Rezension/Kritik - Online seit 04.06.2015. Dieser Artikel wurde 16702 mal aufgerufen.
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Bei Antike II übernimmt jeder Spieler die Führung eines Volkes, das mit seinen Nachbarn um die territoriale, wirtschaftliche und wissenschaftliche Vorherrschaft konkurriert. Durch bestimmte Errungenschaften auf den jeweiligen Gebieten lockt man große Persönlichkeiten in sein Reich. Wer zuerst die vorgegebene Zahl an solchen versammelt hat, gewinnt das Spiel.
Bei Antike II handelt es sich um eine überarbeitete Neuauflage von Antike, das 2005 als erstes Spiel von Mac Gerdts erschien. Damals auch schon mit dem Aktionsrondell, das zum Markenzeichen des Autors wurde. Zwischenzeitlich erschien auch die Zweispieler-Variante Antike Duellum (2012), die Gerdts dazu anregte, auch die Mehrspielerversion einer Überarbeitung zu unterziehen.
Die Grundmechanismen sind indes gleich geblieben: Der Ablauf wird über das Rondell gesteuert. Wer am Zug ist, darf seine Holzfigur ein bis drei Felder vorziehen (gegen Bezahlung auch mehr) und anschließend die spezifische Aktion des jeweiligen Zielfeldes ausführen. Drei der sieben verschiedenen Aktionsfeldtypen bescheren einem jeweils einen der Rohstoffe Gold, Marmor oder Eisen. Wie viel man davon bekommt, hängt von der Anzahl der Städte mit dem jeweiligen Ressourcensymbol in seinem Besitz ab.
Mit einem Rohstoff-Mix lassen sich im Spiel jederzeit weitere Städte gründen (zusätzlich zur Rondellaktion), vorausgesetzt, man hat eine Militäreinheit vor Ort. Solche kann man auf dem Aktionsfeld „Militia“ für Eisen erstehen. Mit Marmor errichtet man auf „Templum“ Tempel, welche die Rohstoffproduktion und den Verteidigungswert der Stadt erhöhen. Für Gold schließlich kann man auf „Scientia“ technische Fortschritte entdecken, die im weiteren Spielverlauf Vorteile bringen, zum Beispiel den, dass sich bei der Aktion „Movere“ die Bewegungsweite der eigenen Einheiten erhöht.
Mit den Einheiten (Legionen oder Galeeren) kann man nicht nur noch freie Felder besetzen, um dort Städte zu gründen, sondern auch gegnerische Einheiten und Städte attackieren. Kämpfe laufen dabei ohne Glücksfaktor ab, Einheiten werden schlicht eins zu eins abgetauscht. Zur Eroberung von Städten müssen meist mehrere Einheiten geopfert werden, abhängig davon, ob dort ein Tempel steht und ob der Angegriffene schon Verteidigungs-Fortschritte erworben hat.
Die Persönlichkeiten (die im Grunde nichts anderes als Siegpunkte sind), die man zum Sieg benötigt, kann man auf vielfältige Weise zu sich locken: Durch den Bau vieler Städte oder Tempeln oder indem man Fortschritte als Erster entdeckt (die anderen Spieler können diese Fortschritte dann günstiger erwerben, bekommen aber keine Persönlichkeit mehr dafür). Oder aber, indem man mit seinen Schiffen die Meere kontrolliert. Und schließlich auch durch das Erobern fremder Städte mit Tempeln (die dabei zerstört werden). Einmal erhaltene Persönlichkeiten bleiben immer erhalten, auch wenn man z. B. die Städte, für die man sie bekommen hat, später wieder verliert.
Antike II kommt reichhaltig ausgestattet daher: Die Schachtel ist mit vielen Holzsteinen sowie Pappmarkern gut gefüllt, der große Spielplan ist beidseitig bedruckt und bietet so zwei Kartenvarianten zur Auswahl. Außer der Spielanleitung in Deutsch und Englisch liegt noch eine Schnellanleitung sowie ein kleiner Almanach bei. In diesem findet man Kurzbiographien der historischen Persönlichkeiten wie etwa Aristoteles oder Hannibal, die man im Spiel erwerben kann.
Dieses Bemühen um historisches Flair steht im Gegensatz zum eigentlich Spiel, in dem die Persönlichkeiten keine andere Funktion haben, als Siegpunkte zu sein. Auch sonst kommt Antike II im Vergleich zu anderen Zivilisationsspielen relativ abstrakt daher: Auf thematisch inspirierte Regeldetails verzichtet das Spiel nahezu komplett.
Antike II ist streng mathematisch durchkomponiert und von jedem spielmechanisch nicht notwendigen Regelballast befreit. Weder gibt es Ereignisse noch andere Zufallselemente. Und selbst bei den Kämpfen wird nicht gewürfelt oder Karten gespielt, sondern einfach nüchtern Armeen gegeneinander aufgewogen. Auch völkerspezifische Spezialeigenschaften sucht man hier vergeblich. Somit macht es kaum einen Unterschied, ob man nun die Griechen, Römer oder Ägypter spielt, außer dass die Lage auf der Karte etwas anders ist (was allerdings immerhin z. B. wegen der unterschiedlichen Ressourcenverteilung manche Strategien bei manchen Völkern besser ermöglicht als bei anderen).
Wer also historischen Realismus und Detailverliebtheit sucht oder bei Konfliktspielen gerade den Nervenkitzel beim Austragen von Schlachten liebt, für den ist Antike II nicht das Richtige. Dessen Stärke liegt in seiner schlichten Eleganz des Regelwerkes und der Abläufe. Die Regeln sind für ein Zivilationsspiel erfreulich einfach und klar, genau wieder Ablauf, was ein zügiges Spiel ermöglicht. Auch mit vier bis sechs Spielern ist eine Partie in etwa zwei Stunden zu schaffen. Mit der neuen Auflage ist das Spiel nochmal ein Stück gereift. Alles funktioniert bestens, spielt sich flüssig und wirkt gut ausbalanciert.
Bei Antike II steht dabei der militärische Konflikt nicht so im Vordergrund wie man zunächst meinen könnte. Wenn die Akteure mit Bedacht vorgehen, wird es in der ersten Hälfte des Spieles kaum Scharmützel geben. Vielmehr ist jeder damit beschäftigt, seine Produktionsmaschinerie in Gang zu bringen. Ein früher Konflikt mit einem Nachbarn würde beiden Seiten schaden (u. A. auch deshalb, weil im Vergleich zum Vorgänger die Kosten zum Bau von Einheiten verdoppelt wurden). Man muss dabei allerdings aufpassen, sich seinen Kontrahenten nicht allzu wehrlos zu präsentieren. Es ist also zunächst mal ein kalter Krieg, der hier stattfindet.
Erst später im Spiel, wenn es darum geht, noch schnell die benötigten Persönlichkeiten zu ergattern, werden Überfälle auf die Mitspieler interessant: Schließlich locken auch zerstörte Tempel die Personen an. Und unbesetzte Stadtfelder gibt es später im Spiel nicht mehr, sodass man hier auf Eroberungen angewiesen ist, wenn man noch dringend Städte braucht. Wer sich primär auf Goldproduktion und den Erwerb von Fortschritten spezialisiert, kann das Spiel auch gewinnen, ohne jemals etwas erobert zu haben, wenn die Mitspieler dies nicht verhindern, indem sie auch bei den Fortschritten mitmischen oder den führenden Spieler rechtzeitig angreifen.
Bei Antike II kommt es darauf an, seine Aktionen effizient zu planen und den Konkurrenten im entscheidenden Augenblick immer einen Schritt voraus zu sein. Wie bei allen Konfliktspielen gibt es die Problematik, dass frühzeitiges Verbünden gegen einen Mitspieler diesem kaum eine Chance lässt. Willkürliche Attacken sind zumindest unter klugen Spielern aber selten, weil der Angreifer sich dadurch selber benachteiligt. Willkür der Mitspieler und Königsmacherei ist daher bei Antike II meist weniger ausgeprägt als bei reinen Konfliktspielen.
Unterm Strich ist Antike II in unseren Spielrunden gut angekommen. Es ist relativ schnell erklärt und verstanden, die Regeln sind schlank und wirken ausgereift, der Ablauf flüssig. Für manchen Geschmack ist das Spiel aber schon zu schlank: Ein Zivilisationsspiel mit kaum thematischen Details, recht limitierten Ausbau- und Fortschrittsmöglichkeiten und einem sehr nüchternen Kampfsystem ist sicher nicht jedermanns Geschmack.
Mehr als andere Spiele erfordert dieses Werk aufgrund der nicht vorhandenen Glückselemente zudem ein ausgewogenes Spielstärken-Niveau der Mitspieler, um optimal zu funktionieren. Anfänger können mit unbedachten Aktionen schnell nicht nur ihre eigenen Chancen ruinieren, sondern auch die Balance zwischen den anderen Spielern nachhaltig durcheinander bringen. In einer Runde gewiefter Strategen kann Antike II aber für eine sehr spannende und herausfordernde Spielerfahrung sorgen.
Rezension Hardy Jackson
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
Die wichtigsten Neuerungen bei Antike II im Vergleich zu Antike (nicht vollständig):
H@LL9000 Wertung Antike II: 5,5, 2 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
09.04.15 von Hardy Jackson |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
16.03.15 von Jost Schwider - Das überragende Spiel nochmals verbessert! Dank Upgrade Kit lohnt es sich auch für Besitzer des Urspiels. |
Leserwertung Antike II: 6.0, 9 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
22.03.15 von Hans Huehnchen - Simple Regeln, hohe Tiefe und sehr kurzweilig. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
04.06.15 von Markus Bach - Da ist Hans' knapper Aussage nichts mehr hinzuzufügen. Auch als Antike Duellum für zwei Spieler einen Blick wert. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
05.06.15 von nora - Wir haben Antike II mehrmals in verschiedenen Runden zu viert gespielt -- von sehr aggressiv bis zu sehr friedlich auf Mittelmeer und Orient und es hat jedesmal viel Spaß gemacht. Die Skalierung könnte noch etwas deutlicher ausfallen, aber das ist schon der einzige Kritikpunkt. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
07.06.15 von 49152 - Was bei allen MacGerdts-Spielen einfach einzigartig ist, ist die Entwicklungszeit. Man merkt dem Spiel an, dass hier unzählige Testrunden ein phantastisches Spiel haben entstehen lassen, das in punkto Zugänglichkeit, Spielreiz, Spielwert und hinsichtlich verschiedener Taktiken seinesgleichen sucht. Meiner Meinung nach das beste Rondellspiel. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
28.06.15 von Ernst-Jürgen Ridder - Noch etwas besser als das Vorgängerspiel. Knappe 6 Punkte. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
01.07.21 von sutrebuh - Flottes Spiel! Die zwei Stunden vergehen wie im Flug. Obwohl keine Glückskomponente enthalten ist, sorgt das Rondell dafür, dass kaum Grübeleien auftreten. Schritt für Schritt verfolgt man auf diesem seine Strategie, bei dem man erst sein Imperium aufbaut, um dann im Konflikt den Sieger auszumachen. Das Spiel versprüht Dynamik und Wettkampf, ohne dass die Konfrontation unangenehm wird, weil jeder Kampf auf beiden Seiten für große Verluste sorgt und so die Angriffslust hemmt. Zudem reicht es für den Sieg nur, wenn man Punkte auf verschiedene Weise generiert. Spielerisch anspruchsvoll, ist Antike durch einfache Regeln doch so zugänglich, dass es Kindern ab 12 Spaß macht. Thematisch zu abstrakt ist es dafür nicht, im Gegentail gibt die Eleganz der Spielmechanik die Gelegenheit, voll in der Rolle als Imperator aufzugehen, ohne von Regeldetails abgelenkt zu werden: Movere! |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
02.07.21 von Björn Fink - Hier stimmt (bis auf die Grafik) eigentlich alles. Ich liebe die Rondell-Spiele (mein Favorit ist hier Navegador) aber Antike 2 überzeugt hier auch durch eine unheimliche Eleganz. Volle Punktzahl. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
02.07.21 von Dietrich |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
12.10.23 von Rigiman - Vermutlich eines der besten Spiele aller Zeiten - Strategie pur ohne jeden Zufall oder andere unschönen Elemente! |