Spielziel
Schlussakkord! Der schwere rote Vorhang fällt - erst zögerlich, dann immer stärker anschwellend braust der Applaus des geneigten Publikums auf. Man hört Bravo-Rufe und Da Capo! Endlich! Der Vorhang bewegt sich und wird wieder aufgezogen - die Darsteller verneigen sich.
Wir sind in der Welt der Oper(a), aber ob wir im Spiel dieselben Erfolge haben werden wie oben beschrieben, wird sich noch zeigen.
Ablauf
In Opera stellen die Spieler adlige Gönner der Oper dar und errichten in einigen Städten Europas immer neue Opernhäuser, bauen diese aus und stellen Komponisten ein, um immer mehr Zuschauer anzulocken. Dabei sichern sie sich die Unterstützung von sechs verschiedenen Charakteren aus der Opernwelt, um mit ihnen Vorteile gegenüber ihren Konkurrenten zu erhalten. Doch letzlich liegt ihnen nicht die Kunst am Herzen, sondern es ist ihnen an den Einnahmen aus den Aufführungen gelegen. Denn ohne Geld läuft fast nichts in diesem Spiel. Geld wird in neue Opernhäuser oder Opernsäle investiert sowie in die Einstellung von neuen Komponisten. Dreimal wird im Spiel eine Wertungsrunde durchgeführt und das bisher Erreichte mit Siegpunkten bewertet. Wer nach der dritten Wertungsrunde am meisten Siegpunkte besitzt, hat das Spiel gewonnen.
Das Spiel läuft über neun Runden und jede Runde ist in vier stets gleiche Phasen unterteilt. Nach der dritten, sechsten und neunten Runde wird eine Wertung durchgeführt. Die Phasen sind wie folgt:
- Budget festlegen: Die Spieler nehmen geheim eine bestimmte Summe Geld in die Faust und nach dem Aufdecken verstellen die Spieler gemäß ihren Einsätzen die Marker auf dem Budgettableau des Spielbretts. Damit wird auch gleich der Startspieler ermittelt: jener Spieler, der auf dem Tableau am weitesten oben steht.
- Charakter auswählen und Aktion ausführen: jetzt wählt der Spieler, der momentan auf dem Budgettableau am weitesten oben steht, zuerst einen der sechs zur Verfügung stehenden Charaktere, womit er gleichzeitig eine Aktion ausgelöst, die entweder nur für ihn oder für alle Spieler gilt. Allerdings muss der Spieler den Charakter von seinem Budget bezahlen, d. h. der Spieler muss seinen Budgetmarker auf dem Tableau entsprechend nach unten bewegen, wodurch er unter Umständen die Initiative verliert, weil dann ein anderer Spieler auf dem Tableau am weitesten oben steht und dann als Nächstes an die Reihe käme.
Die Charaktere Impresario, Architetto oder der Signora dürfen nach dem Zugspieler auch die Mitspieler nutzen. So erlaubt der Impresario es zum Beispiel, bis zu zwei neue Musikstücke einzukaufen. Im Spiel gibt es Musikstücke von sechs verschiedenen Komponisten aus unterschiedlichen Epochen (Beethoven, Verdi, Monteverdi, Mozart, Händel und Wagner). Beim Spielaufbau wurden die sechs Komponisten auf einer Skala von 1 bis 6 zufällig angeordnet. Anschließend wurden neun zunächst verdeckt gezogene Musikstücke umgedreht und dann auf den oder die entsprechenden Komponisten verteilt. Diese Musikstücke kann man mit Hilfe des Impresario nun erwerben. Die Kosten richten sich danach, wo sich der Komponist auf der Skala befindet. Befindet sich Beethoven beispielsweise auf der obersten Position 6, so würde ein dort liegendes Musikstück von ihm 6 Dukaten kosten. Mit dem Architetto darf man entweder sein Opernhaus um weitere Säle erweitern oder ein neues Opernhaus in einer anderen Stadt bauen.
Die Charaktere Maestro, Critico und Esperto dienen nur dem auswählenden Spieler. Für jeden dieser Charaktere gibt es einen Spielpöppel, den der Zugspieler auf dem Spielbrett zunächst in eine andere Stadt versetzen muss. Wählt man zum Beispiel den Critico, so darf der Zugspieler einen Komponisten auf der Komponistenskala um bis zu zwei Positionen verschieben.
- Einkommen: Entsprechend der Anzahl ihrer Musikstücke in einem Opernhaus nehmen die Spieler nun Geld ein. Dabei kommt es nur auf die Anzahl der Musikstücke in einem Opernhaus an und nicht, um welchen Komponisten es sich handelt.
- Ende der Runde/Vorbereitung der nächsten Runde: Jetzt wird geprüft, von welchem Komponisten die meisten Musikstücke gespielt wurden. Dieser Komponist wandert auf der Skala um eine Position nach oben. Musikstücke, die in der laufenden Runde nicht verkauft wurden, werden abgeräumt und neue Musikstücke aus dem Vorrat gezogen und verteilt.
Wertungsrunde: Erstmals nach der dritten Runde kommt es zu einer Wertung. Die Spieler erhalten Siegpunkte für jene Musikstücke, die sie in den Hauptsälen ihrer Opernhäuser aufgeführt haben. Der Wert des Stückes entspricht der Position des Komponisten auf der Skala. Hat man dummerweise leere Säle in seinen Häusern, so kassiert man jetzt je einen Minuspunkt dafür. Handelt es sich um die dritte Wertungsrunde, so ist gleichzeitig das Spiel beendet. Wer nun die meisten Siegpunkte besitzt, hat gewonnen.
Fazit
Glitzernde Opernwelt - alles nur Show oder mehr?
Das Spielmaterial ist grafisch sehr schön gestaltet und von guter Qualität. Die Spielanleitung ist funktional und beantwortet alle Fragen. Das Spielthema "Oper" ist, wie ich finde, recht gut umgesetzt, auch wenn da plötzlich Komponisten aus unterschiedlichen Jahrhunderten einträchtig nebeneinander musizieren. Im Prinzip handelt es sich aber bei Opera nicht um ein schöngeistiges musisches Spiel, sondern um ein recht gnadenloses Wirtschaftsspiel. Gnadenlos deshalb, weil hier gerade am Anfang des Spieles und für Opera-Unerfahrene schnell die Weichen für eine Niederlage gestellt sein können. Wer zum Beispiel bereits in der ersten Runde zu wenig Geld für die Budgettabelle bietet, wird sehr schnell merken, dass das ein grober Fehler war, da man sich damit selbst sehr vieler Optionen beraubt hat.
Generell spielt auch die Spielerreihenfolge eine sehr große Rolle. Wer die Initiative hat, ist prinzipiell im Vorteil, da er als Erstes Zugriff auf alle Charaktere hat. Dies wirkt sich vor allem im Spiel zu viert aus, weil im Spielverlauf nicht für alle Spieler entsprechende Opernhäuser zur Verfügung stehen. Gleiches gilt für den Erwerb der Musikstücke: Wer hier erst später an die Reihe kommt, hat häufig das Nachsehen, da dann häufig nur noch die sehr teuren Musikstücke zur Verfügung stehen. Weniger Musikstücke zu besitzen, heißt aber gleichzeitig weniger Einkommen zu haben - in gewisser Weise ein Teufelskreis, den man auf jeden Fall vermeiden sollte.Das Einkommen spielt bei Opera eine sehr große Rolle und Geld ist zumindest am Anfang des Spieles Mangelware. Geld wird benötigt, um auf dem Budgettableau zu investieren (Initiative!), für den Opernhausbau bzw. Ausbau, Kauf der Musikstücke etc. Im späteren Spielverlauf wiederum ist das Geld nicht mehr so knapp wie am Anfang und es werden daher auch eher die Experten-Charaktere gewählt.
Der Glücksfaktor im Spiel ist eher gering anzusehen und besteht eigentlich nur darin, dass die Musikstücke zufällig gezogen werden - alle anderen Entscheidungen obliegen den Spielern.
Es könnte sich also ein gewisser Frust einstellen, wenn man erkennt, dass man das Spiel nicht mehr gewinnen kann, weil man an der einen oder anderen Stelle einen Fehler gemacht hat. Meiner Meinung nach ist das Spiel aber so facettenreich, dass man ihm auf jeden Fall eine zweite Chance einräumen sollte, da es genug Strategiepotenzial bietet, um auch andere Wege zum Erfolg auszuprobieren. Für weniger sensible Seelen halte ich es ohnehin für empfehlenswert.
Bei Opera handelt es sich gewiss nicht um ein Familienspiel, sondern es richtet sich in erster Linie an geübte Spieler/Vielspieler. Die Hauptmechanismen sind aus anderen Spielen bekannt, aber hier doch zu einem gut funktionierenden Ganzem neu zusammengefügt. Darüber hinaus empfinde ich das Thema als erfrischend anders als die vielen bekannten Themen wie Mittelalter und Weltall. Das Spiel zu zweit zu hat uns allerdings nicht so gut gefallen, denn die Spielmechanismen sind auf Konkurrenz aufgebaut (Bietmechanismus, Opernhäuser etc.) und davon lebt das Spiel. Zwar wird in der 2-Personenvariante das Spielmaterial entsprechend angepasst, aber so richtig funktioniert es nur ab 3 Spielern.
Rezension Michael Dombrowski
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.