Spielziel
Vor über 150 Jahren, da war die Welt noch (relativ) heil auf dem schwarzen Kontinent. Die verschiedenen Völker herrschten mehr oder weniger souverän über ihre Territorien und handelten fleißig untereinander. Und auch als der Weiße auftauchte und ins Innere Afrikas vordrang, geschah dies anfangs mehr in wissenschaftlicher Absicht, also mit Erforschen und Entdecken. Dies änderte sich aber rasch, als wirtschaftliche Interessen verstärkt in den Vordergrund traten. In der Folge kam es zu allen negativen Auswirkungen der Kolonialisierung. Das Spiel Africana versetzt uns jedoch noch in die Zeit davor, also ans Ende des 19. Jahrhunderts, als die großen europäischen Nationen die Geheimnisse des wenig erforschten Kontinents lüften wollten.
Ablauf
Der Spielplan zeigt den Kontinent mit 22 Orten, von denen die Hälfte nördlich, die andere Hälfte südlich des Äquators liegen. Ein Liniennetz - sogenannte "Reiserouten" - verbindet auf unregelmäßige Weise Orte miteinander. Zu Beginn übernimmt jeder Spieler eine europäische Nation und erhält die entsprechende Gesellschaftskarte, ein kleines Startkapital, eine Joker-Karte sowie eine Reisekarte vom Nachziehstapel. Seine Forscherfigur stellt er auf den Startort seiner Nation.
Eine der drei Aktionsmöglichkeiten, die sich einem Spieler in seinem Spielzug bieten, ist das Nachziehen von zwei Reisekarten. Die Reisekarten, welche es in verschiedenen farbigen Symbolen gibt, benötigt man für die Bewegung seines Forschers.
Die Bewegung des Forschers stellt die wichtigste Aktionsmöglichkeit dar. Um seinen Forscher vom derzeitigen Standort aus entlang einer Reiseroute zu einem direkt benachbarten Ort zu bewegen, muss man eine passende Reisekarte ausspielen. Passend heißt, dass die ausgespielte Karte eines der maximal 2 Symbole haben muss, die beim Zielort abgebildet sind. Eine Joker-Karte gilt dabei natürlich für jedes Symbol. In dieser Aktion darf der Spieler so viele Bewegungsschritte ausführen, wie er möchte, solange er dafür jeweils die entsprechenden Reisekarten ausspielen kann.
Die Bewegung dient natürlich hauptsächlich dazu, an Expeditionen teilzunehmen und erfolgreich abzuschließen. Zu diesem Zwecke liegen fünf Expeditionskarten aus. Auf ihnen sind mehrere Informationen angegeben: Der Start, also jener Ort, an dem die Expedtion ihren Ausgangspunkt nimmt; das Ziel, also jener Ort, an dem die Expedition endet; die sofortige Belohnung in Form von Silbermünzen bei ihrem Abschluss, sowie die Siegpunkte, welche die Expedition bei Spielende einbringt.
Um einer Expedition beizutreten, genügt es, den Startort aufzusuchen, woraufhin man einen seiner Gesellschaftsmarker auf die entsprechende Expeditionskarte legt. Der Beitritt selbst kostet gar nichts, im Gegenteil bringt er sogar den auf dem Spielplan angeführten Beitrittsbonus in Form von 1 oder 2 Silbermünzen bzw. einer Reisekarte vom Stapel. Während sich mehrere Spieler derselben Expedition anschließen können (allerdings jeder nur je ein Mal), erhält nur jener Spieler, der zuerst auch den Zielort erreichen konnte, die angegebene Belohnung sowie die Karte, die er unter seine Gesellschaftskarte steckt. Am Ende des Spielzuges wird die Reihe von offen ausliegenden Expeditionskarten wieder auf 5 Stück aufgefüllt.
Die dritte Aktionsmöglichkeit besteht darin, Abenteuerkarten zu jeweils 5 Silbermünzen zu kaufen. Gekaufte Abenteuerkarten bleiben so lange offen vor dem Spieler liegen, bis er das darauf beschriebene Abenteuer abgeschlossen hat, indem er - wie bei den Expeditionen - den angegebenen Zielort ansteuert. Als Belohnung winkt entweder ein wertvoller Kunstgegenstand, der bei Spielende Siegpunkte bringen kann, oder eine Helferkarte in einer der fünf Symbole.
Reicht der Expeditionsstapel nicht mehr zum Auffüllen der freien Felder, wird nur mehr die laufende Runde zu Ende gespielt. Danach kommt es zur Wertung, bei der jeder Spieler seine Punkte ermittelt. Neben den auf den Expeditions- und Abenteuerkarten angegebenen Siegpunkten gibt es noch ein paar Pünktchen für verbliebene Münzen, Reisekarten und nicht erledigte Abenteuer. Außerdem bekommt man noch Extrapunkte für Sammlungen von Kunstgegenständen und muss Minuspunkte für Helferkarten in Kauf nehmen. Es gewinnt natürlich der Spieler mit den meisten Siegpunkten.
Fazit
Nach einer kurzen Anfangsphase, in der sich die Spieler mit Reisekarten und Münzen aufrüsten, muss sich jeder schon recht bald entscheiden, mit welcher Strategie er vorzugehen gedenkt. Es ist empfehlenswert, sich frühzeitig eine Abenteuerkarte mit Helfersymbol zu sichern. Jede Helferkarte wandert nämlich ebenso wie eine Joker-Karte am Ende der Bewegung nicht einfach auf den Ablagestapel, sondern kommt umgehend wieder auf die Hand des Spielers zurück. Sie kann also jede Runde verwendet werden - ein enormer Vorteil. Während sich eine einzelne Helferkarte noch nicht negativ auf die Siegpunkte auswirkt, schlagen zwei Helferkarten aber mit 5, drei sogar mit 10 Minuspunkten zu Buche. Dafür ist man aber deutlich beweglicher und kann wesentlich mehr Aufträge erledigen. Es spricht für den Autor Michael Schacht, dass es keine eindeutige Präferenz für eine der möglichen Strategien - eine, zwei oder gar drei Helferkarten - zu geben scheint, denn in unseren Partien konnte mit allen drei Möglichkeiten gewonnen werden.
Die Expeditionen bringen zwar auch einige Siegpunkte, dienen aber vor allem dazu, an das nötige Kleingeld für den Erwerb der Abenteuerkarten zu gelangen. Nach meiner Erfahrung sind diese für den Spielsieg unabdingbar. Es sind die Bonuspunkte für die Sammlungen, welche zum Teil recht saftig ausfallen können. So bringen zwei gleiche Kunstgegenstände 6 Siegpunkte, drei gleiche sogar stolze 12 Siegpunkte. Aber auch Sammlungen verschiedener Kunstgegenstände werden belohnt: 2 Siegpunkte für zwei verschiedene, 10 Siegpunkte für vier verschiedene Artefakte. Allerdings darf jeder Kunstgegenstand nur Bestandteil einer Sammlung sein.
Die 30 Abenteuerkarten werden übrigens ganz zu Beginn in zwei Stapel getrennt. In jedem Stapel befinden sich je eine Karte der fünf unterschiedlichen Helfersymbole, sowie je zwei Karten der fünf verschiedenen Kunstgegenstände. Die hellen Abenteuerkarten kommen dabei in das "Büchlein" nördlich des Äquators, die dunklen Karten gibt es hingegen nur bei Standorten südlich davon zu erwerben. Das Büchlein funktioniert ebenso wie schon bei Valdora. Wer also die Aktion "Abenteuerkarten erwerben" wählt, darf einmal kostenlos "umblättern", für jedes weitere Umblättern ist eine Silbermünze zu entrichten. Zum Erwerb steheh dann stets nur die offen liegenden Karten zur Verfügung. Meiner Meinung nach ist dieses "Gadget" besser ins Spiel integriert, als es bei Valdora der Fall war.
Vom Spielgefühl her ist Africana ein lupenreines Logistikspiel. Es kommt stark darauf an, die Reiserouten gut zu planen, Aufträge miteinander zu kombinieren und unnötige Wege zu vermeiden. Im beinharten Konkurrenzkampf um die Erfüllung der Expeditionen spielt neben einer gewissen Kosten-Nutzen-Rechnung auch das Timing eine wichtige Rolle. Und immer gilt es dabei, auch die Mitspieler im Auge zu behalten. Manchmal geht sich noch ein kleiner, aber lukrativer Umweg aus, manchmal muss man sich richtig sputen, um wirklich als Erster zum Zielort zu gelangen.
Die Mischung aus Sofortpunkten sowie dem Sammeln für eine Schlusswertung ist gerade richtig. So bleibt die Spannung auch bis zum Schluss aufrecht. Spielerisch recht gut gelöst finde ich die Teilnahme an den Expeditionen: Da man keine Nachteile hat, wenn man eine Expedition nicht zuerst erfüllt, ist das daraus resultierende Spielgefühl durchwegs positiv. Dies alles macht Africana zum für mich bis dato gelungensten Spiel des Erfolgsautors.
Zumal die Verpackung auch wirklich attraktiv ist. Die grafische Gestaltung gehört zu den besten Arbeiten Franz Vohwinkels: Ein optischer Genuss, der Übersichtlichkeit, Funktionalität und Ästhetik vereint. Auch die Qualität des Spielmaterials, allem voran die beiden Holzbücher, ist äußerst ansprechend. Kein Wunder also, dass Africana in unseren Testrunden auf Anhieb ankam und seitdem erstaunlich oft auf dem Spieltisch landet.
Rezension Franky Bayer
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.