Spielziel
Mongolische Stammesführer liefern sich einen eifrigen (Lege-)Wettkampf in der Wüste Gobi. Oase, Steppe und Steinwüste werden durch Brunnen und Kultstätten in Wert gesetzt, um den neuen Wüstenherrscher zu bestimmen. Und wo Wüste ist, dürfen natürlich auch die Reichtumssymbole schlechthin nicht fehlen: Kamele - je mehr, desto besser…
Ablauf
Ort des Geschehens ist der Spielplan, der eine Sandwüste zeigt, die von einzelnen Oasen, Steppen- und Steinwüstenfeldern durchsetzt ist. Zudem wird die Wüstenfläche durch einen Y-förmigen Kamelpfad in drei etwa gleich große Gebiete unterteilt.
Mit vier Stammesführern, 20 Kamelen und fünf verdeckten (!) Handkarten startet jeder Spieler in das Unternehmen Wüsteneroberung, dessen Rundenablauf einen steten Wechsel von Biet- und Legephasen offenbart:
In der Bietphase beginnt der ranghöchste Spieler (Rangfolgeplättchen, zu Beginn zufällig verteilt), indem er ein Angebot aus 1-3 seiner verdeckten Handkarten bildet. Je geringer das Angebot, desto mehr neue Karten darf ein Spieler dafür nachziehen.
Die Mitspieler tun es ihm der Rangfolge entsprechend gleich. Daraufhin sucht sich jeder Spieler, erneut orientiert an der Rangfolge, ein Mitspielerangebot aus, nimmt die angebotene(n) Karte(n), und gibt sein Rangfolgeplättchen an den betreffenden Mitspielers weiter. Eigene Angebote dürfen, so lange möglich, nicht aufgenommen werden. Damit ist gesichert, dass sich Rang- und Spielerreihenfolge von Runde zu Runde ständig ändern.
Die Kartenangebote der Spieler tragen Symbole für Landschafts- oder Bonusplättchen, die sich jeweils paarweise zuordnen lassen: Die Oase mit „Bonus“ Brunnen, Steppen mit Pferden, Steinwüste mit den heiligen Ovoo-Kultstätten und nicht zuletzt die Kamele, die als Bonus Waren durch die Wüste transportieren. Ergänzt wird das Angebot durch Karten mit zusätzlichen Nachziehmöglichkeiten.
Während die Bonusplättchen (Brunnen, Pferde, Ovoos, Waren) verdeckt einbehalten werden, sind Landschaftsplättchen umgehend auf dem Spielplan zu platzieren (Legephase). Oasen ziehen sich vom äußeren Spielfeldrand oder den einzelnen Oasenfeldern ausgehend ins Wüsteninnere, während sich die Steppen vom innen liegenden Kamelpfad nach außen ausdehnen. Steinwüstenabschnitte sind örtlich gänzlich ungebunden. Derlei begonnene oder erweiterte, unbesetzte Gebiete können umgehend mit einem der vier Spielfiguren in Besitz genommen werden. Gleichartige Gebiete dürfen nicht zusammenwachsen, was die Möglichkeiten zur Blockade erhöht. Denn: Je größer die besetzten Landschaftsabschnitte, desto punkteträchtiger sind sie in der Schlussverrechnung mit ihren Bonusplättchen.
Kamele drängeln sich auf dem Kamelpfad, wobei stets eine möglichst große, zusammenhängende Kamelherde angestrebt wird. Auch hier gilt es also, den Expansionsgelüsten der Konkurrenz frühzeitig die Höcker zu zeigen.
Ist das letzte Plättchen eines Landschaftstyps gelegt oder der Kamelpfad bis zum letzten Quadrat gefüllt, endet das Spiel. Jetzt werden die gesammelten Bonusplättchen offen gelegt, und per Multiplikation mit den besetzen Landschaftsabschnitten verrechnet. Hat ein Spieler beispielsweise Gebiete mit insgesamt 9 Oasenfeldern besetzt, und dazu 3 Brunnenplättchen gesammelt, erhält er dafür 9*3=27 Punkte. Bei den Kamelen wird die größte, zusammenhängende Kamelgruppe mit den Warenplättchen multipliziert. Der insgesamt fleißigste Punktesammler ist neuer König der mongolischen Wüste.
Fazit
Abgesehen von einem Druckfehler in der Erstauflage ist das Material von Oase fehlerlos und optisch überaus ansprechend. Besonderer Hingucker sind die 100 farbigen Holzkamele, die sich auf dem Kamelpfad tummeln. Die Spielregel ist gleichermaßen gut illustriert wie strukturiert, und ermöglicht einen einfachen und einprägsamen Spieleinstieg.
Im Spiel selbst ist man stets zwischen eigener Vorteilsnahme und Behinderung der Gegner hin- und her gerissen. Es macht wenig Sinn, stets nur die eigene Punktmaximierung zu beachten, vielmehr gilt: Wieviel bringt mir mein Zug relativ zu meinem Mitspieler? Das kann durchaus bedeuten, dass man nicht immer das lukrativste Angebot annimmt, sondern besser einem gefährlichen Gegenspieler eine Steilvorlage wegschnappt.
Von überaus großer Bedeutung ist dabei das erheltende Rangfolgeplättchen: Zum einen ist die Erstwahl von Angebot und Legeort ein Vorteil, viel erheblicher jedoch die Belohnung, als Rangerster ein beliebiges (!) Zusatzplättchen oder –kamel legen zu dürfen. Dies schlägt besonders hart durch, da sich die Schlusswertung auf Multiplikatoren stützt: Vier Oasen und Brunnen bringen stolze 16 Punkte, 7 Oasen und ein Brunnen bei gleicher Plättchenzahl weniger als die Hälfte! Eine gute Balance ist also gefragt, große Punkteabstände häufig, und die Abhängigkeit von den Angeboten der Mitspielern, sowie der Wertigkeit der eigenen Handkarten enorm.
Daher wohl die Hausregel-Idee, die Handkarten offen aufzunehmen, um bewusste Gebote zu unterbreiten, anstatt verdeckt „nachzulegen“. Testpartien haben ergeben, dass dies dem Spiel weit weniger gut tut, als der Schein vermittelt. Dabei ist der zähere, grübellastigere Spielablauf noch das geringste Problem. Kritisch ist vielmehr die kippende Spielbalance: Nach Standardregel verspricht jeder Landschaftstyp, jede Vorgehensweise per se gleichberechtigt Erfolg. Freie Angebotswahl ermöglicht es jedoch, bestimmte Landschaftstypen oder Bonuskarten gezielt zurückzuhalten, und den Spieler, der darauf gesetzt hat, chancenlos verhungern zu lassen.
Zudem: Auch durch offene Handkarten wird das Spiel nicht zum Strategiekracher, weil Oase das gar nicht sein will. Oase verbindet Glücks- und Taktikelemente zu einem flotten Familienspiel mit taktischem Einschlag, und hat damit eine wesentlich klarer definierte Zielgruppe, als wenn es sich mit offenen Handkarten zwischen alle Genre-Stühle setzen würde. Als solches kann es bedenkenlos empfohlen werden, so lange man mindestens zu viert zum Spielbrett schreitet. Zu dritt nämlich hebelt das Verbot, eigene Angebote aufnehmen zu dürfen, Originalität und Funktionstüchtigkeit des Bietmechanismus aus. Nimmt Spieler 1 das Angebot von Spieler 3 an, sind die übrigen in ihrer Angebotswahl automatisch festgelegt. Das macht wenig Freude, zumal zu dritt auch auf dem Spielplan nur sehr zäh Konkurrenzsituationen aufkommen. Mit 4 oder (noch besser) 5 Spielern ist Oase hingegen sehr unterhaltsam, vorausgesetzt eben, man erhebt nicht allzu immense taktische oder gar strategische Ansprüche.
Rezension Steffen Stroh
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.