Rezension/Kritik - Online seit 18.06.2015. Dieser Artikel wurde 8961 mal aufgerufen.
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Wenn die Spinnenbrüder Roberto und Klaus Langeweile haben, lassen sie ihre Schwester Spinderella gerne mal am Faden herunter. Denn sie will spielen. Und zwar mit den Ameisen, die gerade ihren jährlichen Ameisenmarathon durch den Wald machen. Immer wieder schleppt sie die kleinen Vielbeiner zum Start zurüc,k und man fragt sich: Wer wird den Marathon gegen sowohl die baumelnden als auch kriechenden Gegner gewinnen?
Nachdem man das Spiel aufgebaut (was überraschend schnell geht) und sich für die lange oder kurze Strecke entschieden hat, kann es auch schon losgehen. Drei Ameisen muss jeder Spieler zum Ziel bringen, und ist man am Zug, würfelt man mit den drei Würfeln. Braun, grün und weiß.
Zeigt der grüne Würfel eine Ameise, schaut man auf den braunen Würfel und geht mit einer seiner Ameisen entsprechend viele Felder vor. Ist ein Feld von einer anderen Ameise oder dem Baumstumpf besetzt, stellt man sich einfach oben drauf. Und sollte diese arme Ameise das nächste Mal ziehen, schleppt sie einen netterweise einfach mit.
Hat man mit dem grünen Würfel die Spinne gewürfelt, schaut man auf den weißen Würfel und bewegt die Spinnenbrüder auf dem oberen Spielbrett maximal so viele rote Punkte. Dabei wird auch das Schwesterchen Spinderella im unteren Teil bewegt oder sogar am Faden heruntergelassen. Schafft man es auf diese Weise, die Ameise eines Spielers zu fangen, kommt diese zurück an den Start. Dann darf man zur Belohnung mit einer eigenen Figur so viele Felder vorgehen, wie der braune Würfel zeigt.
Hat man das Blatt gewürfelt, muss man den Baumstumpf versetzen. Möglichst immer auf eine Ameise. Die ist zwar ab jetzt vor Spinderella geschützt, kann sich aber solange nicht bewegen, bis der Baumstumpf wieder umgesetzt werden muss. Davor oder danach darf man sich dann aussuchen, ob man eine Ameise oder die Spinnen bewegen will und benutzt dafür wieder den braunen bzw. weißen Würfel.
Wer so seine drei Ameisen zuerst im Ziel hat, gewinnt den Waldmarathon.
Ist Spinderella einmal aufgebaut (was, wie schon gesagt, überraschend schnell geht), können sich sowohl Kinder als auch Erwachsene nur schwer beherrschen, eine Partie zu spielen. Und das ist auch gut so, denn Spinderella hat viel von dem, was ein gutes Kinderspiel braucht.
Zum Beispiel einen innovativen Mechanismus, der fasziniert. Und das tut er tatsächlich. Mit ganz einfachen Mittel wird die Spinne hier von ihren Brüdern am Faden hin und her bewegt und sogar runter und wieder rauf gezogen. Das ist ein toller Effekt, der nicht einfach nur beliebig ist, sondern sich super in die Geschichte einbindet und dem Spiel viel Atmosphäre verleiht.
Generell ist die Stimmung bei Spinderella ziemlich gut getroffen. Von der Grafik, über den Mechanismus mit den Spinnen, der Gestaltung der Stützpfeiler für den oberen Plan, bis hin zu den kleinen Ameisen: Überall ist Wald, überall ist Getier, überall kreucht und fleucht es.
Spielerisch hat Spinderella überraschend viel Tiefgang. Da man sich von den Ameisen der anderen Spieler mittragen lassen kann, muss vor jeder Bewegung mit den Ameisen geschaut werden, welche sich am meisten lohnt. Auch den Baumstumpf sollte man nicht verachten. Wenn man sich hier drauf setzt, wird man eventuell von ganz alleine Richtung Ziel bewegt.
Die Bewegung mit den Spinnen ist natürlich das Faszinierendste an Spinderella und die hämische Freude, wenn der Magnet KLACK! macht und man eine Ameise gefangen hat, befällt nicht nur Kinder. Da die Ameise damit aber nicht aus dem Spiel ist, sondern lediglich wieder vom Startplatz anfangen muss, hält sich der Frust der Kinder hier in Grenzen. Schließlich kann man ja auch selbst auf Beutefang gehen. Solange man das Passende gewürfelt hat. Dazu gibt es noch eine kurze und eine lange Strecke. Das schafft Abwechslung.
Leider, leider, leider hat Spinderella auch ein paar Macken. Was also nicht so gefällt:
- Auf dem grünen Würfel sind die Ameisen weiß und die Spinnen schwarz. Wieso aber der Ameisenwürfel braun und der Spinnenwürfel weiß sein muss, konnte bisher niemand so richtig ergründen. Das macht es für Kinder (und auch für Erwachsene) unnötig schwer, ins Spiel zu finden. Andauernd muss man von vorne mit der Erklärung anfangen, welcher Würfel für welche Tiere gilt.
- Das Gleiche trifft auf das Blatt auf dem grünen Würfel zu. Das zeigt an, dass man den Baumstumpf bewegen darf. Wieso also nicht gleich einen Stumpf auf den Würfel machen? Und wieso den Baumstumpf in der Regel "Borke" nennen?
- Der Baumstumpf ist aus Plastik. Und glatt. Und damit auch leicht rutschig in der Hand. Besonders für Kinderfinger, weshalb er leicht wegflutschen kann. Laut Regeln dürfen maximal zwei Ameisen auf den Stumpf. Aber auch nur maximal zwei drunter. Das muss man sich merken, denn es passen mehr in den Stumpf.
- Der obere Plan mit den Spinnen sieht zwar nett aus, ist aber denkbar unpraktisch für Kinder. Wäre die Grafik wie ein Spinnennetz gehalten, fiele es den Kleinen wesentlich einfacher, die Spinnen über die roten Punkte zu bewegen. So gehen sie automatisch die weißen Fäden entlang, und man muss ständig darauf hinweisen, dass man das nicht machen muss.
- Eine bessere und verständlichere Formulierung der Regeln hätte manche Einstiegshürde schneller überwunden.
Generell ist das Agieren auf dem unteren Plan leicht fummelig. Aber das stört überraschend wenig, Kinder stört es gar nicht. Sie fiebern mit, sind fasziniert und eingefangen von Spinderella. Aber halt manchmal auch genervt. Wenn der Stumpf wieder wegflutscht. Oder die Ameisen davon runterrutschen. Oder wenn man immer wieder nachfragen muss, mit welchem Würfel welches Tier bewegt werden darf.
Deshalb ist das Spielgefühl von Spinderella zwar toll, aber eben auch ein wenig durchwachsen. Hätte man sich bei der Verarbeitung ein bisschen mehr Gedanken darüber gemacht, dass hier Kinder die Zielgruppe sind, hätte daraus ein Knallerspiel für die Kleinen werden können.
So ist es ein gutes Spiel mit tollem Mechanismus, das man sich mal angucken sollte.
Rezension Christoph Schlewinski
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung Spinderella: 4,0, 1 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
05.04.15 von Christoph Schlewinski - Gutes Spiel, was man aber noch besser hätte machen können. |
Leserwertung Spinderella: 4.3, 8 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
20.06.15 von Stefan - Für das "Kinderspiel des Jahres" m.E. zu kompliziert. Es ist (für Kinder) zuviel zu beachten, und es spielt sich daher wenig intiutiv. Der Magnetmechanismus ist zwar originell, aber das Agieren auf zwei Ebenen fällt jüngeren Kinder schwer. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
21.06.15 von Udo Möller - Ich kann der Rezension nur zustimmen: sehr hoher Aufforderungscharakter, aber kleine Schwächen bei einzelnen Elementen (z.B. Farben auf den Würfeln). Mit Kindern am besten den kurzen Weg spielen, der lange kann sich schon mal 30 min ziehen, wenn die Würfel schlecht fallen. Man hätte das Spiel noch ein klein wenig optimieren sollen - vielleicht geschieht das ja jetzt, nachdem es Kinderspiel des Jahres ist und hohe Auflagen garantiert sind? Würde mich sehr freuen. Favorit meiner Kinder bleibt aber dieses Jahr eindeutig "Schatz rabatz". |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
23.06.15 von Jörn |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
14.07.15 von Waiko - Gut, dass die Altersgrenze nicht niedriger als 6 gewählt wurde. Ganz großes Kino für (etwas) größere Kinder. Eines der faszinierendsten Kinderspiele, die ich kenne. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
30.11.15 von Hans Huehnchen - Geht auch ohne Kinder ganz gut, als Absacker. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
04.01.16 von Martin - Die in den bisherigen Kritiken genannten Regel- und Handlingschwächen haben auch bei uns anfangs zu Verwirrungen bei den Kindern geführt. Aber mittlerweile stehen diese Punkte dem Spielspaß nicht mehr entgegen. Für die originelle Idee verdientermaßen Kinderspiel des Jahres. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
16.02.16 von Oliver Müller - Das Spiel ist weit besser, als ich dachte. Erwartet hatte ich einen Material-Blender, der ein simpelstes Rennspiel übertüncht und dessen Spinnen-Bewegungs-Mechanik kleinere Kinder überfordert. Nach Studium der etwas kompliziert formulierten Regel hatten wir (5 Jahre, 9 Jahre, ich) viel Spaß beim Spielen. Das Material reizt sogar unter Spinnenphobie leidend kinder zum SOFORT-Drauflos-Spielen. Fazit: Schönes Kinderspiel! |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
30.06.18 von sutrebuh - Die Idee mit den Spinnen ist wunderbar und so macht das Spiel richtig etwas her. Schlussendlich spielt es sich allerdings wie ein typisches Würfelspiel. Man gewinnt nicht selten über für Mitspieler haarstreubende Zufälle: Der Holzstumpf, auf dem die Ameise gerade sitzt und der eigentlich ganz am Anfang des Weges stand, muss kurz vors Ziel gesetzt werden, weil es keine andere Möglichkeit gibt und schon hat man seine Ameise durch. Natürlich geht das Gleiche auch manchmal genau in die andere Richtung. Immer wieder für große Heiterkeit sorgt natürlich, wenn die Spinne sich eine Ameise kurz vorm Ziel krallt. Es fehlt ein wenig an der Balance, die diese Glückslastigkeit ausgleichen, sodass nur selten richtig Spannung aufkommt. |