Spielziel
Die Geschichte des Spiels: Acquire gehört zu den großen Klassikern des Brettspiels. Die Geschichte des Spiels beginnt im Jahre 1962, der Erstausgabe durch 3M, es folgten diverse Neuauflagen durch Avalon Hill und Schmidt Spiele 1968, 1971, 1993, 1996, 1997 und 2000 (aktuelle, getestete Ausgabe). Bemerkenswert, dass es im Spiel bis 1997 thematisch um Hotels ging, erst die 2000er-Ausgabe griff auf das naheliegendere Thema der Großkonzerne zurück. Die Regeln des Spiels blieben über die Jahre weitgehend unverändert, die wesentlichste Änderung nahm sicherlich Schmidt-Spiele in ihrer Ausgabe von 1997 vor, die optisch und regeltechnisch bis heute eindeutig die beste Ausgabe ist: Sie fügten dem Spiel einige Aktionskarten hinzu, um dem Spieler mehr Einflussmöglichkeiten zu geben. Eine prima Idee, die in der neuesten Auflage leider nicht aufgegriffen wurde. Acquire stand mit seinem Spielmechanismus auch Pate für einige andere, artverwandte Spiele. Am nächsten kommt ihm sicher Big Boss, das 1997 die Grundidee von Acquire kopierte, vereinfachte und mit neuen Einfällen verband – wer das Glück hat, dieses Spiel noch ergattern zu können, findet in ihm eine gleichermaßen hochwertige und unterhaltsame Alternative zum Klassiker selbst.
Das Spiel: Im Acquire des Jahrgangs 2000 geht es um Konzerne, vor allem um deren Aktionäre. Boshafte Gemüter mögen sagen: Der NEMAX-gefrustete Privatanleger versucht spielerisch den Erfolg zu haben, der ihm im realen Leben meist versagt blieb...
Ablauf
Das Spielgeschehen spielt sich auf einer 9 auf 12 Felder großen Fläche ab, auf die entsprechend nummerierte 108 Konzernsteine gesetzt werden können. Daneben gibt es 7 spezielle Dächer, um die Konzerne zu markieren, 25 Aktien zu jedem dieser Konzerne und einen großen Haufen Papiergeld, von dem jeder Spieler 6000 $ als Startkapital übereignet bekommt. Nun zieht jeder Spieler noch verdeckt 6 Konzernsteine, und los geht´s.
Der eigentliche Spielverlauf gestaltet sich dabei überaus simpel: Ist ein Spieler an der Reihe, setzt er zuerst einen Konzernstein, kauft Aktien, und zieht wieder einen Spielstein nach.
Das Setzen eines Konzernsteins kann dabei diverse Folgen haben: Grenzt der Stein an keinen anderen, passiert nichts. Grenzt er an einen oder mehrere neutrale Steine, wird ein neuer Konzern gegründet (ein Konzerndach aussuchen und draufsetzen, der Konzerngründer erhält 1 Gratisaktie). Grenzt der Stein an einen bestehenden Konzern, wird dieser erweitern - und steigt damit im Wert. Verbindet der gesetzte Stein jedoch zwei Konzerne, kommt es zu einer Fusion, nach der nur der größere Konzern übrig bleibt. Der kleinere Konzern wird “geschluckt”, sein Dach entfernt (kann wieder neu verwendet werden), und die Aktionäre werden ausbezahlt. Bei dieser Auszahlung erhalten die Mehrheitsaktionäre des kleinen Konzerns Zusatzprämien, darüber hinausbekommt jeder Aktionär pro Aktie einen bestimmten Geldwert, der sich nach der letzten Größe des geschluckten Konzerns richtet. Ein Aktionär kann jedoch auch auf die Auszahlung verzichten, und stattdessen seine Aktien im Verhältnis 2:1 gegen Aktien des größeren Konzerns tauschen. Oder er behält Aktien des geschluckten Konzerns – schließlich kann dieser neu gegründet werden. Dies ist zwar realitätsfern, aber für das Funktionieren des Spiels sinnvoll. Ist ein Konzern einmal 11 oder mehr Steine groß, kann er nicht mehr geschluckt werden.
Nach Setzen des Konzernsteins (nebst der genannten Folgen) kann der Spieler noch bis zu 3 Aktien seiner Wahl kaufen. Je größer dabei ein Konzern, desto teurer die Aktien. Das Nachziehen eines Konzernsteins beendet dann seinen Spielzug.
Was spielerisch einfach aussieht (setzen, kaufen, nachziehen), verlangt tatsächlich einige Überlegung. Denn die 6000 $ Startkapital sind schnell aufgebraucht, und nur durch Fusionen kann man zu neuem Geld gelangen. Und bei solchen Fusionen auch nur, wenn man Teilhaber des kleineren Konzerns war. Es empfiehlt sich also, die Augen offen zu halten und an mehreren kleinen Konzernen beteiligt zu sein. Besonders lohnend sind Mehrheitsbeteiligungen, d.h. man besitzt die meisten oder zweit meisten Aktien eines Konzerns, denn dafür winken satte Prämien. Doch welcher Konzern wird das nächste “Opfer”? Wann kaufe ich also welche Aktien? Und wann stelle ich meine Taktik um, wo doch am Spielende v.a. die großen Konzerne noch mal ordentlich Kohle bringen? Stichwort Spielende: Sobald alle 7 Konzerne durch 11 oder mehr Steine unfusionierbar geworden sind, oder aber ein Konzern aus 41 Steinen besteht, endet das Spiel. Die Endabrechnung beschert Aktionären der überlebenden Konzerne - jetzt natürlich v.a. der teuren, großen Firmen – noch einmal ordentlich Geld und Prämien für ihre Anteilscheine, der Rest ist mühevolles Zusammenzählen. Der erfolgreichste (sprich: reichste) Spekulant gewinnt.
Fazit
Acquire ist ein tolles, sehr leicht erlernbares Spiel, eben ein Klassiker – aber mit Schwächen. Das ist weniger Schuld des Spiels, als vielmehr der jüngsten Ausgabe. Zwar wurde jetzt, thematisch besser passend, auf Konzerne statt auf Hotels gesetzt, aber leider geriet das Material eher mau. Funktionell mögen die glatten, grauen Konzernsteine zwar sein, schön sind sie nicht. Das gilt gleichermaßen für das schwarze Spielfeld und die lieblos gestalteten Aktien – einzig die bunten Konzerndächer lockern den optischen Eindruck etwas auf. Für den stolzen Preis hätte es schon etwas mehr Liebe zum Detail sein dürfen. Der Vorratsspeicher für die Aktien und die Konzerndächer ist zwar gut gemeint, viel lieber wäre mir aber eine Ablageform für die diversen Geldscheine gewesen. Der arme Tropf, der in der Spielrunde zum Verwalter erkoren wird, dürfte sich schon nach Minuten einer großen Suppe von Papierscheinen gegenüber sehen - wohl dem, der in diesem Chaos noch zwischen eigenen Scheinen und dem Vorrat trennen kann. Gänzlich unverständlich, warum Avalon Hill auf die Sonderkarten verzichtet hat, die anno 1997 der Schmidt-Ausgabe beilagen. Denn genau diese Karten schließen die Lücken, die der Spielmechanismus lässt: Kauf ein Konzerngründer permanent 3 Aktien der gegründeten Firma, ist ihm die Aktienmehrheit eigentlich nicht zu nehmen (es sei denn, das Aktienkontingent von 25 Stück macht ihm einen Strich durch die Rechnung), gleichermaßen kann ein üppiger 2:1-Tausch von billig erworbenen Aktien einer wegfusionierten Firma den Spieler schlagartig zum Mehrheitsaktionär des größeren Konzerns machen. Leidtragender, wer sich zuvor durch teure direkte Aktienkäufe zum Mehrheitsaktionär gemüht hatte. Wem die Steine zum gezielten Auslösen von Fusionen allzu oft versagt bleiben, ist dabei ohnehin der Gelackmeierte – die Auswahl aus 6 Steinen lässt das Glück, Gott sei dank, meist wechselnd zuschlagen.
Trotz aller Kritik bleibt Acquire ein gutes, flüssig zu spielendes Spiel, das am besten mit 3-4 Spielern funktioniert. Wer, mangels Alternativen, die Ausgabe von Avalon Hill sein Eigen nennt, sollte sich allerdings die Aktionskarten der Schmidt-Ausgabe ausdrucken, denn diese verleihen dem Spielverlauf mehr Würze und erhöhen die Handlungsmöglichkeiten der Spieler erheblich.
Letztendlich bleibt festzustellen, dass Acquire nicht ohne Grund seinen Status als Klassiker erlangt hat. Und wer nicht aus Spaß am Spiel oder aus Nostalgie seine Liebe zu Acquire entdeckt, dem liefert das Spiel vielleicht wenigstens eine Erkenntnis: Spekulieren kann doch Spaß wirklich machen! Und wer nach einer Runde Acquire anderes behauptet, der heiße ab sofort Ron Sommer...
Rezension Steffen Stroh
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
Regelvarianten
Aquire Sonderkarten:
Jede SpielerIn hat einen gleichen Satz dieser fünf Sonderaktionskarten.Wenn eine SpielerIn an der Reihe ist, darf sie eine - nicht mehrere - dieser Karten ausspielen. Diese Karte wird dann aus dem Spiel genommen.
Du darfst in deiner Aktion „Aktien kaufen“ bis zu fünf Aktien kaufen. |
Du darfst zu Beginn deines Zuges bis zu vier Firmen-Steine nacheinander aufs Spielbrett setzen. Ergänze am Ende deines Zuges deinen Vorrat an Firmen-Steinen wieder auf sechs.
Wenn einer der Firmen-Steine eine Fusion verursacht, wird diese abgewickelt, bevor der nächste Stein eingesetzt wird. |
In deiner Aktion „Aktien kaufen“ kostet dich der Kauf dreier Aktien nichts. |
Nimm dir zu Beginn deines Zuges fünf zusätzliche Firmen-Steine, so dass du insgesamt elf im Vorrat hast.
Im weiteren Spielverlauf darfst du so lange keine Steine mehr nachziehen, bis du nur noch fünf im Vorrat hast. |
Tausche zu Beginn deines Zuges zwei gleiche Aktien gegen eine von der Börse. Du darfst bis zu drei Tauschaktionen in diesem Zug vornehmen.
Alle gehandelten Aktien müssen zu einem bestehenden Konzern gehören. |