Spielziel
In der griechischen Mythologie tummelten sich auf dem Olymp unzählige Götter. Allein eine Einteilung in die verschiedenen Untergruppen (Olympier, Nymphen, Musen, Anemoni, Horen, Hesperiden, Grazien, etc.) würde den Rahmen dieser Einleitung sprengen. Den Göttern sei Dank kommen beim Spiel Olympos gerade mal 10 Götter vor, welche die Spieler vom Sitz der Götter aus mal wohlwollend, mal missbilligend bei ihren Bemühungen beobachten, den Peloponnes und die Ägäis zu besiedeln sowie mit ihrem Volk Technologien zu entwickeln und Weltwunder zu errichten.
Ablauf
Anfangs liegen die griechische Halbinsel sowie die vorgelagerten Inseln des östlichen Mittelmeeres inklusive drei Atlantis-Inseln (!!!) - allerdings noch brach und unerforscht - vor uns. In den insgesamt 32 Gebieten befinden sich lediglich je ein Rohstoffmarker, welcher anzeigt, dass in dem entsprechenden Gebiet einer der Rohstoffe Getreide, Stein, Holz oder Gold zu finden ist. In zwei Gebieten jeder Sorte wird zu Beginn jedoch der Marker umgedreht. Das Kreuz auf der Rückseite zeigt deutlich an, dass in dem Gebiet nichts zu holen und es daher für die Dauer dieser Partie völlig gesperrt ist.
Dies ist aber noch nicht alles an Vorbereitung, denn nun werden noch auf dem Entwicklungsplan in sechs Zeilen zu je fünf Spalten abhängig von der Spielerzahl Fortschritts- und Wunderplättchen in zufälliger Verteilung offen ausgelegt. Schließlich kommen noch die bereits erwähnten Götter ins Spiel, indem neun der zehn "Olympos"-Karten verdeckt zu den gekennzeichneten Zeus-Feldern der Zeitleiste gelegt werden. Nachdem jeder Spieler sein "Startkapital" in Form von vier Spielsteinen ("Siedlern") und einem zufälligen Ressourcenwürfel erhalten hat, kann das Spiel losgehen.
Wessen Spielstein auf der Zeitleiste am weitesten hinten steht (bei Gleichstand stets der oberste Stein), ist an der Reihe und hat die Wahl zwischen zwei möglichen Aktionen: Expansion oder Entwicklung. Jede Aktion verbraucht eine gewisse Zeit, welche mit dem Spielstein auf der Zeitleiste vorwärts gezogen wird. Danach ist der Spieler am Zug, dessen Stein nun an letzter Stelle der Zeitleiste liegt. Es kann durchaus passieren, dass ein Spieler auf diese Weise mehrmals hintereinander dran kommt.
Nur mit einer Expansion kann man neue Gebiete erobern. Dabei wird genau ein Siedler auf dem Spielplan bewegt. Zumeist wird ein neuer Siedler eingesetzt, entweder im nördlichen Rand des Spielplans oder in ein Gebiet im Besitz des Spielers. Ein neu erobertes Gebiet bringt dann das entsprechende Gebietsplättchen ein, in einigen Gebieten eventuell auch noch ein Sternplättchen. Einsetzen und anschließende Bewegung kosten Zeit, also Aktionspunkte, genauso wie der Kampf, wenn das Gebiet bereits von einem Mitspieler oder einem neutralen Stamm besetzt wird. Kämpfe werden automatisch entschieden, allerdings hängen die "Kosten" von der Kampfkraft der beiden betroffenen Parteien ab. Verfügt der angreifende Spieler über mehr Schwertsymbole als sein Gegner, verbraucht die Eroberung weniger Zeit., benötigt also weniger Aktionspunkte.
Wer die Aktion Entwicklung wählt, erwirbt damit einen Fortschritt oder baut ein Wunder. Beides kostet genau sieben Aktionspunkte, die am Ende des Zuges auf der Zeitleiste vorgezogen werden. Für einen Fortschritt muss man über die auf dem Entwicklungsplan angegebenen Ressourcen verfügen, erhält das entsprechende Fortschrittsplättchen und kann ab der nächsten Runde von dem damit verbundenen Vorteil profitieren. Außerdem setzt man einen Spielstein seiner Farbe aus dem Vorrat auf eines der freien Felder darunter ein und bekommt sofort den darauf vermerkten Bonus (Spielsteine, Ressourcenwürfel Prestigepunkte oder Sanduhren). Für den Bau eines Wunders sind hingegen keine Ressourcen, sondern die auf dem Wunder abgebildete Anzahl an Sternsymbolen notwendig. Diese Kosten werden durch Spielsteine des Spielers in derselben Spalte wie das Wunder um jeweils 1 reduziert.
Das Spiel endet, sobald die Spielsteine aller Spieler auf der Zeitleiste über das letzte Zeusfeld gezogen wurden und alle Spieler daraufhin entweder gepasst oder eine allerletzte Aktion durchgeführt haben. Zu den während des Spiels gesammelten Prestigepunkten erhält jeder Spieler noch Prestigpunkte für seine besetzten Gebiete (je 1 Punkt, Atlantis-Gebiete sogar 2 Punkte), seine Endposition auf der Zeitleiste (0 bis 5 Punkte), seine erworbenen Forschungsplättchen (je 2 Punkte), sowie für seine Wunder (zwischen 8 und 12 Punkte). Zudem sind für bestimmte Forschungsplättchen noch Extrapunkte möglich. Es gewinnt natürlich der Spieler mit dem höchsten Prestige.
Fazit
Der Unterschied von Olympos zu anderen Eroberungs- und Entwicklungsspielen liegt in der Zeitleiste. Diese macht das Ganze in jedem Zug zu einer Art Kosten-Nutzen-Rechnung, denn jeder Spieler ist bestrebt, so viele Aktionen wie möglich durchzuführen und dabei so wenig "Zeit" wie möglich zu verbrauchen. Hilfreich sind dabei die Sanduhren, die man als Bonus bei einer Entwicklung oder zur Entschädigung als Unterlegener eines Kampfes erhält. Sanduhren stellen sozusagen Zeitgutschriften dar, welche im nächsten Zug eingesetzt werden müssen.
Neben diesem zwar schon bei anderen Spielen (z. B. Jenseits von Theben) aufgetauchten, hier aber gut integrierten Spielmechanismus weist Olympos zwei Spielelemente auf, die der Autor schon bei enem anderen seiner Werke verwendet hat: Der Kampf wird - wie bei Vinci bzw. Small World - weder durch Würfel oder Karten entschieden, sondern bloß durch die Stärke der beiden beteiligten Völker beeinflusst. Da diese Informationen offen sind, ist es eine rein taktische Entscheidung, ob es sich lohnt, ein besetztes Gebiet anzugreifen oder nicht. Einfach, aber effektiv und ohne Glücksanteil.
Durch die Forschungsplättchen entwickelt sich jedes Volk im Laufe des Spiels in eine andere Richtung. Das eine Volk wird kriegerischer und sucht seine Chancen in der Eroberung vieler Gebiete. Ein anderes schafft sich Vorteile in der Seefahrt und besiedelt viele Inseln in der Ägäis. Ein weiteres versucht, viel Forschung zu betreiben. Für Abwechslung ist durch die vielen verschiedenen Forschungsplättchen gesorgt. Es gilt, seine Spielweise optimal an die Fähigkeiten des eigenen Volkes anzupassen, was ebenfalls stark an Vinci bzw. Small World erinnert.
Über die taktischen Anforderungen herrscht in unseren Spielerunden Uneinigkeit. Manche empfinden das Spiel als etwas beliebig, mit geringen Ansprüchen, taktisch ein wenig langweilig. Andere - und da zähle ich mich dazu - finden es hingegen durchaus reizvoll. Ich persönlich meine sogar, dass man ziemlich strategisch vorgehen kann. Als erfahrener Olympos-Spieler schaut man sich die Anfangsverteilung der Fortschrittsplättchen sowie die zur Verfügung stehenden Rohstoffe gut an und entscheidet sich schon ziemlich früh für eine hoffentlich siegbringende Vorgehensweise, auf die man dann all seine Aktionen ausrichtet. Der Spannungsbogen reicht auch bis zum Schluss, wo sich dann zeigt, ob man alles schaffen konnte und ob die gewählte Strategie zum Siegen gereicht hat.
Bleibt nur mehr zu klären, was es mit den 10 Göttern auf sich hat, von denen anfangs die Rede war. Die Zeusfelder auf der Zeitleiste bringen den Spielern beim Überschreiten nicht nur Aktionskarten ein, welche ihnen unterschiedliche Vorteile bringen können (Ressourcen, Sanduhren, Zeussymbole, Extra-Prestigepunkte unter bestimmten Bedingungen), sie regeln auch das Einschreiten der Götter. Wenn ein Zeusfeld das erste Mal erreicht oder überschritten wird, wird die dort liegende "Olympos"-Karte aufgedeckt. Liegen bei einem Zeusfeld zwei "Olympos"-Karten aus, wird die zweite umgedreht, sobald der letzte Spieler darüber zieht. Je nach der zum Vorschein kommenden Gottheit wird dann entweder der Spieler bestraft, der zu diesem Zeitpunkt die wenigsten Zeussymbole vorweisen kann (beispielsweise sorgt Hades, der Gott der Unterwelt, passenderweise für den Verlust eines Siedlers auf dem Spielplan). Oder der Spieler mit den meisten Zeussymbolen wird belohnt, etwa mit 3 Prestigepunkten von Göttervater Zeus höchstpersönlich. Eine Vernachlässigung von Zeus kann sich also negativ auswirken, eine Konzentration darauf hingegen positiv. Ja ja, die Götter hatten damals noch viel Einfluss auf das irdische Leben!
Insgesamt ist Olympos ein solides, gutes Spiel, das einige nette, wenn auch schon bekannte Ideen aufweist. Das größte Manko besteht meiner Meinung nach darin, dass notorische Grübler das Spiel ziemlich in die Länge ziehen können. Diese brauchen für die Optimierung ihres Spielzugs so lange, dass man inzwischen locker auf einen Kaffee gehen könnte. Aus diesem Grund empfehle ich, das Spiel nicht in voller Besetzung zu spielen. Zu dritt oder zu viert ist die Spieldauer dann akzeptabel, so dass ich mich gerne mal wieder zu einer Partie überreden lasse.
Rezension Franky Bayer
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.