Rezension/Kritik - Online seit 08.09.2018. Dieser Artikel wurde 7384 mal aufgerufen.

1960: The Making of the President

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Autor: Christian Leonhard
Jason Matthews
Illustration: Josh Cappel
Verlag: Z-Man Games
Rezension: Nick Bornschein
Spieler: 2
Dauer: 90 Minuten
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2007, 2017
Bewertung: 6,0 6,0 H@LL9000
6,0 6,0 Leser
Ranking: Platz 230
1960: The Making of the President
1960: The Making of the President
Auszeichnungen:2008, Golden Geek Beste Grafik & Präsentation Nominierung2008, Golden Geek Bestes 2-Spieler Spiel Nominierung2008, Golden Geek Bestes Expertenspiel Nominierung

Spielziel

Nachdem die erste und zweite Auflage des Spiels (2007 und 2008) im Verlag Z-Man seit Jahren vergriffen war, brachte GMT im Rahmen des Projekts P500 eine graphisch vollständig neue Version im Jahr 2017 heraus, die zudem bei einigen Regeln leichte Veränderungen vornahm. 2018 erfolgte die 2. Auflage der GMT Version.

Die USA im Jahr 1960. Die bevorstehenden Wahlen stehen im Zeichen zweier Bewerber, die nicht unterschiedlicher sein könnten: Richard Nixon und John F. Kennedy. Beide kämpfen in den Bundesstaaten der USA um die meisten Wahlmänner und somit um Stimmen im Rennen um die Präsidentschaft. Es bleiben nur neun Wochen, um mit Kennedy Geschichte zu schreiben ... oder mit Nixon Geschichte auch neu zu schreiben ...

Ablauf

Noch sieben Wochen bis zum Wahltag und ich sitze als John F. Kennedy in Ohio fest, weil ich unbedingt im mittleren Westen um Stimmen werben wollte. So schön die 25 Wahlmänner-Stimmen auch sind, die ich hier erhalten habe, aber Nixon kann gemütlich im Westen Staat um Staat an sich reißen, weil er anscheinend die richtigen Kampagnen-Karten dafür hat und ich mir keine Reise und vor allem keine Stimmen im Westen leisten kann. Neun Wochen (Runden) wird dieser Wahlkampf dauern und nur in Woche 6 von den thematischen Debatten um Verteidigung, Wirtschaft und Bürgerrechten unterbrochen werden.

Während sich Nixon in Wyoming, Colorado, Oregon und all den anderen kleinen Staaten fast schon verausgabt, reise ich in den Osten. In New York mit seinen 45 Wahlmännern führe (leading) ich aktuell mit 2 Würfeln und baue meinen Einfluss auf vier Würfel (tragend, carrying) aus, da ich weiß, dass Nixon erst meinen Einfluss komplett entfernen muss, bevor er beginnen kann, seinen auszubauen.

Überraschend heftig trifft es mich dann auch: New York scheint für Nixon zu heikel , aber in Pennsylvania habe ich nur zwei politischen Einfluss (Würfel) und Nixon verwendet 4 CP (campaign points) einer Kampagnen-Karte, nimmt meine beiden Würfel für 2 CP weg und setzt für 2 CP zwei eigene rote Würfel hinzu. 32 Wahlmänner wechseln das Lager, doch ich reagiere und nutze das Ereignis seiner Karte mit Hilfe eines Momentum-Markers.

Die verbliebenen Handkarten in dieser Runde lassen mich etwas demotiviert zurück, denn die meisten zeigen positive Ereignisse für Nixon, und ich will dem Kerl nicht noch mehr in die Hände spielen. Doch eine Karte muss ich noch als Ereignis spielen, weil mir dieses später am Wahltag helfen wird, und eine andere Karte bringt mir genug CP, um Werbung im Süden zu betreiben.

Am Ende der Woche lege ich meine verbliebene Handkarte verdeckt in das campaign strategy deck ab, die mir für die Debatten hoffentlich weiterhelfen. Danach sammle ich dort alle Kräfte (insgesamt vier Karten) in Woche 7 und 8 für den Wahltag in Woche 9. Apropos Debatten: Schneller als man denkt sind diese auch schon da. Alle meine fünf Karten der ersten fünf Wochen kommen nun zum Tragen und bringen mir je nach Thema und dessen Platzierung bis zu vier Würfel an Einfluss.

Mit Woche 9 bricht der Wahltag an. Je mehr eigene Würfel im schwarzen Beutel (politisches Kapital) sind, umso wahrscheinlicher ist es, dass ich die support checks gewinne, die nun anstehen: In jedem Bundesstaat, der auf den von mir zurückgelegten vier Karten im campaign strategy deck für den Wahltag abgedruckt ist, erhalte ich drei support checks, so dass praktisch in letzter Minute noch einmal die Mehrheitsverhältnisse geändert werden können. Mit Leichtigkeit und sicher auch Glück entferne ich im Westen in Kalifornien die drei Würfel, so dass der Bundesstaat nun leer ist. Wenn Nixon dort nicht noch Würfel platziert, gehen die 32 Wahlmänner an mich, obwohl Kalifornien von Haus aus rot und damit republikanisch ist und die Stimmen Nixon zustehen würden. Doch im Westen habe ich einen Endorsement-Marker liegen, den ich während meines Wahlkampfes aufgrund meiner thematischen Platzierung bei den Bürgerrechten erhalten habe. Leere Staaten gehen daher an mich und so letztlich auch Kalifornien. Ich gewinne die Wahl mit 303 zu 219 Wahlmänner-Stimmen, aufregende Zeiten stehen mir bevor.

Fazit

Ein Spiel für 2 Spieler mit einem politischen Thema?! Ich gebe zu, ich hatte meine Zweifel, ob das Spiel mehr als einmal auf unserem Tisch landen würde. Wer konnte ahnen, dass auch mein sonst so spielekritischer Mitspieler The Making of the President regelrecht verschlingen würde?!

Das Material der neuen Auflage ist rundum erneuert, einfach alles wurde mit dieser Auflage geändert. Für mich versprüht das Spiel allein schon durch die neuen Farben mehr den Charme des Jahres 1960, aber das scheint Ansichtssache zu sein, denn sowohl das neue Design als auch die Verwendung zeitlich späterer Fotos von Nixon haben bei einigen Spielern Kritik hervorgerufen. Neben der Farbe haben sich auch die Grafiken verändert. Insgesamt wirkt das Spielbrett nunmehr größer und aufgeräumter, die wichtigsten Informationen wie die Anzahl der Wahlmänner pro Bundesstaat sind deutlicher erkennbar. Die Veränderungen wirken sich auch auf die Karten aus, die nun übersichtlicher sind.

Die Spielregel, welche nur in englischer Sprache vorliegt, beinhaltet zahlreiche Beispiele und am Ende sogar das Beispiel einer vollständigen Partie. Regelfragen bleiben dahingehend zu keinem Zeitpunkt offen, wirklich jede Phase und jede Einzelheit wird besprochen und an einem Beispiel gezeigt. Die Regeln selbst sind recht gut zu verinnerlichen, da sieben der neun Runden immer wieder gleich ablaufen und sich die einzelnen Phasen jeder Runde wiederholen. Dennoch muss man sicherlich mehr als einmal gespielt haben, um die Auswirkungen und Möglichkeiten vollkommen zu überblicken.

Der Reiz des Spiels liegt im ständigen Abwägen der eigenen Möglichkeiten: plane ich lieber langfristig für die Debattenrunde oder gar den Wahltag, nutze ich die CP für Einfluss in den Staaten oder lieber für Medien-Einfluss oder die Themenleiste. Karten, die als Ereignisse gespielt werden, kommen außerdem ganz aus dem Spiel und Bundesstaaten, die ich lieber für den Wahltag als Einfluss haben möchte, verschwinden evtl. ganz aus dem Spiel, denn kein Bundesstaat kommt gleich oft vor und könnte sich auch auf der Kartenhand des Gegners befinden. Welche Staaten lohnen sich in der aktuellen Runde und vor allem, welches Gewicht haben die kleinen Staaten am Ende? Letztere sind nicht selten das Zünglein an der Waage. Ohne Kalifornien (32 Wahlmänner) bringen die unscheinbar wirkenden Bundestaaten der Region Westen insgesamt 76 Wahlmänner ein, Alaska (3) und Hawaii (3) nicht mitgerechnet. Wer das vernachlässigt, kann mit großen Staaten wie New York (45) oder Pennsylvania (32) ein gutes Polster an Stimmen anlegen, aber ebenso schnell können diese auch wieder an den Gegner fallen.

Dabei ist es nicht die einzig mögliche Strategie des Spiels, einfach nur Einfluss in möglichst vielen Staaten zu erlangen. Leere Staaten ohne Einfluss können mit entsprechendem Medien-Einfluss eingenommen werden, die Themenleiste mit den Issues birgt die Möglichkeit, Einfluss ohne support checks zu erhalten.

Neben all den Einflussmöglichkeiten, die sich durch die Verwendung einer Kampagnen-Karte ergeben, sollte man nicht vergessen, dass das Ziehen der Karten einen Glücksanteil birgt. Eine Kartenhand, die relevante Ereignisse des Gegners enthält, kann man nur dann gut spielen, wenn das Ereignis nicht erzwungen oder abgewehrt werden kann.

Das Spiel ist sehr stark thematisch geprägt und das bringt das gesamte Spiel auch vollständig rüber. Die zunächst etwas komplex wirkenden Regeln gehen wirklich schnell über, obwohl man sicher ein paar Partien benötigen wird, um sich all seiner Möglichkeiten und der Auswirkungen eigener Entscheidungen klarer zu werden. Nichtsdestotrotz macht jede Partie Spaß, wobei wir uns - und das ist auch schon der einzige Kritikpunkt - eine Leiste für die Wahlmännerstimmen gewünscht hätten, so wie es beim kleineren Bruder Campaign Manager der Fall ist. Jeder Bundestaat hat dort ein rechteckiges Plättchen, welches unterschiedlich groß ist. Aneinander gereiht ergeben diese Plättchen die Wahlmännerstimmen. Zu jedem Zeitpunkt und mit jedem Wechsel sind so die Verhältnisse immer klar. Aber mehr gibt es einfach nichts auszusetzen an diesem Spiel, welches insgesamt mehr als nur empfehlenswert ist, auch für nicht politisch Interessierte.

Rezension Nick Bornschein

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung 1960: The Making of the President: 6,0 6,0, 1 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 25.07.18 von Nick Bornschein - Ein glatter 6er Durchlauf, herausragend in allen Bereichen und auf Dauer eines der besten Brettspiele auf dem Markt.

Leserbewertungen

Leserwertung 1960: The Making of the President: 6,0 6.0, 4 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 27.08.11 von Pasvik - Sehr, sehr gutes, kartengesteuertes Zweipersonenspiel, das ähnlich funktioniert wie Twilight Struggle. Hinzu kommt hier noch der (mehr oder weniger) zufällige Holzwürfel-Mechanismus. Für alle Kenner der Amerikanischen Politik der 60er ein absolutes Muss! Aber auch für schlichte Freunde des gepflegten Duells ein sehr spannender Zeitvertreib! Nur zu empfehlen!
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 19.08.12 von Hans Huehnchen - Etwas Glück durch den Political Bag und die Karten, ansonsten ein spannendes, strategisches Mehrheitenspiel im Politik-Gewand.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 01.08.15 von Daniel Rüttimann - Ein super-stimmungsvolles Spiel mit wirklich tollen Mechanismen, spannend von Anfang bis am Schluss. Wer sich für amerikanische Geschichte und Politik interessiert sollte 1960 unbedingt ausprobieren. Es hat gewisse Ähnlichkeit mit dem grossartigen Twilight Struggle, lässt sich aber wesentlich schneller spielen, in "nur" zwei bis zweieinhalb Stunden. Eines meiner Lieblingsspiele.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 22.10.15 von Daniel Noé - Geschichtsunterricht meets Politik meets Spielbrett - Ein weiteres Spiel , dass über einen Kartenmechanismus abläuft (ähnlich Twilight Struggle). 1960 ist ein ungeheuer dichtes Spiel, was natürlich vor allem Freunde von Geschichtsthemen anspricht - unter diesen Spielen ist es herausragend - Höchstwertung

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