Rezension/Kritik - Online seit 29.06.2024. Dieser Artikel wurde 1910 mal aufgerufen.
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Du wolltest schon immer ein Mafia-Bossin werden? Willkommen in Beasty Town, hier kannst du deinen Berufswunsch endlich verwirklichen. In Die Patin übernimmst du die Rolle einer Mafia-Bossin und willst den Einfluss deines Clans erweitern. Aber die Konkurrentinnen schlafen nicht und schlagen zurück. Du musst strategisch planen, Missionen erfüllen, Geschäftsketten aufbauen und gegnerische Hinterzimmer okkupieren - alles zählt. Am Ende gewinnt die Bossin mit den meisten Punkten.
Im Mittelpunkt von Die Patin steht der Spielplan, auf dem sich 7 farblich gekennzeichnete Stadviertel befinden, in die Beutemarker und Ortsplättchen mit unterschiedlichen Geschäften platziert werden. Dir stehen als Spielfiguren eine Bossin und 3 Handlanger zur Verfügung. Zunächst sucht sich jede ein Stadtgebiet, grenzt dieses mit Grenzstäbchen ein und verteilt an drei angrenzenden Gullys 3, 2 und 1 Ratten.
Gespielt wird in fünf Runden, in denen du versuchst, Beute zu ergattern, Hinterzimmer einzurichten und durch das Bestechen und Platzieren von Ratten dein Gebiet zu vergrößern. Für diese Aufgaben nutzt du deine Handlanger und deine Bossin. Wenn du einen Handlanger innerhalb deines Territorium platzierst, kannst du zwei der folgenden Aktionen in beliebiger Reihenfolge ausführen:
"Ratte bestechen": du platzierst eine Ratte an einem Gully in diesem Gebiet oder entfernst eine gegenerische Ratte von einen Gully;
"Beute ergattern": du nimmst dir einen Beutemarker aus dem Stadtviertel, zu dem dieses Gebiet gehört;
"Hinterzimmer einrichten": du platzierst eines deiner Hinterzimmer in dem Gebiet und nimmst dir ein Geschäft von dort. Die Geschäfte bringen dir einen Sofortbonus und am Spielende Punkte. Es dürfen nie zwei Hinterzimmer in einem Gebiet eingerichtet werden.
Auch außerhalb deines Territoriums kannst du einen Handlanger platzieren. Dort kannst du dann die Aktion "Ratte bestechen" durchführen, aber nur wenn du pro Aktion einen Beutemarker abgibst. Anschließend kannst du Anspruch auf dieses Gebiet erheben. Dazu musst du allerdings eine entsprechend große Macht haben. Deine Macht errechnet sich aus der Anzahl deiner Ratten an den 4 angrenzenden Gullys plus der Anzahl deiner Figuren in diesem Gebiet. Deine Bossin zählt dabei doppelt. Wenn dieser Wert höher ist, als die Macht jeder einzelnen anderen Konkurrentin in diesem Gebiet, kannst du deinen Anspruch erfolgreich geltend machen.
Die Bossin ist das höchste Tier deines Clans und hat spezielle Fähigkeiten, denn mit ihr kommen drei Intrigenkarten ins Spiel. Bereits vor der Spielrunde musst du dich für eine Intrigen-Karte entscheiden, die festlegt, welche Aktion deine Bossin ausführen wird. Deine gewählte Intrigen-Karte bleibt geheim, bis du sie in einem beliebigen Spielzug aufdeckst und deine Bossin platziertst. Mit den Intrigen kannst du beispielsweise innerhalb deines Territoriums fünf Aktionen in beliebiger Reihenfolge ausführen, außerhalb deines Territoriums Ratten bestechen oder verscheuchen und Anspruch auf das Gebiet erheben.
Dann gibt es am Ende jeder Runde noch die Möglichkeit, erfolgreiche Missionen zu werten. Es wird geschaut, wer die meisten Gebiete in seinem Territorium hat, den Gully mit den meisten Ratten besitzt, die meisten Gullys mit eigenen Ratten besetzt hat, die meisten Hinterzimmer eingerichtet hat oder die meisten Beutemarker in seinem Vorrat liegen hat. Du kannst am Ende jeder Runde genau eine Mission werten und jede nur einmal.
Nach der fünften Runde wird die finale Punktzahl errechnet, die sich aus den Punkten für die Missionen, Geschäftsketten und übernommene, gegnerische Hinterzimmer ergeben. Die Bossin mit den meisten Punkten gewinnt.
Die Patin spielt in der gleichen Welt wie Beasty Bar. Die Spielkarten sind witzig gestaltet. Nicht nur die Tiergrafik ist ansprechend gelungen, sondern auch die Symbolik im unteren Kartenviertel ist gut verständlich. Zur besseren Orientierung finden sich die möglichen Aktionen der Handlanger auch in alles vier Ecken des Spielbrettes wieder. Das Spielmaterial ist ebenfalls recht gut, die Bossinnen- und Handlanger-Figuren sind hübsch anzusehen und liegen haptisch gut in der Hand. Toll ist auch, dass alle Figuren individuell bedruckt sind, so dass jede Bossin und ihre Handlanger ihren eigenen Stil haben. Einerseits ist es sehr schön, dass die Meeple relativ groß sind, andererseits können sie aber auf dem Spielfeld auch so manches Hinterzimmer oder Geschäft verdecken.
Im Gegensatz zu den Figuren sind die Stäbchen, mit denen die Territorien abgegrenzt werden, recht klein und fummelig, so dass bei deren Einsatz Fingerspitzengefühl notwendig ist - nichts für Grobmotorikerinnen. Auch ist es schade, dass die Ratten nur kleine Holzwürfelchen sind, da wären kleine Holzratten wie z. B. in Messina 1347 schöner gewesen. Hinzu kommen dann noch Würfelchen als Beutemarker - da ist viel los auf dem Spielplan. Wird zu viert oder fünft gespielt, wird es recht unübersichtlich. Hinzu kommt, dass die Spielfarben rot und rosa schnell verwechselt werden können. Hier wäre eine andere Farbwahl gut gewesen.
Das Regelheft ist kurz und gut verständlich. Etwas genauer muss bei den Definitionen von Stadviertel, Gebiet und Territorium hingeschaut werden. Mit vielen Illustrationen und Beispielen wird das Spiel aber nachvollziehbar erklärt. Ganz witzig finde ich, dass konsequent von Spielerinnen gesprochen wird, sollen sich die anderen doch einfach miteinbezogen fühlen. Die verspielte Optik des Spiels täuscht etwas, denn es handelt sich um ein knallhartes Area-Control-Spiel mit Tiefgang und sehr viel Interaktion. Wird zu viert oder fünft gespielt, lohnt es nicht, sich vor dem eigenen Zug viele Gedanken zu machen, denn wenn du endlich wieder an der Reihe bist, haben sich die Grenzen der Territorien verschoben und manche Geschäfte sind schon längst in Hinterzimmer verwandelt - es ist ein ständiges Auf und Ab. Das Problem ist ja, dass alle den größtmöglichen Einfluss gewinnen wollen. Dazu müssen alle ihr Territorium vergrößern und verkleinern logischerweise das Territorium der anderen Spielerinnen. Da muss jede Mitspielerin einstecken können.
Manchmal hilft da nur ein Blick auf die Missionen, die erfüllt werden müssen, um einige Punkte abzustauben. Allerdings kannst du jede Mission nur einmal werten. Das heißt, jede Runde schauen, auf welche Mission die anderen Bossinnen aus sind, denn hast du z. B. am Rundenende das zweitgrößte Territorium und nicht das größte, gehst du leer aus. Wichtig ist, dass du deine Bossin zum richtigen Zeitpunkt einsetzt, da kann sich dann so manches Blatt wenden. Eine schöne Idee ist bei der Schlusswertung auch, dass nicht diejenige gewinnt, die zum Spielende das größte Territorium hat, sondern dass z. B. zählt, wie viele Punkte mit dem Erfüllen der Missionen oder dem Abgreifen von Geschäften gemacht werden konnten.
Die Patin ist ein Kennerspiel, das auch gut zu zweit oder dritt gespielt werden kann, da die Größe der Spielbereiche an die Spielerinnenzahl angepasst wird. Auch die Angabe von ca. 30 Minuten pro Spielerin passt, wobei es bei viel Grübelei auch schon mal länger dauern kann. Die Altersangabe ist m. E. auch angemessen, da eine gewisse Spielerfahrung schon notwendig ist. Für spielerfahrene Familien uneingeschränkt empfehlenswert.
Rezension Renate Gerling-Halbach
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung Die Patin: 4,0, 1 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
24.03.24 von Renate Gerling-Halbach - Spielt man in voller Besetzung kann es schon mal ziemlich unübersichtlich auf dem Spielplan werden. Es ist aber ganz lustig, besonders, weil sich innerhalb einer Runde so viel ändern kann. Man muss schon einstecken können. |
Leserwertung Die Patin: 5.3, 3 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
15.04.24 von Waiko - Zunächst mal sieht alles aus, wie pure Area Control: Wir machen den anderen \"Tierbanden\" mit Hilfe unserer Ratten Stadtgebiete, Kanaldeckel und Geschäfte streitig. Das eigentlich Schöne an der PATIN ist - nach meinem Geschmack - aber der \"oben drüber gelegte\" Spannungsbogen, der uns allen gleichzietig (und im ständigen Wettbewerb miteinander) abverlangt, in 5 Runden 5 sehr verschiedene \\\'Aufgaben\\\' zu lösen. Das führt dazu, dass jeder Spielzug auslöst - vor allem Gegenreaktionen. Ich finde, interaktiver geht\\\'s kaum noch. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
15.04.24 von Anton Knittel - Interaktion ist hier das Schlüsselthema. Nach kürzerster Zeit haben die Spieler die Gebiete untereinander aufgeteilt und dann gehts ans wegnehmen. Da braucht man Nerven und Ellenbogen aus Stahl. Das muss einem gefallen, aber wer wie ich auf hohe Konfrontation in Spielen steht, der ist hier ausgezeichnet bedient. Extra Pluspunkt für die witzigen Illustrationen. Außerdem bleibt das Spiel trotz langer Spieldauer bis zum Ende spannend. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
11.08.24 von Achim Nieder-Vahrenholz - Wie in der ausführlichen Rezension geschrieben: Es ist ein Auf und Ab, langfristiges Planen nicht möglich. Man guckt, dass man über Missionen Punkte macht bzw. identische Geschäfte sammelt. Gegnerische Gebiete übernehmen klappt eigentlich immer- es ist zu einfach. Nett- aber z.B. Tyrannen der Unterreiches oder Rurik bieten (auch dem Bauch) bei gleicher Spieldauer deutlich mehr. |