Ablauf
Die Spieler starten alle in der Miskatonic Universität, einem von den acht Feldern des Spielplans. Man bewegt seine Figur mit Hilfe von Karten, von denen man für jeden der Orte eine besitzt. Mit Ausnahme von R'lyeh, dem Ort des Bösen, von wo aus die Großen Alten in unsere Welt drängen. Dorthin kann man nur mit Hilfe des Geheimgangs gelangen, der im Übrigen auch zu jedem anderen beliebigen Ort führt, an dem man schon gewesen ist und den man daher mit der eigentlichen Ortskarte nicht mehr aufsuchen kann. Der Geheimgang erfordert allerdings den Einsatz besonderer Geisteskraft, daher sinkt der Geisteszustand um eine Stufe. Diesen Geisteszustand hält jeder Spieler auf einer kleinen Tafel fest – sinkt er auf Null, verfällt man dem Wahnsinn und scheidet aus dem Spiel aus.
Bevor allerdings der erste Spieler seine Figur bewegen darf, kommen je nach Spielerzahl ein bis zwei Monster ins Spiel, von denen insgesamt sechs auf dem Spielplan Platz finden. Von jedem dieser Monster gibt es jeweils zwei. Solange nur eines davon zu sehen ist, richten sie keinerlei Schaden an, lässt sich jedoch ein gleiches Unwesen blicken, wird es ungemütlich. Wie sehr, hängt vom jeweiligen Monster ab. Eine unangenehme Eigenart haben diese bösartigen Wesen jedoch allesamt: Zieht man auf einen von ihnen besetzten Ort, muss man den Würfel befragen, ob es schon vorab Schaden anrichtet. Im günstigsten Fall zeigt der Würfel einen Gegenstand, den man nicht besitzt, so dass man ihn auch nicht abgeben kann. Ist man jedoch Eigner desselben, so ist man das die längste Zeit gewesen und der Gegenstand wandert auf den Ablagestapel. Außerdem kann es auch passieren, dass der Geisteszustand um einen Punkt sinkt beziehungsweise der böse Necron seinem Ziel (welches leider nicht das unsere ist) ein Feld näher rückt.
Besetzt ein Monster jenen Ort, den man aufsucht, und ist man im Besitz jener zwei Dinge, welche das Monster fürchtet, hat man dieses automatisch besiegt und es kommt vorerst aus dem Spiel. Danach darf man etwaige Mitspieler auf demselben Feld beschenken oder sich von ihnen beschenken lassen bzw. mit ihnen tauschen. Einen seiner Gegenstände kann man anschließend noch zum Einsatz bringen und abschließend einen im Gebäude ausliegenden Gegenstand aufnehmen. Dies ist manchmal kostenlos, meistens jedoch muss man dafür in Form von negativen Ereignissen (Verlust von Geistesstärke, Erscheinen eines neuen Monsters usw.) bezahlen. Danach folgt der Zug des nächsten Spielers.
Folgende Gegenstände mit den dazugehörigen Aktionsmöglichkeiten gibt es:
- Buch: Damit kann man den jeweils nächsten der anfangs verdeckten sechs Großen Alten aufdecken. Bis die Necron-Figur ungefähr zwei Drittel ihrer Laufbahn hinter sich gebracht hat, müssen alle Großen Alten offen ausliegen, sonst ist das Spiel verloren.
- Brille: Mit ihr kann man hinter das magische Portal eines Ortes schauen. Ist es noch zugemauert, sind keine weiteren Aktionen notwendig. Hat es jedoch bereits einen Riss, muss es unbedingt mit Hilfe eines bestimmen Talismans verschlossen werden. Im Spiel befinden sich mindestens zwei und maximal vier beschädigte Portale. Wie viele es sind und wo sich diese befinden, müssen die Spieler herausfinden.
- Flasche: Trinkt man deren Inhalt, steigt die Geisteskraft wieder um einen Punkt. Steht man zusammen mit der Hexerfigur auf einem Feld, steigt sie sogar um zwei.
- Dolch: Mit seiner Hilfe kann man ein Monster besiegen, auf dessen Feld man sich gemeinsam mit dem Hexer befindet.
Hat man alle seine Ortskarten aufgebraucht bzw. weiß die verbliebenen nicht mehr sinnvoll zu nutzen, zieht man wieder zur Universität. Dort kann man keine Aktionen ausführen, dafür aber alle Handkarten wieder aufnehmen.
Waren alle Spieler einmal an der Reihe, wird eine Ereigniskarte aufgedeckt. Auf diesen ist angegeben, um wie viele Felder der Hexer vorwärts bewegt wird. Außerdem lösen sie Ereignisse aus, welche in vielen Fällen negativ sind, manchmal jedoch auch positiv. Danach startet eine neue Runde mit dem Aufdecken einer oder zwei Monsterkarten und der Ablauf wiederholt sich wie oben beschrieben.
Die Ereigniskarten bringen früher oder später die Großen Alten, die bis zu diesem Zeitpunkt friedlich im Jenseits vor sich hindümpelten, ins Spiel. Durch das beschädigte Portal in der Universität gelangen sie in unsere Welt und verärgern deren Bewohner mit allerlei Unannehmlichkeiten. Auch sie können durch den Besitz von Gegenständen vertrieben werden, allerdings muss man genau die drei passenden mit sich führen, und da man insgesamt nie mehr als drei mit sich tragen kann, ist dies kein leichtes Unterfangen.
Neben dem Aufdecken der Großen Alten besteht das erste Teilziel der Spieler darin, alle beschädigten Portale zu finden und zu versiegeln. Dies ist keine leichte Aufgabe, da man dieses Wissen als einziges im Spiel nicht mit seinen Mitstreitern teilen darf. Hat man ein Portal mit Hilfe einer Brille begutachtet und festgestellt, dass es bereits beschädigt ist, muss man auf ein anderes Feld ziehen, sich den passenden Talisman besorgen und dann wieder zum Ort des zu schließenden Portals zurückkehren, um dieses zu versiegeln.
Sind alle defekten Portale beinahe oder komplett repariert, muss ein Spieler mit Hilfe des Geheimgangs nach R'lyeh, um den letzten Großen Alten so lange in Schach zu halten, bis die Mitspieler alle Tore (auch das in der Universität) endgültig versiegelt haben. Erstens muss dieser Spieler jedoch genau jene drei Gegenstände besitzen, durch die sich der Große Alte in Schach halten lässt, und zweitens verliert dieser Spieler pro Runde einen Punkt seiner Geistesstärke. Sollte es seinen Mitstreitern nicht gelingen, vorher alle Tore zu schließen, verfällt er dem Wahnsinn und der Große Alte ist wieder frei, so dass ein weiterer Mitspieler mit frischer Geisteskraft und den notwendigen Gegenständen losziehen müsste, um ihn bis auf Weiteres zu bannen.
Alle Spieler gewinnen gemeinsam, wenn sie es schaffen, sämtliche Portale zu schließen und den letzten Großen Alten zu bannen, bevor er in unsere Welt vordringen kann UND bevor Necron den Dimensionenriss erreicht.
Fazit
Obwohl die Spielregel nur aus vier Seiten besteht, fordert sie den Leser ziemlich und stellt ungeübte Spielregel-Leser manchmal vor nicht unbeträchtliche Hürden. Zwar kann man dem Regelwerk keine Fehler vorwerfen, aber der gesamte Spielablauf ist doch mit vielen Details versehen, die erst einmal verinnerlicht sein wollen. So lässt es sich in den ersten Runden kaum vermeiden, dass immer wieder in der Regel nachgeschaut werden muss, was manchmal einige Zeit in Anspruch nimmt, da alles sehr klein gedruckt und wenig übersichtlich gegliedert ist.
Hat man diese Hürde aber erst einmal genommen (oder hat sich das Spiel bequemerweise von jemandem erklären lassen), kann man in ein stimmungsvolles Spiel einsteigen, sofern man die Geschichten um den Hexer von Salem kennt und den Spielablauf mit diesen Erzählungen in Verbindung bringen kann. Meine Erfahrungen haben gezeigt, dass das Spiel den "Hexer-Kennern" ausnahmslos gut gefiel, wohingegen bei den Nichtkennern die Meinungen geteilt waren. Auch hängt natürlich viel davon ab, ob man Kooperationsspiele prinzipiell mag oder nicht.
Kooperation wird von den Spielern bei Der Hexer von Salem jedenfalls in vollem Umfang gefordert. Hat man typische Einzelgänger am Tisch sitzen, sinken die Gewinnchancen wahrlich auf Null, denn es ist sogar bei optimaler Zusammenarbeit äußerst schwer, das Böse zu besiegen.
Gibt es denn Gewinnstrategien? Nun ja, keine eindeutigen. Aber es gibt definitiv einige typische Fehler, welche Anfänger eine Weile machen und die einen Sieg höchstwahrscheinlich verhindern: Logischerweise denkt man als Neuling, es sei immens wichtig, all die ständig auftauchenden Monster so schnell wie möglich vom Spielplan zu vertreiben. Dies führt dazu, dass man sich in dieser Aufgabe, die nie enden wird, sinnlos verzettelt, denn die Ereignisse, die im Falle zweier gleicher Monster eintreten, sind in den meisten Fällen nicht allzu schlimm.
Jedoch gibt es zweierlei Karten, um deren Verschwinden man sich allerschnellstens bemühen sollte: Zum einen die Hexen, die im Falle des Aufdeckens ihrer Partnerinnen bewirken, dass alle nicht versiegelten Portale wieder gemischt und neu auf dem Plan verteilt werden. Dies bedeutet, dass das gesamte bisherige Wissen mit einem Schlag zunichte gemacht wird und die mühevolle Suche mit den Brillen von vorne beginnt. Das zweite wirklich unangenehme Monster ist der Blutjäger, bei dem jeder Spieler zwei seiner Geistesstärkepunkte verliert, sofern die zweite Karte aufgedeckt wird. Ein harter Schlag für die Gemeinschaft, denn wenigstens ein Spieler sollte versuchen, seine Geistesstärke im Bereich des Maximums zu halten.
Einen weitereren Fehler, den Anfänger gerne machen, ist das zögerliche Herangehen an jene Gegenstände, die es nicht umsonst gibt. Hier macht so mancher auch mal den Fehler, auf das Nehmen eines Gegenstandes zu verzichten, um kein negatives Ereignis auszulösen. Im Normalfall ist das aber die falsche Vorgehensweise, denn nur, wenn alle drei Gegenstände eines Ortes weggenommen wurden, werden wieder neue aufgedeckt. Und auf diese ist die Gemeinschaft meistens sehr angewiesen, wenn man unbedingt noch Brillen, Bücher oder ein bestimmtes Artefakt benötigt.
Die Spieler müssen sich von Anfang an darauf konzentrieren, alle Portale zu überprüfen und diese bei Bedarf so schnell wie möglich zu verschließen, sowie immer wieder Bücher einzusetzen, damit die Karten der Großen Alten aufgedeckt sind, bevor Necron zu weit vorwärts kommt. Wenn sich nebenher auch noch einige unwichtige Monster eliminieren lassen, so ist das natürlich sehr begrüßenswert.
Ob man das Spiel gewinnt oder nicht, hängt aber nicht nur von der guten Zusammenarbeit der Hexergehilfen ab, sondern sehr stark vom Karten- bzw. Würfelglück. Erstens ist das Würfelglück beim Besuchen eines Ortes, auf dem eine Monsterkarte liegt, entscheidend – allzu oft passiert es nämlich, dass man genau jenen Gegenstand abgeben muss, der auch dazu gedacht war, das dort liegende Monster zu besiegen. Zweitens ist auch bedeutend, welche der 12 Ereigniskarten zu Spielbeginn weggelegt werden (vier werden unbesehen zur Seite gelegt) und in welcher Reihenfolge die verbliebenen aufgedeckt werden. Auch, auf welche Felder der Hexer durch die Karten bewegt wird, ist nicht unwichtig. Drittens – und das ist fast am wichtigsten - hängen Sieg oder Niederlage auch stark davon ab, wann vom Monsterstapel die Necron-Karte gezogen wird. Diese bewirkt, dass die Necron-Figur auf ihrer Leiste pro aufgedeckter Monsterkarte ein Feld vorwärts geht und zusätzlich noch zwei Felder, wenn in der Universität einer der Großen Alten zugange ist. Danach werden alle Monsterkarten wieder gemischt und jene Karten, die auf dem Spielplan liegen und bisher nicht gefährlich waren, weil ihr Pendant schon aus dem Spiel war, können plötzlich wieder sehr angriffslustig werden. Hat die Gruppe Pech, wird die Necron-Karte sogar ein zweites Mal gezogen, was für die Runde fast ein 100%iges Aus bedeutet.
Merkt man als Gruppe, dass einem die Felle davon schwimmen, bleibt letztendlich noch die Möglichkeit, zu improvisieren. Auch wenn man nicht über lückenloses Wissen hinsichtlich der Portale verfügt, kann man trotzdem den Versuch starten, die vermeintlichen Dimensionsrisse zu schließen, einen Spieler nach R'lyeh zu schicken, um den letzten Großen Alten zu bannen und das Tor zur Miskatonic Universität zu schließen. Vielleicht hat man ja ausnahmsweise Glück und hat auf die richtigen Portale gesetzt?
Ein Umstand macht das Spiel besonders schwierig, nämlich dass man mit seinen Mitspielern nicht besprechen darf, was sich hinter den verdeckten Portalen befindet. Jeder, der mit einer Brille unter ein solches schaut, wird ab diesem Zeitpunkt zum Einzelkämpfer mit Gruppenzwang verurteilt. Ein Umstand, der so manchem Mitspieler schwer zu schaffen machte. Alternativ haben wir versucht, dieses Element aus dem Spiel zu nehmen, was wiederum recht unterschiedlich ankam. Während es die einen toll fanden, meinten die anderen, es nehme doch viel Spannung aus dem Spiel.
Mich persönlich hat am meisten gestört, dass die Hexer-Figur, die ja eigentlich mit den Spielern zusammenarbeiten sollte, völlig willkürlich von Karten gesteuert wird. Mir hätte es besser gefallen, wenn man zumindest ab und zu im Spiel selbst hätte entscheiden dürfen, auf welches Feld der Hexer in der Folgerunde zieht. Dies hätte man zum Beispiel durch Sonderkarten für einen einmaligen Einsatz, die jeder Spieler zu Beginn erhält, erreichen können.
Aufgrund seiner kooperativen Basis lässt sich Der Hexer von Salem auch ohne Probleme mit Jüngeren als 12-Jährigen spielen. Vermutlich wurde die Altersempfehlung wegen des Themas so gewählt, aber die Grafiken sind keineswegs dermaßen Furcht erregend, dass Kinder deswegen Alpträume bekämen. Solange den Kindern nicht die dem Spiel ebenfalls beiliegende Geschichte, die einen Einblick in die Abenteuer des Hexers geben soll, vorgelesen wird, begegnen sie dem Geschehen auf dem Spielbrett völlig furchtlos.
Das Spiel funktioniert übrigens in allen Besetzungen, jedoch ist die Siegerquote im Spiel zu viert am höchsten, kommt doch hier erst nach vier Spielerzügen eine Ereigniskarte, deren Auswirkung ja auch oft schlecht ist, zum Einsatz, wohingegen beim Spiel zu zweit schon nach zwei Spielerzügen etwas passiert.
Alles in allem hat mich Der Hexer von Salem sehr gefesselt. Immer und immer wieder wollte ich eine Runde spielen, um vielleicht doch eine Siegesrezeptur zu entdecken. Jedoch auch nach unzähligen Partien blieb es dabei: Manchmal schafft man es, das Böse zu besiegen, aber die Freude darüber ist einem in weniger Partien gegönnt, als einem lieb ist. Aber wer weiß? Vielleicht ändert sich das noch – denn dieses Spiel hat seinen Reiz auf mich noch lange nicht verloren, so dass ich meinen Kampf gegen die Großen Alten auch in Zukunft noch öfter ausfechten werde!
Rezension Sandra Lemberger
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.