Rezension/Kritik - Online seit 09.03.2009. Dieser Artikel wurde 12478 mal aufgerufen.
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Im Jahre 1888 wurde der Whitechapel-Distrikt in London von einem Mörder terrorisiert, der als Jack the Ripper Bekanntheit erlangte. Scotland Yard war nicht in der Lage, den Fall zu lösen, und bis heute ist die Identität des Mörders ein Rätsel. Wo Scotland Yard also versagte, können nun die Spieler auf der Jagd nach dem Täter ihr Glück versuchen.
Abhängig von der Anzahl der Teilnehmer erhält jeder Spieler 8 bis 10 Karten. Das Grundprinzip des Spieles ist sehr einfach: Man muss eine Karte ziehen, darf Karten ausspielen und muss wieder eine ablegen. Neben möglichen Sonderbedingungen endet eine Runde meistens, wenn ein Spieler seine letzte Karte auf den Ablagestapel legt.
Da es ohne Opfer keinen Täter geben kann, darf man erst dann Karten vor sich ablegen, wenn mindestens ein Opfer ausgespielt wurde. Will man danach Scotland Yard mit Hinweisen unterstützen, so dürfen diese Hinweise nur abgelegt werden, wenn man drei gleiche auf der Hand hat. Liegt von einer Farbe jedoch schon eine Hinweisgruppe aus, so darf man diese auch durch Einzelkarten ergänzen, die man aber immer zu den eigenen Karten legt, auch dann, wenn die dazu passende Hinweisgruppe vor einem anderen Spieler liegt. Diese Vorgehensweise ist notwendig, damit man am Ende der Runde weiß, welchem Spieler welche Punkte zuzuordnen sind.
Ergänzt wird das Spiel durch eine Menge Sonderkarten:
und einige mehr.
Am Rundenende ist jener Verdächtige der Ripper, von dessen Farbe am meisten Hinweiskarten ausliegen. Als Belohnung dafür erhält man für diese Karten die doppelte Punktzahl, egal, vor wem die Karten liegen. Für alle anderen ausgespielten Karten gibt es die aufgedruckten Punkte. Minuspunkte erhält man für Handkarten, die man nicht hätte ausspielen können sowie für bestimmte Sonderkarten.
Außerdem besteht einmal pro Runde die Möglichkeit, einen Tipp abzugeben, wer zum Schluss der Täter sein wird. Für richtige Tipps gibt es am Ende ebenfalls Punkte.
In manchen Fällen endet ein Durchgang nicht durch das Ablegen der letzten Karte, sondern dadurch, dass der Nachziehstapel zum zweiten Mal aufgebraucht wurde oder ein Spieler durch eine Sonderkarte zum Ausspielen seiner letzten Handkarte gezwungen wird. Außerdem gibt es die Karte "Der Ripper entkommt", die jedoch erst ausgespielt werden darf, wenn alle fünf Opfer ausliegen. In diesem Fall erhält der Spieler, der die Karte abgelegt hat, 35 Punkte gutgeschrieben und alle anderen erhalten lediglich die Punkte für ausgespielte Opfer- und Tatortkarten.
Das Spiel endet, sobald ein Spieler 100 Punkte erreicht hat.
Die wunderschöne Aufmachung der Spielbox hat mich dazu angeregt, dieses Spiel zu kaufen. Eine Seitenkante sieht aus wie der Rücken eines alten, in Leder gebundenen Buches und hat etwa Taschenbuchgröße. Nach dem Öffnen des Klappdeckels wird man ebenfalls nicht enttäuscht. Eingebettet in einen Kartonrahmen, der ein wenig an einen Samteinsatz erinnert, liegen die Karten auf zwei Samtbändern, mit deren Hilfe man die Spielkarten leicht der Schachtel entnehmen kann. Die Karten selbst sind mit Farbbalken und stimmungsvollen Schwarz-Weiß-Grafiken versehen.
Spieltechnisch gibt es an den Karten leider zu bemängeln, dass mit dunkelrot, rot, rosé und dunkelorange Farben gewählt wurden, die bei künstlichem Licht nicht leicht zu unterscheiden sind, wenn man sie nicht zufällig nebeneinander in der Hand hält. Zwar sind die Karten auch mit den Täternamen versehen, aber diese sieht man leider nicht, wenn man die Karten normal gefächert hält. Positiv ist wiederum zu erwähnen, dass hinsichtlich der vielen Sonderregeln zu den einzelnen Kartentypen der Kurztext am unteren Kartenrand sehr hilfreich ist. Hier kann man anfangs immer wieder nachsehen, was die einzelnen Karten bewirken. Einfacher wäre zwar eine Zusammenfassung dieser Sonderfunktionen auf den Übersichtskarten gewesen, welche lediglich die Aufzählung der vorhandenen Karten enthält, weil man dazu die Karten nicht aus der Fächerformation ziehen müsste. Aber aus irgendeinem Grund kam der Verlag nicht auf diese Idee.
Die Spielregel ist auf Anhieb nicht einfach zu verstehen. Alle meine Bekannten, die sich die Regel selbst erarbeitet haben, mussten mindestens zwei Anläufe nehmen, bis alles verinnerlicht war. Jedoch kann man diese Anfangsprobleme selbst nicht mehr ganz nachvollziehen, wenn man die Regel nach dem ersten Spiel noch einmal liest. Dann nämlich scheint plötzlich alles klar zu sein, denn der Spielregel an sich kann man keine Fehler vorwerfen.
Vielleicht liegt's daran, dass die Regel mit Fachausdrücken gespickt ist, die vor dem ersten Spiel noch nicht geläufig sind (so nennt man den Nachziehstapel "Fallakte", den Ablagestapel "Scotland Yard" usw.). Oder es wurde die Reihenfolge der Regelerklärung ein bisschen unglücklich gewählt, denn nach einer kurzen Skizzierung des eigentlichen Spielablaufs werden gleich sämtliche Sonderregeln im Detail aufgezählt, bevor man überhaupt irgendetwas über die Funktionen der verschiedenen Karten weiß. Dies verwirrt zu Beginn enorm und führt wahrscheinlich dazu, das Regelstudium nicht beim ersten Anlauf erfolgreich hinter sich bringen zu können. Lobend ist jedoch zu erwähnen, dass das Spiel vor seiner Veröffentlichung anscheinend auf Herz und Nieren getestet wurde, denn die Spielbeschreibung geht wirklich auf jede, wenn auch noch so seltene, Spielsituation ein.
Obwohl Mystery Rummy eigentlich kein komplexes Spiel und hinsichtlich seiner Grundstruktur recht einfach gestrickt ist, empfindet man die Regeln anfangs doch als ziemlich umfangreich. Auch jenen Spielern, welchen das Spiel von mir erklärt wurde, rauchten meistens die Köpfe, bis alle Details genannt worden waren. Deshalb bin ich dazu übergegangen, die ersten Testrunden jeweils ohne die meisten Sonderkarten zu spielen und diese erst in der zweiten Runde ins Spiel zu bringen. Was natürlich diese erste Runde sehr unspektakulär erscheinen lässt, denn die Sonderkarten sind zweifellos das Salz in der Suppe.
Mit ihnen kommt erst Interaktion ins Spiel, denn damit kann man den Mitspielern wertvolle Opfer bzw. Tatorte klauen bzw. sie dazu zwingen, diese ohne ihre jeweilige Sonderaktion auszuspielen. Oder man kann einem bereits eindeutigen Verdächtigen, von dem man selbst keine Karten ausgespielt hat, in letzter Sekunde ein Alibi verschaffen und gleichzeitig einen Verdächtigen neu ins Rennen bringen, bei dem man am Ende mitkassieren kann, weil man einige gleichfarbige Karten vor sich ausliegen hat.
Durch die Karte "Der Ripper entkommt" wurde in meinen Spielen nur eine einzige Runde beendet. Und dies auch nur deshalb, weil ich mir in Gedanken immer wieder vorsagte, speziell auf diese Möglichkeit zu achten. Nach unzähligen Runden, in denen die Karte nicht spielbar war, weil nicht alle fünf Opfer auslagen, vergisst man mit der Zeit einfach auf diese Alternative, die nicht nur eine Menge Punkte bringt, sondern vor allem auch einen enormen Vorteil gegenüber den Mitspielern, die in solchen Runden meistens ziemlich leer ausgehen. Andererseits kann man auch Minuspunkte kassieren, wenn man diese Sonderkarte am Schluss noch auf der Hand hält.
Die Tippabgabe ist zwar eine nette Zusatzvariante, die aber nur zu empfehlen ist, wenn die Spieler nichts gegen eine zusätzliche Portion Glück im Spiel haben. Da alle Spieler zugleich ihre Tipps abgeben müssen, tippen sie vermutlich alle richtig, wenn gegen Rundenende hin geraten wird. Ansonsten ist es eine allzu sehr vom Glück bestimmte Raterei, denn wer welches Alibi zur rechten Zeit auf der Hand hält, kann man nie genau wissen.
Der Titel "Rummy" wird bestimmt in vielen Leuten die Erwartung wecken, bei Mystery Rummy handele es sich um eine Variante des Legeklassikers. Dem ist eigentlich nicht so, denn die einzige Ähnlichkeit liegt darin, dass man Hinweiskarten erst dann einzeln ablegen darf, wenn ein Spieler zuvor mindestens drei derselben Farbsorte ausgespielt hat.
Die Altersempfehlung ab 8 Jahren halte ich für sehr fragwürdig. Jene 8- und 9-jährigen Kinder (sowohl Viel- als auch Wenigspieler), mit denen ich getestet habe, verstanden das Spiel nach drei bis vier Runden immer noch nicht richtig.
Die angegebene Spieldauer dagegen hat sich in unseren Runden bestätigt. Eine Partie dauert tatsächlich meistens an die 30 bis 40 Minuten, wobei ein Spiel in Zweierbesetzung eher etwas flotter vonstatten geht. Im Übrigen funktioniert Mystery Rummy in allen Besetzungen einwandfrei.
Zwar eröffnet das Spiel zweifellos einige taktische Vorgehensweisen, jedoch darf man in dieser Hinsicht die Erwartungen nicht zu hoch stecken, denn der Großteil der spielerischen Möglichkeiten hängt letztendlich vom Kartenglück ab. Trotzdem können sich Freunde von Legespielen über ein sehr stimmungsvolles Kartenspiel freuen, dass sowohl in Runden mit Viel- als auch mit Gelegenheitsspielern Spaß machen kann.
Rezension Sandra Lemberger
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung Mystery Rummy Fall1: Jack the Ripper: 4,8, 6 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
02.02.09 von Sandra Lemberger |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
02.01.09 von Rainer Harke - Selten, dass mich ein Kartenspiel so fesselt. Einfache Regeln, hoher Spielspaß. Das anfänglich als Absacker eingeschätzte Spiel entpuppt sich schnell als abendfüllendes Programm. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
11.02.09 von Silke Hüsges |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
24.02.09 von Michael Schlepphorst |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
18.04.09 von Monika Harke |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
17.09.11 von Michael Kahrmann |
Leserwertung Mystery Rummy Fall1: Jack the Ripper: 4.0, 6 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
09.03.09 von Florian K. - Strategie ermöglichen erstens die Karte "Der Ripper entkommt" - das funktioniert wie ein Durchmarsch beim Ramsch - und zweitens die Möglichkeit, den wahren Ripper einmal im Spiel zu tippen. Zu beidem braucht man aber auch erst die richtigen Karten, im 1. Fall die "Ripper entkommt"-Karte und möglichst viele Tatorte sowie Opfer, im 2. Verdachts- und Alibi-Karten. Die Gegner sollten diese Strategien (vor allem die erste) möglichst früh bemerken und kontern. Weil sich zu zweit die Karten weniger verteilen, ist die Chance auf eine strategische Partie im Duell wesentlich besser. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
15.03.09 von Braz - Sehr schönes Kartenspiel: Stimmungsvoll, strategisch, kann auch sehr gut mit in den Urlaub genommen werden. Mir hat`s gefallen |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
18.03.09 von Beate Bindrim - Kommt bei uns immer wieder auf den Tisch - schnell gespielt und jedes Mal spannend bis zum Schluss. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
25.03.09 von JonTheDon - Vielleicht sehe ich sie auch nicht, aber mir sind einfach zu wenig echte Einflussmöglichkeiten im Spiel. Kann sein, dass die mit mehr Erfahrung kämen, aber dazu ist mir der Ablauf zu wenig motivierend. Kartenfarben schlecht voneinander unterscheidbar. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
13.10.10 von Steffen Hilger - Nein, diese aufgepeppte Romme-Variante ist nichts für mich. Die Möglichkeiten zur taktischen Einflußnahme liegen auf dem Niveau von "Mensch ärgere Dich nicht". Nur die gute Kartenqualität und die auf den Karten hergestellten Bezüge zu den historischen Geschehnissen sind zu loben. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
26.05.19 von felixs - Ausgezeichnete Romme-Variante, aber von allen Mystery-Rummy-Spielen am weitesten von Romme entfernt. Grundsätzlich einfache Regeln, der Abstraktionsgrad schafft aber eine gewisse Einstiegshürde. Thematisch erstaunlich gut passend. Interessant ist die Möglichkeit, einen Tipp auf die Identität des Mörders abzugeben, was dem Spiel ein wenig Deduktion hinzufügt. Ansonsten ist es ein um Elemente moderner Brettspiele bereichertes klassisches Kartenspiel. |