Spielerei-Rezension
Es ist immer wieder erstaunlich, wie es Karsten Adlung gelingt ungewöhnliche Kartenspiele in sein Verlagsprogramm zu bekommen. Dies ist mit der Herbstneuheit des letzten Jahres, Die Kutschfahrt zum Teufelsberg, nicht anders. Gerade mal sechzig Karten beinhaltet die bekannte Schachtel, und doch können bis zu zehn Spieler an der riskanten und abenteuerlichen Kutschfahrt teilnehmen.
Diese Personen gehören zwei verschiedenen Geheimbünden an und zunächst kennt keiner die Identität des anderen. Wer also ist Verbündeter, wer ist Gegner?
Nein, wirklich Vertrauen erweckend sehen sie nicht aus, die fünf Damen und ebenso vielen Herren, die sich in der Kutsche befinden. Dabei sind doch auch Adelige wie zum Beispiel Gundla von Hochberg oder Sir Henry Sinclair mit an Bord. Zu Spielbeginn sucht sich jeder der Mitspieler eine dieser Personenkarten aus und nimmt sie auf die Hand. Da die beiden Seiten bis auf ein Symbol identisch sind, braucht sie auch nicht vor den Mitspielern verdeckt zu werden. Da ist es bei den Berufskarten schon etwas anders. Jedem wird nämlich verdeckt eine solche Karte ausgehändigt und jede beinhaltet eine besondere Fähigkeit, die der entsprechende Charakter einmal im Spiel wahrnehmen darf, es kann sich aber auch um Fähigkeiten handeln, die er laufend hat. Aber auch einmalige Berufe können im Spielverlauf wieder aktiviert werden. Anschließend erhält jeder Spieler verdeckt eine Karte die bestimmt, welchem Geheimbund er angehört. Da ist entweder der Orden der offenen Geheimnisse oder die Bruderschaft der wahren Lüge. Die Anzahl der Gesellschaftskarten wird natürlich immer gleichmäßig verteilt, ist die Anzahl der Mitspieler ungerade, bekommt jeder Spieler noch einen Trank der Macht, dazu später mehr.
Sind diese Karten alle verteilt, bleiben noch 21 für das Reisegepäck übrig. Der Großteil davon ist mit einem Siegel versehen. Die anderen sollte man in den ersten Partien besser zur Seite legen, da der Spielablauf wohl zu kompliziert wird. Entnommen werden auch die beiden Koffer. Nun werden die restlichen Karten gemischt und dann zwei Karten weniger als Mitspieler abgezählt, zu diesen die beiden Koffer gegeben, erneut gemischt und dann an jeden Spieler ein Gegenstand verdeckt ausgegeben. Ist doch ganz einfach, oder?
Jede Gesellschaft braucht drei bestimmte Gegenstände um das Spiel zu gewinnen. Während der Orden die drei vorhandenen Schlüssel braucht, ist die Bruderschaft auf die drei Kelche angewiesen. Diese und die anderen Gegenstände bilden das Reisegepäck der einzelnen Personen, von denen, abhängig von der Anzahl der Spieler, verschieden viele mitgeführt werden dürfen. Wichtig zu erwähnen ist, dass die meisten Karten den grundsätzlichen Regeln widersprechen. Dabei werden, wie von anderen Spielen wohlbekannt, die Regeln der Karten vorrangig behandelt.
So, nun genug der Vorrede, die Reise beginnt. Ist ein Spieler an der Reihe, hat er verschiedene Möglichkeiten, von denen das Passen die erste und einfachste ist. Alternativ kann er einen seiner Gegenstände einem beliebigen Mitreisenden zum Tausch anbieten. Nach dem Ansehen der Karte kann er sich entscheiden, ob er den Tausch annimmt. Wenn ja, gibt er eine andere Karte zurück. Viele der Gegenstände haben eine Besonderheit, die sich für denjenigen auswirken, der die Karte angeboten hat. Wird eine Karte angeboten, die keine sofortige Auswirkung hat, bleibt der Gegenstand unbenannt. Anschließend ist dann der nächste Spieler an der Reihe. Als dritte Möglichkeit kann ein Mitspieler auch angegriffen werden. Der Angreifer legt nun seine Personenkarte mit dem Schwertsymbol ab, der Verteidiger dreht seine Karte auf die Seite mit den Schilden. Nun können sich die nachfolgenden Spieler entscheiden ob sie eine der beiden Parteien im Kampf unterstützen. Wird der Angreifer unterstützt, wird die entsprechende Personenkarte mit dem Schwertsymbol oben abgelegt, wird dem Verteidiger geholfen, wird das Schildsymbol abgelegt. Nun können die Eigenschaften der Gegenstände und der Berufe genutzt werden. Ist dies erledigt, wird das Kampfergebnis ermittelt. Hierzu werden die entsprechenden Symbole addiert und der Spieler mit dem höheren Ergebnis gewinnt den Kampf. Der Sieger entscheidet nun über das Schicksal des Unterlegenen. Dazu hat er zwei Optionen: Entweder er darf sich die Karten vom Beruf und der Gesellschaft des Unterlegenen anschauen oder er schaut in dessen Reisegepäck und nimmt sich einen Gegenstand daraus auf seine Hand, ohne allerdings die Besonderheiten zu nutzen. Endet das Duell unentschieden, darf sich der Angreifer einen Gegenstand vom Nachziehstapel ziehen. Als vierte und letzte Option kann auch der Sieg verkündet werden. Dies wird gemacht, wenn der Spieler sicher ist, dass seine Gesellschaft über die oben genannten Gegenstände verfügt und sich einer davon mindestens in seinem Besitz befinden. Er muss aber auch die Mitglieder seiner Gesellschaft benennen, welche die anderen Gegenstände besitzen. Trifft dies zu, gewinnt die entsprechende Gesellschaft, sollte es jedoch nicht stimmen, gewinnt die Gegenpartei.
Die Kutschfahrt zum Teufelsberg ist sicherlich ein außergewöhnliches Spiel, das ständige Aufmerksamkeit erfordert und nicht mal eben schnell zwischendurch gespielt werden kann. Das Deduktionselement ist der Hauptbestandteil des Spieles, dazu kommen noch Elemente des Memorys sowie eines Kartenduells. Den beiden Autoren Michael Palm und Lukas Zach ist ein Klassespiel gelungen, das auch noch durch die wunderschöne und stimmige Grafik von Eckhard Freytag und Lukas Zach unterstützt wird. Wird das Spiel allerdings in voller Besetzung und mit allen Gegenständen gespielt, kann es schon mal abendfüllend werden, hat jedoch den Vorteil, dass es zu keiner Zeit langweilig wird.
Rezension
In Kooperation mit der Spielezeitschrift