Rezension/Kritik - Online seit 23.03.2024. Dieser Artikel wurde 2338 mal aufgerufen.

Mycelia

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Verlag: Ravensburger
Rezension: Franky Bayer
Spieler: 1 - 4
Dauer: 45 Minuten
Alter: ab 9 Jahren
Jahr: 2023
Bewertung: 4,5 4,5 H@LL9000
4,7 4,7 Leser
Ranking: Platz 1215
Mycelia

Spielziel

Schmetterlingssporling, Orangeroter Porenhelmling, Indigo-Reizker, Semmel-Stoppelpilz, Milder Zwergknäuling, Grüngefelderter Täubling - wer solche Begriffe findet, erwartet sich wohl ein fundiertes, naturwissenschaftliches Werk. Dies sind nämlich allesamt bestimmte Arten der Gattung Fungi (Pilze), ein Reich eurokarytischer Lebewesen, welche wie die Pflanzen (plantae) sesshaft sind, jedoch keine Photosynthese betreiben.

Im Spiel Mycelia nehmen diese Pilze jedoch menschliche Züge an und sollen uns dabei helfen, die magischen Tautropfen aus unserem Wald so schnell wie möglich zum Schrein des Lebens zu bringen, um die Unterstützung der Waldgöttin zu erhalten.

Ablauf

Jeder von uns hat seinen eigenen Spielplan, der seinen Wald mit unterschiedlichen Feldern (Wasser, Laub, Moos, Erde) darstellt. Eine zufällige Aufbaukarte gibt vor, auf welche Felder wir unsere 20 Tautropfen verteilen. Um unsere Aufgabe - unseren Wald schnellstmöglich zu leeren - zu erfüllen, stehen uns anfangs bloß sechs - noch dazu wenig hilfreiche - Startkarten, sowie zwei Aktionskärtchen zur Verfügung.

Bevor es losgeht, wird noch der Schrein vorbereitet, indem ein Spezialwürfel auf das der Spielerzahl entsprechende Feld platziert wird, sowie die Blätter (in den Werten 1, 3 und 5) bereitgelegt werden. Außerdem nehmen wir schon mal drei Karten vom Nachziehstapel auf die Hand.

Diese drei Karten müssen wir in unserem Spielzug ausspielen. Unsere mickrigen Startkarten schaffen es aber bloß, einen Tautropfen von einem bestimmten Untergrund auf ein orthogonal Nachbarfeld zu verschieben oder uns ein paar Blätter - die Währung des Spiels - zu beschaffen. Wird ein Tautropfen dabei auf das Schreinfeld unseres Spielplans verschoben, entfernen wir ihn und legen ihn am Ende unseres Zuges auf die leeren Felder des Schreins.

Mit ausreichend Blättern können wir jedoch anschließend "Mycelias Helden anheuern", was so viel bedeutet wie Karten aus der offenen Auslage zu kaufen und unserem Deck zuzufügen. Neue Karten legen wir sofort auf unseren Nachziehstapel, wodurch sie uns bereits im nächsten Spielzug zur Verfügung stehen.

Die neuen Karten weisen wesentlich stärkere Fähigkeiten auf. So können wir etwa mehrere Tautropfen auf einmal bewegen oder eine größere Anzahl an Blättern erhalten. Einige Karten erlauben uns sogar, eine oder mehrere Tautropfen direkt aus unserem Wald zu entfernen. Generell gilt: Je mehr Blätter eine Karte kostet, umso mächtiger ist die Funktion des jeweiligen Helden.

Am Ende unseres Zuges legen wir die ausgespielten Karten auf einen offenen Ablagestapel rechts neben unserem Spielplan und füllen die Auslage wieder auf 5 Karten auf. Sollte nun der Schrein voll sein (etwa mit 20 oder mehr Tautropfen bei vier Spielern), wird er einmal komplett in Pfeilrichtung gedreht, wodurch der Spezialwürfel durch die Öffnung rollt. Das so erwürfelte Symbol zeigt uns auf der Nachschubkarte an, auf welche Felder unseres Waldes neue Tautropfen hinzukommen.

Sobald jemand den letzten Tautropfen auf seinem eigenen Plan entfernt, wird die laufende Runde nur mehr zu Ende gespielt. Wir gewinnen, wenn wir keinen Tautropfen mehr in unserem Wald haben. Sollte dies mehreren Spielern gelingen, zählt dann als Tiebreaker der höchste Wert an Blättern im eigenen Vorrat.

Fazit

Mycelia ist - unschwer zu erkennen - ein Deckbauspiel. Aber eines der einfacheren Sorte, denn das Spielprinzip ist schnell verstanden, die Regeln schnell erklärt, und auch die Spieldauer bewegt sich in einem sehr angenehmen, Gelegenheitsspieler-tauglichen Rahmen von etwa einer halben Stunde.

Diese spielmechanische Reduzierung bedeutet allerdings nicht, dass Mycelia banal oder trivial wäre. Ganz im Gegenteil, denn will man erfolgreich sein, heißt es schon, taktisch geschickt vorzugehen. Dies gilt sowohl beim Kaufen neuer Karten, wobei es darauf ankommt, für die aktuelle Lage auf dem eigenen Spielplan die passenden Fähigkeiten zu erlangen, als auch beim Nutzen der anderen Karten, um auf dem Plan eine möglichst günstige Position herzustellen, beispielsweise indem man Tautropfen auf die richtigen Felder verschiebt.

Die Fähigkeiten vom "Mycelias Helden", also der anderen Spielkarten, weisen dabei unterschiedliche Symbole auf. So betreffen einige Karten auch die Mitspieler, manche wirken nur auf Felder, die mindestens eine gewisse Anzahl an Tautropfen aufweisen, andere benötigen sogar eine ganz bestimmte Anzahl an Tautropfen. Glücklicherweise finden sich alle Funktionen und Effekte detailliert beschrieben in der Spielanleitung, die wichtigsten davon ebenfalls auf einer praktischen Spielerhilfenkarte.

Natürlich besteht auch ein kleiner Glücksanteil. Obwohl für alle zumindest im Standardspiel die gleiche Ausgangslage gilt, kann das momentane Angebot an Karten mal passend zur aktuellen Situation, mal weniger geeignet sein. Ich empfinde diesen vorhandenen Glücksfaktor aber kaum als störend und - in Relation zur kürzeren Spieldauer - auch durchaus als akzeptabel. Kluges Taktieren spielt dennoch eine wichtigere Rolle.

Aber auch an fortgeschrittene Spieler wurde gedacht. Zum einen finden sich auf den Rückseiten der Spielpläne alternative Aufteilungen der Felder, so dass alles weniger symmetrisch abläuft. Zum anderen gibt es noch Erweiterungskarten mit geringfügig komplexeren Fähigkeiten. So erlauben etwa einige Karten das Entfernen von Karten aus dem eigenem Deck, andere bringen neue, stärkere Aktionsplättchen oder starke Soforteffekte. Dies sorgt für mehr Abwechslung und eine Steigerung des Wiederspielreizes.

Für einsame Stunden wurden auch Regeln für das Solo-Spiel integriert, bei der der Solist gegen Gwidyon, den Geisterpilz antritt, der von speziellen Solo-Karten gesteuert wird. Es ist gar nicht so einfach, den "Bot" zu besiegen, sodass man sich schon ganz schön anstrengen muss, um vor dem Geisterpilz seinen Spielplan zu leeren.

Am herausragendsten finde ich persönlich jedoch die Wahl des Themas und die damit Hand-in-Hand-gehende grafische Gestaltung. Ich kenne zwar einige Spiele mit Pilzen (z.B. Fungi von Pegasus Spiele, 2000), aber in keinem übernehmen sie eine aktive Rolle. Wie den Pilzen von Justin Chan menschliche Züge verpasst wurden, ist ganz große Klasse. Man merkt, dass Ravensburger extra einen Pilzberater der Stadt Ravensburg zu Rate gezogen hat, denn die vorkommenden Pilze - sie sind allesamt mit ihrer lateinischen Bezeichnung angegeben - wurden nach ihren realen Vorbildern illustriert.

Abgesehen von den zauberhaft gestalteten Karten gefällt mir auch das restliche Spielmaterial sehr gut. Sicher, der "Schrein des Lebens" ist im Grunde genommen ein nicht notwendiges Gimmick, er reguliert aber dennoch dezent und wirkungsvoll den Ablauf. Die verschiedenen Aufbau- und Nachschubkarten zusammen mit dem Ereigniswürfel sorgen für immer wieder andere Voraussetzungen. Die Spielanleitung selbst ist gut gegliedert und lässt keine Fragen unbeantwortet.

Zugegeben, Mycelia mag nicht an die Herausforderung anspruchsvollerer Deckbauspiele herankommen, aus der Sicht von Familien und Gelegenheitsspielern ist es allerdings ein sehr reizvolles Spiel, das auch aufgrund der relativ kurzen Spieldauer enormen Spaß macht. Ich für meinen Teil räume Mycelia sogar gute Chancen auf die eine oder andere Auszeichnung abseits des Kenner- und Expertenniveaus ein.

Rezension Franky Bayer

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Mycelia: 4,5 4,5, 2 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 13.01.24 von Franky Bayer - Einfaches Deckbauspiel mit zauberhafter Gestaltung (wenn auch unnötigem Gimmick). Locker und flott gespielt, macht Spaß, daher Spielreiznote 5.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 01.12.23 von Udo Kalker - Familiendeckbuilder, der gunt funktioniert - aber warum braucht man dieses risiege Rondell, damit dort nur die Tropfen fallen und der Würfel gewürfelt wird ...

Leserbewertungen

Leserwertung Mycelia: 4,7 4.7, 7 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 01.11.23 von Andreas K. - Sehr schönes haptisches Spiel. Man muss Tropfen auf dem eigenen Spielbrett durch verschieben oder spezielle Karten loswerden. Dabei kauft und zieht man Karten genau wie in Dominion. Das schöne Rondell in der Mitte wird bei zuviel losgewordenen Tropfen drehen, so dass ein Würfel mit runterfällt, der mehr oder weniger viele Tropfen wieder aufs Spielbrett bringt. Relativ einfaches Spiel was aber durch die Varianz der Spielbretter und Karten immer wieder anders ist.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 03.11.23 von Koeppquist - Als Spiel für Kinder oder als Familienspiel ganz nett - mehr aber auch nicht.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 08.11.23 von Gambler1809 - Familienfreundlicher Einsteiger als Deckbuilder, der in den ca. 30-40 Runden, die ich auf der Berlin-Con mit vielen verschiedenen Personen unterschiedlichen Alters gespielt habe, sehr gut ankam. Die bereits implementierte Erweiterung macht das Spiel nach einer ersten Kennenlernrunde noch abwechslungsreicher.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 20.11.23 von rennmuli - Mycelia ist sehr schön aufgemacht, die Regeln sind schnell erklärt und es spielt sich flüssig. Einziger Kritikpunkt: die Symbolik auf den Karten ist nicht eindeutig und leider auch nicht für jede Karte erklärt. Das ist während des Spielens etwas ärgerlich. Hier fehlt eindeutig ein Beiblatt, das jedes abgebildete Symbol erläutert.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 20.11.23 von Andreas Arnold - Nach etwas mehr als 10 Partien bin ich mir sicher, dass wir dieses Spiel im Juni 2024 auf der Auswahlliste zum roten Pöppel finden. In meiner Familie kam schon lange kein Spiel mehr so gut an!
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 01.12.23 von Britzer - Ein Deckbuilder auf Familienniveau. Das Thema und die Grafiken gefallen sehr. Wie auch von anderen angemerkt, ist die Ikonografie nicht immer optimal und lässt Fragen offen. Das Dreh-Rondell ist ein nettes (überflüssiges?) Gimmick um einen Würfel zu werfen.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 19.12.23 von schlgenheim - Sehr schönes und gutes Familienspiel

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