Spielziel
Nachdem bei Königs Küche und Bad neu gefliest wurden, schaute die Royalität aus dem Fenster und dachte sich: "Das ist mir zu öde. Ich möchte andere Fenster. Schönere. Bunte. So bunt wie meine Küche und mein Bad." Und da der Wunsch eines Blaublüters Befehl ist, machen sich alle Glaser auf zum Palast, um der Majestät zu zeigen, wer hier die besten Fenster macht - und dabei wenig zu Bruch gehen lässt.
Kompakt - Kritik
Bei Azul: Die Buntglasfenster von Sintra bleibt erst mal alles wie bei Azul. Ein Markt wird aufgebaut, aus dem wir uns Glasbausteine aussuchen können - oder im Verlauf einer Runde vielleicht sogar müssen. Wer noch mal wissen will, wie das genau geht, kann gerne hier klicken: Klick!
Was sich bei diesem Azul ändert, ist die eigene Ablagefläche. Kein 5 x 5 großer Boden, sondern ein Tableau mit mehreren, länglichen Fensterstreifen, auf die man die Glassteine legen muss. Ist so ein Streifen voll, gibt er Punkte. Aber nicht nur er, sondern alle Streifen, die rechts von ihm schon mal gewertet wurden. Dann wandert einer der Steine nach unten und bleibt dort dauerhaft auf dem Tableau liegen, alle anderen werden abgeräumt und der Streifen umgedreht. Ist der Streifen wieder voll, gleiches Spielchen: Ein Stein nach unten, die anderen weg, es gibt Punkte (auch für rechts schon gewertete Streifen), aber jetzt wird er nicht wieder umgedreht, sondern wandert aus dem Spiel. Man hat also einen Streifen weniger.
Man kann aber seine Steine nicht einfach auf jeden Streifen legen. Wohin, das entscheidet eine kleine Spielfigur, der "Glaser". Den darf man überall hinbewegen - solange er sich dabei immer nur nach rechts bewegt. Da geht es ja irgendwann nicht mehr weiter, deshalb darf man aussetzen, keine Steine vom Markt nehmen und den Glaser wieder auf den Streifen ganz links stellen. Die nach unten gewanderten Steine bringen bei Spielende auch noch Siegpunkte, je nachdem, mit welcher Variante man spielt. Entweder müssen viele Steine derselben Farbe gesammelt oder eine Raute muss gefüllt werden, je mehr Steine, desto besser.
Wie beim Vorgänger kann es bei den Buntglasfenstern auch passieren, dass man nicht alle Steine ablegen kann. Dann muss man für jeden Stein, den man wegschmeißen musste, auf einer Minuspunktskala runtergehen. Da können maximal 18 Minuspunkte bei rumkommen. Schon blöd. Sechs Runden dauern die Buntglasfenster, und jede Runde gibt es Sonderpunkte für eine bestimmte Farbe, wenn gewertet wird. Dann gibt's am Ende Minuspunkte, Bonuspunkte für die Rauten, und ein Gewinner steht fest.
Azul: Die Buntglasfenster von Sintra ist sowohl etwas für Leute, die Azul schon kennen, als auch für Menschen, die von Azul noch nie etwas gehört haben. Wer Azul noch nicht kennt, wird vom Markt und wie man sich Steine nimmt fasziniert sein. Wer Azul schon kennt, wird sich freuen, mal umdenken zu müssen. Obwohl beide Spiele den Markt als zentrales Element haben, sind sie dennoch sehr unterschiedlich, und es ist erstaunlich, was in diesem Mechanismus alles stecken kann. Die Zwänge, denen man beim Platzieren der Steine ausgesetzt ist, ist bei Azul: Die Buntglasfenster von Sintra noch größer als bei Azul. Damit verbunden sind die Strafen auch wesentlich höher, wenn man etwas nehmen muss, das aber nicht mehr unterbringen kann. 18 Minuspunkte sind schon ein dicker Brocken, aber damit ist es nicht unmöglich zu gewinnen. Sieht man sich selber in der Minusspirale, muss man noch genauer spielen, um eine Chance zu haben.
Der größte Unterschied zwischen beiden Spielen ist allerdings folgender: Bei Azul: Die Buntglasfenster von Sintra kann man aussetzen, um seinen Glaser wieder ganz nach links zu stellen. Das kann einem im richtigen Moment gehörig den Hintern retten, wenn im Markt nur noch Müll liegt, den dann der nächste Spieler nehmen muss.
Azul: Die Buntglasfenster von Sintra macht wieder vieles richtig, aber macht es auch Sachen besser als sein erfolgreicher Vorgänger? Jein. Aussetzen ist super, aber der Rest? Es ist halt anders, aber auch ein wenig fummeliger als bei Azul. Sowohl was das Material (volle Streifen, leere Streifen umdrehen etc.) als auch die Übersichtlichkeit der Punkte angeht. Man muss hier wesentlich besser aufpassen, wie viele Punkte man bekommt, da Fenster rechts ja auch welche abwerfen können. Da war Azul wesentlich übersichtlicher und auch eleganter gestaltet, alles war irgendwie gradliniger.
Die sich füllenden Fensterstreifen sind zwar nett anzusehen, aber die Glassteine sehen aus, wie Lutschbonbons, und man muss sehr genau hingucken, um zu sehen, dass jede Farbe innen ein anderes Muster hat. Da war Azul mit den farbenfroh bemusterten Fliesen ein größerer Hingucker. Hier beobachte ich, dass Menschen, die Azul lieben auch die Buntglasfenster klasse finden, aber es weniger gespielt oder gefordert wird. Das zeigt mir, dass Azul als Spiel so rund ist, dass viele zwar an einer Variante interessiert sind, aber trotzdem gerne zum Original zurückkehren.
Azul: Die Buntglasfenster von Sintra hat aber trotzdem eine starke Daseinsberechtigung. Es lädt auf eine andere Art zum Tüfteln und Experimentieren ein. Es mag fummeliger sein und nicht so übersichtlich, ist aber in sich ein richtig gutes Spiel, was den Grundmechanismus seines Vorgängers überraschend und klug in eine andere Ebene führt. Außerdem gibt's jetzt ein schickes "Gefäß" zum Sammeln der Steine. Auch schön. Mal schauen, was sich Herr Kiesling für diesen Mechanismus noch so ausdenkt. Hier ist man gespannt.
Rezension Christoph Schlewinski
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.