Spielziel
Wer hat schon mal was von "Enigma" gehört? Okay, doch recht viele wissen über die deutsche Verschlüsselungsmaschine während des Zweiten Weltkriegs Bescheid... Und wer kennt Alan Turing? Was, so wenige? Das liegt wohl daran, dass der britische Kryptoanalytiker eine echte Koryphäe in einer so hochkomplizierten Materie war, dass diese nur wenige Menschen auch bloß ansatzweise verstehen können. Er war maßgeblich daran beteiligt, "Enigma" zu entschlüsseln und der deutschen Wehrmacht ihren Vorteil in der Nachrichtenübermittlung zu rauben, was letztendlich für den Ausgang des Krieges mitentscheidend war.
Alan Turing arbeitete aber auch theoretisch an der frühen Computerentwicklung. Sein Lochkarten-System haben die beiden Spieleautoren Fabien Gridel und Yoann Levet inspiriert, ein Logik-Spiel zu ersinnen, bei dem Lochkarten für die Bestimmung der Richtigkeit von Aussagen verwendet werden. Wer durch Kombinationsgabe und logisches Denken zuerst einen dreistelligen Geheimcode eruiert, gewinnt die Partie.
Ablauf
Zuerst einmal muss eine Aufgabe gewählt werden. Die Spielregel bietet 20 Aufgaben mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad, unzählige weitere Herausforderungen können auf einer eigenen Website (mit QR-Code abrufbar) erstellt werden. Die Aufgabe gibt an, wie viele und welche Prüfkarten dafür verwendet werden, und welche Ergebniskarte zu jeder Prüfkarte gehört.
Die Lochkarten (mit den Werten 1 bis 5 in jeder der drei Farben blau, gelb und violett) werden ordentlich in den Lochkartenhalter sortiert und bereitgelegt. Schließlich erhält jeder von uns noch ein Notizblatt, welches wir hinter unserem Sichtschirm verbergen. Und dann kann's schon losgehen!
Eine Partie geht über mehrere Runden. In jeder Runde wählen wir eine dreistellige Zahlenkombination und nehmen die entsprechenden Lochkarten aus dem Lochkartenhalter. Mit dieser Kombination können wir dann bis zu 3 Tests durchführen. Wir nehmen eine beliebige Prüfkarte und halten sie hinter die Lochkarten. Durch das (einzige) Loch erblicken wir entweder ein rotes Kreuz (= nein) oder einen grünen Haken (= ja). Dies zeigt uns an, ob unsere Zahlenkombination den Beschreibungen der Prüfkarte entspricht oder nicht.
Das Ergebnis notieren wir auf unserem Notizblatt und ziehen daraus unsere Schlüsse. Am Ende der Runde entscheiden wir - gleichzeitig per Daumenzeichen -, ob wir die Lösung gefunden haben oder nicht. Zeigen alle Daumen nach unten, ist sich noch niemand sicher, und es wird eine weitere Runde gespielt. Glauben wir jedoch, die Lösung gefunden zu haben, überprüfen wir geheim die Richtigkeit unserer Vermutung, indem wir alle Prüfkarten der Reihe nach durchgehen. Zeigen alle Tests einen grünen Haken, stimmt unsere Lösung und wir haben gewonnen. Ansonsten scheiden wir aus, und die Mitspieler setzen die Partie fort.
Fazit
Turing Machine ist also eines jener Spiele, bei dem die Spieler gefordert sind, einen Code - in diesem Falle eine dreistellige Zahlenkombination - zu knacken. Dafür braucht man logisches Denken, Deduktion und Kombinationsgabe. Es sind zwar "bloß" drei unbekannte Zahlen, und der Zahlenrahmen ist ebenfalls stark eingeschränkt (es gibt nur jeweils die Zahlen von 1 bis 5), weshalb gerade mal 125 Kombinationen möglich sind. Je nach Schwierigkeitsgrad der Prüfkarten kann die Aufgabe dennoch von ziemlich leicht bis äußerst knifflig rangieren.
Um die Lösung zu finden, führen die Spieler "Tests" durch, indem sie frei gewählte Zahlenkombinationen mit den Ergebniskarten verbinden, welche an den Prüfkarten anliegen. Hier gilt es aufzupassen, dass man die Karten nach durchgeführtem Test wieder zur richtigen Prüfkarte zurücklegt. Am besten, man kreuzt vorweg auf jeder Ergebniskarte mit dem abwischbaren Stift den Buchstaben der entsprechenden Prüfkarte an.
Ungewohnt und für manche Spieler verwirrend ist die Tatsache, dass die Antwort eines Tests (ja oder nein) in den meisten Fällen noch wenig über den konkreten Wert einer Zahl aussagt. Erfahre ich zum Beispiel durch einen grünen Haken, dass der Wert der blauen Zahl geringer als 3 ist, heißt das noch lange nicht, dass der von mir dafür eingestellte Wert (beispielsweise eine "1") auch tatsächlich richtig wäre. Es könnte theoretisch nämlich auch eine "2" sein. Es ist wichtig, dass alle Mitspieler darüber Bescheid wissen, dass nur die gewählte Zahlenkombination mit den Bedingungen einer Prüfkarte verglichen wird.
Das Ergebnis notiert man geheim auf seinem Notizblatt. Die Mitspieler dürfen zwar wissen, welche Zahlenkombination man gewählt hat und welcher Test damit durchgeführt werden, die Ergebnisse sind aber nur für den Spieler selbst einsichtig. Beim Notieren gilt es, für sich selbst ein System zu finden, um die Aufzeichnungen übersichtlich und unmissverständlich zu gestalten, damit möglichst genaue Rückschlüsse gezogen werden können.
Um die Aufgabe zu lösen, muss man dann spekulieren, kombinieren, ausschließen, rückschließen, kurzum die ganze Palette für Logikrätsel anwenden. Man sollte auch unbedingt die beiden wichtigen Grundsätze von Turing Machine berücksichtigen: 1. Es gibt nur eine einzige richtige Lösung, weshalb man schon beim Raten alle Kombinationen ausschließen kann, welche mehrere Möglichkeiten zulassen. 2. Jede Prüfkarte wird benötigt. So kann etwa bei einer Prüfkarte, welche die Anzahl an 3ern in der Zahlenkombination prüft, die Antwort gar nicht "3" lauten. Das würde ja bedeuten, dass man mit dieser Prüfkarte allein bereits die richtige Lösung gefunden hätte und keine weitere bräuchte.
Die allerersten Aufgaben sind kinderleicht, sodass man spätestens in der 2. Runde die Lösung kennen sollte. Viele Prüfkarten der einfachen Aufgaben bieten nur zwei Möglichkeiten, so kann die Summe aller drei Zahlen nur entweder gerade oder ungerade sein. So einen Test muss man also auf jeden Fall nur ein einziges Mal durchführen. Andere Prüfkarten weisen 3 Möglichkeiten auf. Hierbei spielt das Glück eine gewisse Rolle, ob man mit dem ersten Test schon ein positives Ergebnis hat, oder ob man noch einen zweiten Test benötigt.
Bei den Aufgaben der mittleren und höheren Schwierigkeitsstufe steigt nicht nur die Anzahl der Prüfkarten auf bis zu 6 Stück. Auch die Prüfkarten erweisen sich als wesentlich herausfordernder. Einige Prüfkarten bieten sogar 9 Optionen an. Bei diesen muss man beachten, dass man nicht von vorneherein weiß, WAS der "Computer" da genau prüft, sodass es mehrere Versuche braucht, um ein aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten.
Die Wahl der Zahlenkombination wirkt nur zu Beginn etwas beliebig. Mit zunehmender Erfahrung bekommt man ein Gespür dafür, welche Lochkarten sinnvolle Informationen liefern könnten, und welche eher nicht. So kann man schon beim Lesen der Prüfkarten gewisse Schwerpunkte setzen, bestimmte Konstellationen prüfen. Im Laufe der Partie lassen sich dann immer mehr Möglichkeiten ausschließen.
Die 20 in der Spielanleitung abgedruckten Rätsel sind schnell mal durchgespielt, auch dank der kurzen Spieldauer von höchstens 20 Minuten. Doch keine Angst, es gibt Millionen weitere Aufgaben auf der Website, welche per QR-Code abrufbar ist. Dabei lassen sich nicht nur der Schwierigkeitsgrad (von leicht bis schwer) und die Anzahl der Prüfkarten (4 bis 6) problemlos einstellen, auch das Handling ist unkompliziert.
Die Website bietet darüberhinaus noch zwei anspruchsvollere Spielmodi. Im Modus "Extrem" liegen an jedem Test 2 Prüfkarten aus, von denen jedoch nur eine gültig ist, die es herauszufinden gilt. Und im Modus "Albtraum" sind die Prüfkarten nicht den Tests zugeordnet. Meiner Meinung nach ist die zu viel des "Guten". Ich persönlich begnüge mich mit dem Grundspiel (hier "Classic" genannt), dabei kann es aber ruhig die höchste Stufe sein.
Auch wenn mir Turing Machine außerordentlich gut gefällt, ist mir doch bewusst - und habe ich auch schon in einigen Spielgruppen erlebt -, dass nicht alle mit diesem kompetitiven, auf Logik aufgebauten Rätsel-Deduktionsspiel zurechtkommen. Es polarisiert sogar regelrecht, denn wer diese Art von Spielen liebt, der ist von Turing Machine begeistert, bei den anderen stößt es hingegen auf blanke Ablehnung. Bevor man sich das Spiel zulegt, sollte man daher unbedingt eine Probepartie machen.

Das Spielmaterial ist ordentlich, die verwendete Symbolik klar verständlich. Die Lochkarten haben in einem praktischen Lochkartenhalter Platz. Nur das Computer-Tableau finde ich suboptimal, denn manche der rundherum angeordneten Prüfkarten liegen dadurch verkehrt herum. Ich bevorzuge, die Prüfkarten in einer Reihe am Rande des Spieltisches für alle Spieler lesbar auszulegen.
Generell fasziniert mich die Art und Weise, wie man mittels Lochkarten Informationen und Hinweise erhält. Dass sogar die Spieleschachtel Löcher und Aussparungen aufweist, zeugt von Konsequenz, ein interessantes und amüsantes Detail, welches ein bisschen zum analogen Charme des Spiels beiträgt. Von mir erhält Turing Machine ganz klar ein "Daumen hoch!".
Rezension Franky Bayer
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.