Rezension/Kritik - Online seit 26.03.2006. Dieser Artikel wurde 13003 mal aufgerufen.
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„Ich bau' Dir ein Schloß,
so wie im Märchen.
Da wohn ich mit
Dir ganz aaalleeeeeiiiin…!“
Genau wie dieses Lied es suggeriert, sollten wir uns fühlen – denn wir sind seit kurzem stolzer Besitzer eines Landhauses im sonnigen Kalifornien. Ich sagte "sollte", denn die Idylle ist etwas getrübt: Nicht nur, dass wir für diesen Grundbesitz Steuern an einen österreichischen Terminator – ähhh, Gouverneur abführen müssen – nein: Unser Schloss in spe ist zunächst mal eine rechte Bruchbude und dringendst renovierungsbedürftig. Aber das ficht uns nicht an, und so spucken wir wacker in die Hände und renovieren 12 Tage lang, was die Baumärkte hergeben. Kein Wunder, dass da auch der eine oder andere freundliche Nachbar mal hereinschneit. Leider nicht um mitzuhelfen, sondern augenscheinlich nur, um die eigene Neugier zu befriedigen. Aber wenigstens weiß der eine oder andere, was sich gehört, und bringt ein kleines Geschenk mit.
Wessen Landhaus nach Ablauf dieser 12 Tage am eindrucksvollsten wieder hergerichtet ist, der wird der Sieger einer Partie „California“ sein.
Jeder der 2 bis 5 Spieler erhält ein Tableau mit 16 Zimmern und einer kleinen Dachkammer sowie ein recht spärliches Grundkapital.
Außerdem besteht das Spielmaterial aus einer großen Anzahl von Plättchen (welche Bodenbeläge und Einrichtungsgegenstände in 6 Farben zeigen), 2 Geschäften mit je 4 Verkaufsräumen, einer Bank, Bonuskarten sowie 6 freundlichen Besuchern in den gleichen Farben wie die Bodenbeläge nebst Geschenken.
Die beiden Geschäfte werden mit je 4 Plättchen gefüllt, auf die Bank kommen 4 Geldstücke, die Bonuskarten werden sichtbar ausgelegt und das Spiel kann beginnen.
Wer am Zug ist, hat nun zwei Wahlmöglichkeiten:
Ein Tag endet, wenn entweder das Geld der Bank aufgebraucht oder eines der beiden Geschäfte leer gekauft ist. Dann werden die nicht gekauften Plättchen abgeräumt (sie kommen später möglicherweise nochmals ins Spiel), beide Geschäfte und die Bank wieder aufgefüllt, und weiter geht’s – insgesamt 12 Tage lang.
Das Ganze tun wir, um Siegpunkte zu erhalten. Diese erhalten wir auf dreierlei Arten:
¨ Zum ersten ist jedes mit einem Bodenbelag versehene Zimmer sowie eine ausgebaute Dachkammer einen Siegpunkt wert.
¨ Zum zweiten erscheint jedesmal, wenn wir einen Gegenstand in ein Zimmer stellen, der farblich passende Besucher. Wer es schafft, 2 oder mehr Besucher im Haus zu haben, der bekommt jedesmal, wenn dies der Fall ist, einen Siegpunkt in Form eines Geschenks.
¨ Und zum dritten gibt es ja noch die Bonusplättchen, welche je nach Schwierigkeit 2 oder 3 Siegpunkte zählen. Diese fordern das Vorhandensein bestimmter Gegenstände oder Gegenstände bestimmter Farbe im Haus. Wer hierbei am schnellsten ist, erhält die entsprechende Bonuskarte.
Einige Feinheiten habe ich bei meiner Beschreibung verschwiegen, beispielsweise kann man noch Kredite aufnehmen und für Partien mit zwei Spielern gibt es einige wenige Sonderregeln.
Bereits von Anfang an hat das Spiel aufgrund des Themas Pluspunkte bei mir gesammelt: Endlich mal bin ich kein mittelalterlicher Fürst oder habe „Personalverantwortung“, weil ich mich um die Belange einer exotischen Kultur kümmern muss – nein, bei „California“ darf ich ganz egoistisch an meinen eigenen vier Wänden herum werkeln. Thema und Spielmechanismus passen dabei im Großen und Ganzen gut zusammen, auch wenn natürlich nicht ganz einsichtig ist, warum der Kaufpreis für Bodenbeläge und Gegenstände abhängig von den Geldreserven im örtlichen Finanzinstitut sein sollte. Aber da drücke ich einfach mal ein Auge zu …
Gleiches gilt auch für die Grafik, wobei das Zudrücken des Auges hier eher etwas verkrampft ist und davon herrührt, dass die Bebilderung doch ein wenig spröde anzusehen ist. Dies ist aber Geschmackssache – meinen trifft diese Grafik nicht unbedingt, zumindest aus ästhetischen Gesichtspunkten.
Funktional dagegen gibt es nichts auszusetzen: Das Spielmaterial ist übersichtlich gestaltet und lässt im Spiel keine Unklarheiten aufkommen. Dies trifft auch auf die Spielregel zu, welche auf 4 Seiten lückenlos, eindeutig und mit vielen Beispielen und Bildern versehen ins Spiel einführt. Auch die Qualität der Materialien selbst gibt zu keinen Beanstandungen Anlass. Gut gemacht!
Damit zum Spiel selbst, welches in all meinen Partien mit etwas über 30 Minuten deutlich kürzer verlief als die auf der Schachtel angegebenen 60 Minuten. Dies rührt daher, dass der Zug eines einzelnen Spielers üblicherweise recht kurz ist – nicht mal ansonsten eher ein wenig grüblerisch veranlagte Mitspieler vermochten dies zu ändern. So ist man quasi permanent am Zug, was den Eindruck erweckt, sehr gut ins Spiel eingegriffen zu haben und nicht „gespielt“ zu werden.
Trotz (oder gerade wegen?) seines recht einfachen Spielprinzips hat das Spiel dennoch eine gewisse Tiefe, da jede Aktion unmittelbaren Einfluss auf die Mitspieler hat: Oftmals ist man in Geldnot, nimmt man aber Geld aus der Bank, dann hilft man dadurch auch den Mitspielern, da diese ja nun günstiger einkaufen können. Entscheidet man sich dagegen für einen Kauf, dann ist gut abzuwägen, worin man investiert: Soll man zunächst einige Räume vorbereiten, indem man passende Bodenbeläge verlegt, um dann später viele Möglichkeiten zu haben, schnell Gegenstände unterzubringen, und somit zu versuchen, gleichzeitig mehrere Besucher anzulocken um deren Geschenke zu erhalten? Oder möglichst rasch Gegenstände kaufen, um die punktebringenden Bonuskarten vor den Mitspielern zu erfüllen? Vielleicht auch mal einen Gegenstand nur deshalb zu kaufen, um ihn nicht einem Mitspieler zu überlassen, der damit eine Bonuskarte erfüllen könnte?
Soll man, wenn der Tag dem Ende zu geht, lieber noch billig von dem einkaufen, was gerade verfügbar ist? Oder eher den Tag beenden, um (wegen des Auffüllens der Bank) das Einkaufen für die folgenden Spieler deutlich zu verteuern? Das Beenden eines Tages führt allerdings dazu, dass auch die Geschäfte wieder aufgefüllt werden – die folgenden Spieler haben dadurch also auch eine größere Auswahl, die dann vielleicht genau das Plättchen enthält, welches man den anderen eigentlich nicht gönnen wollte.
Diese Entscheidungen sind nicht immer ganz einfach, aber doch einfach genug, um ein angenehm lockeres - aber nicht langweiliges - Spielgefühl zu erzeugen.
Dabei verändert sich der Charakter des Spiels ein wenig in Abhängigkeit von der Spielerzahl: In voller Besetzung hat man häufig etwas weniger Optionen, da man – bis die Runde wieder bei einem selbst angelangt ist – möglicherweise nur noch aus einem stark reduzierten Angebot wählen kann. Zu zweit ist es dagegen eher so, dass man oftmals unter den vielen guten Optionen die Beste herausfinden muss, und man kann auch ruhig einmal Geld nehmen – da nur ein Gegner mit am Tisch sitzt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, beim nächsten Zug immer noch etwas Brauchbares in den Geschäften vorzufinden. „California“ war in allen Besetzungen gut spielbar, am stärksten empfand ich das Spiel allerdings zu dritt und zu viert.
Eine Beobachtung möchte ich an dieser Stelle noch anmerken: Bei allen meinen Partien zu viert oder fünft ging der Startspieler als Sieger hervor. Teils nur sehr knapp, aber dennoch. Da die von mir bis dato gespielte Zahl von Partien in dieser Besetzung (zum Zeitpunkt des Verfassens dieser Rezension 8 Stück an der Zahl) möglicherweise zu gering ist, um ihnen einen repräsentativen Charakter zuzubilligen, möchte ich dieser Tatsache nicht all zu viel Gewicht beimessen. Auch während der einzelnen Partien entstand der Eindruck nicht unbedingt, d. h. man hatte als in der Spielerreihenfolge hinten sitzender Spieler nicht den Eindruck, einem anderen Spieler punktemäßig immer nur hinterher zu laufen – was darin begründet liegt, dass sich die Punktekonten aufgrund der unterschiedlichen Arten, Punkte zu erzielen, auch völlig unterschiedlich entwickeln.
Fakt ist jedoch, dass das Spiel „plötzlich“ endet, d. h. ohne dass alle Mitspieler gleich oft an der Reihe waren. Dadurch haben in der Spielerreihenfolge vorne sitzende Personen mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Spielzug mehr als die hinten sitzenden Spieler. In großen Besetzungen ist man außerdem durchschnittlich seltener am Zug als bei weniger Mitspielern, so dass eine Aktion mehr durchaus ins Gewicht fallen könnte. Bei meinen je zwei Partien zu zweit und zu dritt konnte ich dieses Phänomen nicht beobachten.
Insgesamt kam „California“ in all meinen Runden – von einem einzigen Mitspieler abgesehen, welcher nach zwei Partien weitere Spiele kategorisch abgelehnt hat – durchweg gut an. Laute Jubelrufe blieben zwar aus, dennoch blieb es nie bei einer einzelnen Partie. Daher kann ich „California“ guten Gewissens zum Kauf oder zumindest für eine Probepartie empfehlen. Das – gemessen am Kaufpreis - reichhaltige Material sollte diese Entscheidung zusätzlich erleichtern.
Rezension Michael Andersch
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung California: 3,6, 14 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
17.03.06 von Michael Andersch - Spielreiz: Knapp an der 5 vorbei – allerdings nicht wegen des Spielprinzips, sondern wegen der Grafik, die für mich absolut kein Flair aufkommen lässt. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
21.02.06 von Roland Winner |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
21.03.06 von Jochen Traub |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
22.03.06 von Arne Hoffmann - Der Mechanismus mit der Bank gefällt mir sehr gut. Das Spiel hätte jedoch eine bessere Aufmachung verdient, da diese nicht zum Spielen einlädt. Zu dritt Spielreiz 4. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
23.03.06 von Bernd Eisenstein - recht nettes Spiel mit schönem Dilemmafaktor... wenns nur nicht so hässlich wäre! |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
26.03.06 von Frank Gartner |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
07.04.06 von Katrin Husmann |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
12.04.06 von Ralph Bruhn |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
20.05.06 von Ulrich Fonrobert - Sehr gutes taktisches Spiel, in dem mehr steckt, als man vielleicht zu Anfang ahnt und meint. Noch besser mit den neuen Bonuskärtchen, die wir immer zu den anderen Plättchen dazutun. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
22.05.06 von Tommy Braun - schönes Sammelspiel |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
02.07.06 von Michael Reitz |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
07.08.06 von Uta Weinkauf |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
06.11.06 von Christine Hauer |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
25.07.07 von Jörn Griesbach |
Leserwertung California: 4.8, 9 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
29.03.06 von Gerd Stocker |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
29.04.07 von Patrick - Klar, die Aufmachung ist spröde und unscheinbar und eigentlich ist California bloß ein Bezahlen-und-Sammeln-Spielchen, wie so viele. Aber wie wunderbar werden die Spieler hier unter Entscheidungsdruck gesetzt, wie eng verzahnt sind alle spielmechanischen Details und fordern Obacht und Konzentration ohne schwierig oder unlocker zu sein. Was das einfache, nackte Alhambra immer hätte sein können (aber nicht ist), das ist California auf Anhieb - einfach wunderbar (Spielreiz 5,5). |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
29.04.07 von Marko Kassilowski - Tolles Spiel, zu zweit, zu dritt zu viert, nur zu fünft nicht ganz so gut. Schöner Mechanismus mit der variablen Preisgestaltung, man ist immer hin und her gerissen, zwischen kaufen und Geld nehmen. Am liebsten spiele ich es zu zweit oder zu dritt. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
01.05.07 von Gabriele Petry |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
19.10.08 von Flundi - Zu Unrecht unterschätztes und untergegangenes Spiel, das meinem Empfinden nach mehr Beachtung verdient gehabt hätte. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
15.08.09 von Dirk Grundmann - Wer das wirklich furchtbare Äußere ausblenden kann, wird mit einem tollen Spiel belohnt. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
08.09.09 von Björn - Tolles, leider unterschätztes Spiel für die ganze Familie. das Endergebnis ist meist recht knapp, so dass auch bei den verlierern kein Frust aufkommt.... |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
08.09.09 von elas - Bei der allerersten Runde fanden wir die Idee super und haben (für uns ungewöhnlich) die ganze Zeit über die Hunde einer Mitspielerin lustig gemacht, weil die die ganze Zeit auf dem Dachboden lagerten. Nach einigen Partien mehr bleibt ein nettes Spiel für zwischendurch. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
17.05.11 von Frank - Ein sehr starkes Spiel. Stimmiges Thema, kurze Spieldauer, einfacher Einstieg und schöner Spannungskurve. Oft unterschätzt. |