Spielziel
Darf ich mich vorstellen: mein Name ist Jones, Indiana Jones. Verlorene Schätze sind mein Spezialgebiet, Tempel voller Inkagold ganz besonders. So ein paar lächerliche Abgründe machen einem Abenteuerhelden doch nichts aus. Die Schlangen allerdings… und wer sind diese schrägen Vögel, die sich da mit mir auf den Weg gemacht haben?
Ablauf
Endlich angekommen im Inneren des Heiligtums. Vor mir ein großer, sechseckiger Saal, der Boden von Löchern und Spalten übersät. In der Tiefe zeugt rot glimmende Hitze von glühendem Magma. In der Mitte des Saales glitzert und funkelt es verführerisch – goldene Inkastatuen, Ziel meiner Träume. Auch meine Konkurrenten haben ihr Ziel erreicht, und stehen ähnlich ratlos vor den anderen Eingängen des Saales. Dreizehn rautenförmige Steinplatten hängen von der Decke, jeder von uns hat die Gelegenheit, einige davon – wie von Geisterhand - im Saal in Position zu bringen. Schritt für Schritt tun sich dadurch Wege über die Abgründe auf, aber auch Hindernisse. Einige Bodenplatten sind seitlich durch Mauern verbaut, auf anderen winden sich widerliche Giftschlangen. Mühsam versuche ich, Schlangen und Mauerseiten meinen Widersachern entgegenzustellen, und gleichzeitig selbst eine Brücke zum Gold zusammenzubasteln.
Kaum haben alle Steinplatten Platz gefunden, mache ich mich auf den Weg. Beim ersten Schritt stelle ich fest, dass die Steinplatten beweglich sind – das kostet zwar etwas Kraft (1 Aktionspunkt), aber es geht. Also flott entlang einer Rautenkante in Richtung Ziel „gesurft“. Leider versperrt eine Mauer alsbald mein Vorankommen. Wenn ich doch nur die Platte um eine Ecke drehen könnte – das geht zwar, aber blöderweise verhakt sich die Platte an einer Ecke mit der nebenliegenden Bodenraute. Nichts zu machen, da muss ich mir einen anderen Weg suchen. Ein beherzter Sprung (1 AP) über die eklige Kobra links von mir bringt mich meinem Ziel ein Stück näher. Doch was ist das? Vor mir glimmt der Boden in grüner Farbe, ein jahrtausendealtes Runensymbol kreist im Inneren einer runden Vertiefung. Neugierig wage ich mich einen Schritt vor – und plötzlich schwindet die Welt um mich herum – grelles Licht blendet meine Augen. Rauch umhüllt mich, und als ich die Augen wieder öffne, stehe ich am anderen Ende des großen Saales (1 AP), hinter mir glimmt das selbe grünliche Runenfeld, das ich eben zu betreten wagte. Müde wende ich den Blick zur Mitte des Saales. Sofort schießt Adrenalin durch meine Adern: Ein neuer Weg zu einer der Goldstatuen tut sich vor mir auf!
Doch für den Moment sind meine Kräfte erschöpft. Müde sinke ich auf der Steinplatte zusammen. Mein Blick streift durch den rötlich schimmernden Saal, wo gerade einer meiner Konkurrenten sein Herz in beide Hände nimmt, und sich ebenfalls auf den Weg in Richtung Saalzentrum begibt.
1 Stunde später…
Verschwitzt beuge ich mich zur Goldstatue, die zu meinen Füßen glitzert. Müde, aber glücklich, schließe ich sie in meine schweißnassen Hände, und packe sie zu den anderen beiden Statuen, die bereits wohl behütet in meinem Rucksack schlummern (1 AP). Jetzt aber nichts wie raus – bevor meine Konkurrenten mir zuvor kommen. Denn die Ausgangstüren öffnen sich nur für einen von uns, und ich habe wenig Lust, hier inmitten der Schlangenbrut zu verenden. Die Steinplatte vor mir würde mich direkt zu einem der Ausgänge tragen, doch ein großer, runder Fels blockiert ihre Bewegung: Ein Hindernisstein, von einem meiner Widersacher in Position geschoben. Doch Rache ist süß – mit einem gezielten Stoß lasse ich meinerseits einen Felsen vor die Nase des Konkurrenten wandern. „Wie du mir, so ich dir!“ brülle ich ihm durch den Saal zu. Blanker Hass blitzt in seinen Augen auf.
20 Minuten später…
Ich habe einen Weg gefunden. Vor mir öffnet sich bereits das Tor, mit letzter Kraft überspringe ich noch eine Kobra, und stolpere erschöpft in den Ausgang. Hinter mir schließen sich sofort die schweren Steinpforten, und verschlucken die verzweifelten Schreie meiner ehemaligen Widersacher.
Fazit
Auch Fiktion besitzt einen Funken Wahrheit, und so stimmt tatsächlich: Indiana Jones hätte seine helle Freude am „Gold der Inka“ – die chronische Abneigung gegen Schlangen mal außen vor. Da ist zum einen die schöne Illustration des überaus robusten Materials. Man sollte sich von der kleinen Verpackung nicht täuschen lassen: Der Spielplan erreicht zusammengesetzt ein Ausmaß, das man der Packungsgröße kaum zugetraut hätte. Die hölzernen Spielfiguren, Inkastatuen und Blockadesteine sind ebenso funktionell wie die Rauten aus dicker Pappe – das Spiel wird nie „fummelig“, was bei den ständigen, markanten Veränderungen der Spielplansituation erfreulich ist.
Die Spielregel ist kurz gehalten und ausreichend bebildert. Die Gliederung folgt dem System der Aktionspunkte, von denen je drei pro Spielzug in der Chronologie „Rauten bewegen“, „Spielfigur (über Schlangen) bewegen“ und „Inkastatue aufnehmen“ verbraucht werden dürfen. Eingerahmt wird diese Darstellung von Entfernen und Setzen des Blockadesteins, der ein wichtiges, interaktives Ärgerelement darstellt, allerdings mitunter auch dafür sorgt, dass man in seinem Spielzug keinerlei Raumgewinn erzielen kann.
Doch trotz dieser kurzweiligen Regel ergeben sich bei den Einstiegspartien meist leichte Hakler. So ist die Überschneidung von Rautenplättchen bei Drehungen oft so minimal, dass die von Einsteigern leicht übersehen werden. Hat man sich aber an das System gewöhnt, dreht und schiebt es sich aber absolut logisch.
Das größte Problem offenbart sich dann im Spielfluss: Jeder Spielerzug ist eine Denksportaufgabe für sich, die zu bearbeiten erst sinnvoll ist, wenn die Konkurrenten ihre Züge abgeschlossen haben. Die optimale Zugkombination aus Rautenbewegung, Teleportern und Schlangenüberwindung zusammenzubasteln ist eine reizvolle, kombinatorische Aufgabe für den aktiven Schatzjäger – und gleichzeitig eine zähe, nervtötende Warterei für die übrigen Mitspieler. Je größer die Spielerzahl, desto länger werden diese Downtimes. Man sollte sich vor Spielbeginn auf schnelles Grübeln einigen, oder (noch sicherer!) gar nicht erst in voller Besetzung von 4 Spielern nach dem Gold der Inka greifen. Vor allem zu zweit, aber auch zu dritt sind die „toten Phasen“ noch erträglich, und der Käufer erhält für schlappe 12 € ein vollwertiges, großes Brettspiel mit hohem „Knobelfaktor“. Wem derartige Gedankenspiele nicht liegen, und wer lieber permanent ins Spielgeschehen eingebunden sein möchte, sucht seinen Schatz allerdings besser andernorts.
Rezension Steffen Stroh
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.