Spielziel
Die Spieler stehen als ambitionierte Gärtner vor der Herausforderung, die Beete ihres Gartens mit Pflanzen zu füllen, bis alles in prächtiger Vielfalt blüht. Dann wird gewertet und man versucht mit einem neuen Beet abermals, schneller und besser als die Mitspieler kleine, üppig blühende Gartenparadiese zu schaffen.
Ablauf
Auf dem 4 x 4 Felder großen Markt befinden sich verschiedene Blumenteile. Ist man am Zug, darf man sich eines davon nehmen, und zwar aus jener Reihe, neben der sich gerade der Gärtner befindet. Dieses Blumenpuzzleteil platziert man auf einem seiner beiden 5 x 5 Felder großen Beete, möglichst, ohne damit einen aufgedruckten Blumentopf bzw. eine Pflanzglocke zu überdecken.
Sobald ein Beet gefüllt ist, gibt es Punkte. Pro sichtbarem Blumentopf bzw. Pflanzenglocke dürfen die entsprechenden Wertungsmarker vorgerückt werden. Anschließend wird das Blumenbeet durch ein neues ersetzt, so dass man (fast) immer mit zwei Beeten spielt.
Liegen keine passenden Blumenbeetteile aus, darf man stattdessen auch einen Blumentopf nehmen, der immer genau ein Feld groß ist und somit in jede Lücke passt. Außerdem kann man zusätzlich auch immer eine Katze legen, die ebenfalls zum Lückenfüllen verwendet wird, allerdings bei der Wertung keine Punkte bringt.
Am Ende eines Zuges bewegt man den Gärtner um ein Feld weiter, damit der nächste Spieler sein Glück in einer anderen Reihe versuchen kann.
Nach der fünften Gärtnerrunde gibt es keine neuen Beete mehr und es werden nur mehr die bereits angefangenen Beete bestückt. Außerdem muss man jeweils zu Beginn seines Zuges 2 Siegpunkte abgeben. Am Ende gewinnt, wer mit seinen Beeten die meisten Punkte erzielen konnte.
Fazit
Grafisch ein sehr gelungenes Erstlingswerk des Verlages "Edition Spielwiese", der vom Inhaber der Berliner Ludothek "Spielwiese" gegründet wurde. Lediglich die vermeintlichen Fettflecken auf der Titelseite, die tatsächlich täuschend echt aussehen, fand ich dann doch ein wenig zu viel des Guten. Ich habe das Spiel nämlich direkt nach der Messe verliehen, und als ich es zurück bekam, dachte ich bei mir, dass ich ein wenig mehr Sorgfalt im Umgang mit fremdem Eigentum schon irgendwie begrüßt hätte. Zum Glück habe ich das nicht laut ausgesprochen, denn nachdem ich irgendwann ein fremdes Exemplar von Cottage Garden in Händen hielt, ließen mich dieselben Fettflecken an denselben Stellen wie in meinem Spiel erst erkennen, dass das zur Aufmachung gehört.
Cottage Garden basiert auf Uwe Rosenbergs Idee zu Patchwork. Während dieses aber ein reines Zwei-Personen-Spiel ist, können nun bis zu vier Spieler mitmachen. Allerdings gibt es noch genügend andere Unterschiede, die nicht das Gefühl aufkommen lassen, es handle sich eigentlich um dasselbe Spiel. Während man bei Patchwork sehr viel überlegen und vorausplanen kann (und auch muss, wenn man gewinnen will), weil alle Puzzleteile unterschiedliche Preise haben und man bei der Zugweite der eigenen Figur ebenfalls einen gewissen Spielraum hat, ist das bei Cottage Garden alles klar vorgegeben. Es liegen eben maximal vier Teile aus, die zur Wahl stehen. Trotzdem gibt es noch diverse Entscheidungen zu treffen:
- Setzt man bei einer Reihe mit lediglich zwei oder drei Teilen eine seiner Katzen ein, damit die Reihe vor dem eigenen Zug wieder aufgefüllt wird? Katzen gibt es schließlich nicht im Überfluss, nur wenn einer der sechs Wertungsmarker eine bestimmte Linie überschreitet.
- Nimmt man einen Blumentopf oder ein Plättchen? Blumentöpfe sind zwar beliebte Lückenfüller, aber greift man zu oft danach, bringt einen das auch nicht vorwärts.
- Wenn mehrere Teile passen würden, für welches entscheiden man sich zuerst?
- Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich der Verlag hier eine tolle Hilfestellung ausgedacht hat: Auf den Lauffeldern des Gärtners sind nämlich kleine Pfeilsymbole aufgedruckt. Jeweils eines dieser Symbole ist einem entweder das ganze Spiel über zugeordnet bzw. im Spiel zu dritt immer für eine ganze Runde. Somit kann man genau sehen, welche Reihe als nächstes zur Verfügung steht, welche als übernächstes usw.
In diesem Zusammenhang finde ich auch den Sonnenschirm witzig. Diesen darf man auch einsetzen, wenn man gerade nicht an der Reihe ist. Er dient als Platzhalter für ein Puzzleteil, das man sich nimmt, um zu überprüfen, ob es in eine Lücke des eigenen Beetes passt oder nicht. In einigen meiner Runden hat der Schirm schon dazu beigetragen, dass der Spielverlauf zügig voranschritt, weil nicht erst probiert wurde, wenn man tatsächlich an der Reihe war. Interessantes Detail am Rande: Das bei Tetris unbeliebte Plus-Teil liegt auch bei Cottage Garden meistens sehr lange auf dem Markt aus, ehe sich jemand seiner erbarmt!
Obwohl das Puzzeln an sich doch recht solitär verläuft, muss man dabei aber gerade bei der Auswahl der Plättchen immer wieder die Beete der Mitspieler im Auge behalten, damit man weiß, was die gut brauchen können und bei welchen Blumenbeetteilen die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass sie es einem wegschnappen werden.
Ein Element hat das Spiel, welches mir weniger gefällt: In der letzten Runde verliert man vor jedem Spielzug 2 Siegpunkte. Und zwar so lange, bis man sein letztes Beet vollendet hat und damit aus dem Spiel aussteigt. Man muss also sehr darauf hinarbeiten, dass man am Ende der 5. Runde entweder zwei fast volle Beete besitzt oder dass zumindest eines davon so leer ist, dass man es abräumen kann, bevor es in die sechste Runde geht. Ein Tableau, für das man pro Spielzug 2 Punkte verliert und das man dann nicht fertigstellen kann, ist ein absolutes k.o.-Kriterium. Das finde ich für ein Familienspiel zu extrem. Ganz bitter ist es vor allem, wenn man einen seiner sechs Wertungssteine wieder aus dem Ziel hinausziehen muss, denn mit diesen Schritten verliert man statt 1 bzw. 2 Siegpunkten gleich 5 bzw. 6.
Familien, die diesbezüglich nicht empfindlich sind, finden hier ein Spiel, das sich sehr gefällig spielt und - bis auf den oben erwähnten - diverse Fehler verzeiht. Insgesamt habe ich einerseits viele Menschen gesehen, die sich mit viel Freude und Eifer am Gestalten der Blumenbeete verweilt haben, andererseits aber mindestens genauso viele, die das Spiel langweilig und banal fanden: "Plättchen nehmen - hinlegen - fertig – was soll daran spannend sein?", lautete ihr Fazit. In meinen Spielrunden waren es tendenziell die Frauen, die Cottage Garden reizvoll fanden. Vielleicht liegt das daran, dass es in diesem Spiel sehr friedlich und harmonisch zugeht – Möglichkeiten zum Gemeinsein bieten sich kaum. Der Grund, warum die Begeisterungsrufe der Männer meist ausbleiben, ist möglicherweise auch der Spieldauer geschuldet, die gerne ein wenig kürzer sein dürfte. Oder aber die Ursache ist im Blumenthema zu suchen, das Männer als wenig spannend einstufen. Für mich müssen es aber nicht immer Piratenschiffe oder Ritterburgen sein – ich lege (im Spiel wie im realen Leben) auch mal gerne ein Blumenbeet an!
Rezension Sandra Lemberger
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.