Spielziel
Die Spieler stellen junge Zauberkundige dar, die versuchen als Erster genug Macht und Wissen zu erreichen, um das mächtige Zepter der Erzmagier von Zavandor zu erlangen und damit neuer Erzmagier von Zavandor zu werden. Dazu werden u.a. Edelsteine und Karten (Artefakte) mit Auswirkungen auf die eigenen Möglichkeiten und Siegpunkte erworben. Bezahlt wird in Zauberstaub.
Ablauf
Jeder Spieler hat ein eigenes Spielbrett, das für eine der 6 Rollen (Hexe, Elfe, Druide, Fee, Magier und Kobold) steht. Als Startkapital erhält jeder 2 Opale und 1 Saphir auf die anfangs 5 freien Speicherplätze für "aktive" Edelsteine und etwas Zauberstaub. Zur Aktivierung von Edelsteinen benötigt man immer Ablageflächen (Speicher). Je nach Rolle bekommt man unterschiedlich viel Zauberstaub und startet mit einem Handkarten-Limit im Bereich von 4 bis 6 Karten. Die Unterschiede ergeben sich daraus, dass jede Rolle bereits auf der 1. Stufe eines der 6 Wissensgebiete vertreten ist. Dort ergeben sich ggf. Anpassungen auf das Handkarten-Limit. Das Spiel ist in Runden mit je 4 Phasen unterteilt. Jede Phase wird von allen Spielern durchgeführt, bevor die nächste Phase beginnt.
In Phase 1 wird die aktuelle Reihenfolge der Spieler aufgrund der meisten Siegpunkte festgelegt. Mit den ersten beiden Plätzen sind allerdings auch Verteuerungen bei Ersteigerungen von Artefakt-Karten (kurz: Artefakte) und Wächter-Karten (kurz: Wächter) verbunden. Anschließend werden ggf. die ausliegenden Artefakte aufgefüllt.
Phase 2 dient dazu, magische Energie in Form von Zauberstaub zu gewinnen. Reihum nimmt sich jeder Spieler Zauberstaub für seine "aktiven" Opale, dessen Menge je nach Anzahl der Opale ungleichmäßig ansteigt. Für alle anderen Arten von "aktiven" Steinen erhält man je 1 Edelsteinkarte (Zauberstaub), die je nach Rang des Edelsteines innerhalb der Edelstein-Hierarchie im Wert schwanken kann. Hierarchie: Saphir (1 Punkt), Smaragde und Diamanten (2 Punkte), Rubine (3 Punkte). Des weiteren gibt es Zauberstaub für ausliegende Artefakte und für die erreichte Wissensstufe des Energieflusses. "Aktive" Steine sind solche Steine, die auf verfügbaren Speicherplätzen eines Spielers liegen. Steine, für die man momentan keinen Platz hat, kann man deaktivieren und in das Fünfeck des eigenen Tableaus schieben. Von dort aus können diese später wieder kostenfrei reaktiviert werden. Durch bestimmte Artefakte und das Wissen um die Speicherung kann die Kapazität für aktive Steine bis auf 11 steigen.
Die Aktionen der Spieler beginnen in Phase 3, in welcher in der Spielreihenfolge jeder Spieler alle seine Aktionen beliebig oft und in freier Reihenfolge ausführt, bevor der nächste Spieler an der Reihe ist. Mögliche Aktionen sind:
- Edelsteine verzaubern/entzaubern:
Gegen Abgabe von Zauberstaub kann man Edelsteine erwerben (verzaubern), wobei man aber außer bei Opalen und Saphiren zusätzlich die Fähigkeit dazu in Form von Artefakten oder Wissensstufen besitzen muss. Bei der Entzauberung verkauft man Edelsteine zum halben aktuellen Preis (variiert) in den Vorrat. Daneben ist auch die bereits erwähnte Deaktivierung möglich.
Wissen erweitern: In den 6 Wissensgebieten, die durch ein separates Tableau gekennzeichnet sind, kann ein Spieler in jedem Zug insgesamt um 1 Stufe vorwärtskommen. Dazu muss er je Gebiet den Wissensstein erworben haben (20 - 40 Zauberstaub) und zusätzlich den Preis für die neue Wissensstufe bezahlen können. Bei einigen Wissensgebieten ändert sich das Handkarten-Limit (positiv/negativ), das zum Zugende wichtig ist. Das Erreichen der letzten Stufe eines Gebietes bringt 2 Siegpunkte.
Artefakte und Wächter ersteigern: Der aktive Spieler kann ausliegende Artefakte oder beliebige Wächter zur Versteigerung benennen, auf die in Spielreihenfolge solange geboten wird, bis ein Höchstbieter verbleibt. Es muss mindestens der aufgedruckte Preis geboten werden. Artefakte bringen Rabatte, Speicherplätze oder zusätzliche Edelsteine ein, Wächter sind für 5-17 variable Siegpunkte gut, je nach aufgedruckter Bedingung. So kann z.B. ein Wächter die Bedingung haben, dass er für jeden aktiven Smaragd des jeweiligen Besitzers des Wächters 1 Siegpunkt extra bringt. Artefakte und Wächter werden vor ihren Besitzern ausgelegt.
Handkarten-Limit prüfen, Siegpunkte feststellen und Spielende kontrollieren: Jeder Spieler prüft, ob sein Zauberstaub und seine Handkarten im Rahmen seines Handkarten-Limits liegen, da er sonst Staub/Handkarten reduzieren muss. Zauberstaub wird je nach Art des Plättchens auf das Handkarten-Limit angerechnet und jede Karte auf der Hand mit 1. So benötigt etwa ein Zauberstaub-Plättchen mit Wert "5" dann 2 Handkarten oder mit Wert "10" sogar 3 Handkarten.
In der nun folgenden Phase 4 werden die Siegpunkte aller Spieler anhand der aktiven Steine, Artefakte, Wächter und Wissensgebiete aktuell festgestellt. Sind nun 5 oder mehr Wächter im Spiel, endet das Spiel nach dieser Phase mit dem Sieg des punkthöchsten Zauberkundigen.
Fazit
Das Spiel-Material erschlägt den Betrachter anfangs in seiner Fülle und Vielfalt. Es ist insgesamt recht ansprechend aufgemacht, doch nicht frei von Fehlern. So sind die Werte der Edelsteinkarten teilweise schlecht erkennbar, und die Werte "6" und "9" hätten eines Punktes zur Unterscheidung bedurft. Daher muss man immer anhand der Kartenrückseite prüfen, welchen Wert man denn auf der Hand hat. Leider stimmen auch Wertangaben auf den Rollen-Tableaus nicht, d.h., bei Smaragden steht gedruckt "30-27-24-25-18", richtig wäre "30-27-24-21-18". Auch die Beschriftung des Wächters "Scarabäus" passt nicht zur Spielregel. Auf dem Wächter muss es lauten: 1 Siegpunkt (statt 2). Diese Fehler wären vermeidbar gewesen und sind ein deutliches Ärgernis.
Auch die Spielregel macht etwas Kummer, da sie neben einigen fehlerhaften bzw. unklaren Beschreibungen eine unübersichtliche Struktur aufweist. So sucht man zum Beispiel nach den Startaufstellungen der einzelnen Rollen bei den Wissensgebieten, die dann auf Seite 10 stehen. Hat man das Spiel aber erst einmal gespielt und verinnerlicht, erweisen sich die Regeln dann als durchaus überschaubar und mit einer HALL9000-Kurzspielregel dazu sollte bei der nächsten Partie kein Problem mehr auftreten. Ein Update der inzwischen verbesserten Spielregel findet sich unter http://www.zavandor.de/.
Nun zum Spielablauf, bei dem die 1. Partie im Extremfall inkl. intensiven Regelstudiums bis zu 6 Stunden dauern kann, wenn die maximal mögliche Mitspieleranzahl von 6 Spielern voll ausgeschöpft wird. Spätere Partien sollten dann je nach Spielerzahl in 2-4 Stunden möglich sein. Da jeder Spieler durch seine Rolle schon mit Vorgaben ausgestattet ist, also der 1. Stufe eines der 6 Wissensgebiete und einem davon abhängigen Handkartenlimit, versucht jeder, möglichst diesen zugeteilten Startbereich vorrangig zu entwickeln. Daneben bemüht man sich, Wissen in einigen weiteren Gebieten zu erwerben. Dadurch bilden sich zwangsläufig Interessenschwerpunkte je Spieler heran und damit auch individuelle Strategien. Nicht jede der 6 Rollen (z.B. Druide) ist immer gleich attraktiv und so hängt das Spielgeschehen davon ab, wie und mit welchen Rollen weitere Mitspieler agieren. Je nach Partie sind natürlich auch nicht immer alle 6 Rollen eingesetzt.
Um alle Facetten und Strategien zu erforschen, bedarf es zahlreicher Partien in unterschiedlicher Spieleranzahl. Das Zepter von Zavandor funktioniert dabei zu zweit so gut wie auch z.B. zu fünft, wobei bei letzterer Konstellation die Spieldauer sehr lang wird. Überhaupt ist die Dauer einer Partie, die im Verlauf auch lange Grübelzeiten beinhalten kann, allemal zu lang und sollte ggf. durch eine Sanduhr (3 Min./Zug) im Rahmen gehalten werden. Als lästig und den Spielfluss hemmend erweist sich die ständige Abzählerei und Limitanpassung von Zauberstaub/Energiekarten. Hilfreich wäre es, auch Zauberstaub mit Wert "1" zu haben, da allein die Rechnerei beim Ersteigern und Edelsteinkauf viel Zeit verschlingt, die die Spieler aufwenden, um nicht zuviel zu bezahlen. Da wird minutenlang kombiniert und verworfen, bis endlich die richtige Konstellation von Zauberstaub und/oder Energiekarten gefunden ist. Hinweis: Die kleinste Einheit Zauberstaub hat den Wert "2". Ein großzügiger Spieler verschenkt daher schon einmal etwas Zauberstaub und hilft so, das Spieltempo voran zu treiben.
Auf jeden Fall hält Das Zepter von Zavandor seine Spieler im Bann, denn es erfordert permanentes Kalkulieren und Abwägen, da verpasste Möglichkeiten (z.B. Ersteigern von wichtigen Artefakten) manchmal nicht aufholbar sind. Hier zeigt sich, wer das Spiel gut kennt und daher einschätzen kann, welche Artefakte einen hohen Einsatz wert sind. Je nach gewählter Strategie muss ein Spieler manchmal aus Kostengründen einen anfangs eingeschlagenen Weg weiter verfolgen, auch wenn dieser nicht mehr optimal erscheint. Das bedeutet, dass man mit den Partien und wechselnden Rollen ein spielerisches Wissen erwirbt, wie welche Rolle am besten genutzt werden kann. Dieser Umstand macht das Spiel zusätzlich interessant, da man experimentieren kann und nicht nach einigen Partien schon alle denkbaren Spiel-Varianten erschöpft sind.
Bei aller berechtigen Kritik kristallisiert sich ein umfassendes Spielvergnügen heraus, welches den Zeitaufwand auf jeden Fall rechtfertigt. Wen Das Zepter von Zavandor einmal gepackt hat, den wird es lange nicht mehr loslassen. Hier bietet sich dem versierten Spieler ein spannendes und strategisches Betätigungsfeld, das übrigens einige Elemente von Outpost (TimJim Games, 1991) enthält. Wer sich intensiver informieren möchte, sollte www.zavandor.de besuchen.
Rezension Roland Winner
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.