Spielziel
Bei manchen Spielen fragt man sich nach deren Sinnhaftigkeit. Warum braucht man unbedingt eine Version eines Spieles extra für zwei Personen, wenn schon das Original auch ausgezeichnet zu zweit funktioniert? Mit dieser eher skeptischen Einstellung ging ich ans Rezensieren des Spiels Splendor Duel heran, der Zweipersonen-Variante des immerhin 2014 zum "Spiel des Jahres" nominierten Sammel- und Optimierungsspiels Splendor. Werden meine pessimistischen Erwartungen erfüllt, oder überrascht es mich im positiven Sinne?
Ablauf
Die Hauptzutaten von Splendor kommen auch hier vor: Schöne, handliche Chips, welche Edelsteine in 5 Farben, Perlen und Gold darstellen sowie Juwelenkarten in drei Stufen, die ich (und mein Kontrahent) erfüllen können, um fortan deren Vorzüge (zumeist einen dauerhaften Edelstein) zu genießen. Zusätzlich gibt es nun auch ein Spielplan, auf dem die Chips platziert werden, einen Beutel zum Mischen der Chips sowie 3 Privilegien, das sind Schriftrollen, die einen kleinen Vorteil bringen.
Als Vorbereitung werden von den drei Stapeln an Juwelenkarten einige offen aufgedeckt (drei aus Stufe 3, vier aus Stufe 2 und fünf aus Stufe 1), welche eine offene Auslage bilden. Im Gegensatz zu Splendor kommen die Chips aber nicht als farbgleiche Stapel in die Tischmitte, sondern werden zufällig aus dem Beutel gezogen und in vorgegebener Reihenfolge auf den Spielplan ausgelegt.
Bin ich an der Reihe, habe ich die Wahl aus drei Pflichtaktionen. Ich darf bis zu 3 Chips nehmen (A), welche sich allerdings in einer lückenlosen, horizontalen, vertikalen oder diagonalen Reihe befinden müssen. Auf diese Weise darf ich jedoch keinen Gold-Chip erhalten.
Oder ich nehme genau 1 Gold-Chip aus der Auslage und reserviere mir gleichzeitig eine ausliegende Juwelenkarte (B), die ich auf die Hand nehme. Diese Aktion ist jedoch nur möglich, wenn noch mindestens 1 Gold-Chip auf dem Spielplan liegt und ich weniger als 3 Juwelenkarten auf der Hand halte.
Ich kann aber auch eine Juwelenkarte kaufen (C), entweder eine aus meiner Hand oder eine aus der offenen Auslage. Dazu bezahle ich die darauf angegebenen Kosten, indem ich Chips abgebe (diese wandern in den Beutel) und/oder Boni aus meinen bereits erworbenen Juwelenkarten (meist 1 Chip in der entsprechenden Farbe) verrechne. Juwelenkarten lege ich offen nach Farbe sortiert vor mir aus. Einige Juwelenkarten gewähren mir neben einem Bonus noch eine Sofortaktion (z. B. einen weiteren Spielzug), manche weisen zusätzlich noch Prestigepunkte oder Kronensymbole auf.
Dazu gibt es noch optionale Aktionen, die ich vor meiner Pflichtaktion ausführen kann, wie beispielsweise das Auffüllen des Spielplans oder das Abgeben eines Privilegs, um einen ausliegenden Chip (außer Gold) vom Spielplan zu nehmen.
Es gibt drei unterschiedliche Siegbedingungen, welche auf dem Siegplättchen abgebildet sind. Ich habe gewonnen, wenn all meine ausliegenden Juwelenkarten 20 oder mehr Prestigepunkte aufweisen, wenn ich in einer Farbe 10 oder mehr Prestigepunkte besitze oder wenn auf meinen Juwelenkarten 10 oder mehr Kronen sichtbar sind.
Fazit
Nach dieser ausführlichen Beschreibung gilt es nun, zum Ausgangspunkt dieser Spielekritik zurückzukehren: Benötigen wir wirklich dieses Spendor Duel? Wer das Original kennt, wird sich sofort zurechtfinden, denn sowohl die Grundregeln als auch das Spielgefühl sind annähernd gleichgeblieben. Deshalb betrachte ich gezielt die Unterschiede zwischen den beiden Splendors.
Da fällt zuerst einmal das andere Schachtelformat auf. Die Schachtel des Zweipersonenspiels ist deutlich kleiner ausgefallen, was allerdings wunderbar passt, kann man das Spiel so nun leicht unterwegs mitnehmen. Auch im Spielregal nimmt es weniger Platz ein, man braucht also keine Angst haben, dass man ein anderes Spiel unbedingt loswerden muss, um Raum dafür zu schaffen.
Trotz der praktischen Größe findet sich nun auch ein - wenn auch nicht allzu großer - Spielplan darin. Diese Neuerung gefällt mir ausgesprochen gut. Der Plan bewirkt nämlich, dass ich nun nicht nur irgendwie Chips sammle, sondern stets die aktuelle Auslage berücksichtigen muss. Dies führt zu Zwängen und Einschränkungen, welche dem Spiel recht gut tun.
Auch die Privilegien sind neu. Eine solche Schriftrolle erhalte ich, wenn mein Vis-á-vis die Auslage neu auffüllt, drei gleiche Edelsteinen nimmt oder beide Perlen sammelt. Der Vorteil erscheint auf den ersten Blick minimal, dennoch sorgt dies für Überlegungen, ob ich die entsprechende Aktion auch tatsächlich durchführen will, wenn ich meinem Gegner damit eine Schriftrolle verschaffe.
Neu sind auch die zusätzlichen Fähigkeiten (Soforteffekte) auf den Juwelenkarten. Da kann ich etwa meinem Gegenüber einen Chip klauen, erhalte ein Privileg oder einen zusätzlichen Chip in der Farbe der gerade erworbenen Karte. Besonders vorteilhaft ist die Fähigkeit, einen weiteren Zug ausführen zu dürfen. All dies sorgt für mehr Abwechslung ins bereits gewohnte Spielgeschehen.
Mit den Kronen kommt ein neues Element ins Spiel. Kronen auf den Karten der eigenen Auslage haben zwei Auswirkungen. Einerseits verschaffen sie mir je eine von 4 Königlichen Karten, wenn ich mindestens drei bzw. sechs Kronen vorweisen kann. Diese Karten bringen nicht nur den einen oder anderen Prestigepunkt, sondern ebenfalls wieder einen Soforteffekt. Andererseits sind sie auch die Voraussetzung für eine der drei Siegbedingungen.
Und damit bin ich auch schon beim letzten Unterschied, und ein nicht unwesentlicher noch dazu. Während beim "alten" Splendor nur die Prestigepunkte wichtig waren, finde ich hier jetzt gleich drei unterschiedliche Siegbedingungen vor. Meiner Erfahrung nach ist es leichter, sich darauf zu konzentrieren, 10 Kronensymbole oder 10 Prestigepunkte in einer Farbe zu sammeln. Letzteres wird dadurch begünstigt, dass ich neutrale, graue Juwelenkarten mit einer entsprechenden Fähigkeit einer beliebigen Edelsteinfarbe zuordnen kann. Das ursprüngliche Spielziel einer fixen Gesamtsumme an Prestigepunkten ist in all meinen Duellen (ein gutes Dutzend habe ich sicher schon hinter mir) hingegen kein einziges Mal zum Tragen gekommen.
Aller Gemeinsamkeiten zum Trotz weist Splendor Duel aber genug Eigenständigkeit auf, ausreichend neue Ideen, welche sowohl eine Veröffentlichung als auch eine Anschaffung rechtfertigen. Alle Elemente werden hier auf ein packendes Duell, einen spannenden Zweikampf zugespitzt. Ich habe Splendor in einer Rezension damals zwar nicht als glitzernden Diamant, aber als ausreichend funkelnden Edelstein bezeichnet. Splendor Duel strahlt für mich noch ein bisschen heller, es ist meiner Meinung nach ein wirklich gelungenes Zweipersonenspiel.
Rezension Franky Bayer
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.