Rezension/Kritik - Online seit 29.05.2021. Dieser Artikel wurde 5401 mal aufgerufen.
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… wirklich perfekt?
Vielleicht muss ich einfach etwas gestehen: ich mag die Spiele von Wolfgang Warsch – ich fand The Mind toll, Die Quacksalber von Quedlinburg und Die Tavernen im Tiefen Thal waren für mich Highlights bei unseren Spielwochenenden, und Ganz schön Clever und Doppelt so clever sind die Spiele bei uns zu Hause regelmäßig auf dem Tisch kommen – wahrscheinlich in fast jeder Woche! Aber irgendwie hat mich das neue Warsch-Spiel überhaupt nicht angefixt, bei unseren Spielrunden gab es kaum Lust für einen weiteren Durchgang. Eigentlich ist es doch so: das Material ist sehr gut, die Regeln sind einfach und schnell zu erklären und die Spielidee ist OK. Aber warum hat es mir nicht gefallen?
Das Spielmaterial hat eine ausgezeichnete Qualität, der Hauptspielmechanismus ist eine Art Tachometer, bestehend aus einer beweglichen Scheibe, einer Abdeckung und einem Zeiger. In der Schachtel sind zwei Punkteleisten, in die je ein Marker eingesteckt wird. Dazu gibt es 90 Karten, auf denen je Seite 2 Gegensätze aufgeschrieben sind, z.B. „zwanglos / förmlich“ oder „leer / voll“. Zusätzlich liegen noch ein Marker und eine kurze Spielregel dabei – das war es!
Die Regel ist wirklich in wenigen Sätzen zu beschreiben: Aufgabe ist es, Punkte in einem Zielbereich einer Scheibe zu treffen. Diese bewegliche Scheibe ist mit einem Schieber verdeckt, der Zielbereich ist markiert durch 5 farbige Segmente (gelb, rot, blau, rot, gelb) und hat verschiedene Punktwerte (2, 3, 4, 3, 2). Der Zielbereich soll bei geschlossenem Schieber mit einem Zeiger markiert werden, das sieht wirklich ähnlich aus wie ein Tacho im Auto. Das Spiel wird in 2 Teams gespielt. Nur der Tippgeber, der vor einer Runde von seinem Team bestimmt wird, weiß, wo sich der Zielbereich befindet. Er hat folgende Aufgaben: Er schließt die Abdeckung – Er dreht das Rad zufällig – Er zieht eine Karte und steckt sie in den Schlitz vor dem „Tacho“ – Er öffnet die Abdeckung und guckt, wo der Zielbereich ist – Er sagt einen Hinweis, wo der Zielbereich liegt.
Dieser Hinweis soll aus einem kurzen Satz oder einem Wort bestehen. Hier ein Beispiel: auf der Karte steht auf der linken Seite der Begriff „Großes Tier“ und auf der rechten Seite „Kleines Tier“. Hier wäre der Hinweis „ Elefant“ sinnvoll, wenn der Zielbereich wohl in der linken Seite der Drehscheibe liegt – der Elefant ist ja eben ein großes Tier. Jetzt soll das Team diskutieren und danach den Zeiger auf der Drehscheibe markieren. Das andere Team darf jetzt kurz entscheiden, ob sich das Zentrum des Zielbereiches (das blaue Segment) weiter rechts oder weiter links vom Zeiger befindet und platziert dazu einen Ratemarker auf der linken bzw. rechten Seite der Karte. Jetzt öffnet der Tippgeber die Abdeckung und zeigt beiden Teams die Position des Zielbereichs, danach werden die Punkte ermittelt. Die Teams wechseln sich ab und in jeder Runde gibt es einen neuen Tippgeber; sobald ein Team 10 oder mehr Punkte erreicht, ist das Spiel beendet.
Diese kurze Regel – es gibt noch einen kooperativen Modus für kleinere Gruppen von 2–5 Personen – ist keine große Hürde, selbst ungeübte Spieler sind sicher nicht überfordert.
Aber warum bin ich über dieses Spiel nicht richtig froh? Liegt es vielleicht daran, dass man bei Perfect Match sehr oft lange überlegen muss, z. B. wenn der Tippgeber irgendwie keinen Einfall hat, was er seinem Team sagen kann? Oder ist es doch mehr ein banales Partyspiel ohne prickelnde Spannung bzw. ohne großen Spaß? Ich weiß, dass offensichtlich andere Gruppen hier vergnügliche Erlebnisse haben, aber in unseren Runden gab es kaum tolles Feedback. Die Rückmeldungen waren nicht so schlecht, dass man das Spiel in Bausch und Bogen verdammen würde, aber wenn man ein Spiel als „irgendwie nett“ bezeichnet, ist leider auch kein Pokal mit ihm zu gewinnen. Bei uns sind offensichtlich andere Spiele die „Highlights“, und wenn ich z. B. Codenames oder Just One immer wieder in verschiedenen Runden spielen lasse, sind Spielspaß und Widerspielreiz eher größer. Die Spielidee bei Perfect Match ist originell – aber leider ist diese Idee nicht über mehrere Spielrunden tragbar. Ist es ein Partyspiel, ist es ein Kommunikationsspiel oder vielleicht auch ein Quiz – es ist von allem etwas und das ist möglicherweise das Problem. Ach so, als dieses Game bei Kickstarter lief (und mehr als 300.000 $ einbrachte!) hieß es noch „Wavelength“ – ein sehr passender Titel. Und dieser Name steht immer noch auf der Rückseite des „Tachos“, da hat wohl die Qualitätskontrolle nicht so richtig nachgeguckt….
Rezension Michael Schramm
In Kooperation mit der Spielezeitschrift
H@LL9000 Wertung Perfect Match / Wavelength: 4,0, 2 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
09.05.21 von Michael Schramm |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
30.01.20 von Udo Kalker - Das psychodelische Cover schreckt zunächst eher ab, hat aber doch irgendwie was. Dieses Spiel braucht nicht viel Material außer dem großen Kunststoffrad zum Einstellen der Ziel-Range und die Karten für das aktuelle Thema der Runde. Da ist es auch egal, ob die Begriffe in Deutsch oder Englisch sind - ich habe die englische Version gespielt. Tolle Spielidee, neben der nüchternen absoluten Abschätzung diese in Einklang mit der Befindlichkeit und dem Weltwissen des aktiven Spielers zu bringen. Leider fehlt dem Ganzen aber ein bisschen der Spannungsbogen, denn während das eigene Team noch rät hat das andere Team nicht so richtig viel zu tun bis es dann selbst auf weiter links oder rechts tippt. Auch glaube ich, dass sich das Spiel recht schnell vom Spielreiz abnutzen wird, wenn man mal alle Kategorien durchgespielt hat und dann wieder gleiche oder ähnlich Begriffsideen auftauchen. Mit den 10 Siegpunkten war unsere Runde gefühlt viel zu schnell durch, wenn man öfter mal 3 oder 4 Punkte macht, wo dann auch immer mal wieder der nur locker eingesteckte Punktemarker aus der Packung rausgeflogen ist. Ich schwanke mal wieder zwischen der 4er und 5er Bewertung und vergebe eine hauchdünne 5. |
Leserwertung Perfect Match / Wavelength: 4.0, 1 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
04.09.23 von Peter Steinert - Aus der Idee zu diesem Spiel hätte man noch etwas mehr machen können. Reizvoll ist, dass Perfect Match schon in kleinen Runden mit der kooperativen Variante gut funktioniert, während es in größerem Kreis als Teamspiel unterhält. Diese Varianz ist toll, doch sind die Wartezeiten für das passive Team mitunter zu lang. Das Material ist trotz des zentralen Spielrades sehr nüchtern geraten, die Menge der Spielkarten finden wir viel zu klein, und einige wenige Karten enthalten leider nicht treffend formulierte Gegensätze wie zum Beispiel "Dreirad - Rolls Royce". Ein wahres Highlight im negativen Sinne ist hier die Karte "wunderschön - niedlich", welche sich nur zum Aussortieren eignet. Insgesamt aber trotzdem ein empfehlenswertes, unaufgeregtes Spiel für jede Generation, das sich praktisch genauso gut anfühlt wie "Just One" und sogar etwas mehr Tiefgang zu bieten hat. |