Spielerei-Rezension
Spielerei Herbst 2012: Rückwärts mit geschlossenen Augen
Schade. Die Zeit der echten Helden ist vorüber. Zum Glück gibt es noch uns, die Möchtegernhelden, die in die Verliese des Königreiches hinabsteigen. Dort warten bereits gefährliche Monster. Also auf in den Kampf. Allerdings bleiben die Schwerter zu Hause. Die Würfel kommen mit.
Jeder Spieler erwählt sich einen Helden. Gemeinsam bilden die Spieler ein Labyrinth aus Abenteuerplänen. Raum für Raum bewegen sich die Spieler auf diesen Plänen vorwärts, bis sie dem Endgegner gegenüberstehen. Das Labyrinth sollte eher am Rand des Tisches ausgelegt werden. Die Tischmitte ist für den Trefferspielplan reserviert. Dieser ist eine Zielscheibe, auf der die Schäden der Monster ermittelt werden. Je nach Schwierigkeitsgrad stellen die Abenteurer zu Beginn einer Partie Monsterkarten zusammen, die verdeckt gezogen und gemischt werden.
Eine Runde Dungeon Fighter ist einfach strukturiert. Alle Spieler bewegen sich gemeinsam in einen neuen Raum, kämpfen und räumen dann auf. Sobald die Gruppe einen neuen Raum betritt, kommt es zum Kampf mit dem ansässigen Monster. Die meisten Monster bürden den Spielern dabei eine Einschränkung auf. Der Kampf besteht darin, dass die Spieler nacheinander einen noch verfügbaren Würfel auswählen und ihn so in Richtung Zielscheibe werfen, dass er vorher einmal auf dem Tisch auftippt. Falls das Monster eine zusätzliche Einschränkung bereithält, muss diese beim Wurf berücksichtigt werden. Der Wurf muss z. B. mit dem Rücken zum Spielbrett oder mit geschlossenen Augen durchgeführt werden. Bleibt der Würfel auf der Zielscheibe liegen, erhält das Monster gemäß des getroffenen Bereichs Schaden. Zeigt der Würfel dabei ein Heldensymbol, darf der Spieler die zusätzlichen Vorteile seines Charakters nutzen, wie z. B. Wunden heilen oder dem Monster zusätzliche Schäden zufügen. Trifft der Spieler nicht, fügt das Monster ihm Schaden zu. Sind die Lebenspunkte des Charakters erschöpft, wird er ohnmächtig und startet im nächsten Raum mit gehörigen Kopfschmerzen und entsprechend weniger Lebenspunkten. Die Spieler werfen reihum einen der noch nicht benutzten farbigen Würfel. Ist das Monster nach der Nutzung der drei farbigen Würfel nicht besiegt, kann der nächste Held einen weißen Bonuswürfel werfen, falls man vorher im Spiel einen käuflich erworben hat. Kann oder will man nicht, müssen die Spieler alle den Schaden nehmen, den das Monster austeilt. Danach stehen die drei farbigen Würfel wieder zur Verfügung. Der Kampf geht solange weiter, bis das Monster besiegt ist oder alle Helden ohnmächtig am Boden liegen. Ist das Monster besiegt, geht es ans Aufräumen. Die Spieler erhalten das Gold, was das Monster bei sich trug, ohnmächtige Helden kommen wieder zu sich, die Spieler erhalten die farbigen Würfel zurück und können jetzt den Raum nutzen. In manchen Räumen gibt es Lebenspunkte zurück, in anderen kann man einkaufen. Die Helden können sich dabei mit besseren Waffen ausstatten. Die Möglichkeit zusätzlicher Treffer wird oft dadurch erkauft, dass man den Wurf auf eine bestimmte Art durchführen muss. Besiegen die Spieler schließlich den Endgegner, haben sie heroisch gewonnen. Liegen die Spieler alle gemeinsam ohnmächtig am Boden, haben alle gemeinsam verloren.
Dungeon Fighter bietet eine einmalige Mischung. Unterlegt von einem abgedrehten Fantasythema spielt man ein kooperatives Geschicklichkeitsspiel. Alle fiebern mit den Mitspielern, schließlich hängt der eigene Erfolg davon ab. Das gebietet allerdings den Frotzeleien nur wenig Einhalt. Denn Dungeon Fighter hebt die Stimmung am Tisch in den meisten Runden beträchtlich. Den Würfel aus zusammengelegten Händen durch die Beine zu werfen, ist genauso schwierig, wie es sich liest und sieht auch genauso aus. Es wird viel gemeinsam gelacht, angefeuert, gezittert und gelitten, denn der Schwierigkeitsgrad ist gerade in den ersten Partien fast zum Verzweifeln. Kommt die Gruppe tatsächlich mal bis zum Endgegner durch, ist die Begegnung oft kurz und schmerzhaft. Die Antwort darauf lautet meist: "Dann versuchen wir es halt gleich nochmal.". Laut Spielregel kann Dungeon Fighter auch alleine gespielt werden. Aber wer will schon das ganze Verlies leer räumen, ohne jemanden an seiner Seite zu haben, wo doch der gemeinsame Spaß im Vordergrund steht?
Dungeon Fighter ist liebevoll gemacht und ausgestattet. Die Helden treffen auf gebildete Orks, Babydrachen und Goblin-Rotkäppchen. Die Ausstattung ist reichlich. Sogar ein hübsch anzuschauender, aber eigentlich überflüssiger Kartenturm zur Bereitstellung der Monsterkarten ist enthalten. Wünschenswert wären Übersichtskarten mit den verschiedenen Wurfarten und Eigenschaften der Monster und Gegenstände gewesen. Häufig muss man in der launig geschriebenen Spielregel nachschauen.
Das größte Problem von Dungeon Fighter liegt außerhalb der Schachtel. Dungeon Fighter kann nur auf tauglichen Holztischen gespielt werden. Glastische, Plastiktische und generell Tischdecken sind nicht geeignet. Ganz empfindliche Tische können durch die aufspringenden Würfel dauerhaft Schaden nehmen. Doch ein fehlender Tisch sollte kein Hinderungsgrund sein: Dungeon Fighter ist ein Spiel, für das man überlegen kann, den passenden Tisch zu kaufen.
Rezension Marcus Janka
In Kooperation mit der Spielezeitschrift