Spielziel
Es ist kalt, es ist unwirtlich. Eis und Frost überzeihen das Land und machen das Überleben zunehmend schwieriger. Fell und Fleisch sind rar, und so machen sich Gruppen von konkurrierenden Jägern auf die Jagd nach den überlebensnotwendigen Dickhäutern. Doch wo die Not groß und das Angebot zu gering ist gibt es Konflikte. Und so kann nicht jeder eiszeitliche Jäger seinem Ziel nacheifern. Wohl dem, der sich per Keule zur Wehr setzen kann...
Ablauf
Der Spielplan zeigt 12 Gebiete, von denen je nach Spielerzahl zu Spielbeginn bereits maximal vier von Eis bedeckt sind. Vier Mammuts ziehen bei Spielstart schon durch die Lande, und (verdeckte) Feuerstellen warten in jedem Gebiet auf halberfrorene Jäger. Von letzteren setzt jeder Spieler zu Beginn sechs aus seinem dreizehnköpfigen Vorrat auf den Plan – reihum, Jäger, für Jäger. Neben dem Spielplan warten weitere Mammuts und Steinkeulen auf ihren Einsatz.
Motor des Spiels sind Aktionskarten, von denen es zwei grundverschiedene Typen gibt: dunkle und helle. Die Aktionen heller Karten dürfen vom Spieler ausgeführt werden, der die Karte ausgespielt hat. Allerdings muss dieser die auf der Karte angegebene Zahl an Steinen (der „Währung“ in Eiszeit) bezahlen. Das auf höchstens acht beschränkte Steinekonto ist dadurch schnell aufgebraucht, kann aber durch das Ausspielen dunkler Karten wieder aufgefüllt werden. Hier erhält der Spieler zwar die auf der Karte angegebene Zahl an Steinen, muss aber die Aktion der Karte von einem Gegenspieler ausführen lassen – immerhin darf er wählen, wer der Glückliche sein soll. Hat ein Spieler eine seiner Karten ausgespielt, darf er noch eine weitere seiner fünf Handkarten abwerfen und Ersatz für die ausgespielte und die abgeworfene Karte nachziehen.
Zu den Karten selbst: Aktionen beeinflussen stets die Zahl eigener oder gegnerischer Jäger auf dem Spielplan, deren Ausstattung mit Keulen, oder Ort und Zahl von Mammuts und Feuerstellen. Je nach Karte dürfen neue Figuren eingesetzt, Figuren auf dem Spielplan versetzt oder vom Spielplan entfernt werden. Auch Kombinationen sind möglich. So wandern Jäger und Mammuts Runde für Runde durch die Gebiete des Spielplans (oder ab und zu neu darauf oder herunter), bis der auf spielerzahlabhängige 20-30 Steine begrenzten Steinvorrat bei den dunklen Karten aufgebraucht ist.
Es folgt die Konfliktwertung: In jedem der maximal zwölf Gebiete dürfen sich nur drei Jäger aufhalten. Die Feuerstellen, die erst jetzt aufgedeckt werden, erlauben je nach Aufdruck 0-2 weitere Jäger im jeweiligen Gebiet, und für jeden Mammut darf ein weiterer Jäger im betreffenden Gebiet verweilen. Wird das solchermaßen errechnete Kontingent eines Gebietes überschritten, muss der zahlenmäßig am schwächsten vertretene Spieler einen seiner Jäger entfernen; es folgt der Spieler mit den zweitwenigsten Jägern usw. – so lange, bis die Kapazität des Gebietes erreicht oder gar unterschritten ist. Bei dieser „Auslese“ bleiben Jäger, die mit einer Keule ausgestattet wurden, stets unangetastet.
Punkte gibt es pro verbliebenem Jäger einen, pro Jäger in einem Gebiet mit Mammut zwei, bei zwei Mammuts sogar drei Punkte. Konsequenterweise sind die Konflikte in lukrativen, mammutreichen Gebieten stets die hitzigsten.
Drei oder vier Runden werden auf diese Weise durchgespielt. Zum Ende jeder Runde darf der nach Punkten hinten liegende Spieler ein weiteres Gebiete mit Gletschereis überziehen – sämtliche darauf befindlichen Mammuts und Jäger werden entfernt. Klar, dass her bevorzugt Gebiete gewählt werden, die die Gegnerschaft besondern dezimieren. Wer am Ende der dritten / vierten Runde am meisten Punkte ergattern konnte gewinnt.
Fazit
Eiszeit ist ein dynamisches, einfach zu erlernendes Ärgerspiel. Ständig wird versucht Mehrheitskonstellationen zu erzielen, welche die Mitspieler bei Konflikten dazu zwingen, Jäger zu entfernen. Die Feuerstellen sorgen dabei für eine gelungene Prise Unwägbarkeit. Doch eine Spielrunde dauert lange, und die (hübschen hölzernen) Mammuts und Jäger werden Umlauf für Umlauf dermaßen durcheinandergewirbelt, dass die Aktionen, die in der ersten Hälfte einer Runde gesetzt wurden, praktisch vollständig verwässert werden. Peppig ist die Idee mit den beiden Kartentypen: Es gilt nicht nur, im richtigen Moment genug Steine im Vorrat zu haben, es gilt auch, die Aktionen der dunklen Karten möglichst so zu vergeben, dass der solchermaßen „Gesegnete“ nicht viel mit der betreffenden Aktion anzufangen weiß. Das ist unterhaltsam, und von Schadenfreude geprägt. Leider ist eine geniale Idee (Kartentypen) nicht genug, um die erhebliche Spielzeit von 90-120 Minuten mit Abwechslung zu füllen. Die enorme Dynamik lässt frühe Aktionen belanglos erscheinen, erst wenn der Steinvorrat sich dem Ende neigt darf man berechtigte Hoffnung haben, dass die jetzt hergestellten Figurenkonstellationen wenigstens ansatzweise bis zum Rundenende erhalten bleiben. Erfolg versprechen dabei vor allem Karten, die punkteträchtigen Mammuts ein- oder versetzen lassen, während die Keulen in unseren Runden eher ein Schattendasein fristeten.
In Eiszeit motiviert die diebische Freude, unseren Mitspielern Dickhäuter und Mehrheiten vor der Nase wegzuschnappen. Den Mitspielern zur eigenen Liquidität Aktionen überlassen zu müssen tut stets in der Seele weh, sorgt aber für viel „aktives Mitdenken“ am Geschehen: Wer wird mich wohl verschonen? Wer kommt in der Runde wohl als letztes an die Reihe, und kann somit sicher noch ein paar Punkte hamstern? Wer liegt in Führung, und wo sorgt vielleicht Gleichheit in der Jägerzahl dafür, dass mehrere Mitspieler gleichzeitig hungrige Gefolgsleute vom (leider sehr lieblos gestalteten) Spielplan entfernen müssen?
Was nach viel Grübelei klingt, ist in der Realität flott zu spielen – und wenig tiefgängig. Eiszeit ist „Umverteilung pur“, es kann und soll sicher damit nicht mit Spielen wie Puerto Rico oder Fürsten von Florenz vergleichen werden. Es ist ein Spiel, das man tunlichst „spontan aus dem Bauch heraus“ spielen sollte – selbst mehrere (frühe) Fehler verzeiht es ohne weiteres. Insofern könnte man das ansatzweise taktisches Ärgerspiel als Absacker einer Runde empfehlen, wäre da nicht die üppige Spielzeit. Es empfiehlt sich wohl, das Spiel bereits nach 2 oder 3 Runden zu beenden – an der Beeinflussbarkeit des Ausgangs ändert sich dadurch nichts. Und für eine Spielzeit von max. 60 Minuten kann der Kartenmechanismus motivieren – für mehr fehlt es an taktischen Möglichkeiten und Abwechslung. Summa summarum: Ein weiteres, gutes Spiel von alea, das vom Spielgefühl her vielleicht auch in die „kleine Reihe“ von alea gepasst hätte.
Rezension Steffen Stroh
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.