Spielziel
Errichte Verbindungen zwischen Uranminen und Kraftwerken, die du vom Betrieb mit Kohle auf den Betrieb mit Uran umrüstest. Schließe die Kraftwerke dann an Städte an, errichte darin Gebäude und versorge diese mit Strom, während du nebenher noch Technologien erforschst und staatliche Aufträge erfüllst. All dies bringt Siegpunkte, von denen du am Spielende am meisten haben solltest.
Ablauf
Den Ablauf von Nukleum in allen Details, aber dennoch einigermaßen kurz und prägnant zu beschreiben ist keine einfache Sache. Ich werde mich daher auf die wesentlichen Elemente beschränken.
Zunächst finden wir einen großen Hauptplan vor, der im Wesentlichen Städte zeigt, in denen wir Gebäude bauen können, welche wir sinnvollerweise im Spiel mit Strom versorgen sollten, weil dies Siegpunkte und sofortige Vergünstigungen bringt. Diese Städte sind per noch zu errichtendem Schienennetz an Kraftwerke anzuschließen, welche ihrerseits wiederum mit möglichst unseren Turbinen bestückt werden und ebenfalls per Schiene an die Kohleversorgung oder im Laufe des Spiels an noch zu erschließende Uranminen anzubinden sind.
Neben diesen topografischen Elementen existiert noch ein Nebenplan. Dort befinden sich im Spielverlauf erwerbbare Aufträge und neue Aktionsplättchen, aber auch eine Übersicht über diverse Spielendebedingungen sowie eine Leiste, welche in jedem Spiel unterschiedliche Kriterien zur Siegpunktgewinnung am Spielende anzeigt, welche die Spieler mittels steigender Stromproduktion freischalten sollten.
Desweiteren hat jeder Spieler ein persönliches Bürotableau, von dem die zu errichtenden Gebäude, Turbinen und Minen zu entnehmen sind, um sie wie oben beschrieben auf den Plan zu bringen.
Das Tableau weist zudem 3 Einkommensleisten (Geld, Arbeiter und Siegpunkte auf), am oberen Rand einige Ablageslots für Aktionsplättchen und rechts Ablageslots für Aufträge.
Am linken Rand erhält man (zugelost oder ausgesucht) noch ein Experimenttableau mit freizuschaltenden Technologien, wobei mit jedem dieser Tableaus auch individuell leicht unterschiedliche Aktionsplättchen einhergehen. Zudem erhält man etwas Geld und ein paar Arbeiter, dann kann es losgehen.
Wir spielen reihum, und ist man am Zug, so hat mal die Wahl aus 3 möglichen Optionen:
Eines seiner Aktionsplättchen oben an sein Bürotableau anlegen und die – meist 2 – auf dem Plättchen abgebildeten Aktionen machen. Mögliche Aktionen sind beispielsweise der Erwerb neuer Aktionsplättchen vom Nebenplan, das Holen von Aufträgen (was nicht nur bei deren Erfüllung, sondern auch bereits beim Nehmen eine kleine Belohnung bringt), der Bau von Häusern, Minen und Turbinen oder aber auch das Erzeugen von Strom (dazu später mehr).
Diese Aktionen und ihre Nebeneffekte und Verzahnungen sind das Herzstück des Spieles und nehmen auch in der Spielanleitung einen deutlich größeren Teil ein, als hier in dieser Rezi.
- Eines seiner Aktionsplättchen dauerhaft aus dem Spiel zu nehmen, indem man es verkehrt herum als Schiene auf dem Hauptplan einsetzt, um an den Verbindungen zu arbeiten. Netter Nebeneffekt: Die Plättchen haben farbige Ränder, und baut man die Schienen so, dass die Randfarbe mit der Farbe der anzubindenden Stadt oder der Nebenschiene übereinstimmt, dann darf man die Aktion(en) zusätzlich noch ausführen. Der Schienenbau benötigt aber auch noch Arbeiter, die zur Anzeige des Besitzes auf die Schienen gestellt werden.
- Einkommen erhalten, indem man alle bislang am oberen Rand des Bürotableaus abgelegten Aktionsplättchen wieder zurückholt, um sie wieder verfügbar zu machen. Je länger die Reihe der angelegten Plättchen war, umso mehr Einkommen (Geld, Arbeiter, Siegpunkte) kann man erzielen, falls man auf den jeweiligen Einkommensleisten ebenfalls weit genug vorangeschritten ist.
Jederzeit in seinem Zug darf man zudem Aufträge erfüllen. Man erhält die entsprechende Belohnung (beispielsweise das Freischalten von Technologien auf dem Experimenttableau, welche sofortige oder dauerhafte Boni bewirken) und nimmt den Auftrag dann von der rechten Seite seines Bürotableaus fort, wodurch man den Slot wieder für künftige Aufträge frei und die dem Slot zugeordnete Sofortbelohnung wieder verfügbar macht.
Habe ich oben die Stromerzeugung bei den Aktionen nur so am Rande erwähnt, so möchte ich darauf nun doch etwas detaillierter eingehen, denn um zu „Elektrisieren“ (so der korrekte Name der Aktion) müssen einige Dinge gegeben sein:
Ein zu elektrisierendes Gebäude muss errichtet worden sein. Es muss per Schiene an ein aktives Kraftwerk angebunden sein, und das Kraftwerk seinerseits muss an ausreichend Kohle und/oder Uranminen angeschlossen sein und auch genügend Turbinen besitzen, um den Strombedarf des Gebäudes zu decken. Und falls man die Energie nicht nur mit Uran erzeugt, sondern auch noch Kohle von Nöten ist, so benötigt man Geld, um diese zu importieren. Hat man dies geschafft, so dreht man das Gebäude auf die „elektrisierte“ Seite um und erhält dafür Belohnungen sowie zusätzlich „Sternchen“, die man bei der oben als 3. aufgeführte Option des Erhalts von Einkommen abgeben muss, um damit auf dem Nebenplan zusätzliche Siegpunktoptionen für das Spielende freizuschalten.
Das Spielende wird eingeläutet, sobald spielerzahlabhängig 2 oder 3 von 5 möglichen Spielendebedingungen erfüllt sind – beispielsweise wenn ein Spieler alle 8 Technologien seines Experimenttableaus entwickelt hat, wenn auf dem Nebenplan keine Aufträge oder Aktionsplättchen mehr nachgelegt werden können oder wenn ein Spieler die 70-Punkte-Marke knackt.
Zu den während des Spiels erhaltenen Punkte ergießt sich nun ein weiterer Punkteregen über die Spieler – zwar nur aus wenigen Quellen (elektrisierte Gebäude, Einkommensleiste, Punkte der Kriterien vom Nebenplan,…), aber in Summe ein Mehrfaches der während des Spiels errungenen Punkte.
Fazit
Funkenschlag meets Wasserkraft – so mein erster und immer noch bestehender Eindruck.
Dies trifft aber nur auf das thematische Setting sowie die grünlich-düstere Gestaltung zu – die Mechanik selbst ist dann eine völlig andere. Und Nukleum ist auch deutlich verzahnter als jedes der beiden genannten Spiele.
Dies weiß die Spielregel aber gut zu vermitteln – sie ist klar und präzise und konnte alle unsere Fragen beantworten. Das Material ist reichlich und von guter Qualität, die Bürotableaus der Spieler sind doppellagig und liegen absolut plan. Auch die Symbolik ist gut gelungen, so dass man insgesamt leicht in ein regelkomformes Spiel hineinfindet.
Dies bedeutet aber noch lange nicht, dass man in der Lage ist, auch ein „gutes“ Spiel abzuliefern. Nukleum ist nicht kompliziert, aber komplex. Die vielfache Verzahnung der Aktionen sowie auch die oftmals vielen möglichen Optionen lassen die Köpfe ähnlich rauchen wie das Kohlekraftwerk im Spiel. Und nicht selten kommt es vor, dass man vergessen hat, diesen Bonus anzuwenden oder jenen Auftrag zu erfüllen.
Und häufig gilt es auch, die Mitspieler einzuschätzen. Direkte Interaktion ist zwar nur begrenzt gegeben, und meist beschränkt sie sich auf das Wegnehmen von Aufträgen oder den Bau einer Verbindung oder eines Gebäudes an Plätzen, an denen man selbst aktiv werden wollte.
Dennoch darf man die Mitspieler nicht aus den Augen lassen, und obwohl mir die geschilderte Art der Interaktion üblicherweise zu wenig ist, reicht sie mir in diesem Fall vollkommen aus, denn ich bin mit dem restlichen Spiel wahrlich genug beschäftigt.
Dabei ist das Spiel einerseits belohnend, was sich sehr positiv anfühlt (z.B. erhält man bereits für das Nehmen von Aufträgen eine nicht zu unterschätzende Belohnung), andererseits kann es aber auch sehr hart sein – in einer meiner Partien hat irgendwie nichts gepasst: hier einen Schritt zu spät, da noch nicht genug Sternchen gesammelt, um beim dringend benötigten Erhalt des Einkommens was damit anfangen zu können, dort von den 2 Aktionen meines Aktionsplättchens nur eine ausführen können – schon landet man nicht bei über 200 Punkten, sondern nur bei deren 150.
In meinem Gesamtfazit für Nukleum bin ich daher irgendwie hin- und hergerissen: Das Setting passt, handwerklich ist alles richtig gemacht und die Mechanismen gefallen mir sehr gut.
Demgegenüber steht, dass sich das Spiel mehr nach Arbeit als nach Spiel anfühlt. Und dass mir persönlich die Spieldauer zu lang ist. Angegeben sind 60-150 Minuten, aber selbst zu dritt waren wir stets deutlich über 2 Stunden. Wie man 60 Minuten schaffen soll ist mir völlig rätselhaft – vielleicht im Solospiel mit dem Automa?
Diesen habe ich entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten nicht ausprobiert. 12 Seiten Anleitung nur für den Automa wirkten beim Querlesen über viele „wenn dies, dann das“ und „Der Automa macht in folgender Priorität A, B, C, D…“ Regelungen nicht so, als ob er sehr locker und elegant zu bedienen wäre.
Empfehlen kann ich das Spiel daher allen, die auf komplexe Spiele stehen, kein Problem mit begrenzter Interaktion und einer Spieldauer (zu viert deutlich) über 2 Stunden haben.
Rezension Michael Andersch
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.