Spielziel
Im Königreich Myrmes streiten Ameisenkolonien seit Jahrhunderten um die Vorherrschaft. Bist du in der Lage, diesen Streit durch einen Sieg in dieser finalen Auseinandersetzung für dich zu entscheiden? Entwickle dein Volk, baue deine Kolonie aus und erweitere deinen Einflussbereich im Königreich Myrmes.
Ablauf
Als Anführer eines Ameisenvolkes, ausgestattet mit drei Ammen, zwei Arbeitern, einer Larve und einer Ameisenkolonie als Spielertableau, versucht ihr die Vorherrschaft über das Königreich Myrmes, dargestellt durch einen als Garten gestalteten Spielplan, zu erringen.
Durch den geschickten Einsatz eurer Ammen, Arbeiter und Larven versucht ihr eure Kolonie auszubauen, euer Volk zu vermehren und das Königreich zu erkunden, um euer Gebiet zu erweitern, Vorräte zu sammeln oder Beute zu schlagen. Die Möglichkeiten Siegpunkte zu erringen sind dabei genau so vielfältig, wie die Ressourcen knapp sind.
Gespielt werden drei Jahre mit den vier Jahreszeiten als Spielrunden. In den Jahreszeiten Frühling, Sommer und Herbst plant und führt ihr eure Aktionen simultan bzw. in Spielerreihenfolge aus. Im Winter müsst ihr euer Volk ernähren, da es ansonsten Minuspunkte hagelt.
Zu Beginn eines Jahres wird für alle Jahreszeiten außer dem Winter mit Hilfe eines Würfels das Ereignis ermittelt, welches in dieser Jahreszeit eintritt. Eine Spielrunde der Jahreszeiten Frühjahr, Sommer und Herbst wird immer in der gleichen Reihenfolge abgewickelt:
- Ereignis: Die Spieler markieren mit einem Spielstein das für diese Jahreszeit gewürfelte Ereignis. Durch den Einsatz von Larven kann der Spielstein auf der Ereignisleiste nach rechts oder links verschoben werden, und somit ein vom Spieler gewünschtes Ereignis ausgewählt werden.
- Brut: Die Spieler setzen ihre Ammen zur Produktion von Larven, Soldaten und/oder Arbeitern ein oder entsenden sie ins Atelier, damit sie dort in der Phase 5 aktiv werden können.
- Arbeiter: In Spielreihenfolge setzt nun jeder Spieler einen seiner Arbeiter ein. Dieser kann durch den Tunnelausgang den Spielplan betreten und sich dort 3 Felder weit fortbewegen. Trifft er dabei auf ein Beutetier, kann das Feld nur betreten werden, wenn in der Kolonie genügend Soldaten zum Schlagen der Beute vorhanden sind. Hierfür werden die Soldaten abgegeben und der Spieler erhält das Beutetier sowie die dafür vorgesehene Belohnung bestehend aus Ressourcen und Siegpunkten. Am Ende seiner Bewegung kann der Arbeiter ein Pheromonplättchen seiner Farbe auf den Spielplan legen. Je nach Feldern, die dabei abdeckt werden, wird dieses mit Ressourcen (Nahrung, Erde oder Stein) bestückt und der Spieler erhält die entsprechenden Siegpunkte. Der Arbeiter kehrt anschließend nicht in die Kolonie zurück, sondern wird in den allgemeinen Vorrat gelegt. Die Arbeiter können auch, je nach Ausbaustufe, in der eigenen Kolonie eingesetzt werden. Dabei gehen sie nicht verloren und kehren am Ende der Spielrunde wieder in die Arbeiterkammer zurück.
- Ernte: Die Spieler müssen von jedem ihrer Pheromonplättchen einen Ressourcenwürfel in ihre Vorratskammer legen.
- Atelier: In Spielerreihenfolge setzen die Spieler nun die hier platzierten Ammen ein, um entweder ihre Kolonie auszubauen, neue Ammen zu produzieren, einen neuen Tunnelausgang auf den Spielplan zu legen oder um eine der ausliegenden Aufgaben zu erfüllen, um dafür Siegpunkte zu erhalten.
- Ende der Spielrunde: Die Spieler prüfen, ob sie alle in der Vorratskammer liegenden Ressourcen lagern können und räumen anschließend ihr Spielertableau auf.
Im Winter werden keine Aktionen durchgeführt, sondern es wird nur geprüft, ob mit den vorhandenen Ressourcen und Soldaten das Ameisenvolk ernährt werden kann. Sollte das nicht der Fall sein, werden den Spielern für jede fehlende Nahrung 3 Siegpunkte abgezogen.
Das Spiel endet nach dem dritten Winter. Es gewinnt der Spieler mit den meisten Siegpunkten, bei Gleichstand gewinnen mehrere Spieler.
Fazit
Myrmes - genauso ungewöhnlich wie der Titel ist das interessante Thema dieses anspruchsvollen Entwicklungsspieles aus dem Hause Ystari. Wer wollte nicht schon mal über ein Ameisenvolk herrschen und einem ganzen Volk zu Ruhm und Ehre verhelfen?
Vor dem Spielvergnügen steht das Studium der 12-seitigen Spielregel, welche auf den ersten 5 Seiten das Spielmaterial und die Spielprinzipien vorstellt und auf den folgenden 6 Seiten den Spielverlauf detailliert erklärt. Auf den ersten Blick führt die Spielregel mit gut bebilderten Beispielen die Spieler gut ins Spiel ein, aber sobald die ersten Fragen zu diversen Details auftauchen, beginnt das große Suchen. Wo finde ich jetzt die Antwort? Bei den Spielprinzipien oder doch im Spielablauf? Was bedeutet das Symbol auf der Ereignisleiste nochmal? Da es außer der Übersicht über die zu erfüllenden Aufgaben auf der Rückseite der Regel keine Übersichten gibt, muss man in der Regel blättern und suchen. Hier findet man zwar alle benötigten Antworten, nur sind diese über den kompletten Text verteilt. Da hilft auch das farbliche Hervorheben diverser Details wenig weiter.
Wenn man aber diese Hürde genommen hat, bekommt man es mit einem Vielspieler-Entwicklungsspiel zu tun, bei dem es die ganze Zeit an allen Ecken und Enden brennt. Hier mit den knappen Ressourcen am besten zu haushalten und bei der Planung der Aktionen das richtige Timing und den notwendigen Überblick zu behalten, ist eine große Herausforderung.
Das Thema, einen Ameisenstaat in einem als Königreich Myrmes bezeichneten Garten zum Erfolg zu führen, ist mit dem Spielmaterial stimmungsvoll umgesetzt. Ein auf den ersten Blick grafisch toll anzuschauender, wenig übersichtlicher Spielplan; ein sehr übersichtlich gestaltetes Spielertableau als Ameisenkolonie; acht genial anmutende Ameisenminiaturen und jede Menge dicker Pappmarker und Holzwürfel als Ressourcen lassen das Spielerherz höher schlagen. Das Material ist sehr gut verarbeitet, weist aber bei den acht Plättchen Blattzucht und Erkundung fehlerhafte Rückseiten auf, die sich zwar auf den Spielablauf nicht negativ auswirken, weil man fast immer nur die Vorderseiten braucht, die aber zu großer Verwirrung führen können, wenn der Fehler nicht allen bekannt ist.
Für das erste Spiel sollte man auf jeden Fall bei vier Spielern mehr als die angegebenen 120 Minuten einplanen, da die genannten Sachverhalte den Einstieg unnötig erschweren. Wer es aber bis hierher geschafft hat, wird mit einem der meiner Meinung nach besten Ystari-Spiele belohnt. Ab der zweiten Partie spielt sich Myrmes flüssig, und nach einigen Spielen liegt die benötigte Zeit zu zweit bei ca. 45 - 60 Minuten, mit mehr Spielern bei ca. 90 Minuten.
Weil diverse Phasen simultan gespielt werden, hält sich die Downtime in erträglichen Grenzen. Sollte doch mal ein Spieler die Planungsphase über das erträgliche Maß hinaus in die Länge ziehen, hilft für diese Phase die Einführung eines Zeitlimits. Entsprechende Hilfsmittel sind zwar im Spiel nicht enthalten, aber in Zeiten von Smartphones und Sanduhren sicher schnell gefunden. Da es sich bei Myrmes um ein anspruchsvolles Vielspielerspiel handelt, ist die empfohlene Altersangabe von 13+ Jahren passend gewählt. Myrmes spielt sich genauso gut mit 2 Spielern, wie mit 3 oder 4 Spielern. Die notwendigen Regeländerungen beschränken sich auf die Verkleinerung des Spielplans und die Anpassung der Punktevergabe bei der Erfüllung von Aufgaben.
Nachdem die Planungsphase erfolgreich abgeschlossen wurde, beginnt das eigentliche Spiel in Spielerreihenfolge. Die Arbeiter krabbeln aus den Tunnelausgängen und erobern nach und nach den Spielplan, indem sie Pheromonplättchen in den kräftigen Spielerfarben ablegen. Zusammen mit den bunten Ressourcenwürfeln entsteht je nach Expansionsdrang der Mitspieler ein bunter Flickenteppich, bei dem man erst einmal die Übersicht behalten muss. Für das Ablegen der Pheromonplättchen erhält man je nach Größe Siegpunkte, und so entbrennt ein Kampf um Gebiete auf dem schnell zu klein werdenden Spielplan, zumal Wasserfelder und Beutetiere die Ablegemöglichkeiten zusätzlich einschränken.
Grobmotoriker haben hin und wieder ein Problem damit, auf dem Spielplan zu agieren, ohne ein großes Durcheinander anzurichten. Dies führt im Spielverlauf zu mitunter direkter Interaktion der Mitspieler, wodurch der eine oder andere gut geplante Spielzug im Chaos endet. Gleichzeitig gilt es, die eigene Kolonie mit den notwendigen Ressourcen zu versorgen und weiter zu entwickeln, um die zusätzlichen Aktionsmöglichkeiten einer ausgebauten Kolonie nutzen zu können. Aufgrund der geringen Lagerkapazität der Vorratskammer muss man zum Ende einer Spielrunde, bei der nicht alles so gelaufen ist, wie man es geplant hat, auch noch zähneknirschend hart erarbeitete Ressourcen abwerfen. Ein gewisses Frustpotential sollte also bei den Mitspielern vorhanden sein. Des einen Freud ist auch hier wie immer des anderen Leid.
Zusammenfassend möchte ich jedem empfehlen, eine Partie Myrmes auszuprobieren. Für mich gehört das Spiel zu einem der Vielspieler-Highlights des Spielejahrgangs 2012, vor allem auch deshalb, weil es schnell erklärt ist und auch mit zwei Spielern ohne Abstriche zu spielen ist.
Rezension Andreas Molter
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.