Rezension/Kritik - Online seit 27.02.2020. Dieser Artikel wurde 6487 mal aufgerufen.
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"Herrrreinspaziert, Ladies und Gentlemen! Treten Sie näher und bewundern Sie die wunderbarsten, die schrecklichsten, die seltsamsten, die gefährlichsten Wesen, welchen ich auf meinen langen Reisen in entlegenen magischen Ländern begegnet bin, und die ich für Sie unter Einsatz meines Lebens eingefangen und hierher gebracht habe! Bereiten Sie sich auf Kreaturen und Geschöpfe vor, die Sie nie zuvor gesehen haben! Willkommen hier im Carnival of Monsters!"
So oder so ähnlich stellen wir uns unseren Auftritt beim jährlichen Bankett der Königlichen Monstrologischen Gesellschaft vor, bei dem wir unsere "Trophäen" präsentieren werden. Bis es aber so weit ist, sind vier harte Saisons zu absolvieren, in denen wir in den letzten Winkeln der Welt Jagd auf außergewöhnliche und hoffentlich beeindruckende Monster machen.
Der Großteil des Spielmaterials besteht aus Karten. Wir beginnen mit zwei bereits erkundeten, zufällig gezogenen Ländern sowie einem bescheidenen Startkapital von 4 Kronen. Ein paar Kredite werden bereitgelegt, die uns bei Bedarf finanziell aus der Patsche helfen können, ebenso vier (von insgesamt 7) Saisonkarten. Die restlichen Karten - insgesamt über 200 Carnivalkarten - bilden gut gemischt einen verdeckten Nachziehstapel.
Wie wir an diese Karten gelangen, geschieht folgendermaßen: In jedem Durchgang decken wir zuerst eine Saisonkarte auf, welche bestimmt, welche Monster in dieser Saison besonders angesagt sind. Danach erhalten wir 8 Karten vom Stapel. Wir "erbeuten" eine dieser Karten, indem wir sie verdeckt auf unser Tableau legen, und geben die restlichen Karten weiter - je nach Saison im oder gegen den Uhrzeigersinn.
Anschließend können wir die gewählte Karte gleich ausspielen, wenn wir die dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllen. Anderenfalls müssen bzw. können wir sie für später aufheben, indem wir 1 Krone entrichten und die Karte auf das dafür vorgesehene Feld unseres Tableaus legen. Dann nehmen wir jene Karten, die wir von unserem rechten bzw. linken Nachbarn erhalten haben, suchen wiederum eine Karte aus, reichen die verbliebenen Karten weiter, usw. Dies geht so lange, bis wir alle Karten gespielt oder für später aufbewahrt haben.
Unter den Karten finden wir weitere Länder (Wolkenlande, Wälder, Dunkellande, Tiefsee, Höhlen und Traumlande), die wir mit Ausnahme von ein paar "entfernten" Ländern, welche Vorbedingungen verlangen, ohne Weiteres sofort unserer Auslage an erkundeten Ländern zufügen können. Dann noch jede Menge der begehrten Monster, für die wir aber über genügend Länder verfügen müssen, um sie ausspielen zu können. Wir müssen sozusagen die entsprechenden Gebiete ausreichend erforscht haben, um die Monster tatsächlich einzufangen.
Dann gibt es unter den Carnivalkarten noch Events, also Ereignisse, welche uns sofort bestimmte Vorteile (Geld, Käfige, etc.) bringen, sowie Mitarbeiter, welche uns - gegen Bezahlung der angegebenen Anwerbkosten - fortan bei unseren Unternehmungen unterstützen (Jäger, Entdecker, etc.). Die letzte Art von Carnivalkarten sind die Geheimen Ziele, welche auf jeden Fall für später kostenpflichtig aufgehoben werden müssen, da sie erst bei der Schlusswertung zum Tragen kommen.
Am Ende jeder Saison müssen wir noch eine Gefahrenprobe bestehen. Einige Monster erweisen sich nämlich als besonders gefährlich. Drei Spezialwürfel bestimmen, wie viele Königliche Jäger für uns alle beigesteuert werden. Für jedes nicht auf diese Weise neutralisierte Gefahrensymbol müssen wir über einen eigenen Jäger verfügen, einen Käfig abgeben oder 3 Kronen Strafe zahlen. Danach wird noch die Trophäe der aktuellen Saison vergeben. Erst dann wandern unsere Monster in unsere Menagerie, wodurch die Länder wieder für die nächste Jagdsaison "frei" werden.
Nach der vierten Saison präsentieren wir schließlich alle unsere gefangenen Monster. Nur wenn wir bei der Schlusswertung die meisten Siegpunkte aus Monstern, erfüllten Geheimen Zielen und eroberten Trophäen (abzüglich aufgenommener Kredite) erzielen, werden wir als neuestes Mitglied feierlich in die ehrenwerte Königlich Montrologische Gesellschaft aufgenommen.
Richtige Spielexperten - und wer sonst liest wohl diese Zeilen? - erkennen sofort, dass es sich bei Carnival of Monsters um ein typisches Card-Drafting-Game handelt. Daher gelten hierfür ähnliche Vor- und Nachteile wie für alle anderen Spiele dieses Genres.
Zum einen ist der Glücksanteil durch die anfangs zufällig verteilten Karten zwar durchaus gegeben, wird aber durch das anschließende Draften etwas relativiert. Zum anderen gibt es natürlich ein wenig Interaktion, weil die Spieler ja nicht nur entscheiden, welche Karten sie selbst einsetzen wollen, sondern auch, welche Karten sie weiterreichen müssen. Allerdings lohnt es sich nicht, allzu sehr darauf zu schielen, dass der nachfolgende Spieler keine zu mächtige Karte erhält, man sollte sich vielmehr auf die eigene Entwicklung konzentrieren. Manchmal ist es aber durchaus sinnvoll abzuschätzen, welche Karten in einer späteren Runde wieder zurück kommen könnten und sich dementsprechend darauf einzustellen.
Größter Vorteil des Draftens ist der flotte Spielfluss. Es gibt nahezu keine Wartezeiten, da alle gleichzeitig agieren. Es ist bei Carnival of Monsters durch die praktischen Spielertableaus sogar möglich, seinen eigenen Spielrhythmus zu verfolgen und gar nicht auf die Mitspieler zu warten, vorausgesetzt, die Karten werden sorgfältig getrennt gehalten und in der richtigen Reihenfolge weitergereicht.
Im Vergleich zum bekanntesten Card-Drafting-Game 7 Wonders fällt jedoch auf, dass es hier keine Anpassungen an die verschiedenen Saisons gibt. Es macht schon einen Unterschied, ob man zum Beispiel einen Mitarbeiter bereits in der allerersten Saison bekommt und somit öfter von dessen Vorteil profitieren kann, oder später, wo sich ein Einsatz nicht mehr auszahlt. Auch Länder machen in den ersten Runden viel mehr Sinn als im späteren Spielverlauf. Stärkere Monster hingegen wird man in einer frühen Phase des Spiels kaum ausspielen können, aber wenigstens kann man so ein punkteträchtiges Monster aufbewahren und später zu einem gegebenen Zeitpunkt ausspielen.
Auch betreffend der Spielerzahl gibt es keinerlei Adaptionen, obwohl etwa zu dritt wesentlich weniger Karten zum Einsatz kommen als in Vollbesetzung. Dafür hat jede Spieleranzahl ihren eigenen Reiz. Zu dritt ist es aus erwähntem Grund etwas zufälliger, dafür bekommt man beim Draften bei einigen Karten eine zweite, dritte Chance. Bei 5 Spielern hingegen werden fast alle Karten verbraucht, dafür bleibt von einer "guten Hand" weniger übrig. Zu zweit sorgt eine gut funktionierende Sonderregel für ein recht konfrontatives Spiel. Zu viert erscheint mir Carnival of Monsters eigentlich am ausgeglichensten.
Ich vermute, dass Richard Garfield ganz bewusst auf jegliche Anpassungen an Spielerzahl und Saisons verzichtet hat. So lässt sich sofort nach einmaligem Mischen aller Carnivalkarten losspielen, ohne langwierig und umständlich vor oder nach jeder Partie die Karten sortieren zu müssen, wie es etwa bei 7 Wonders der Fall ist. Einem lockeren Spielvergnügen steht somit nichts im Wege.
Spielerisch setzt Richard Garfield somit nach Schatz Jäger (Queen Games) und Bunny Kingdom (iello Games) erneut auf den Draftmechanismus. Thematisch hingegen hat er das Spiel eher in die Nähe seines bekanntesten Werks - des Sammelkartenspielklassikers Magic: The Gathering - angesiedelt, denn auch bei Carnival of Monsters braucht man Länder, um Monster ausspielen zu können. Mit dem Unterschied, dass die Kreaturen diesmal gejagt und präsentiert werden, statt heraufbeschworen und in einem Magierduell eingesetzt. Die Länder gibt es dafür interessanterweise in den gleichen fünf Farben Schwarz, Weiß, Rot, Grün und Blau.
Bei der grafischen Gestaltung haben, wie auch beim größten Erfolg des Autors, mehrere Illustratoren den Pinsel geschwungen. Die Liste der sieben Künstler liest sich wie das "Who is Who" der Spieleillustratorenszene, wobei jeder Künstler für einen anderen Bereich zuständig war (z. B. Franz Vohwinkel für die Höhlen und Höhlenwesen, Michael Menzel für die Wälder und Waldgeschöpfe, Dennis Lohhausen für die Wolkenlande, etc.). Das Resultat ist ein wirklich gelungen, man sieht sich die Illustrationen gerne genauer an.
Insgesamt gefällt mir Carnival of Monsters ausgesprochen gut. Es ist kurzweilig (Spieldauer ungefähr eine dreiviertel Stunde) und macht Spaß. Sicher: Das Spiel hat doch einen recht hohen Glücksfaktor, vor allem das Würfeln bei einer Gefahrenprobe streut ziemlich. Aber wenn man sich drauf einstellt, dass es ohnehin kein Strategiekracher ist, wird man mit einem lockeren Spiel belohnt. Die Altersangabe - "ab 12 Jahren" - ist meiner Meinung nach etwas zu hoch angesetzt, denn mein 10-jähriger Sohn Alexander Leon hat keine Probleme. Lässt man die Geheimen Ziele und die etwas komplizierteren Mitarbeiter und Events weg, kann man sogar mit noch jüngeren Kindern spielen.
Auf jeden Fall werde ich mich - ob in der Familie oder im Spieleklub - sicher noch sehr oft auf Monsterjagd in entfernte Gegenden begeben ...
Rezension Franky Bayer
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung Carnival of Monsters: 3,6, 8 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
25.10.19 von Franky Bayer - Wunderschön illustriertes Card Drafting Game von Magic-Schöpfer Richard Garfield. Macht trotz doch recht hohem Glücksfaktor Spaß. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
24.10.19 von Udo Kalker - Wow, das Artwork sieht echt Klasse aus! Carnival of Monsters ist aber eher leichte Drafting-Kost und leider auch wenig Interaktiv. Mit dem passenden Glück oder eben Pech, bekommt man passend zu seinen Landschaften die gewinnbringenden Monster und "leveled" sich dann eben hoch. Ob dann am Ende noch die passenden Gefahrenabwehrwürfel fallen ist reine Glückssache. Gezielt einen "Jägermeister" zur Gefahrenabwehr zu bekommen ist auch schwierig, davon gibt es ja doch sehr wenige. Die in großen Teile fehlende Interaktion lässt mich dem Spiel dann doch nur eine 4 geben. Den Vergleich mit 7 Wonders muss sich Carnival of Monsters jedenfalls gefallen lassen. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
24.02.20 von Michael Dombrowski - Sehr hübsch aufgemacht, aber spieltechnisch hat es mich nicht vom Hocker gehauen. Kann man mal spielen. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
28.02.20 von Sandra Lemberger - Die Note gilt für Partien zu viert oder fünft. Bei zwei oder drei Spielern kommen viele Karten nicht ins Spiel bzw. dürfen vom Gegner aussortiert werden. Da bleibt so manche Landschaft leer oder es finden sich für die Monster keine geeigneten Ablegeplätze - nicht immer ist das so, aber es kann so laufen. Das gefällt mir nicht, daher in diesen Besetzungen nur die Note 3 bis 4. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
03.10.20 von Michael Andersch - Quasi das pure Glück. Bin mir selten so gespielt vorgekommen. Haste Monster, haste keine Landschaften. Haste Landschaften, kommen keine Monster. haste beides, passt es nicht zusammen oder die Landschaften sind zu schwach. Und das Ganze noch in total solitär. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
07.11.20 von Frank Lehmann - Man baut Landschaften aus, ohne zu wissen, ob die passenden Monster überhaupt ins Spiel kommen. Es gibt keinerlei Mechanismen, die das Glück ausgleichen. Mir fehlt auch die Möglichkeit, eine Karte abzuwerfen. So kann es vorkommen, dass man für das Einlagern völlig unpassender Karten auch noch Geld bezahlen und ggf. sogar einen Kredit aufnehmen muss. Ich fühlte mich oft gespielt. Völlig unplanbar auch das Würfeln der Jagdhilfe. Das erfolgt erst, nachdem man alle Karten gespielt hat. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
22.02.22 von Michael Kahrmann - Viel Brimborium um recht wenig Spiel. Kann man mal spielen aber es gibt wahrlich besseres. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
20.01.24 von Andreas Faul - Wer Glücksspielen etwas abgewinnen kann, ist hier gut aufgehoben bei diesem witzigen, flüssig laufenden und sehr schön illustrierten Spiel. |
Leserwertung Carnival of Monsters: 3.3, 4 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
09.02.20 von Volker |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
21.02.20 von Dietrich - Das Spiel ist zwar ähnlich zu "7 Wonders", erreicht aber bei weitem nicht seine Spieltiefe - wenn man bei "7 Wonders" überhaupt von einer Spieltiefe sprechen kann. Die Grafiken sind auch nicht so besonders, vergleicht man sie mit Grafiken nichtdeutscher Illustratoren. Am ärgerlichsten ist die mangelhafte Qualitätssicherung Amigos: Auf jeder entsprechenden Karte findet man denselben Rechtschreibfehler eines Elfjährigen: "Du erhälst ..." Zudem habe ich mich beim Spiel sehr gelangweilt und gehofft, dass es schnell beendet ist, obwohl es eigentlich zügiger zu spielen ist als "7 Wonders". |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
10.03.20 von Martina - Grafisch top, spielerisch am besten in Vollbesetzung. Unter 4 Personen eher lahm, dann auch zu hoher Glücksfaktor durch den geringeren Kartendurchlauf. Insgesamt ein seichtes Draft-Spiel mit dezenten Magic-Anleihen. Schnell erklärt, schnell gespielt, geht in unter einer Stunde auch zu fünft. Macht durchaus Laune. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
11.03.20 von Daniel Noé - Spannende Bewertungen/Meinungen bisher. Je mehr Mitspieler je mehr Spaß trifft es zwar generell, aber ist die 2 Personen Hate-Draft Variante durchaus spannend, mehr sogar richtig böse. Der Kartendurchlauf ist doch erstaunlich hoch - Das "Magic" Gefühl mit den Ländern ist durchaus vorhanden und das ist auch wirklich gelungen. Königin Fortuna kann hier zuschlagen, wenn aber gute Draftspieler am Tisch sitzen reduziert es sich deutlich, im Auge zu behalten wer was schon so hat (gerade an Aufträgen) ist halt die ewige Draftkunst. Für mich eine klare 5 die richtig viel Spaß macht, wer aber mit Draft nichts anfangen kann sollte sich hier fern halten. |