen bloß ein Symbol auf, lediglich auf ein paar Karten (je drei pro Sorte) finden sich zwei Symbole. Dazu gibt es noch acht Joker, sodass wir insgesamt auf 120 Legendenkarten kommen.

Um an die Karten zu gelangen, führen wir an bestimmten Orten eine so genannte "Kartenaktion" durch. An einigen Orten können wir aus offen ausliegenden Karten wählen, an anderen Orten wiederum ziehen wir Karten vom verdeckten Nachziehstapel. Welche Karten wir an welchem Ort erhalten, ist dabei ohne Bedeutung. So sammeln wir, schmökern wir, stöbern wir, suchen und eigenen uns - Karte für Karte - Wissen über die verschiedenen Legenden an.

Alternativ können wir an den Orten aber auch etwas anderes machen, nämlich eine "Buchaktion". Sobald wir ausreichend Informationen, sprich: Karten beisammen haben, können wir unser gesammeltes Wissen in Reisetagebücher eintragen. Dabei gelten allerdings nur solche Karten, die zum entsprechenden Ort passen. So können dafür beispielsweise im Himalaya lediglich "Yeti"-Karten herangezogen werden. Je nach Anzahl der Symbole darf ein eigenes Buch auf das passende Buchfeld gestellt werden. Steht auf dem Feld bereits ein anderes Buch, wird dieses nach hinten gerückt.

Ein spezieller Ort ist der "Club der Abenteurer". Dort machen wir die Abenteurer neugierig auf die Legenden. Auf das Spiel umgemünzt bedeutet dies, dass wir verdeckt bis zu drei Karten auf das Kartenfeld legen können. Damit versuchen wir, die Wertungen zu beeinflussen, denn bloß die fünf interessantesten Legenden werden in einer Wertung berücksichtigt.

Reisen, stöbern, Reisetagebücher schreiben - das alles kostet Zeit. Daher nimmt die Zeitleiste, die am Rand des Spielplans verläuft, eine besondere Stellung ein. Jede Aktion verbraucht eine bestimmte Anzahl an Wochen, welche wir mit unserer Sanduhr-Figur auf der Zeitleiste festhalten. Für jeden Wegabschnitt zwischen zwei Orten vergeht eine Woche Zeit. Bei jeder Kartenaktion ist genau angegeben, wie viele Wochen sie benötigt. Und bei den Buchaktionen hängt der Zeitverbrauch direkt von der Anzahl der dafür abgegebenen Karten ab.

Die Zeitleiste sorgt noch für eine spezielle Zugreihenfolge. Wir sind nämlich nicht reihum im Uhrzeigersinn dran. Vielmehr ist immer der Spieler an der Reihe, dessen Sanduhr am weitesten hinten steht. Die Wertungen werden wiederum von jenem Spieler ausgelöst, der den entsprechenden Marker - eine silberne Sanduhr - auf der Zeitleiste als Letzter erreicht oder überschreitet.

Bei jeder der vier Wertungen im Laufe des Spiels werden zuerst alle im "Club der Abenteurer" abgelegten Karten gemischt. Danach werden so lange einzeln Karten aufgedeckt, bis Karten von fünf unterschiedlichen Legenden ausliegen. Nur diese Legenden werden tatsächlich gewertet, wobei hauptsächlich Punkte gemäß der dort befindlichen Reisetagebücher vergeben werden. Alle Punkte werden auf der Ansehensleiste vermerkt. Wer nach der letzten Wertung die meisten Ansehenspunkte aufweist, erweist sich als der gewiefteste Abenteurer der illustren Runde und gewinnt das Spiel.

Fazit

Die Schachtel von Legends wirkt ziemlich "retro", weshalb man sie im Laden bei all den bunten Neuheiten schnell mal übersieht. Mir gefällt dieser Stil, denn er passt recht gut zum Thema, das ja gegen Ende des 19. Jahrhunderts angesiedelt ist. Franz Vohwinkel hat das Cover im blauen Leder-Look und mit alten Weltkarten schön gestaltet. Bemerkenswert ist der Spielplan, der nicht wie üblich auseinandergefaltet, sondern aus sechs Puzzleteilen zusammengesetzt wird. Grund für diese - bei Ravensburger ungewohnte - Produktionsweise ist der nicht streng rechtwinkelige Plan, der mit seinen schiefen, unregelmäßigen Rändern und Einrissen tatsächlich wie eine alte Landkarte wirkt.

Aber nicht nur deshalb machte das Spiel in Nürnberg am Ravensburger Stand einen recht interessanten Eindruck. Die Kombination von einfacher Spielregel mit dennoch taktischem Tiefgang klang für mich vielversprechend. Die Grundregeln sind tatsächlich recht eingängig: seine Spielfigur zu einem Ort hinbewegen und dort eine von zwei möglichen Aktionen durchführen, anschließend die verbrauchte Zeit auf der Zeitleiste abschreiten. Das Spiel läuft dadurch flott und ohne nennenswerte "Downtime" ab.

Aber wie der Leser aufgrund meiner Formulierung und der Verwendung des Imperfekts schon vermuten wird, kam im Praxistest - im Spiel mit Familie und Freunden - dann doch eine kleine Enttäuschung. Nicht weil Legends im Grunde genommen ein etwas aufgemotztes Sammelspiel wäre. Die offenen Kartenauslagen an drei bestimmten Orten bieten zwar eine Kartenauswahl, dennoch ist auch Kartenglück notwendig, um die richtigen Karten zu bekommen. Diesen Glücksfaktor finde ich jedoch durchaus in Ordnung und ohne Weiteres akzeptabel.

Auch an der Art und Weise, wie die Karten eingesetzt werden, ist grundsätzlich nichts auszusetzen. Einerseits benötigt man Karten, um mit Buchaktionen Bücher an Orten einsetzen zu können, andererseits muss man aber im "Club der Abenteurer" Karten derselben Legende ablegen, damit diese auch eine Chance bekommt, überhaupt gewertet zu werden. Dieses Dilemma hat prinzipiell seinen Reiz, stellt es die Spieler doch vor knifflige Entscheidungen.

Leider erlaubt die Spielregel die Aufwertung von Büchern. Wer also an einem Ort bereits ein Buch hat, kann dieses für jedes Symbol auf den eingesetzten Karten um ein Buchfeld nach oben schieben, was auch bloß eine Woche Zeit pro Karte beansprucht. Dieser Regelpassus sorgt dafür, dass es öfters um ein Hickhack, ein ständiges Hin und Her um die punkteträchtigen Plätze auf den Buchfeldern kommt. Nachdem schon eine einzige Karte genügt, ist der Zeitaufwand gering und damit der Anreiz groß. Dies kam in unseren Runden gar nicht gut an. Meiner Meinung nach sollte das Aufwerten von Büchern überhaupt nicht gestattet sein, im Gegenzug sollte es dafür erlaubt sein, an einem Ort mehr als lediglich ein Buch einsetzen zu dürfen.

Auf die vorliegende Weise kann sich Legends durch das Gerangel auf den Buchfeldern ziemlich in die Länge ziehen, was dem Spiel die Lockerheit nimmt. Und noch etwas fällt negativ auf: Meistens ist das Spiel schon nach ein, zwei Wertungen entscheiden, denn Rückstände sind schwer aufzuholen, wenn der Führende gut aufpasst.

In unseren Partien konnte ich zwei unterschiedliche Vorgehensweisen feststellen. Die einen konzentrieren sich auf wenige Legenden und versuchen diese im "Club der Abenteurer" auch dementsprechend zu forcieren, um kräftig Punkte zu kassieren. Dabei greifen diese Spieler auch verstärkt auf die alternative Möglichkeit zurück, eine Legende in die Wertung zu bringen: Wer zuerst das nächste Wertungsfeld auf der Zeitleiste erreicht, erhält die goldene Sanduhr, mit der er sofort eine Legende markiert, welche danach - unabhängig von den Karten im Club - auf jeden Fall gewertet wird.

Andere Spieler ignorieren hingegen den Club und verteilen sich vielmehr auf mehrere Legenden, um ohne teuren Einsatz von Karten trotzdem - quasi nach dem Gießkannenprinzip - zu Siegpunkten zu kommen. Beides kann zielführend sein, wobei nach meiner Erfahrung jene Spieler einen kleinen Vorteil haben, die sich nicht auf zu viele Legenden verzetteln und somit zielorientierter agieren.

Insgesamt ist Legends deswegen nicht schlecht, sondern ein solides Spiel mit schönem Spielmaterial und durchaus interessanten Mechanismen, welche auch Gelegenheitsspieler nicht überfordern. Ich hatte jedoch nach der Nürnberger Messe höhere Erwartungen: Dass dem Spiel dank einfachem Regelwerk und trotzdem ausreichend taktischer Tiefe ein Brückenschlag zwischem anspruchsvollem und lockeren Spiel gelänge. Leider kann Legends diese Erwartungen nicht erfüllen. Zu sehr kann das Spiel - vor allem bei erfahrenen Spielern - hin- und herwogen. Und zu sehr hängt dann doch alles vom richtigen Kartenglück ab. Bei entsprechender Überarbeitung hätte aus Legends vielleicht ein richtig, richtig gutes Spiel werden können ...

Rezension Franky Bayer

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Legends: 3,5 3,5, 4 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 20.06.16 von Franky Bayer - Zeitleiste, Mechanik und Spielmaterial gefallen mir gut, aber leider hakt das Spiel an der Spannung, weil sich nach der 1. Wertung keum mehr Änderungen in der Rangfolge ergeben. Meiner Meinung nach sollte das Nachbessern nicht erlaubt sein. Daher leider nur eine 3.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 04.04.16 von Udo Kalker - Schönes Spielkonzept, bei dem man seine "Investitionen" in die Orte immer noch für die spätere Wertungsauswahl verstärken muss. Da dann die Auswahl aber doch recht zufällig ist, entscheidet dieses Wohl am Ende dann doch über den Spielgewinn. Daher nur eine 4.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 29.08.16 von Rene Puttin - Tolle Optik, eingänge und schöne Mechanismen, aber leider dann doch sehr repititiv und langweilig.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 07.09.16 von Roland Winner

Leserbewertungen

Leserwertung Legends: 3,5 3.5, 4 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 20.04.16 von Christoph Kainrath - Es kommt leider kaum Spannung auf, zumal es sehr schwieirig ist, einen Spieler, der einmal in Führung gegangen ist, wieder einzuholen.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 27.05.16 von Merkator - Wirkt sehr konstruiert. Irgendwie leblos.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 07.09.16 von Mike
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 17.10.20 von Jens Häfner - Welch Elend ist denn das hier`Leserwertung auf drei popelige Punkte heruntergewertet. Bei mittlerweile über 1000 Spieleneuheiten jedes Jahr (merkt ihrs noch...?) picken ich mir pro Jahrgang nur noch wenige heraus. Ausgelutscht und wiederholend ist so vieles, oft auch nicht zu ende gedacht. Legends ist ein sehr gutes Spiel und das merkt man in der ersten Partie. Klar, Mehrheiten, das kennen wir bereits, nichtsdestotrotz hatten die Autoren ein vernünftiges Rezept und es letztlich sehr gut gekocht. Genau die Art Spiel, die ich liebe und das es wert ist, weit mehr Menschen eine Freude zu machen!

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