Spielziel
336 v. Chr. – Alexander der Große startet seinen Feldzug gegen das Perserreich, den er 333 v. Chr. mit der entscheidenden Schlacht bei Issos gegen Perserkönig Darius III. erfolgreich beenden sollte. Alexandros vollzieht diesen Feldzug nach, indem es den berühmten Heerführer quer durch den Orient bis nach Persien ziehen lässt. Dabei werden Landstriche geteilt, Provinzen erobert und Heerführer als Statthalter eingesetzt. Doch nur die großen Provinzen versprechen üppige Steuereinnahmen, und so entbrennt unter den Heerführern ein heftiges Gerangel um die wertvollsten Landesabschnitte.
Ablauf
Der Spielplan zeigt die Landfläche zwischen der Osttürkei im Westen bis hin zu den Grenzen des heutigen Iran im Osten. Alexandros beginnt seinen Feldzug im äußersten Nordwesten der Karte, die in zahlreiche Dreiecksfelder unterteilt ist. Knapp die Hälfte dieser Dreiecksfelder sind einem von 5 Symbolen zugeordnet, die übrigen Felder sind neutral.
Jeder Spieler beginnt seinen Spielzug, indem er Alexandros in die Lande Persiens wandern lässt. Dazu liegen neben dem Spielplan 2 Karten offen aus, die die Symbolfelder anzeigen, auf die Alexandros ziehen darf. Der Spieler entscheidet sich für eine der beiden Karten, nimmt diese an sich, und zieht die Alexandrosfigur auf eine Ecke des nächstgelegenen freien (d.h. nicht bereits mit mind. 1 Grenzholz versehenen) Dreiecksfeldes mit dem entsprechenden Symbol. Daraufhin markiert er die kürzeste Wegverbindung zwischen Ausgangs- und neuem Standpunkt der Alexandrosfigur mit Hilfe der 65 schwarzen Grenzhölzer. In äußersten Notfällen kann ein Spieler, statt eine der beiden offenliegenden Karten aufzunehmen, auch eine seiner Handkarten als „Zielsymbolkarte“ ausspielen.
Zusätzlich darf der Spieler danach zwei weitere Aktionen ausführen. Zur Wahl stehen:
1.) Eine Karte aufnehmen
2.) Eine freie Provinz besetzen oder eine besetzte übernehmen
3.) Steuern erheben (nur einmal pro Spielzug, es wird immer für alle Spieler/Provinzen gewertet !!!)
4.) Einen eigenen Statthalter ablösen (vom Spielplan in den Vorrat zurücknehmen)
Durch die Bewegung des Alexandros kommt es immer wieder dazu, dass Gebiete komplett von Grenzen umschlossen werden. Solch abgegrenzte Regionen können jederzeit von Spielern übernommen werden, indem sie einen ihrer 4 Statthalter auf eines der Symbolfelder innerhalb dieser Provinz platzieren (2.). Für alle unbesetzten Symbolfelder muss der betreffende Spieler mit entsprechenden Symbolkarten aus seiner Hand bezahlen. Kann er diesen Tribut nicht ganz aufbringen, besteht auch die Möglichkeit, gleich mehrere Statthalter einzusetzen, um so für mehrere Symbolfelder nicht bezahlen zu müssen. Entscheidet sich danach jedoch ein Spieler für Option (3.), Steuern erheben, geschieht dies nur in Provinzen, in denen nur 1 Statthalter vorhanden ist. Folgerichtig sollte eine mehrfach besetzte Provinz so schnell wie möglich (4.) von überzähligen Statthaltern geräumt werden. Um lukrative Provinzen nicht langfristig kampflos den Mitspielern überlassen zu müssen, können diese auch übernommen werden. Dazu muss der dort befindliche Statthalter mit 2 Karten des Symbols, auf dem dieser sitzt, seines Amtes enthoben werden; die Übernahme der Provinz erfolgt daraufhin nach dem üblichen Schema. Allerdings muss die Hälfte der Karten, die der neue Provinzeigner bei seiner Übernahme verwenden muss, als Tribut an den enthobenen Statthalter abgeführt werden.
Wieviel eine Provinz bei der Erhebung von Steuern einbringt, hängt von der Zahl der neutralen Dreiecksfelder in der Provinz ab. Für jedes neutrale Feld darf der Spieler auf der Wertungsskala um einen Punkte nach vorne rücken. Erreicht ein Spieler 100 Punkte auf der Wertungsskala, oder werden die schwarzen Grenzhölzer innerhalb eines Spielerzuges aufgebraucht, endet das Spiel. Der erfolgreichste Steuereintreiber gewinnt.
Fazit
Selten war ich bei einer Spielbewertung so hin- und hergerissen wie bei dieser. Zuerst muss man ein dickes Lob an Winning Moves aussprechen: Es ist beeindruckend, welche Massen an hochwertigem Spielmaterial nebst großem Spielplan in eine so kleine Verpackung passen. Der Spiel- bzw. Wertungsmechanismus jedoch spaltet das Gemüt. Dass Alexandros sehr abstrakt ist, stört wenig. Der Zug des Alexandros ist regeltechnisch zuerst etwas verwirrend, nach einigen Zügen jedoch stellt sich bereits Routine ein.
Und gerade dieser reizvolle Zugmechanismus nebst Dreiecksfeldern ist neu und überaus originell, und lässt genügend Raum für taktische Spielereien, auch wenn die Zugweite durch die zwei offenliegenden Karten gelegentlich arg beschränkt ist – besonders, wenn die beiden Karten gleich sind. Was aber bedenklich stimmt, ist die Wertung durch die Steuererhebung. Oft gelingt es durch ein gewisses Kartenglück einem Spieler, früh ein großes Gebiet zu besetzen. So lange kein anderer Spieler mehr Punkte bei einer Steuereintreibungsphase (s.o.: 3.) erhält, wird der „Großgrundbesitzer“ serienweise Steuererhebungen auslösen. Zwangsläufig reißt eine große Lücke zwischen dem Führenden und dem Rest des Spielerfeldes. Eine solche Lücke zu schließen, ist fast nur durch Zusammenarbeit der übrigen Spieler, für die Wertungen zu diesem Zeitpunkt keine echte Option sind, möglich. Das heißt auch: In einer Zweierpartie ist eine große Lücke zum Führenden fast gleichbedeutend mit der sicheren Niederlage. Aber auch in Mehrspielerpartien gestaltet sich das Spiel gegen einen Führenden diffizil. Um ihn einzubremsen, muss man genug Karten haben, um ihm seine großen, lukrativen Provinzen abzunehmen. Doch das entsprechende Kartenglück will sich nicht immer schnell genug einstellen, und selbst wenn wir eine Provinz klauen können, erhält der Geschädigte noch so viele Karten an Tribut, dass er die Provinz postwendend zurückholen oder eine ähnlich einträgliche Provinz übernehmen kann. Und so reduziert sich der Punkteabstand oft nur schleppend. Einzige Alternative, einen Führenden kurzfristig effektiv zu treffen, ist das Ziehen von Alexandros quer durch dessen Provinz. So kann ein großes Gebiet in zwei Teile zerfallen, von denen einer zwangsläufig sogar unbesetzt ist und übernommen werden kann. Ob solche Querzüge jedoch möglich sind, hängt von der Lage der Gebiete ab – denn meist ist das nahegelegenste freie Dreiecksfeld eher eines in den noch völlig grenzfreien Gebieten des Spielplans, und nicht im bereits von Grenzen übersäten Bereich.
Doch trotz dieses deutlichen Malus macht Alexandros eine Menge Spaß, vorausgesetzt, man zieht wenigstens mit drei Spielern zu Felde. Verantwortlich dafür ist eindeutig der erfrischend neue Spielmechanismus, der auf mich faszinierend, aber eben auch noch unausgereizt wirkt. Vielleicht geht Leo Colovini ja einen Weg wie von Clans zu den Brücken von Shangrila, und perfektioniert eine prima Grundidee in Form eines großen Spiels. Das Innovationspotential ist mit Alexandros sicher vorhanden. So ist das Spiel ein Rohdiamant – ein Edelstein zweifelsohne, aber eben noch mit etwas zu vielen Ecken und Kanten.
Rezension Steffen Stroh
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
Regelvarianten
Regelvariante von Steffen Stroh:
Die folgende Variante im PDF-Format zum Ausdrucken soll Alexandros etwas abwechslungsreicher und gleichzeitig das Problem des "Monstergebietes" abdämpfen. Einfach öffnen, ausdrucken und das Material ausschneiden. Viel Spaß beim Ausprobieren.