Spielziel
Auf dem kleinen Inselreich Mangrovia sucht ein Stamm Eingeborener einen Nachfolger für seinen dahinscheidenden weisen Häuptling. Begebt euch auf die Götterpfade und errichtet dort Hütten, indem ihr Kostbarkeiten und Amulette darbringt, um Häuptlingspunkte zu sammeln. Eure Weisheit und die Überzeugungskraft eurer Taten machen vielleicht gerade euch zum kommenden Häuptling.
Ablauf
Bei Mangrovia geht es darum, auf vier verschiedenen Landschaften durch die Abgabe von Kostbarkeiten (Handkarten) oder gesammelten Amuletten und der richtigen Landschaftskarte Hütten zu errichten und dafür Siegpunkte zu erhalten.
Nachdem der Spielaufbau entsprechend den Vorgaben für die teilnehmende Spielerzahl durchgeführt und der Starspieler ermittelt wurde, beginnt das Spiel.
Jede Spielrunde besteht aus drei Spielphasen:
- Schalen platzieren = Aktionen auswählen
- Boot bewegen = Aktionen ausführen
- Nächste Spielrunde vorbereiten.
In der ersten Spielphase setzen - beginnend mit dem Startspieler - reihum alle Spieler eine Opferschale auf eine unbesetzte Kultstätte auf dem Archipel. Damit legen die Spieler ihre beiden Aktionsmöglichkeiten für die laufende Spielrunde fest. Die möglichen Aktionen sind: Karten ziehen, Amulette sammeln, Hütten bauen und Startspieler werden.
In der zweiten Spielphase umrundet ein Boot das Archipel mit den Kultstätten und hält überall dort, wo eine Opferschale platziert wurde. Deren Besitzer darf nun die angegebene Aktion ausführen. Dabei ist es wichtig darauf zu achten, dass die Aktionen genau in der vorgegebenen Reihenfolge ausgeführt werden, zum Beispiel erst eine offene Karte aus der Auslage ziehen und anschließend eine verdeckte oder erst eine Hütte errichten und anschließend eine Karte ziehen.
Wer eine Hütte errichten möchte, muss immer eine Karte der entsprechenden Landschaft (Mangroven, Sand, Schilf oder Wasser) ausspielen. Zusätzlich muss die geforderte Zahl an Kostbarkeiten (Handkarten mit Zahlen zwischen 2 und 7) oder Amuletten genau passend abgegeben werden. Erschwerend kommt noch hinzu, dass immer nur auf zwei der vier vorhandenen Landschaftsarten gebaut werden darf. Diese werden von zwei Paradiesvögeln auf einem Orakelfelsen vorgegeben. Die bebauten Felder bringen Siegpunkte, sorgen für den Fortschritt der Amulett-Säule und zählen für die Mehrheiten auf den Götterpfaden. Außerdem gibt es zwei Sonderbereiche, den Pfahl- und den Steinplatz, mit zusätzlichen separaten Schlusswertungen.
Wer sich dazu entscheidet, Startspieler für die nächste Runde zu werden, hat zwar eine Aktionsmöglichkeit weniger, darf aber bestimmen auf welchen zwei Landschaften die Paradiesvögel in der nächsten Runde stehen.
Das Spiel endet am Ende der Spielrunde, in der ein Spieler alle seine Hütten verbaut hat.
Bei der Schlusswertung werden die acht Götterpfade, der Steinplatz, der Pfahlplatz und verbleibende Amulette gewertet. Der Spieler mit den meisten Häuptlingspunkten gewinnt.
Fazit
Mangrovia aus dem Hause Zoch ist ein sehr interessantes, gehobenes Familienspiel. Die einfachen Aktionsmöglichkeiten sind durch diverse Beschränkungen und Abhängigkeiten sehr gut miteinander verzahnt. Die Spieler werden immer wieder vor Entscheidungen gestellt, und das ein oder andere Dilemma muss gelöst werden.
Vor dem Spielspaß steht die Herausforderung, eine 8-seitige Regel lesen und verstehen zu müssen. Diese Herausforderung bewältigen aber auch Gelegenheitsspieler problemlos. Die Spielregel ist gut strukturiert, erklärt das vorhandene Material und den Spielaufbau mit vielen anschaulichen Bildern auf den ersten zwei Seiten. Auf den folgenden fünf Seiten werden der Spielablauf und die Schlusswertung mit vielen treffenden Beispielen detailliert beschrieben. Die letzte Seite widmet sich dann mehreren Spielvarianten, deren Material gleich mitgeliefert wird.
Womit wir beim Spielmaterial wären. Auch hier lässt Mangrovia keine Wünsche offen: mehr als 70 sehr gut verarbeitete Holzteile, ebenso viele dicke Pappplättchen und 85 Spielkarten. Sowohl der Spielplan als auch die Spielkarten und Pappplättchen sind übersichtlich und stimmungsvoll illustriert. Einzig die etwas wahllos wirkende Verteilung der Zahlen auf den Feldern des Spielplans stört hier den Gesamteindruck ein wenig. Bei der Suche nach passenden Feldern zum Hüttenbau wirkt die Anordnung der Zahlen manchmal wie ein Suchbild und sorgt damit für unnötige Downtime.
Spätestens nach der ersten Spielrunde haben alle Spieler die Mechanik und den Ablauf einer Spielrunde verstanden. Nun beginnt für sie der Kampf um die besten und ertragsreichsten Plätze für ihre Hütten.
Hier bietet Mangrovia eigentlich nicht viel Neues. Es geht um Mehrheiten und das Dilemma, sich diese nachhaltig zu sichern. Durch gezielte Beschränkungen für den Bau der Hütten und die Auswahl der Aktionen bietet Mangrovia aber dennoch genug Spielraum für verschiedene Strategien, direkte Interaktion und leider auch Grübelei. Jeder Spielzug will gut geplant sein und scheitert dennoch oft genug an den Beschränkungen, nur auf zwei der vier Landschaftsarten bauen zu können oder die Anzahl an Kostbarkeiten und Amuletten genau passend abgeben zu müssen. Außerdem kann es auch vorkommen, dass ein anderer Spieler genau vor dem eigenen Spielzug das geplante Feld mit dem Bau einer Hütte blockiert. Man sollte also immer einen Plan B im Hinterkopf haben, um gewählte Aktionen auch wirklich nutzen zu können.
Bei der Auswahl der Aktionen ist das nächste Dilemma vorprogrammiert. Mit dem Einsatz der Opferschale legen die Spieler nicht nur ihre Aktionsmöglichkeiten fest, sondern müssen sich dabei auch mit deren festgelegter Reihenfolge auseinandersetzen: „Will ich unbedingt als Erster bauen? Wenn ich zwei Hütten auf verschiedenen Feldern errichten möchte, nehme ich in Kauf, dass eventuell zwei Spieler vor mir Hütten bauen dürfen. Womöglich noch auf Plätzen, auf die ich selbst bauen möchte! ...“
Dasselbe gilt für den Kartennachschub. Die Aktionsmöglichkeiten, möglichst variabel Karten ziehen zu dürfen, passen oft auch nicht immer zu der Bauaktion, die man machen möchte. Wenn ein Spieler besonders viele Karten nachziehen oder Startspieler werden möchte, muss er sogar komplett auf eine Bauaktion verzichten. Dafür hat er aber den Vorteil, sehr zur Freude oder zum Leid seiner Mitspieler, die beiden Paradiesvögel auf dem Orakelfelsen auf die von ihm gewünschten Landschaften setzen zu können. Mangrovia lebt davon, hier das richtige Timing zu finden, um immer sinnvolle Aktionen ausführen zu können.
Das Spiel funktioniert in allen angegebenen Spielerzahlen von zwei bis fünf Spielern. Bei zwei und drei Spielern gibt es kleine Regelanpassungen, die den Charakter des Spiels aber nicht verändern. So spielen die Spieler mit zwei Opferschalen pro Spielrunde, und einige Bauplätze werden mit neutralen Hütten belegt. Auch die Altersangabe von 10 Jahren und die Spieldauer von ca. 60 Minuten sind passend gewählt. Wobei in unseren Testrunden die Erstpartien länger als eine Stunde dauerten.
Mit Mangrovia erhält man ein solides Mehrheitenspiel mit sehr gutem Spielmaterial und einfachen, schnell zu erklärenden Regeln, welches aufgrund seines leichten Einstiegs und seiner vielen Dilemmas lange Zeit seinen Spielreiz behält. Ich kann hier abschließend nur jedem eine Testpartie empfehlen.
Rezension Andreas Molter
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.