Spielziel
Dominion wurde 2009 völlig verdient zum "Spiel des Jahres" gekürt, und räumte zum Drüberstreuen auch noch den Deutschen Spielepreis ab. Das Deckbausystem war ja auch wirklich etwas ganz Neues und Innovatives, das sofort Hunderttausende Spieler begeisterte.
Und doch gibt es eine Sache, die stört: Das ewige Mischen nervt einfach. Besonders zu Beginn muss jede zweite, dritte Runde durchgemischt werden. Mit gerade mal einem Dutzend Karten ist ja auch kein vernünftiges Mischen möglich, so wie "Riffle Shuffle" o. ä. Echt nervig. Gibt es keine Möglichkeit eines Deckbauspiels, bei dem dieses lästige MIschen wegfällt?
Die gibt es in der Tat! Bei Quarriors! werden die Karten einfach durch Würfel ersetzt, und fertig ist eine kleine Abart zum bekannten "Deckbuilding Game": Das "Dicebuilding Game"!
Ablauf
Der Titel verrät schon einiges. Die Wortschöpfung besteht aus einem "Q" für "Cubes" (englisch für Würfel), sowie "Warriors (englisch für Krieger). Also bedeutet dies so viel wie "Würfelkrieger". Wir beschwören im Laufe des Spiels Krieger - verschiedenste Kreaturen - herauf, um an wertvolle Siegpunkte zu gelangen. Die Krieger und alles andere kommen dabei auf Würfeln vor, weshalb wir uns sinnvollerweise zuerst mit den unterschiedlichen Würfeln beschäftigen wollen, von denen wir immerhin 130 Stück in der würfelförmigen Blechbox vorfinden.
Zu den Würfeln, welche jeder Spieler bereits zu Beginn in seinem Beutel hat, gehören die Kraftwürfel. Sie sorgen für die Energie, mit denen Krieger heraufbeschworen und neue Würfel "eingefangen" (vulgo: gekauft) werden können. Ebenfalls zur Basisaustattung zählen die so genannten Unterstützerwürfel. Wie bei fast allen Würfeln dieses Spiels sind auf drei Seiten ebenfalls Kraftwerte abgebildet; eine Seite erlaubt das Neuwürfeln dieses und eines beliebigen anderen Würfels. Die beiden letzten Seiten dieser braunen Würfel stellen eine Kreatur dar, allerdings einen ziemlich schwachen und wenig wirkungsvollen Krieger, den man meist nur in der Anfangsphase oder aus Verlegenheit in den Kampf schickt. Und schließlich gibt es noch die Portalwürfel, die bei jeder Partie zum Erwerb stehen. Ihre Funktion ist es, in einer Runde für zusätzliche Würfel und somit zusätzliche Möglichkeiten zu sorgen.
Von allen anderen Würfeln kommen in jeder Partie nur eine bestimmte Anzahl ins Spiel. So werden zufällig drei Karten "Zaubersprüche" gezogen, offen in die Tischmitte gelegt und mit je fünf entsprechenden Würfeln bestückt. Außerdem kommen - ebenfalls zufällig - sieben Karten "Kreaturen" mit je fünf passenden Würfeln in die Tischmitte. Dies ergibt eine in jeder Partie neue Ausgangssituation mit anderen zur Verfügung stehenden Zaubersprüchen und Kreaturen.
Der Spielverlauf ist relativ einfach. Wenn ein Spieler an der Reihe ist, kann er alle Kreaturen werten, die er zu diesem Zeitpunkt noch ausliegen hat, und sich die entsprechenden Ruhmpunkte auf der Ruhmleiste gutschreiben. Die Würfel kommen daraufhin auf den "Friedhof". Danach zieht der Spieler sechs Würfel aus dem Beutel und würfelt sie. Zaubersprüche kann er gleich für einen späteren Gebrauch beiseite legen. Will er aber gewürfelte Kreaturen heraufbeschwören, muss er die Beschwörungskosten in Form von Kraftpunkten bezahlen. Schließlich muss er mit seinen Kreaturen alle Gegner angreifen. Der Gesamtangriffswert seiner Kreaturen wird mit den Verteidigungswerten der Mitspieler verglichen. Besiegte Kreaturen landen auf dem Friedhof. Schließlich kann der Spieler noch mit verbliebenen Kraftpunkten einen "Beutewürfel aus der Wildnis fangen", sprich: einen Würfel aus der Tischmitte erwerben. Abschließend kommen alle verbrauchten und erworbenen Würfel auf den Friedhof.
Das Spiel endet, sobald es entweder vier oder mehr leere Machtkarten von Kreaturen in der Tischmitte gibt, oder - häufiger der Fall - ein Spieler ausreichend Ruhm erworben hat. Die Anzahl der benötigten Ruhmpunkte hängt dabei von der Anzahl der Spieler ab.
Fazit
Quarriors! hat als "Dicebuilding Game" naturgemäß viele Ähnlichkeiten zu Dominion. Die Karten werden einfach durch Würfel ersetzt, ansonsten ändert sich nur die Terminologie. Statt des Nachziehstapels gibt es einen Stoffbeutel, aus dem die Würfel gezogen werden, und der Ablagestapel nennt sich hier "Friedhof". Auch der Zyklus ist derselbe: Die Würfel wandern vom Beutel auf den Tisch, von dort aus schrittweise auf den Friedhof und landen schließlich wieder im Stoffbeutel. Auch hier gibt es die Möglichkeit, die schwächeren Startwürfel zu entsorgen. Jedes Mal, wenn eine Kreatur gewertet wird, darf man einen beliebigen Würfel des Friedhofs aus dem Spiel entfernen. Natürlich versucht man so im Laufe des Spiels, sein "Deck" (hier der eigene Würfelvorrat) durch neue und stärkere Würfel zu verbessern und effektiver zu gestalten.
Einen wesentlichen Unterschied gibt es bei den Siegpunkten. Während diese bei Dominion gezielt erworben werden, geschieht dies bei Quarriors! deutlich weniger direkt. Ruhmpunkte können hier im Normalfall nur durch Kreaturen lukriert werden. Noch dazu benötigt dies einige Schritte, bei denen auch der Zufall eine Rolle spielt. Kreaturenwürfel müssen erstens einmal gekauft werden, wofür ausreichend Kraftpunkte benötigt werden. Der Würfel wandert auf den Friedhof und kommt erst in den Beutel, wenn dieser leer ist. Dann muss dieser Würfel noch aus dem Beutel gezogen werden, was allerdings zwangsläufig einmal passiert. Beim Würfeln muss er auf eine Kreaturenseite fallen (Wahrscheinlichkeit in den meisten Fällen 50 %), sonst nützt er nichts. Außerdem muss die Kreatur ja noch heraufbeschworen werden, wozu wiederum Kraftpunkte gebraucht werden. Und schließlich muss die Kreatur noch eine ganze Runde lang die Angriffe der Kreaturen aller Mitspieler überstehen. Besonders bei mehreren Mitspielern steigt die Gefahr, dass auf diese Weise die Kreatur schon vernichtet wird, bevor sie überhaupt Ruhmpunkte einbringen kann. Aus diesem Grund sind umso weniger Ruhmpunkte zum Sieg vonnöten, je mehr Spieler mitmachen.
Zaubersprüche sind da etwas einfacher, denn sie benötigen keine Beschwörungskosten. Sie kommen, einmal erwürfelt, direkt in die "Bereitschaftszone" und können von dort zu einem beliebigen Zeitpunkt im eigenen Spielzug (manche sogar als Reaktion auf Aktionen der Mitspieler) genutzt werden, aber auch für später aufgehoben werden. Erwähnenswert sind noch die gebundenen Zaubersprüche, die - sobald "ausgesprochen" (= genutzt) - einer Kreatur zugeordnet werden, um beispielsweise deren Angriffs- oder Verteidigungswert zu erhöhen. Der Zauberspruch bleibt dann so lange bei der Kreatur, bis diese vernichtet oder gewertet wird oder aus einem anderen Grund das Spiel verlässt.
Wie auch bei Dominion liegt der Reiz des Aufbauspiels darin, dass man in jeder Partie eine andere Ausgangssituation vorfindet. Von 20 verschiedenen Zaubersprüchen kommen in einem Spiel gerade mal drei zum Einsatz, von 30 Kreaturen jeweils nur sieben. Allerdings bedeutet dies nicht, dass es 20 unterschiedliche Zauberspruchwürfel und 30 unterschiedliche Kreaturenwürfel gibt. Von jeder Kreatur kommen drei passende Karten vor, für die dieselben Würfel gelten. So gibt es einen "Plündernden Goblin", einen "Starken Plündernden Goblin" und einen "Mächtigen Plündernden Goblin" mit jeweils etwas abweichenden Werten und Fähigkeiten. Es versteht sich von selbst, dass in einer Partie nur je eine Version vorkommen kann. Bei den Zaubersprüchen funktioniert dies auf dieselbe Art. Ein netter Kniff, der ausreichend Abwechslung bietet, aber kostspielige Würfel spart.
Bei den Kreaturen und auch bei den Zaubersprüchen haben sich die Autoren Mike Elliott und Eric Lang einiges einfallen lassen. Ich möchte dem potentiellen Spieler nicht des Vergnügens berauben, die unterschiedlichen Karten, ihre Effekte und Auswirkungen selbst kennenzulernen, daher hier nur ein paar wenige Anmerkungen. Die Kosten eines Würfels richten sich selbstverständlich nach ihrer Wirkung, bei den Kreaturen wirken sich auch die möglichen Ruhmpunkte darauf aus. Kreaturen weisen neben einem Symbol noch drei Werte auf: ihre Stufe, welche gleichzeitig die Beschwörungskosten darstellt, einen Angriffs- und einen Verteidigungswert. Einige Würfelseiten zeigen zudem noch ein oder zwei "Sternchen" (*), welche für auf der entsprechenden Kreaturenkarte näher beschriebene Spezialeffekte stehen.
Es dauert eine Weile, die Fähigkeiten aller Kreaturen zu entdecken. In dieser Zeit ist Quarriors! spannend und immer wieder interessant. Ähnlich wie bei Dominion gilt es, in der Auslage die vorteilhaftesten Karten und besten Kombinationen herauszufinden, um ein möglichst effektives "Deck" zu erhalten. Aber nach einem guten Dutzend Partien kennt man fast alles auswendig, was zwar das Spieltempo erhöht, aber allmählich doch langweilig wird. Zum Glück sind bereits Erweiterungen erhältlich. Ich bin eigentlich kein Freund solcher Zusätze, für den normalen Gebrauch eines Spiels sollte meiner Meinung nach die Grundausstattung ausreichen. Spielt man Quarriors! jedoch sehr oft, was bei einer Spieldauer von höchstens einer Stunde ja schnell vorkommen kann, sind neue Kreaturen, Zaubersprüche und Effekte fast schon eine Notwendigkeit. Ich bin mir sicher, dass in diesem Spielsystem noch viele Ideen für lang anhaltenden Spielspaß stecken.
Noch ein paar Bemerkungen zum Spielmaterial. Das Herzstück des Spiels sind natürlich die vielen Würfel. 130 Spezialwürfel in 18 verschiedenen Sorten, durch die Farbgebung relativ einfach auseinanderzuhalten. Um sie in der Blechbox unterzubringen, mussten sie etwas kleiner geraten als übliche Würfel. Dadurch leidet allerdings die Lesbarkeit. Vor allem bei schlechter Beleuchtung haben "ältere" Herren wie ich Probleme, dei Symbole eindeutig zu erkennen. Auch die Spielregel verwendet eine ziemlich kleine Schriftgröße, dafür ist sie gut gegliedert und lässt keine Fragen offen.
Mir gefällt Quarriors! ganz gut und es wird wohl noch ein paar Mal auf den Spieltisch kommen. Vorher muss ich mir aber unbedingt noch die eine oder andere Erweiterung zulegen ..
Rezension Franky Bayer
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.