Rezension/Kritik - Online seit 20.12.2024. Dieser Artikel wurde 933 mal aufgerufen.
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3 Ring Circus - Dies war eine Form des Zirkus, welche Ende des 19. Jahrhunderts in den USA groß in Mode war, und bei dem in drei Manegen gleichzeitig Vorführungen stattfanden. Auf "Wikipedia" habe ich auch noch einen Film gleichen Namens mit Dean Martin und Jerry Lewis aus dem Jahre 1954 gefunden, sowie einen Songtitel von Blue Magic, veröffentlicht 1974.
Das gleichnamige Spiel weist neben dem thematischen aber auch noch einen anderen Bezug auf. "3 Ring Circus" beschreibt nämlich eine Situation von völliger Konfusion, wenn etwa zur selben Zeit das Baby schreit, der Hund bellt, beide Telefon läuten und jemand an der Haustür klingelt. Auch im Spiel müssen wir - wie in einem "Drei Manegen Zirkus" - simultan auf mehrere Dinge achten, um schlussendlich durch gelungene Vorführungen die meisten Siegpunkte zu erzielen.
Der Spielplan zeigt den Nordosten der USA. Eingeteilt in 5 Regionen zwischen den Städten bewegen wir unseren Zirkustross, dargestellt durch einen Zirkuswagen, um Vorführungen zu geben.
Unser kleiner Wanderzirkus fängt aber komischerweise fast bei Null an, denn bis auf ein Zirkustableau, einen Zirkuswagen und ein paar Karten (vornehmlich Geldkarten) besitzen wir zu Beginn gar nichts. Ohne Künstler jedoch kein Publikum, ohne Publikum kein Ruhm. Kein Wunder, dass unser erster Spielzug darin besteht, die erste von zwei Aktionsmöglichkeiten zu nutzen, nämlich einen Artisten zu engagieren.
A. Einen Artisten einstellen.
Alle Artisten kommen auf Spielkarten vor, ungefähr zu gleichen Teilen auf Geldkarten und auf Ticketkarten. Auf den Geldkarten finden wir einfache Artisten (Werte von 1 bis 4), wie Clowns, Haustiere, Magier und Reiter, erkennbar am Symbol rechts oben. Im Ticketkarten-Stapel befinden sich hingegen attraktivere Artisten, wie größere Tiere, Akrobaten und besondere Künstler. Die Farbe des Banners gibt ihre Kategorie an, außerdem tragen sie Werte von 5 bis 16.
Wollen wir eine Artisten-Karte ausspielen, zahlen wir zuerst die damit verbundenen Kosten und legen sie in eine der drei Manegen (Reihen) unseres Tableaus. Die Karte wird dabei so in die Kartenreihe eingeordnet, dass ihre Werte unbedingt eine aufsteigende Reihenfolge ergeben. Die Kosten richten sich nach ihren Werten, wobei sie allerdings durch bereits liegende Karten in der entsprechenden Reihe reduziert werden können (allerdings nicht unter 0).
Manchmal erhalten wir beim Legen einen Platzierungsbonus, angegeben durch Symbole auf unserem Tableau, beispielsweise eine Gratiskarte von einem der verdeckten Stapel. Andere Symbole verschaffen uns "Reisen"-Symbole, "Geld"-Symbole oder "Podeste", was sich positiv auf spätere Vorführungen auswirkt. Und damit sind wir schon bei der zweiten Aktionsmöglichkeit:
B. Eine Vorstellung geben.
Dies passiert in drei Schritten. Zuerst reisen wir mit unserem Zirkuswagen in eine andere Stadt. Die maximale Anzahl an Schritten entspricht dabei der Anzahl an sichtbaren Reise-Symbolen auf unserem Zirkus-Tableau. Am Zielort geben wir dann eine Vorführung. In allen Städten erhalten wir Einnahmen in Höhe der sichtbaren Geld-Symbole, indem wir dementsprechend viele Geldkarten vom Stapel ziehen.
Die weiteren Vorteile richten sich dann allerdings je nach Art der Stadt. In Kleinstädten bekommen wir weitere Einnahmen, die umso höher ausfallen, je mehr Städte ohne bisherige Vorführung sich in direkter Nachbarschaft befinden. In Großstädten versuchen wir, so viele Ruhmespunkte wie möglich zu markieren, wofür die Anzahl unserer Podeste ausschlaggebend ist. 2 weitere Podeste werden uns angerechnet, wenn wir den dort bevorzugten Artistentypen in unserer Truppe vorweisen können. Als Belohnung winken zudem direkte Ruhmespunkte oder Ticketkarten.
Die Ticketkarten sind wichtig, um die Vorgaben der Metropolen erfüllen zu können. Um in diesen großen Zentren nämlich punkten zu können, brauchen wir einen spezifischen, durch eine Metropolen-Karte definierten Artisten, beispielsweise die Seiltänzerin (violett) mit dem Wert 9. Zusätzliche Ruhmespunkte erhalten wir zudem, wenn vor und nach diesem Artisten bestimmte Artisten dran waren, sich in seiner Manegenreihe also rechts bzw. links davon befinden. Im Idealfall können wir auf diese Weise mit einer einzigen Vorstellung 18 Punkte erzielen.
Unabhängig davon, wo wir unsere Vorführung abgehalten haben, ziehen wir anschließend den Barnum-Wagen 1 Schritt gegen den Uhrzeigersinn entlang der äußeren Route des Spielplans voran, wobei er alle besetzten Kleinstädte überspringt. Dieser unliebsame Konkurrent löst eine Rundenwertung in einer Region aus, sobald er die dazugehörige Metropole erreicht. Diese kann uns Ruhmespunkte im Vergleich unserer Zelte mit jenen unserer Mitspieler bescheren.
Der Barnum-Wagen bestimmt gleichzeitig auch das Spielende, denn sobald er eine komplette Tour gefahren und wieder in seiner Ausgangsmetropole angekommen ist, endet nach der entsprechenden Rundenwertung die Partie. In einer Schlusswertung erhalten wir schließlich noch Punkte für unsere ausliegenden Artisten (Ticketkarten), sowie für erfüllte Wertungskarten auf unserem Zirkus-Tableau. Erzielen wir insgesamt die meisten Ruhmespunkte, ist uns tosender Applaus gewiss.
Wenn man die Bezeichnung "3 Ring Circus" als ein Synonym für einen Tanz auf zwei Hochzeiten, für Multitasking auf verschiedenen Ebenen interpretiert, passt dies zu den multiplen Anforderungen der diesjährigen Kosmos-Neuheit perfekt. Es gibt einige Aspekte zu beachten, und auch die Wege zum Sieg sind durch die unterschiedlichen Möglichkeiten, an Ruhmespunkte zu gelangen, vielfältig.
Das Dilemma fängt schon bei der Wahl des Ortes für die nächste Vorstellung an. Kleinstädte sind nicht gerade lukrativ, spülen dafür ein bisschen Bares in Form von Geldkarten in die Kasse. Umso mehr, je mehr noch nicht besuchte Kleinstädte in direkter Nachbarschaft liegen. Obwohl Kleinstädte selbst keine direkten Ruhmespunkte bringen, sind sie doch nicht zu vernachlässigen, werden sie doch bei einer Rundenwertung mitgezählt.
Auch für Großstädte ist die Zusammenstellung der Zirkustruppe nicht so wichtig. Für die Podestplätze, welche über die Belohnung entscheiden, ist es bloß hilfreich, den dort bevorzugten Artistentypen vorweisen zu können. Als Belohnung winken ja Ruhmespunkte oder Ticketkarten. Letztere sind es, die wir für Vorführungen in Metropolen benötigen, um dort massiv Ruhmespunkte einsacken zu können.
In den Metropolen dagegen kommt der Zusammenstellung unserer Zirkustruppe eine wichtige Rolle zu und die Anforderungen sind noch wesentlich komplexer. denn nun brauchen wir einen ganz bestimmten Artisten, sowohl in Farbe als auch Wert. Zudem gibt es Extrapunkte, wenn in der entsprechenden Kartenreihe davor eine bestimmte Kategorie (Tier, Akrobat oder besonderer Künstler), und danach eine andere Kategorie an Künstlern auftritt. Zusammen mit diversen Boni und Effekten auf den Karten selbst ergibt dies eine sehr herausfordernde Aufgabe, unsere drei Kartenreihen möglichst effektiv zu gestalten.
Und als ob wir nicht schon genug mit der Optimierung unserer Manegenreihen und unserer Aktionen zu tun hätten, spielt die Interaktion mit unseren Mitspielern ebenfalls eine wichtige Rolle. Dies fängt schon bei den freien Kleinstädten an, wo wir uns um die besten Orte streiten. In den Großstädten geht's weiter, da wir uns ja auch dort die besten Plätze sichern wollen. In Metropolen erhalten wir Bonuspunkte, wenn wir dort früher als unsere Konkurrenten aktiv sind. Bei den Rundenwertungen kommt es auf die Mehrheiten in den Regionen an. Und schließlich kommen wir uns auch beim Kartennachschub stets in die Quere, da die Kartenauslage offen ist, und so mancher Artist begehrter ist als die anderen.
Schließlich gibt es noch einen Aspekt, der ebenfalls unsere grauen Zellen beschäftigt: Die Wertungskarten. Eine Wertungskarte haben wir bereits zu Spielbeginn auf unserer Hand, zwei weitere erhalten wir als Soforteffekt von Feldern unseres Zirkus-Tableaus. Ausspielen - und somit für die Schlusswertung gültig - können wir eine Wertungskarte immer dann, wenn wir eine Spalte unseres Tableaus vollenden. Je nachdem, wie gut wir eine solche Karte erfüllen, bringt sie uns am Ende 5, 7 oder 10 Ruhmespunkte ein.
Die Kriterien für eine Wertungskarte können die Anzahl an Zelten in der angegebenen Region sein, die Anzahl an Podesten oder einer bestimmten Artistenkategorie auf unserem Tableau, die Anzahl an Metropolen, in denen wir eine Vorstellung geben konnten, u. ä. Zwar können wir unsere Strategie - besonders bei der anfangs zugeteilten Wertungskarte - ein wenig an deren Anforderungen richten, für jene Karten, die wir später erhalten, brauchen wir aber auch etwas Glück.
Es gibt also mehrere Möglichkeiten, an Ruhmespunkte zu gelangen. Die Kunst besteht darin, alles möglichst gut unter einen Hut zu bringen. Die Metropolen belohnen uns stark, wenn die Reihenfolge der Artisten stimmt, die Ticketkarten weisen zwar fixe Punkte auf, es gibt aber noch Extrapunkte, wenn vorher oder nachher eine bestimmte Art von Artist auftritt. Und auch die Wertungskarten gilt es nicht nur freizuschalten, sondern auch deren Vorgaben zu erfüllen.
Daneben kommt es auch sehr auf das richtige Timing an. Der "Barnum"-Wagen rückt gnadenlos vor, die Zeit ist knapp. So müssen wir unsere Aktionen geschickt planen. Welche Artisten sammeln wir, und wann? Wann geben wir Vorstellungen, und vor allem in welchen Städten? Da raucht uns schon manchmal der Kopf, fürwahr ein richtiger "3 Ring Circus"!
Für unterschiedliche Spielerzahlen finden wir übrigens noch - leider leicht verrutschende - Spielplan-Auflagen in der Schachtel. Auf diese Weise sind zu dritt bloß 4 Regionen im Spiel, zu zweit sogar nur 3 Regionen. Dies gewährleistet ausreichend Konkurrenzkampf, sowie eine ungefähr gleiche Anzahl an Spielzügen in jeder Partie. Das Spielgefühl bleibt somit jeder Besetzung ziemlich gleich.
Die Spielregel bietet zudem ein Solo-Spiel an, welches sich - wie so oft - Solo-Speziast Dávid Turczi erdacht hat: "Das Große Automa-Spektakel". Hierbei simulieren Automa-Karten die Züge eines "Dummies". Obwohl hier drei Schwierigkeitsgrade geboten werden und das Ganze auch recht gut funktioniert, bin ich kein Freund dieser kartengesteuerten Gegner. Ich habe daher auch lediglich zwei Solo-Partien gespielt, die mich nicht überzeugen konnten, weil es meiner Meinung nach zu mechanisch abläuft und somit keinen Ersatz für ein "richtiges" Spiel darstellt.
Zusammenfassend betrachte ich 3 Ring Circus als ein mittleres Kennerspiel mit interessanten Mechanismen und vielen kniffligen Dilemmata, welches glücklicherweise nicht in Grübelorgien ausartet und daher auch mit einer Spieldauer von etwa 90 Minuten in einem recht angenehmen Bereich liegt.
Noch ein paar Worte zum Thema Zirkus. Im Spiel kommen heutzutage so verpönte Vorführungen, wie dressierte Tiere vor. Auch wenn ich solche Praktiken ebenfalls nicht gutheiße, gehört dies nun mal zu einem Spiel, welches gegen Ende des 19. Jahrhunderts spielt, einfach dazu. In der Spielanleitung wird explizit darauf hingewiesen, was ich auch befürworte, denn nur mit bewusster Auseinandersetzung mit so einer heiklen Thematik, und nicht mit Ignorieren ("cancel culture") lassen sich Fehler in der Zukunft vermeiden.
Rezension Franky Bayer
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung 3 Ring Circus: 3,5, 2 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
20.11.24 von Franky Bayer - Kartenspiel mit einigen verzwickten Wertungsebenen, das aber doch einen gewissen Glücksfaktor aufweist. Solide 4. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
07.09.24 von Michael Andersch - Puh...funktioniert einwandfrei, ist aber gar nicht mein Fall. Geht bei der Grafik los, alles wirkt auch insgesamt so kleinteilig. Nur wenig Interaktion im Spiel, weswegen ich insgesamt sage: Kann man spielen, aber ich sehe keinen Grund, es unbedingt auf den Tisch bringen zu müssen. |
Leserwertung 3 Ring Circus: 4.7, 3 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
02.09.24 von Rebhagemann - Das Kennerspiel von Devir Games kommt wieder in einer angenehm kompakten Schachtel und mit schönem Spielmaterial. Es geht in erster Linie darum, gute Kartenkombinationen auf dem eigenen Tableau zu erzielen. Um die notwendigen Ressourcen zu erhalten, muss man reisen und in verschiedenen Städten Aufführungen machen. Die Anzahl der Aufführungen entscheidet darüber, wie schnell es zu einer Gebietswertung (Mehrheit an Zelten) kommt und auch das Spielende heranrückt. Viele Punkte erzielt man über Auftritte in Metropolen. Hierzu muss man aber die notwendigen Attraktionen erst einmal auf die Hand und dann auf das Tableau bekommen. Es ist ein solides Spiel, das meinen Geschmack trifft. Die Spielanleitung macht den Einstieg leider unnötig kompliziert. Bei weniger als 4 Spielern gibt es Aufleger für den Spielplan, die leicht verrutschen. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
13.09.24 von Hans Huehnchen - 3 Ring Circus gefällt mir grundsätzlich gut, etwas mehr Einfluss bei der Kartenwahl wäre wünschenswert gewesen. So ist es manchmal schieres Glück, ob man für eine Wertung eine dringend benötigte Karte bekommt oder nicht. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
14.10.24 von Kichererbse - 3 Ring Circus ist ein Kennerspiel ab 12 Jahren für 1-4 Spieler und dauert etwa 60-90 Minuten. Worum geht es? 3 Ring Circus entführt dich in die faszinierende Welt des Zirkus! Tauche ein in eine bunte und magische Atmosphäre, während du deine strategischen Fähigkeiten unter Beweis stellst. Übernimm die Rolle eines Zirkusdirektors und stell die beste Show des Landes zusammen, indem du talentierte Artisten rekrutierst, die richtigen Städte anfährst und das Publikum begeisterst. Mit jedem Zug musst du clevere Entscheidungen treffen, um deine Konkurrenten zu übertrumpfen und zum erfolgreichsten Zirkus der Vereinigten Staaten zu werden. Fazit: Das Spiel bietet großen Spielspaß und ist ein absolutes Must-Have für alle Brettspiel-Enthusiasten, die Kartenglück ertragen können. Dennoch kann man seine Spielzüge gut planen. Die Gestaltung der Karten und des Spielmaterials (z.B. die Zirkuszelte) motivieren zu spielen und erhöhen unseren Wiederspielreiz. Auch die Regeln sind verständlich. Insgesamt ein sehr empfehlenswertes Spiel und daher ganz klar Daumen hoch!👍😃 |