Spielziel
"La Boca ist ein Stadtteil in Buenos Aires, Argentinien. Wie die Bauteile im Spiel prägen dort bunte Häuser das Stadtbild."
Mehr ist darüber im gleichnamigen Spiel nicht nachzulesen. Das schreit förmlich nach mehr Details, um die Neugier der stets wissbegierigen Brettspieler zu befriedigen:
La Boca ist ein Stadtteil im Osten der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires und das bekannteste der 48 Viertel der Stadt. Der Stadtteil liegt an der Einmündung des Riachuela-Flusses in den Rio de la Plata und hat daher auch seinen Namen (Boca = spanisch für "Mündung"). Es entstand Ende des 19. Jahrhunderts als Viertel italienischer Einwanderer, die meist als Industriearbeiter tätig waren. Heute ist La Boca populär bei den Touristen, auch wegen seiner originellen Häuser. Sie wurden aus dem Blech abgewrackter Schiffe gebaut und mit Schiffslack bunt bemalt.
Ablauf
Es verwundert daher nicht, dass wir in der Schachtel lauter bunte Bauteile vorfinden. Die Bauteile in schwarz, weiß, grau und braun sind würfelförmig. Jene in grün, rosa, violett und orange sind doppelt so lang und deshalb quaderförmig. Der gelbe, ebenfalls quaderförmige Teil ist noch ein Stückchen länger, er ist sozusagen 3 Würfel groß. Der blaue Teil ist L-förmig, ebenso wie der rote Bauteil, welcher aber aufgrund seiner Übergröße nur für das Fortgeschrittenen-Spiel zum Einsatz kommt.
Diese Bauteile gilt es nun, in wechselnden Teams gemäß den Aufgabenkarten auf dem Spielplan zu verbauen. Der Clou dabei: Eine Aufgabenkarte weist zwei unterschiedliche Seiten auf. Die Aufgabe auf der Vorderseite gibt vor, welche Teile sich an welcher Position aus der Perspektive des einen Spielers zu befinden haben, während die Rückseite die Ansicht für den Partner vorgibt. Um eine Aufgabe fehlerfrei zu erledigen, ist daher Kommunikation zwischen den Teammitgliedern gefordert.
Stundenlange Diskussionen sind dabei aber nicht zielführend. Das gemeinschaftliche Bauen geschieht nämlich unter Zeitdruck. Ein elektronischer Timer läuft unbarmherzig mit. Erst wenn die Aufgabe nachgebaut ist, darf einer der beiden Teampartner die Stopp-Taste drücken. Je nachdem, wie lange sie dafür gebraucht haben, erhalten beiden Spieler Punktechips für ihre Leistung. 10 Punkte sind das Maximum, wenn es innerhalb von 15 Sekunden (!) geschafft wurde. Dann geht es mit den Punkten abwärts, bis man nur mehr 1 Punkt bekommt, wenn man gerade noch unter 2 Minuten benötigt hat. Wer länger am Werkeln war, geht hingegen leer aus.
Ein ausgeklügeltes System sorgt dafür, dass jeder Spieler zwei Mal mit jedem Mitspieler ein Team bildet. Jeder erhält von allen Mitspielern einen Partnerchip ihrer Farbe. Wer an der Reihe ist, deckt einen der verdeckt gemischten Chips auf, dessen Farbe den Partner für die folgende Aufgabe bestimmt. Sind die Partnerchips aller Spieler aufgebraucht, endet das Spiel. Wer die meisten Punkte sammeln konnte, war insgesamt am schnellsten und gewinnt das Spiel.
Fazit
Obwohl Bausteine die Hauptbestandteile des Spiels darstellen, ist La Boca mehr ein Kommunikationsspiel als ein Geschicklichkeitsspiel. Es gilt, seinem Gegenüber die Anforderungen auf seiner Seite der Aufgabenkarte klar und deutlich zu übermitteln, aber auch gleichzeitig dessen Anmerkungen während des Bauens zu berücksichtigen. Eine Mischung aus manuellem Werken und verbalem Kommentar ist dabei am zweckmäßigsten. Reden und Zuhören können ist gleichermaßen gefragt.
Der Zeitdruck erlaubt aber keine ausgiebigen Debatten und großzügige Ausschweifungen. Es entsteht Stress pur, wenn man versucht, Informationen in kürzester Zeit auszutauschen und zu verarbeiten. La Boca ist daher eindeutig kein Spiel für Grübler, Zauderer und Phlegmatiker. Es gibt Spieler, die dies mögen und den damit verbundenen Adrenalinschub lieben. Andere, die eher eine ruhige und bedächtige Spielweise pflegen, werden sich damit aber überfordert fühlen und die resultierende Hektik ablehnen.
Besonders anspruchsvoll und in der vorgegebenen Zeit nur mit viel Übung zu bewältigen, sind die dunkelblauen Aufgabenkarten. Für diese muss auch das sperrige rote Bauteil richtig eingebaut bzw. klug versteckt werden, was aufgrund seiner Übergröße keine leichte Aufgabe darstellt. Während ich mit meinem Sohn Maximilian als Partner schon ganz stolz sein kann, einmal im "normalen" Spiel die Höchstpunktezahl erreicht zu haben, muss man bei den schwierigeren Aufgaben schon froh sein, überhaupt den einen oder anderen Punkt retten zu können.
Die Spielerzahl ist mit 3 bis 6 Personen angegeben. Nach meiner Erfahrung spielt es sich am besten zu viert. In dieser Besetzung arbeitet jeder zwei Mal mit demselben Partner. Das ergibt insgesamt 12 Runden mit einer angenehmen Gesamtspieldauer von ungefähr einer halben Stunde. Zu fünft sind schon 20 Runden erforderlich (fast 1 Stunde), zu sechst sogar 30 Runden, was über 1 1/2 Stunden entspricht, viel zu lange für so ein lockeres Spiel. In der Mindestbesetzung hingegen ist der Spaß bereits nach 6 kurzen Runden vorbei, und vier Mal mit demselben Partner anzutreten, ist auch keine Lösung. Für Übungszwecke können aber auch zwei Spieler versuchen, in einer vorgeschriebenen Anzahl an Runden möglichst viele Punkte zu erzielen, was durchaus reizvoll ist, besonders mit dem verflixten roten Bauteil.
Das Spielmaterial verdient dafür ausdrückliche lobende Erwähnung. Im Schachteleinsatz findet alles seinen ordentlichen Platz: Die Punktechips, die Bauteile, die Spielertafeln, die Partnerchips und die Aufgabenkarten. Für den elektronischen Timer ist eine Aussparung vorgesehen, ebenso praktisch ist en Schlitz, in den die aktuelle Aufgabenkarte zwischen die beiden Partner gesteckt wird. Die Punktetabelle ist übersichtlich für beide Teampartner aufgedruckt. Und wenn man den Unterteil der Schachtel auf den Schachteldeckel stellt, entsteht eine erhöhte Spielfläche, sodass man die beiden Seiten besser einsehen kann. Alles gut durchdacht und funktionell.
La Boca eignet sich am besten für Familien und locker-lustige, rede- und baugewandte Runden, denen ein paar Minuten Werken unter Zeitdruck nichts ausmacht.
Rezension Franky Bayer
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.