Spielziel
"Ich bin Holzfäller und mir gehts gut ..." - diese Anfangszeilen eines alten Monthy-Python-Songs fallen mir immer wieder ein, wenn dieses Spiel auf den Tisch kommt. Obwohl es im Spiel deutlich rasanter zugeht als im weiteren Verlauf des Liedes beschrieben. Von wegen "... dahingleiten auf dem mächtigen British-Columbia-River"!
Mit einem Holzfällerpärchen am schnellsten durch einen immer neu zurechtgelegten Flussverlauf als Erster durchzukommen ist das hehre Ziel. Das gelingt nur dem, der Kartenglück und Beiseiteschubsen der anderen Spielfiguren oder herumtreibenden Holzstämme ideal zu kombinieren vermag.
Ablauf
Aus 6 doppelseitigen Spielplänen werden 2 herausgesucht und zu einem großen Spielplan zusammengelegt. Dadurch ergeben sich bei jedem Spiel neue Streckenverläufe. Auf jedem Spielplan ist ein in Sechsecke unterteiltes Stück Fluss abgebildet und mal mit mehr, mal mit weniger Holzstamm- und Strömungsfeldern versehen. Auf alle Holzstammfelder wird ein entsprechender Spielstein gelegt. Die Spieler wählen eine Farbe, 2 Spielfiguren und einen passenden Kartensatz aus und setzen nacheinander Ihre Figuren auf Startfeldern am Ende eines der beiden Spielpläne durch Auslegen von Karten ein.
Vom gesamten, bei jedem Spieler identischen Kartenstapel, hat man jedoch nur eine Auswahl von 3 Karten zur Verfügung. Darüber hinaus sind die Karten figurengebunden. Ausnahme ist eine Jokerkarte, mit der eine beliebige Figur gezogen darf. Die unterschiedlich gestalteten Figuren sind als Symbole auf den Karten abgebildet. Mit jeder Karte lässt sich also immer nur eine Figur bewegen. Gezogen werden so viele Felder, wie als Zahl auf der gespielten Karte vorgegeben sind.
Mit kleinen Einschränkungen kann durch die Bewegung einer Figur auf dem Fluss einiges in Bewegung geraten: Holzstämme und andere Spieler werden in bestimmte Richtungen geschubst und landen vielleicht auf einem Strömungsfeld. Jede Figur, die auf einem Strömungsfeld landet (am Ende des Zuges oder durch das Schubsen einer fremden Figur) wird in Strömungsrichtung abgetrieben. Da mehrfach Strömungsfelder hintereinander folgen, kann man so schon mal quasi am falschen Flussende landen und muss sich wieder mühsam Richtung Ziel vorkämpfen.
Hat man einmal eine Figur auf den zweiten Spielplan gezogen, kann diese nicht mehr zurück auf die erste Hälfte getrieben werden. Wer eine Figur auf ein Zielfeld zieht, darf diese ins Ziel stellen und nun deren Karten auch für die Züge der noch verbliebenen Spielfigur nutzen. Sind die Zugkarten aufgebraucht und ist das Spiel noch nicht beendet, können die genutzten Spielkarten neu gemischt und wieder verwendet werden.
Zieht ein Spieler seine zweite Figur auf ein Zielfeld, endet das Spiel und der Spieler ist Sieger des Rennens.
Fazit
Aus zögerlichem Paddeln und vorsichtigem Ausprobieren wird schnell ein wildes Gedränge auf dem Spielbrett mit häufigen Positionswechseln. Diesbezüglich sind Thema und Spielmechanismus schon mal prima aufeinander abgestimmt. Die zweiseitige, gut bebilderte Regel umfasst alle vorkommenden Ereignisse im Spiel und erlaubt einen raschen Spieleinstieg. Die Karten im bekannten Comicstil des 2F-Zeichners Maura Kalusky, die Spielpläne sowie die Holzstämme sind optisch ansprechend. Fragt sich nur, warum die Spielfiguren schwanger (weibliche Figur) bzw. wie das Piktogramm für Bodenturnen (männliche Figur) aussehen. Andere wiederum behaupten, sich stark an eine Registrierkasse (w) und einen Kegler nach dem Kugelwurf (m) erinnert zu fühlen. Autor und Designer werden schon wissen, wieso die Spielfiguren derart gestaltet wurden. Uns bleibt dies erstmal ein Rätsel.
So schnell wie der Einstieg ins Spiel, so gering ist auch die Tiefe. Was nicht als Nachteil gewertet werden soll. Dieses Spiel ist absolut familientauglich, Altersangabe auf der Verpackung und die Zeitdauer von 30 Minuten stimmen. Natürlich wird gezetert, wenn die eigene Spielfigur ungünstig weggeschubst wird und durch Strömungen weit nach hinten versetzt wird. Hilflos dabei zuschauen zu müssen ist ein hartes Brot. Da es eigentlich jeden Spieler irgendwann erwischt, gleicht sich das Ganze im Gesamtverlauf des Spiels jedoch mehr oder weniger aus.
Manchmal leider nicht, da das Kartenlimit von 3 verfügbaren Zugkarten eine "Revanchebewegung" eher selten erlaubt. Wer zu Zeiten, in denen einige Mitspieler Karten mit Bewegungsweiten von 4 oder 5 Feldern spielen, nur 1er- und 2er-Karten auf der Hand hält, kann unter Umständen tatsächlich abgehängt werden. In seltenen Fällen gelingt der Anschluss wieder, aber für einen Sieg nach einer solchen Situation hat es bisher noch nicht gereicht. Wer das Spiel auf den Tisch legt und eine Runde mitfahren will, sollte sich also der Tatsache bewusst sein, dass eine nicht unerhebliche Zufallskomponente den Spielverlauf beeinflusst. Zusätzlich zu den lieben Mitspielern und deren Schubsaktionen.
Klappern gehört zum Handwerk. Vermutlich ist diesem Motto der Zusatzaufdruck auf dem Cover geschuldet: "Gut zu zweit spielbar". Stimmt nicht. Klar funktioniert das Spiel, aber ein Rennen hat immer mehr Spannung und Spaß, je mehr Teilnehmer sich um den Sieg streiten. Liegt schon in der Natur der Sache. Oder möchte jemand Kimi Räikkönen und Lewis Hamilton einsame Kreise in Monaco drehen sehen?
In allen Testrunden, die mit 4 oder 5 Spielern gespielt wurden, kam das Spiel gut an. Selbst mir altem Frust- und Meckerbeutel, der mehr als einmal mit Kartenglück und Spielkonstellation haderte, rang sich anschließend ein Lächeln und der Wunsch nach einem neuen Rennen ab. Nein, schnell verstauben wird dieses Spiel nicht in diesem Haushalt.
Rezension André Beautemps
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
Regelvarianten
Wir haben nach einigen Spielen auch mal mehr als zwei Spielpläne zu einem längeren Flusslauf zusammengelegt. Da die Karten wiederverwendbar sind, wenn der Nachziehstapel sich zum Ende neigt, ist der Rennstreckenlänge nur eine Grenze durch die Spiellust der Teilnehmer zu setzen.